Genomweite Assoziationsstudien (GWAS) haben die Suche nach Genen, die zu komplexen Phänotypen wie jenen der Gewichtsregulation beitragen, revolutioniert. Vor Einführung der GWAS wurden hauptsächlich Kandidatengenstudien durchgeführt, in denen gezielt aufgrund von biochemischen oder physiologischen Überlegungen Gene ausgewählt wurden. Einzelne Genvarianten (in der Regel Single-Nucleotide Polymorphisms, SNPs) dieses Gens wurden dann in einer entsprechenden populationsbasierten Studie oder einer Fall-Kontrollstudie untersucht (Abb.
1). Auf dem Prüfstand steht dabei jeweils die Hypothese, ob es eine Assoziation zwischen diesen Genvarianten und dem Phänotyp gibt. Dabei unterscheiden wir einen qualitativen und einen quantitativen Zugang (Abb.
2). Beim qualitativen Zugang wird untersucht, ob bestimmte Genvarianten gehäuft bei bestimmten Krankheiten wie Diabetes mellitus, koronarer Herzkrankheit, Adipositas usw. auftreten. Beim quantitativen Zugang wird untersucht, ob die Träger von bestimmten Allelen oder Genotypen einen höheren BMI, einen höheren Taille-Hüft-Quotient (Waist-Hip-Ratio = WHR), oder höhere Laborparameter aufweisen, um nur wenige Phänotypen zu nennen. Die Anzahl der entdeckten Genotyp-Phänotyp-Beziehungen für komplexe Erkrankungen hat sich seit Einführung der GWAS vor weniger als 10 Jahren mehr als verzehnfacht [
10]. Dies liegt daran, dass man bei GWAS einen „unvoreingenommenen“ Zugang wählt, indem man das Genom systematisch nach Genvarianten durchsucht, die mit dem Phänotyp von Interesse in Assoziation stehen. Man versucht dabei möglichst alle Gene zu berücksichtigen, indem man zumindest die relativ häufigen Genvarianten mit einer Häufigkeit von mehr als 1 % in der Bevölkerung in der Analyse berücksichtigt. In der Regel werden dabei ca. 2,5–10 Mio. Genvarianten untersucht (Abb.
1). Aufgrund der vielen durchgeführten statistischen Tests und der Gefahr von falsch-positiven Ergebnissen, braucht man hierzu meist sehr große Fallzahlen, die oft in die zehntausende und mehr gehen, da man für die Anzahl der statistischen Tests (= Anzahl der untersuchten SNPs) korrigieren muss [
11]. Dies führt dazu, dass bei diesen Analysen erst Assoziationen mit einem statistischen p-Wert kleiner als 5*10
− 8 als genomweit signifikant angesehen werden und für die weitere Nachverfolgung berücksichtigt werden. Der Hauptvorteil dieser Methode ist allerdings, dass man damit auch Assoziationen mit bisher nicht bekannten Genen finden kann, auf die man bei einer hypothesen-getriebenen Genauswahl kaum kommen würde.
Im Folgenden soll über die wichtigsten Ergebnisse dieser GWAS in Bezug auf Adipositas-assoziierte Phänotypen wie Body-Mass-Index, WHR, Taillenumfang und assoziierte Phänotypen berichtet werden. Soweit es dazu bereits geschlechtsspezifische Daten gibt, werden diese ebenfalls dargestellt. Nicht eingegangen wird auf die zahlreichen oftmals als Kandidatengen-Studien durchgeführten Untersuchungen, die sehr häufig einer Bestätigung harren.