15.02.2022 | originalarbeit
Verhaltensmedizinisch-orthopädische und klassisch-orthopädische Rehabilitation im Vergleich
Eine retrospektive Kohortenstudie zu den Faktoren psychische Komorbidität, Geschlecht und Erwerbsstatus
Erschienen in: Wiener Medizinische Wochenschrift | Ausgabe 13-14/2023
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Grundlagen
Eine psychische Komorbidität spielt im Kontext mit weiteren persönlichen, sozialen und beruflichen Faktoren bei der Ermittlung des spezifischen Rehabilitationsbedarfs der Patienten in Deutschland eine immer bedeutendere Rolle. Um dem Kriterienkatalog der DRV bei der Zuweisung von Patienten zu einer Rehabilitationsform mehr Aussagekraft zu verleihen, soll im Rahmen dieser retrospektiven Analyse ermittelt werden, von welchem der beiden untersuchten Rehabilitationskonzepte (orthopädische Rehabilitation bzw. Heilverfahren (HV)/verhaltensmedizinisch-orthopädische Rehabilitation (VMO)) Patienten mit psychischer Komorbidität unter Berücksichtigung des Geschlechts, Erwerbsstatus und der orthopädischen Hauptdiagnose stärker profitieren.
Methodik
Mittels der Screening-Fragebögen HADS‑A, HADS‑D, SIMBO und BPI sowie eines Klinikfragebogens zu Beginn der Rehabilitation wurden Angaben von 913 Probanden (529 m/384 w) erhoben und ausgewertet. Hiervon wurden 43 % der OR und 57 % der VMO zugewiesen. So wurde neben der orthopädischen Hauptdiagnose die Häufigkeitsverteilung der Faktoren psychische Komorbidität, Geschlecht und Erwerbsstatus (i. S. v. Arbeitslosigkeit) festgestellt. Mittels HADS wurde am Ende der Therapie der Benefit durch Vergleich der Scorewert-Mediane ermittelt.
Ergebnisse
Häufigkeitsverteilungen und die Entwicklung der HADS-Scores zeigen, dass die im Vorfeld erfolgte Einteilung gemäß psychischer Komorbidität korrekt war. Frauen waren häufiger von einer psychischen Komorbidität betroffen und erzielten in der VMO größere Erfolge. Bezüglich der orthopädischen Hauptdiagnose ergab sich eine hohe Prävalenz von HWS- und LWS-Beschwerden. Laut logistischer Regression mit Modellabbau eignen sich die Variablen Geschlecht, HADS‑A und -D am Anfang der Rehabilitation und die psychische Komorbidität (ja/nein) für eine richtige Klassifikation der Patienten von 76,86 % zu einer der beiden Therapieformen.
Schlussfolgerungen
Das Vorliegen einer psychischen Komorbidität stellt offenbar einen zielführenden Indikator dar, der im Kriterienkatalog der DRV als eines der Hauptzuweisungskriterien zur VMO beibehalten werden sollte. Auch das weibliche Geschlecht in Verbindung mit dem Vorliegen einer psychischen Komorbidität kann als adäquates Kriterium angesehen werden. Bezüglich der orthopädischen Hauptdiagnose können insbesondere HWS-Beschwerden als Zuweisungskriterium geeignet sein. Aufgrund der sehr heterogenen Ergebnisse hinsichtlich der Aspekte des Erwerbsstatus sollte diesbezüglich eine Zuweisung zu einem arbeitsweltbezogenen Therapiekonzept (z. B. MBOR) zielführender erscheint.
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