Skip to main content
Erschienen in:

16.10.2018 | Kommunikation

Misskommunikation als Risikoschwerpunkt in der Patientensicherheit

Arbeitsprozessanalyse in der prähospitalen Notfallversorgung

verfasst von: Dr. med. Sophia Wilk-Vollmann, Dr. Lutz Siegl, Katharina Siegl, Dr. Christian Hohenstein

Erschienen in: Wiener klinisches Magazin | Ausgabe 3/2019

Einloggen, um Zugang zu erhalten

Zusammenfassung

Hintergrund

Die Analyse der notfallmedizinischen Einträge im Critical Incident Reporting System (CIRS) zeigte Defizite in der Kommunikation auf, die in 30 % der Fälle zu einer Gefährdung von Patienten führten. Aus dieser Untersuchung geht allerdings nicht hervor, bei welchen Arbeitsabläufen und Übergabeprozessen diese Zwischenfälle besonders häufig auftreten.

Ziele der Arbeit

Die Arbeitsprozessanalyse identifiziert Kumulationspunkte in der prähospitalen Notfallversorgung, die Kommunikationsrisiken bergen. Sie soll zusätzlich Störfaktoren für eine suffiziente Kommunikation in unterschiedlichen Abschnitten der Patientenversorgung aufzeigen.

Material und Methoden

(I) CIRS-Datenbankanalyse
Die Arbeitsprozessanalyse basiert auf 247 ausgewerteten CIRS-Fällen. Sie zeigten insgesamt 282 Kommunikationszwischenfälle in der prähospitalen Patientenversorgung auf, die in 6 Kategorien (KAT I–VI) eingeteilt sind.
(II) Arbeitsprozessanalyse
Teilnehmende Beobachtungen und Interviews von Rettungsdienstmitarbeitern, erweitert durch die 6 Kategorien der CIRS-Auswertung, bilden Grundlage der Arbeitsprozessanalyse.

Ergebnisse

(I) CIRS-Datenbankanalyse
Von 845 eingegebenen Fällen zeigen 247 CIRS-Eintragungen mit insgesamt 282 Zwischenfällen Kommunikationsdefizite auf.
(II) Arbeitsprozessanalyse
Die Analyse identifiziert 3 Abschnitte der prähospitalen Patientenversorgung. Zwischenfälle treten gehäuft im Abschnitt der direkten Patientenversorgung durch parallele Arbeitsprozesse auf. Dort kritisiert mehrheitlich das nichtärztliche Personal die Notärzte, Hinweise zur Patientenversorgung auszuschlagen (KAT I mit n = 73 vs. n = 9). Medikamentenverwechslungen (KAT III mit n = 63) und unverständliche oder ausbleibende Kommunikation im Team (KAT IV mit n = 20) sind ebenso Ursache für Patientengefährdung wie fehlerhafte Informationen in der Patientenübergabe (KAT II mit n = 13).

Diskussion

Eine verbesserte Schnittstellenkommunikation kann Zwischenfälle in der Patientenversorgung verhindern, da sie Rettungsmittel gezielter zuordnet und Patienten besser in weiterbehandelnde Kliniken überführt. Ressourcen zur Versorgung stehen so koordinierter zur Verfügung. Kommunikationstraining und ein Übergabeschema sind denkbare Strategien, um kommunikationsassoziierte Zwischenfälle zu vermeiden.
Literatur
1.
Zurück zum Zitat Gläser J, Laudel G (2010) Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse als Instrumente rekonstruierender Untersuchungen. VS, WiesbadenCrossRef Gläser J, Laudel G (2010) Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse als Instrumente rekonstruierender Untersuchungen. VS, WiesbadenCrossRef
2.
Zurück zum Zitat Grote G (2008) Leitfaden zur Arbeitssystemanalyse in Unternehmen. Forschungsgruppe Organisation, Arbeit, Technologie. Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Zürich, S 30 Grote G (2008) Leitfaden zur Arbeitssystemanalyse in Unternehmen. Forschungsgruppe Organisation, Arbeit, Technologie. Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Zürich, S 30
3.
Zurück zum Zitat Hohenstein C, Fleischmann T, Rupp P et al (2016) German critical incident reporting system database of prehospital emergency medicine: analysis of reported communication and medication errors between 2005–2015. J Emerg Med 7:90–96 Hohenstein C, Fleischmann T, Rupp P et al (2016) German critical incident reporting system database of prehospital emergency medicine: analysis of reported communication and medication errors between 2005–2015. J Emerg Med 7:90–96
4.
Zurück zum Zitat Howard SK, Gaba DM, Fish KJ et al (1992) Anesthesia crisis resource management training: teaching anesthesiologists to handle critical incidents. Aviat Space Environ Med 63:763–770PubMed Howard SK, Gaba DM, Fish KJ et al (1992) Anesthesia crisis resource management training: teaching anesthesiologists to handle critical incidents. Aviat Space Environ Med 63:763–770PubMed
5.
Zurück zum Zitat Knacke PG, Rossi R, Rupp P, Schnelle R, Seekamp A (2015) Das Trauma-Buch: Präklinische Versorgung Verletzter. Stumpf & Kossendey, Edewecht (offizielles Lehrbuch) Knacke PG, Rossi R, Rupp P, Schnelle R, Seekamp A (2015) Das Trauma-Buch: Präklinische Versorgung Verletzter. Stumpf & Kossendey, Edewecht (offizielles Lehrbuch)
6.
Zurück zum Zitat Kripalani S, Lefevre F, Phillips CO et al (2007) Deficits in communication and information transfer between hospital-based and primary care physicians: implications for patient safety and continuity of care. JAMA 297:831–841CrossRef Kripalani S, Lefevre F, Phillips CO et al (2007) Deficits in communication and information transfer between hospital-based and primary care physicians: implications for patient safety and continuity of care. JAMA 297:831–841CrossRef
7.
Zurück zum Zitat Ladehof K, Neitzel C, Ladehof K (2015) Taktische Medizin: Notfallmedizin und Einsatzmedizin. Springer, Berlin Ladehof K, Neitzel C, Ladehof K (2015) Taktische Medizin: Notfallmedizin und Einsatzmedizin. Springer, Berlin
8.
Zurück zum Zitat Manser T, Thiele K, Wehner K (2003) Soziotechnische Systemanalyse im Krankenhaus – Eine Arbeitspsychologische Fallstudie in der Anästhesiologie. In E. Ulrich (Hrsg.) Arbeitspsychologie in Krankenhaus und Arztpraxis: Arbeitsbedingungen, Belastungen, Ressourcen. S 361–380 Manser T, Thiele K, Wehner K (2003) Soziotechnische Systemanalyse im Krankenhaus – Eine Arbeitspsychologische Fallstudie in der Anästhesiologie. In E. Ulrich (Hrsg.) Arbeitspsychologie in Krankenhaus und Arztpraxis: Arbeitsbedingungen, Belastungen, Ressourcen. S 361–380
9.
Zurück zum Zitat Mayring P (2010) Qualitative Inhaltsanalyse. In: Mey G, Mruck K (Hrsg) Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. VS, Wiesbaden, S 601–613CrossRef Mayring P (2010) Qualitative Inhaltsanalyse. In: Mey G, Mruck K (Hrsg) Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. VS, Wiesbaden, S 601–613CrossRef
10.
Zurück zum Zitat Mayring P (2000) Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken. Dt. Studien-Verl, Weinheim Mayring P (2000) Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken. Dt. Studien-Verl, Weinheim
11.
Zurück zum Zitat Rall M (2013) Human Factors und CRM: Eine Einführung. In: St. Pierre M, Breuer G (Hrsg) Simulation in der Medizin: Grundlegende Konzepte – Klinische Anwendung. Springer, Berlin, Heidelberg, S 135–151CrossRef Rall M (2013) Human Factors und CRM: Eine Einführung. In: St. Pierre M, Breuer G (Hrsg) Simulation in der Medizin: Grundlegende Konzepte – Klinische Anwendung. Springer, Berlin, Heidelberg, S 135–151CrossRef
13.
Zurück zum Zitat Schinnerl A, Baubin M, Neumayr A (2016) Risikomanagement in der prähospitalen Notfallmedizin: Werkzeuge, Maßnahmen, Methoden. Springer, Berlin Schinnerl A, Baubin M, Neumayr A (2016) Risikomanagement in der prähospitalen Notfallmedizin: Werkzeuge, Maßnahmen, Methoden. Springer, Berlin
14.
Zurück zum Zitat Vogd W (2009) Rekonstruktive Organisationsforschung: qualitative Methodologie und theoretische Integration; eine Einführung. Barbara Budrich, OpladenCrossRef Vogd W (2009) Rekonstruktive Organisationsforschung: qualitative Methodologie und theoretische Integration; eine Einführung. Barbara Budrich, OpladenCrossRef
15.
Zurück zum Zitat Weinert M, Mayer H, Zojer E (2015) Geschulte Kommunikation als „Intervention“. Anaesthesist 64:137–144CrossRef Weinert M, Mayer H, Zojer E (2015) Geschulte Kommunikation als „Intervention“. Anaesthesist 64:137–144CrossRef
16.
Zurück zum Zitat Weng T‑I, Huang C‑H, Ma MH-M et al (2004) Improving the rate of return of spontaneous circulation for out-of-hospital cardiac arrests with a formal, structured emergency resuscitation team. Resuscitation 60:137–142CrossRef Weng T‑I, Huang C‑H, Ma MH-M et al (2004) Improving the rate of return of spontaneous circulation for out-of-hospital cardiac arrests with a formal, structured emergency resuscitation team. Resuscitation 60:137–142CrossRef
Metadaten
Titel
Misskommunikation als Risikoschwerpunkt in der Patientensicherheit
Arbeitsprozessanalyse in der prähospitalen Notfallversorgung
verfasst von
Dr. med. Sophia Wilk-Vollmann
Dr. Lutz Siegl
Katharina Siegl
Dr. Christian Hohenstein
Publikationsdatum
16.10.2018
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Wiener klinisches Magazin / Ausgabe 3/2019
Print ISSN: 1869-1757
Elektronische ISSN: 1613-7817
DOI
https://doi.org/10.1007/s00740-018-0256-8

Weitere Artikel der Ausgabe 3/2019

Wiener klinisches Magazin 3/2019 Zur Ausgabe