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Erschienen in: Psychotherapie Forum 3-4/2023

Open Access 13.11.2023 | originalarbeit

Elternstreit und Kinderleid: Mit hochstrittigen Eltern in der Praxis

10 Jahre interdisziplinäre Kooperation mit dem Familiengericht durch die angeordnete Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung nach § 107 Abs 3 Z 1 AußStrG

verfasst von: Andrea Weiß

Erschienen in: Psychotherapie Forum | Ausgabe 3-4/2023

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Zusammenfassung

Vor nunmehr zehn Jahren, im Februar 2013, trat in Österreich das Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz in Kraft. Darin enthalten ist die Möglichkeit des Gerichts, bei hochstrittigen Scheidungen zur Sicherung des Kindeswohls erforderliche Maßnahmen wie den verpflichtenden Besuch einer angeordneten Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung nach § 107 Abs. 3 Z 1 Außer-Streit-Gesetz im Pflegschaftsverfahren anzuordnen. Im Qualifikationsprofil sind auch Psychotherapeut:innen als Expert:innengruppe erfasst, weshalb sich dieser Artikel mit den Anwendungsmöglichkeiten und Kooperationen in diesem besonderen Feld auseinandersetzt. Die Indikation, Ziele und Aufgaben der Maßnahme werden vorgestellt. Aus der Praxis folgen Hinweise zur Zusammenarbeit mit den Eltern, Aspekte möglicher Integration der Kinder in den Beratungsprozess und Fragestellungen zur Evaluation der Maßnahme.
Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Zu den Lebenswelten vieler Kinder und Jugendlicher zählt mitunter auch die Tatsache von Trennung und Scheidung der Eltern. Im Jahr 2022 wurden in Österreich 13.997 Ehen rechtskräftig geschieden sowie 138 eingetragene Partnerschaften aufgelöst. Der Median der im Jahr 2022 geschiedenen Ehen lag bei 10,6 Jahren. Insgesamt 16.223 Kinder, davon 11.471 Minderjährige (70,7 %), waren von der Ehescheidung ihrer Eltern betroffen. Die Ex-Ehepaare hatten somit im Durchschnitt 1,16 Kinder (aller Altersstufen), davon mehr als die Hälfte jünger als 14 Jahre (8877 bzw. 54,7 %). 85,4 % der Scheidungen erfolgten in beiderseitigem Einvernehmen, und 1775 Ehen wurden strittig geschieden (Statistik Austria, Pressemitteilung 13080-108/23, 2023, S. 2).
Diese spröden Zahlen sollen eingangs illustrieren, wie groß die Anzahl der betroffenen Kinder ist, deren Lebenswelt durch die Auflösung der Ehe und der häuslichen Gemeinschaft, die oft herausfordernde Regelung der Obsorge und der persönlichen Kontakte und anderer debattenreicher Scheidungsfolgen völlig aus den Fugen gerät. Dies umso mehr, wenn es den Eltern nicht gelingt, sich einvernehmlich voneinander zu trennen, sondern sie in einem hochstrittigen Scheidungsverfahren vollends eskalieren. Wenn dann „die Kinder ‚zwischen die Fronten‘ geraten, von beiden Seiten im Streit instrumentalisiert und ihre Bedürfnisse, Ängste und Sorgen von den Eltern nicht mehr wahrgenommen werden, stellt dies einen erheblichen Belastungsfaktor dar und kann von einer Entwicklungsgefährdung bis hin zu einer Kindeswohlgefährdung (…) führen“ (Gerber 2013, S. 79).
Hochstrittige Elternschaft wird definiert durch das Vorliegen eines „so hohen Konfliktniveaus, dass Beeinträchtigungen (1) auf den Ebenen des Verhaltens und/oder Persönlichkeit mindestens eines Elternteils, (2) der Beziehung zwischen den Eltern untereinander und der Elternteile mit dem Kind, sowie (3) der Nutzung von institutioneller Hilfe zur Klärung der Konflikte so erheblich sind, dass (4) eine Reduktion der Konflikte und Klärung der Alltagsfragen mit herkömmlichen rechtlichen und/oder beraterischen Hilfen nicht angemessen möglich erscheint und (5) eine Gefährdung der Kinder wahrscheinlich ist“ (Fichtner et al. 2013, S. 40 f.).
Bei Eltern, die in solch einer dramatischen Dynamik verfangen sind, finden sich oft diese alarmierenden Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale (Dietrich et al. 2010, S. 13):
  • Reduzierte Offenheit für neue Erfahrungen
  • Reduzierte Verträglichkeit (Neigung zu kühlen, misstrauischen Haltungen; wenig Kooperation, Vertrauen, Nachgiebigkeit)
  • Gering erlebte Selbstwirksamkeit in der Elternbeziehung (persönliche Überzeugung, in eskalierenden Konflikten keine eigenen Handlungsspielraum bewahren zu können, Gefühl des Ausgeliefertseins)
  • Unflexible Denkstrukturen
  • Wahrnehmungsverzerrungen (sich selbst als Opfer und „die ganze Welt“ als gegen sich gerichtet wahrnehmen; schwarz-weiß Denken; sich selbst als fähigeren Elternteil sehen, den anderen als unfähig)
  • Eingeschränkte Emotionsregulation (Mangel an Bewältigungsstrategien für Wut, Enttäuschung, Trauer, Hass)
  • Depression (oft in Hinblick auf eine starke Kränkung durch die Trennung)
Zur umfassenden Sicherung des Kindeswohls, das den eskalierenden Eltern dabei allzu leicht außer Blick gerät, hat der Gesetzesgeber mit den Qualitätsstandards zur Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung nach § 107 Abs. 3 Z 1 AußStrG jene Rahmenbedingungen geschaffen, die die Belastung und Überforderung des Kindes beachten und dessen Nöte, Sorgen und Entwicklungsbedürfnisse wieder in den Mittelunkt der elterlichen Interessen stellen sollen.
Mit dieser im Jahr 2013 neu geschaffenen Gesetzeslage haben Pflegschaftsrichter:innen nun die Möglichkeit, die Sicherung des Kindeswohls während des strittigen Scheidungsverfahrens vom Gericht weg in eine beratende Atmosphäre zu verlegen, die den Eltern einen neuen Blick auf die akute Gefährdung der gesunden biopsychosozialen Entwicklung durch die strittigen Obsorge- oder Kontaktrechtsfragen gibt und kompetente Lösungsansätze zu erarbeiten vermag. Da die Trennungssituation meist schon länger andauert und die Kinder dieser Konfliktatmosphäre bereits geraume Zeit ausgesetzt sind, erfolgt die Anordnung einer Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung durch den/die Richter:in im Zuge des jeweiligen Pflegschaftsverfahrens in einem von diesem/dieser festgesetzten Stundenausmaß, Themensetzung und definierten Zeitpunkt.
Den richterlichen Auftrag Annehmende sind jene anerkannten Expert_innen, die sich dem Verfahren zur Zertifizierung als Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberater:innen gemäß § 107 Abs. 3 Z 1 AußStrG unterzogen haben. Entsprechende Vorbereitungskurse werden auch vom ÖBVP angeboten. Die aktuelle Liste der zertifizierten Berater:innen mit allen österreichweiten Standorten findet sich unter: https://​www.​trennungundschei​dung.​at/​familien-eltern-oder-erziehungsberatu​ng/​berater/​.
Die Anzahl der angeordneten Beratungen ist dem richterlichen Beschluss zu entnehmen. Die adressierten Eltern sind, obschon trennungswillig, wie oben skizziert in einem eskalierenden Konflikt miteinander verflochten: Daraus ergibt sich erfahrungsgemäß eine beiderseits wahrnehmbare Hartnäckigkeit und verbissene Ausdauer sowie ein gewisses finanzielles Potenzial (und Streitziel) – die angeordnete Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung ist von den Eltern aus eigener Tasche zu finanzieren, es gibt keinerlei Refundierung. Der Beschluss listet neben dem intendierten Stundenausmaß auch die Ziele und Arbeitsschwerpunkte der Beratung auf: „was sich für das Kind verändern soll“ (S. 8) – hier ist mitunter eine Translationsfähigkeit der Beraterin, des Beraters gefordert, um die richterlichen Vorgaben in die reale Kommunikationssituation in die Praxis vor Ort zu übertragen.
Können im richterlichen Beschluss individuelle Vorgaben und Ziele der angeordneten Beratung für die jeweilige Familie festgehalten werden, sind dem/der Berater:in jedenfalls folgende vier Aufgaben vorgegeben (Qualitätsstandards zur Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung nach § 107 Abs. 3 Z 1 AußStrG, 2018, S. 6 ff.):
1.
Herstellen einer tragfähigen, vertrauensvollen Beratungsbeziehung
 
2.
Entwicklungsbedürfnisse und Lebenssituation des Kindes in den Mittelpunkt des Beratungsprozesses stellen
 
3.
Fachliche Aufklärung und Vermittlung von Wissen darüber, was Kinder entlastet und stützt
 
4.
Reduzierung der elterlichen Konflikte
 
Angesichts dieser Themenpunkte wird ersichtlich, dass betroffene Familien neben Expert_innen anderer Berufsgruppen gerade in der kinder- und jugendtherapeutischen Praxis auf eine Begleitung treffen, die neben kommunikativen Fertigkeiten und Konfliktlösungskompetenzen sich besonders auf Fachwissen kindlicher und jugendlicher Bedürfnisse stützen kann, zudem sind deren Praxisräume für gewöhnlich kindgerecht und einladend gestaltet.
Zu den besonderen Belastungsfaktoren von Kindern in einem hochstrittigen Konfliktgeschehen zählen meist sowohl externalisierendes als auch internalisierendes Problemverhalten der Kinder mit einerseits aggressivem Verhalten und Impulsdurchbrüchen und andererseits Rückzug und Kooperationsverweigerung – mit entsprechenden Rückmeldungen und Hinweisen aus Schule, Verein und Kindergarten. Absinken der schulischen Leistungen, geringes Selbstwertempfinden, psychosomatische Beschwerden und soziale Friktionen problematisieren das Leben der Kinder, ebenso sind sie durch wechselnde Koalitionsangebote einem kaum entrinnbaren Koalitionsdruck der Elternteile ausgesetzt. Um es in aller Deutlichkeit festzuhalten:
„50 Prozent der Kinder, die destruktiven Konflikten zwischen ihren Eltern ausgesetzt sind, zeigen gravierende Verhaltensprobleme, bei 25 bis 70 Prozent finden sich klinische Auffälligkeiten. Negative Effekte partnerschaftlicher Konflikte sind bereits intrauterin, im Säuglingsalter, jedoch manifest im Alter von vier bis fünf Jahren nachweisbar. Innerhalb der Paarkonflikte sind Gewaltäußerungen für kindliches Erleben und Verhalten besonders destruktiv. Diese gehen vielfach mit externalisierenden Störungen bei Kindern einher (ungehorsames, trotziges, oppositionelles, aggressives oder antisoziales Verhalten). Weiterhin zeigen sich vermehrt psychosomatische Erkrankungen, Schlafstörungen und soziale Anpassungsschwierigkeiten. Die negativen Effekte von Partnerschaftskonflikten auf die Kinder werden weder durch Alter, Geschlecht, noch sozialen Status moderiert. Sie sind für alle Kinder belastend und stellen für alle einen Risikofaktor dar“ (Bodenmann 2016, S. 169).
Vor diesem Hintergrund ist das jeweils stimmige Setting zu erwägen: die oben erwähnten Qualitätsrichtlinien (S. 7) zielen auf gemeinsame Beratungsstunden beider Elternteile ab, bei fortgeschrittener Zerrüttung der Kommunikation kann auch vorerst mit einem Einzelsetting begonnen werden. Die Einbeziehung der Kinder ist der fachlichen Einschätzung des/der Berater:in überlassen, diese/r ist im Beratungsprozess mit dem Einnehmen und Verteidigen der Perspektive des Kindes betraut. Wird der Kindeswille in Verfahren über Pflege und Erziehung oder die persönlichen Kontakte vor Gericht jedenfalls ab dem 10. Lebensjahr angehört (§ 105 AußStrG), sind in der Beratungspraxis auch jüngere Kinder nach Grad der Involvierung in die eheliche Zerrüttung und Verlust der Würdigung kindlicher Anliegen gut ansprechbar. Die alters- und entwicklungsangepasste Aufbereitung einer solchen Begegnung obliegt der Erfahrung und Expertise des/der Beratenden und stellt somit eines der Atouts der kinder- und jugendlichenpsychotherapeutischen Praxis im Aufgabengebiet der angeordneten Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung dar.
Indikation für eine Einheit in Anwesenheit des Kindes könnte sein, dass es den Eltern Wichtiges mitteilen möchte, das leichter mit Unterstützung des/der Expert:in gelingt. Durch die Einladung des Kindes in den Beratungsprozess eskalierender Eltern steigt erfahrungsgemäß auch die Chance, dass sich die Eltern von der Sicht des Kindes berühren lassen und wieder in die Differenzierung der Bedürfnisse des Kindes von ihren persönlichen Ansprüchen einsteigen können. Allerdings ist dabei sorgfältig Rechnung zu tragen, dass das Kind nicht wieder Zeuge einer weiteren Auseinandersetzung im Beratungssetting wird, sondern dessen Einbeziehung seine Selbstwirksamkeit zu stärken vermag.
Auch die Mitsprache bei der Vereinbarung von Regelungen, Klärung von Rahmenbedingungen dient der Stabilisierung der Kinder in emotional höchst unsicheren Zeiten. Gemäß UN-Kinderrechtskonvention (UNICEF, 1992) haben Kinder u. a. das Recht auf die Berücksichtigung des Kindeswillens: „Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife“ (Artikel 12), auch freie Meinungsäußerung (Artikel 13), sowie die Feststellung, dass das Wohl des Kindes das „Grundanliegen beider Elternteile“ sei (Artikel 18). Die UN-Kinderrechtskonvention wurde von Österreich am 6. August 1992 ratifiziert. Die Erfahrung zeigt, dass der Hinweis auf dieses weltweit gültige Regelwerk in heftiger elterlicher Diskussion bereits zu einer Klarheit der Position des Kindes beizutragen vermochte.
Eine Möglichkeit der konstruktiven Zusammenarbeit der Elternberatung schlägt Staub (2018) vor: Im gemeinsamen Erstgespräch werden die Kooperationsbereitschaft, die unterschiedlichen Erwartungen und Ressentiments eruiert, erste psychoedukative Maßnahmen werden artikuliert und der Auftrag präzisiert. Die zweite und die dritte Stunde wird für Einzelgespräche genutzt, um einander beim vierten Termin wieder zu treffen, wo weitere Vereinbarungen und Ergebnisse formuliert werden. Die fünfte Sitzung ist dem Erleben und den Bedürfnissen des Kindes gewidmet, das dazu eingeladen wird und alters- und entwicklungsgerecht Raum und Stimme für seine Wünsche, Sorgen und Hoffnungen erhält. Dazu zählen immer wieder das Bedürfnis nach konkreten Besuchs- und Ferienregelungen, die Klärung von Familienfesten wie Weihnachten und Geburtstagen, ebenso bedeutsam ist die Frage nach der Gestaltung der Kontakte zu befreundeten Familien. Dürfen etwa die Freund:innen auch an der neuen Adresse der Mutter, des Vaters eingeladen werden? Die weiteren (drei) Sitzungen dienen der Integration, Konkretisierung und Adaption der Bedürfnisse des Kindes in das Bewusstsein und den Alltag der Eltern. Eine zusammenfassende Abschlussstunde kann auch mit der ganzen Familie gestaltet werden. Zu diesem Modell der Eltern- und Erziehungsberatung können gute Erfahrungen aus der Praxis berichtet werden.
Erfahrungen aus der Praxis:
Ausgehend vom bekannten Modell der neun Konfliktstufen nach Friedrich Glasl (2009) kann die stetige Verschärfung des Konflikts nachvollzogen und sichtbar gemacht werden; dazu passendes Bildmaterial (z. B. die Bilderbox „Streitkultur. Konflikteskalation und Konfliktbearbeitung“, Gugel et al. 2015) veranschaulicht den Eltern, wie weit die Eskalation bereits gediehen ist und sie davon ausgehen müssen, dass niemand als Sieger vom Feld gehen wird.
Stufen 1 bis 3: Verhärtung – Debatte und Polemik – Taten statt Worte!: Die Eltern haben ein alltagstaugliches Gesprächs- und Handlungsrepertoire, das sie meist deeskalierend einsetzen können. Das Wohl des Kindes ist bei allen Differenzen das gemeinsame Anliegen.
Stufen 4 bis 6: Sorge um Image und Koalition – Gesichtsverlust – Drohstrategien und Erpressung: Die Eltern können ihre Konflikte nicht mehr in eigener Kompetenz lösen, die Konfliktphasen werden länger, Vorwürfe und Forderungen rigoroser. Das nähere Umfeld wird mit einbezogen, Allianzen werden geschmiedet, das Wohl des Kindes verliert an Bedeutung.
Stufen 7 bis 9: Begrenzte Vernichtungsschläge – Zersplitterung – Gemeinsam in den Abgrund: Der Konflikt gerät außer Kontrolle, Begegnungen werden vermieden, Aktionen aktiver Destruktion jedoch inszeniert. Der Schutz des Kindes ist kein Anliegen mehr, es wird als Spielball der jeweiligen Interessen und Sichtweisen instrumentalisiert.
Unterstützt mit oben erwähntem Bildmaterial kann durch sorgfältiges, nicht wertendes, aber klar benennendes Erarbeiten der Eskalation bei den Eltern ein psychoedukativer Lerneffekt erzielt werden, oft einhergehend mit Facetten von Beschämung, Erkenntnis von Verantwortung für eigenes Handeln und beginnender Kooperation zur Stabilisierung des Kindes.
Weiters nicht gering zu schätzen ist die umfassende Aufklärung zur fortlaufenden Schädigung und Gefährdung der gesunden Entwicklung der Kinder, die von den Eltern gerne bagatellisiert oder auch heroisiert wird: „Je stärker sich das Kind in seiner emotionalen Sicherheit bedroht fühlt, desto stärker ist seine allgemeine psychologische und physiologische Erregung (…). Sie erhöhen dadurch ihre Aufmerksamkeit für potenzielle Bedrohungen, erwarten Konflikte und negative Ausgänge, erleben Kontrollverlust und schreiben sich die Schuld an den elterlichen Konflikten zu (…). Vor allem bei geringen personalen und sozialen Ressourcen beziehungsweise Schutzfaktoren sind destruktive Konflikte der Eltern ein Nährboden für Beeinträchtigungen der kindlichen Entwicklung“ (Walper et al. 2021, S. 55). Diesbezüglich sei auch auf das im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch festgehaltene Wohlverhaltensgebot (ABGB § 159) verwiesen, das den Eltern auferlegt, „zur Wahrung des Kindeswohls alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zu anderen an diesem Verhältnis Beteiligten beeinträchtigt oder deren Aufgabenerfüllung erschwert“ (Schwimann 2020, S. 72).
Ein weiterer Aspekt der angeordneten Elternberatung ist die zu beobachtende gewaltbetonte und herabwürdigende Sprachgestaltung. Dem Verlust von (vermeintlicher) Macht, Ansprüchen oder Bezugspunkten wird versucht, mit Drohen, Provozieren, Beschimpfen zu begegnen. Dies als beratende Person zu ertragen, ist mitunter herausfordernd. Hier hat es sich als hilfreich erwiesen, den Elternteilen ein neues Vokabular, eine der Gewaltfreiheit und der menschlichen Würde verpflichtete Sprachgestaltung zur Verfügung zu stellen.
Im Konzept der Neuen Autorität (Omer & v. Schlippe 2002), in Anlehnung an Mahatma Gandhis gewaltfreien Widerstand entwickelt, finden sich Ansätze, die gut vermittelbar und imstande sind, die elterliche Handlungsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft wieder aufzubauen. „Wichtigstes Ziel des Konzepts war und ist es, Erziehende darin zu unterstützen, ‚präsent‘ zu bleiben (oder auch wieder zu werden), also weder ihre Position aufzugeben noch sich in Droh- und Sanktionshandlungen zu verfangen“ (Körner et al. 2019, S. 16). Von den grundlegenden sieben Säulen der Neuen Autorität sei im Kontext der hochstrittigen Elternschaft besonders die Säule „Selbstführung und Deeskalation“ vorgestellt: „Die Handlungsfähigkeit von Menschen erhöht sich deutlich, wenn sie in der Lage sind, ihre eigenen Handlungen zu reflektieren und zu überdenken. Daher geht es in der Arbeit mit Eltern und Erziehenden (…) darum, Selbstkontrolle und Selbstführung zu entwickeln, bzw. wiederherzustellen. Zudem ermöglicht Selbstkontrolle dem Gegenüber, ebenfalls in eine emotionale Berührung zu kommen, die dann wieder Begegnung möglich machen kann“ (ibid., S. 34).
Wie oben dargestellt, ist die Einladung an das „reale Kind“ sowohl vom Gesetzgeber durchaus intendiert als auch zur Verdeutlichung seiner Sicht auf die Situation, seiner Wünsche, Bedürfnisse und Sorgen nachgerade unumgänglich – sollen doch, wie zitiert, die „Entwicklungsbedürfnisse und Lebenssituation des Kindes in den Mittelpunkt der Beratung“ gestellt werden. Die Qualitätsstandards verweisen jedoch zurecht auf die Gefahr einer zusätzlichen Belastung für das Kind durch eine weitere Exposition in eskalierender Atmosphäre. In jedem Fall ist die Position des Kindes durch den/die Berater:in zu vertreten und dessen Freiwilligkeit der Teilnahme sicherzustellen. Dem/der Expert:in obliegt es, diesen besonderen Termin zum Zweck eines nachhaltigen Nutzens für das Kind bei zugleich geringstmöglicher Belastung für das Kind zu gestalten.
Aus den vielen stabilisierenden und stützenden Werkzeugen der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie stellen kreative Interventionen eine probate Möglichkeit dar, mit dem Kind gut in Kontakt zu kommen und ihm auch nonverbale Optionen zur Ausdrucksfähigkeit anzubieten. Als Beispiel sei das therapeutische Sandspiel (Paß 2013) herausgegriffen: Dies vermag solch eine Momentaufnahme der kindlichen Befindlichkeit und emotionalen Bedürftigkeit oft mehr als viele Worte zu verdeutlichen, besonders wenn die Worte für verstörende Wirklichkeiten fehlen. „Das Sandspiel fördert die Spiellust. Es ermöglicht, einen Zugang zur Imagination und zum Unbewussten zu entdecken, dadurch werden innere Prozesse nach außen transportiert und sichtbar gemacht. (…) Durch das Erbauen der inneren Bilder wird eine momentane psychische Situation oder ein unbewusstes Problem in die äußere Welt gebracht und so sichtbar gemacht“ (Paß 2013, S. 39). Mag „Sandspiel“ als vorderhand frühkindliches Material imponieren, so zeigt die Praxis, dass sich Menschen jeden Alters mit dem Medium Sand als stimulierender und niederschwelliger Intervention unkompliziert auseinandersetzen können. Besonders wird dies bei Themen gewürdigt, für die noch kein sprachlicher Transfer gefunden werden konnte, etwa bei Träumen, Beziehungsirritationen oder auch Trauererfahrungen. In der Praxis konnte erlebt werden, dass nach mehreren Sitzungen mit den Eltern, die von unversöhnlicher Atmosphäre und Ignorieren der Themen des Kindes geprägt waren, durch die Integration der kindlichen Sichtweise ein deutlicher Stimmungswandel einsetzte. Nach einer erläuternden und beziehungsaufbauenden Begegnung der Beraterin mit dem neunjährigen Kind konnte in einer weiteren Sitzung durch dessen Sandbild den Eltern die Verzweiflung und Ratlosigkeit ihres Kindes über die Frontenbildung, die Trauer über Verlust von wichtigen Freundschaften und die Überforderung durch die Involvierung in die Themen der Erwachsenen vor Augen geführt werden. Beide äußerten Beschämung über den Zustand ihrer Elternschaft, sicherten einander gewisse Kooperationsbereitschaft ausschließlich zur Entlastung ihres Kindes zu und waren fortan zur konstruktiven Zusammenarbeit deutlich bereit.
Im Sinne einer „netzwerkaktivierenden Modalität“ (Leitner 2010, S. 217) konnten zudem Personen aus dem familiären Umfeld, die auch im Sandbild gekennzeichnet waren, als Ressourcen und verständnisvolle Begleiter in unverständlichen Zeiten aktiviert und dem Kind zur Seite gestellt werden.
Die Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung nach § 107AußStrG ist per definitionem keine Psychotherapie, auch andere Indikatoren eines therapeutischen Settings, wie das einer „krankheitswertigen Störung“, fehlen zumindest dem Buchstaben nach. Dennoch bedarf die Maßnahme erfahrener Expert_innen, die mit hocheskalierenden Konflikten, komplexen familiären Systemen und friktionsreicher Atmosphäre in der Praxis kompetent, sichernd und konstruktiv umzugehen verstehen. Zudem ergibt sich durch die Kooperation mit dem Familiengericht eine Zusammenarbeit zweier Berufsgruppen, die sonst eher wenig voneinander wissen und durch die Kenntnis der gegenseitigen Fähigkeiten und Expertise nur gewinnen können: widmen sich doch beide der Aufgabe, „dem Schutzanspruch und den spezifischen Interessen der von familiären Spannungen betroffenen Kindern entsprechend Geltung zu verleihen“ (Einladung zur 2. Fachtagung, Mail Dr. Ewald Filler, 2. Februar 2023).
Anlässlich des 10. Geburtstags der Qualitätsstandards zur Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung nach § 107 Abs. 3 Z 1 AußStrG stehen unterschiedliche Themen zur Evaluation an – mit der leider abgesagten 2. Fachtagung im Frühjahr 2023 wollte man dazu eine erste Zwischenbilanz ziehen. Vorrangig sei die Problematik der Selbstfinanzierung durch die Eltern genannt, wodurch mit dem Mindestmaß der richterlich angeordneten Stundenanzahl das Auslangen gesucht wird und weiterführende Prozesse nicht professionell durchgeführt oder abgeschlossen werden können. Mitunter scheitert die richterlich intendierte Anordnung der Maßnahme gleich im Ansatz, da die Eltern diese finanziell nicht bewältigen können und somit weitere Destabilisierung der Kinder zu befürchten ist. Die Qualitätsstandards beschreiben die „Indikation, Ziele, Aufgaben und Grenzen“ (S. 3) der angeordneten Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung so wortreich wie vage – hier wäre eine Präzisierung durch den Gesetzgeber in Kenntnis zehnjähriger Anwendungspraxis für alle Kooperationspartner:innen von Vorteil. Des Weiteren wäre zu hinterfragen, in welchem Ausmaß die angeordnete Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung im Covid-19-Zeitraum 2020/21 nicht oder reduziert durchgeführt werden konnte und dadurch womöglich die Entlastung und Unterstützung der Kinder und Jugendlichen im elterlichen Konflikt aus dem Blickfeld geriet.
Allerdings ist auch die in der Maßnahme begründete Inter-Professionalität hervorzuheben, die unterschiedliche Arbeitsinstrumentarien und Expertisen zu fachübergreifendem Erkenntnisgewinn zu bündeln vermag.
Anzumerken ist ebenfalls: „Der Großteil der Familienrichter ordnet Eltern- und Erziehungsberatung an. Einige Kollegen sagen, dass sie nichts mehr hören von den Eltern – was auch sehr positiv ist, weil es zeigt, dass also außergerichtlich offenbar eine Einigung stattgefunden hat“ (Familienrichterin Christiane Stindl-Teufel, anlässlich der 1. Fachtagung 2018. Angeordnete Familienberatungen zeigen Wirkung. ORF.at, 2018).

Interessenkonflikt

A. Weiß gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
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Titel
Elternstreit und Kinderleid: Mit hochstrittigen Eltern in der Praxis
10 Jahre interdisziplinäre Kooperation mit dem Familiengericht durch die angeordnete Familien‑, Eltern- oder Erziehungsberatung nach § 107 Abs 3 Z 1 AußStrG
verfasst von
Andrea Weiß
Publikationsdatum
13.11.2023
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Psychotherapie Forum / Ausgabe 3-4/2023
Print ISSN: 0943-1950
Elektronische ISSN: 1613-7604
DOI
https://doi.org/10.1007/s00729-023-00238-8

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