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Erschienen in: Pädiatrie & Pädologie 1/2022

Open Access 21.03.2022 | Leitthema

Nationales Konzept zur Therapie von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde und beteiligter medizinisch-wissenschaftlicher Fachgesellschaften, Fachverbände und weiterer Organisationen*

Version 6. Dezember 2021

verfasst von: Anna Maria Cavini, Doris Ehringer-Schetitska, Dieter Furthner, Susanne Greber-Platzer, Adrian Kamper, Roman Metzger, Katharina Mörwald, Sabine Scholl-Bürgi, André van Egmond-Fröhlich, Univ. Prof. Dr. Daniel Weghuber, Kurt Widhalm, Claudia Wojnarowski

Erschienen in: Pädiatrie & Pädologie | Sonderheft 1/2022

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Hinweise

*Beteiligte Organisationen

Fachgesellschaften und Berufsverbände: Akademie für Ernährungsmedizin, Berufsverband der Physiotherapeutinnen und -therapeuten Österreichs, Bundesverband der österreichischen Psychologinnen und Psychologen, Obesity Academy Austria – Qualitätsnetzwerk Übergewicht, Österreichische Adipositasgesellschaft, Österreichische Sportwissenschaftliche Gesellschaft, Österreichische Gesellschaft für Adipositas- und Metabolische Chirurgie, Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, Österreichische Gesellschaft Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Österreichische Ärztekammer, Verband der Diaetologen Österreichs. Weitere: Aks gesundheit GmbH, Dachverband der Österreichischen Sozialversicherungen, Österreichische Gesundheitskasse, Patientenvertreter; Herausgegeben von: Projektgruppe Nationales Konzept Adipositas im Kindes- und Jugendalter im Auftrag der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde

Redaktionelle Unabhängigkeit

Die Erstellung des Konzepts erfolgte in redaktioneller Unabhängigkeit.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Präambel & Fact Sheet

  • Adipositas ist die größte Bedrohung der Gesundheit im 21. Jahrhundert (WHO). Adipositas ist eindeutig als Krankheit definiert, die WHO fordert neben der Prävention effiziente Strukturen zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht oder Adipositas.
  • In Österreich sind insgesamt etwa 250.000 Kinder und Jugendliche übergewichtig, davon weisen etwa 25.000–50.000 metabolische, psychische und orthopädische Komorbiditäten auf; 40.000 Kinder und Jugendliche leiden unter dem Krankheitsbild einer morbiden Adipositas, von denen 4000–8000 assoziierte Komorbiditäten aufweisen.
  • Die direkten mit Adipositas assoziierten Gesundheitskosten betragen Schätzungen zufolge bereits 7 % der gesamten Gesundheitsausgaben in der EU [1]. Die höchsten adipositasassoziierten Kosten sind auf die Komorbiditäten arterielle Hypertonie, koronare Herzerkrankungen, Osteoarthritis und Diabetes mellitus zurückzuführen.
  • Eine effiziente und nachhaltig wirksame Therapie im Kindes- und Jugendalter kann einen wesentlichen Beitrag zur Kosteneinsparung bringen.
  • Ein abgestuftes Gesamtkonzept für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht oder Adipositas, in dem das gesamte Spektrum von der Primärversorgung bis zur spezialisierten Versorgung in Tertiärzentren abgebildet ist und das regionale Besonderheiten und Notwendigkeiten berücksichtigt, fehlt in Österreich.
  • Bestehende Betreuungsstrukturen sind weiter auszubauen und qualitativ zu verbessern. Dies erfordert auch die Einbindung neuer Einrichtungen, wie spezialisierte Reha-Angebote und Adipositaszentren, sowie die Verzahnung mit einem Netzwerk ambulanter Therapiestrukturen.
  • Therapieangebote sind wissenschaftlich zu begleiten und hinsichtlich ihrer Qualität und Ergebnisse zu evaluieren.
  • Die Ausbildung von Experten der beteiligten Fachdisziplinen im Einklang mit dem Berufsrecht der beteiligten Disziplinen ist voranzutreiben und Anreize zur Inanspruchnahme sind zu schaffen.
  • Eine mit Qualitätssicherungsmaßnahmen verbundene Erstattung ist eine wesentliche Voraussetzung für ein wirksames und effizientes Konzept zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht und Adipositas.
  • Im vorliegenden Projekt wird ein Konzept eines Adipositastherapiepfads und Therapiekonzepts für Kinder und Jugendliche mit Adipositas in Österreich entwickelt.

Projektziele

Das vorliegende Projekt dient der Entwicklung eines Therapiepfads und -konzepts für Kinder und Jugendliche mit Übergewicht und Adipositas in Österreich. Dazu wurde zunächst ein Kernteam, unterstützt durch eine Steuerungsgruppe, bestehend aus Experten der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) und Vertretern anderer Fachdisziplinen gebildet, das ein Konzept erstellt. Dieses Konzept soll politischen Entscheidungsträgern vorgelegt und in weiterer Folge ein Detailkonzept erstellt werden.
Projektziele
  • Vorliegen eines von den wesentlichen Stakeholdern akzeptierten, für die Umsetzung relevanten Therapiepfads und -konzepts für Kinder und Jugendliche mit Übergewicht und Adipositas in Österreich
  • Eingereichter Antrag auf Finanzierung eines nationalen Konzepts
  • Unterstützung durch politische Entscheidungsträger
  • Sicherstellen einer Struktur, die im Anschluss das Projekt aktiv und konsequent umsetzt
Projekt-Nichtziel
  • Akute (Korrektur‑)Maßnahmen zu derzeitigen (Fehl‑)Entwicklungen

Wissenschaftliche Evidenz

Das vorliegende Konzept basiert auf
  • Der evidenzbasierten S3-Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter „Therapie und Prävention der Adipositas im Kinder- und Jugendalter“ (S3-Leitlinie; [3]),
  • der „Konsensbasierten S2-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Prävention von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter (2015)“ in Bezug auf Inhalte zur Diagnostik [4]1,
  • der S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas und metabolische Erkrankungen“ im Hinblick auf bariatrisch-chirurgische Aspekte [5] und
  • dem Endbericht „(Be‑)Handlungspfad Übergewicht & Adipositas auf Primärversorgungsebene“ des Instituts für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung (IAMEV; [2]).
Ergänzend wurden ausgewählte weitere Literatur, Patientenschulungsmaterialien und -werkzeuge gesichtet und in das Konzept integriert, sofern Expertenkonsens in der Gruppe dafür gegeben war.

Projektausgangssituation

Die aktuelle Situation der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas in Österreich wird in aktuellen Publikationen beschrieben, deren Inhalt im Folgenden zusammengefasst bzw. zitiert wird.

Versorgungsstrukturen angesichts der kindlichen Adipositasepidemie in der Europaregion der Weltgesundheitsorganisation – Überblick und österreichische Perspektive

Zur Erhebung der gegenwärtigen Situation der Versorgungsstrukturen von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas in Europa wurde von der Weltgesundheitsorganisation zur Teilnahme an einer Studie eingeladen. In Österreich wurden von August bis September 2018 semistrukturierte Interviews mit insgesamt 14 Experten geführt. Die Studie beleuchtet die Versorgungssituation in den Bereichen Richtlinien, Screening und Zuweisungsmodalitäten zur Therapie, Diagnostik und Risikostratifizierung, Therapie, Nachsorge, Finanzierung, Ausbildung und Zertifizierung und Gesamtmanagement. Die Ergebnisse wurden im Bericht „Mapping the health systems response to the childhood obesity epidemic in the WHO European Region – An Overview and Country Perspectives“ [6] veröffentlicht. Im Folgenden sind die Expertenmeinungen der österreichischen Interviewpartner zusammengefasst.

Leitlinien für das Management von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas

In Österreich gibt es derzeit keine gültige Leitlinie für Kinder und Jugendliche. In Ermangelung einer solchen Leitlinie kommen daher teilweise die aktuellen deutschsprachigen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft für Adipositas im Kindes- und Jugendalter zur Anwendung [7]. Empfehlungen zu Diagnostik, Klassifizierung und Behandlung von Adipositas im Kindes- und Jugendalter werden in diesen Leitlinien gegeben. Der „(Be‑)Handlungspfad Übergewicht & Adipositas auf Primärversorgungsebene“ des IAMEV könnte für die Umsetzung herangezogen werden, ist jedoch noch nicht allgemein bekannt [2, 28].

Screening und Behandlungspfad

Die Erfassung des Gewichtsstatus aller Kinder beginnt während der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen, die für Eltern, die eine finanzielle Unterstützung (Fortzahlung des Kindergeldes in voller Höhe ab dem 2. Lebensjahr) für ihr Kind in Anspruch nehmen möchten, bis zur Untersuchung im 10.–14. Lebensmonat obligatorisch sind. Diese Vorsorgeuntersuchungen reichen von der Geburt bis zum Alter von 5 Jahren des Kindes. Sie werden von Kinderärztinnen und -ärzten und Allgemeinärztinnen und -ärzten durchgeführt. Ab dem Schulalter führen Schulärztinnen und -ärzte regelmäßig eine klinische Untersuchung durch, bei der Gewicht und Körpergröße bis zum letzten Pflichtschuljahr erhoben werden. Danach werden nur noch Burschen, nicht jedoch Mädchen, im Alter von 18 Jahren im Rahmen der Stellung untersucht.
Es fehlen jedoch ein klar definierter Behandlungspfad, spezialisierte Adipositasbehandlungszentren sowie ein flächendeckendes Netzwerk an qualifizierten primären, sekundären und tertiären Anbietern und Einrichtungen, die eine qualitätsgesicherte, interdisziplinäre Adipositasbehandlung anbieten.

Diagnostik

Untersuchungen zur Diagnose von Übergewicht und Adipositas und Begleiterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen finden sowohl in der Primärversorgung (Kinder- und Jugendfachärzte und Allgemeinmediziner) als auch in ambulanten Einrichtungen und Krankenhäusern statt. Diagnose und Risikostratifizierung werden von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt. Dies hängt jedoch in hohem Maß vom individuellen Engagement und der jeweiligen Klinik und von der Verfügbarkeit lokaler Angebote ab. Während klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, wird die Diagnose und Risikostratifizierung im Hinblick auf psychische Komorbiditäten nicht routinemäßig durchgeführt.

Therapie

Für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht und Adipositas gibt es in Österreich keine definierten und ausreichenden Strukturen. Wie im diagnostischen Bereich ist die Versorgung maßgeblich von der Motivation und dem (teils unbezahlten) Engagement der Leistungserbringer abhängig. Die Integration in andere Gesundheits- und/oder soziale Versorgungsstrukturen hängt ebenso vom individuellen Engagement und Fachwissen sowie von der Verfügbarkeit von Diensten in der jeweiligen Umgebung ab. Eine Vielzahl an Dienstleistern (niedergelassene Ärzten, Diätologen, Psychologen, Physiotherapeuten und ambulante wie stationäre Angebote in Krankenanstalten) offerieren ihr Angebot ohne adäquate Honorierung und/oder ohne Einbindung in einen strukturierten Behandlungspfad. Die Integration dieser Dienste in ein österreichweites Netzwerk wird als notwendig erachtet. Besonderes Augenmerk ist auf die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit extremer Adipositas zu legen. Spezialisierte Rehabilitationszentren für diese Patientengruppe sind erst seit Kurzem verfügbar bzw. in Entwicklung – eine adipositasspezifische Expertise muss jedoch in allen Einrichtungen erst aufgebaut werden.
Ohne ein klares (Nachsorge‑)Konzept werden Patienten in Rehabilitationszentren versorgt. Die Einbindung in eine systematisierte, bundesweite ambulante Nachsorge im Rahmen eines bundesweiten Managementkonzepts ist nicht gegeben, wird aber als entscheidend erachtet. Die bariatrische Chirurgie für Jugendliche wird von einigen Zentren mit unterschiedlicher prä- und insbesondere postoperativer Betreuung angeboten.

Kostenerstattung

Ärztliche Leistungen in der Primärversorgung und in Krankenanstalten werden vom öffentlich finanzierten Gesundheitssystem erstattet. Dies beinhaltet die Beurteilung des Gewichtsstatus und assoziierter Komorbiditäten. Therapieangebote für Kinder Jugendliche und deren Obsorgeberechtigte werden erstattet, wenn sie im stationären Setting angeboten werden (was in sehr begrenztem Umfang gewährleistet ist), in der Primärversorgung jedoch nur in sehr eingeschränktem Umfang. Diätologische Leistungen im niedergelassenen Bereich werden nicht, psychologische Beratungen nur bei spezifischen Komorbiditäten erstattet. Es gibt allerdings in verschiedenen Bundesländern vor allem im urbanen Umfeld einige wenige interdisziplinäre Angebote mit Pilotprojektcharakter, die öffentlich erstattet werden. Bariatrische Operationen und unmittelbar notwendige prä- und postoperative Leistungen werden öffentlich erstattet. Private Versicherungsunternehmen verfügen über einen eigenen Leistungskatalog, der individuell auf das Prämienniveau des Patienten abgestimmt ist.

Adipositasspezifische Fort- und Weiterbildung

Für Angehörige der Gesundheitsberufe gibt es keine obligatorische adipositasspezifische Fort- und Weiterbildung im interdisziplinären Kontext. Ein postgraduales Training wird allerdings von der Österreichischen Adipositasgesellschaft für alle medizinischen Fachkreise (Ärzte, Diätologen, Physiotherapeuten, Psychologen) angeboten (https://​www.​adipositas-austria.​org/​adipositasakadem​ie.​html). Für Psycholog*innen (https://​www.​psychologieakade​mie.​at/​fortbildung-fuer-psychologinnen?​seminar_​id=​S-01-11-0048%2F3) wird eine zusätzliche fachspezifische Fortbildung angeboten. Es besteht jedoch kein Zusammenhang dieser Fortbildungen mit der Erstattung von Dienstleistungen.

Zusammenfassung des WHO-Berichts

Zusammenfassend wird von den für den Bericht befragten Interviewpartnern festgehalten, dass ein auf Basis einer Stratifizierung medizinischer und psychischer Risiken definierter Behandlungspfad, abgestufte Behandlungsangebote unter Berücksichtigung lokaler und regionaler Gegebenheiten (Primär- bis Tertiärversorgung) und die Integration von Versorgungsmodellen, die der Chronizität der Krankheit Rechnung tragen, vonnöten sind. Ziel sollte es sein, auf bestehenden Strukturen aufzubauen und Erfahrungen im In- und Ausland zu berücksichtigen, um ein effektives Netzwerk von Institutionen und Partnern zu schaffen, das effizient, evidenzbasiert und ausreichend finanziert ist. Ein Qualitätsmanagementprogramm würde dazu beitragen, das System auf dem neuesten Stand zu halten. Die Einbeziehung politischer und nichtpolitischer Akteure ist obligatorisch.

(Be‑)Handlungspfad Übergewicht und Adipositas auf Primärversorgungsebene – Dachverband der österreichischen Sozialversicherungen

Der „(Be‑)Handlungspfad Übergewicht und Adipositas auf Primärversorgungsebene“ des IAMEV der Medizinischen Universität Graz definierte den Soll-Zustand einer qualitativ hochwertigen Betreuung [2]. Die Studie führte 2016 eine systematische Recherche von evidenzbasierten, qualitativ hochwertigen, internationalen Leitlinien zu diesem Thema durch. Daraus ergaben sich 23 Leitlinien, die in weiterer Folge zu einer Synopse zusammengefasst wurden. Die Empfehlungen kamen aus unterschiedlichen Ländern und von unterschiedlichen Institutionen, zeigten jedoch weitgehend einheitliche Ergebnisse.

Management der Therapie von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas im Überblick

Das Management der Therapie von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas umfasst in Zusammenschau folgende Inhalte [3]:
  • Die Therapie muss durch ein multidisziplinäres, vernetztes und entsprechend ausgebildetes Team erfolgen.
  • Die Therapie muss an die individuelle Situation der betroffenen Person angepasst sein und hat unter aktiver Einbeziehung der Eltern, der Bezugspersonen und des sozialen Umfelds zu erfolgen.
  • Ziel ist eine nachhaltige Lebensstilintervention auf der Basis von Ernährungs‑, Bewegungs- und Verhaltenstherapie.
  • Die bariatrische Chirurgie ist für einige ausgewählte Jugendliche als Therapieoption in Betracht zu ziehen, wenn bereits alle konservativen Behandlungsoptionen ausgeschöpft wurden. Dies ist ausschließlich Zentren mit besonderer Expertise vorbehalten.

(Konsensbasierte) Leitlinie Diagnostik (2015)

Eine sorgfältige medizinische und psychosoziale Diagnostik ist die Basis für die notwendige Therapieplanung. Die Anforderungen an die diagnostischen Inhalte unterscheiden sich je nach Versorgungsebene von der Primärversorgung zur spezialisierten Versorgung (s. Supplement 4; Abb. 4). Die für das jeweilige Versorgungsniveau erforderlichen diagnostischen Inhalte sind im Anhang Supplement 1 detailliert dargestellt. Umfasst sind:
  • Medizinische Diagnostik der Primärversorgungsebene: interdisziplinäre ambulante Einrichtungen, stationäre Einrichtungen ohne Spezialisierung, spezialisierte Zentren
  • Psychologische Diagnostik und Erhebung des psychosozialen Zustandsbilds
  • Diagnostik vor bariatrischer Operation in einem spezialisierten Zentrum

(Evidenzbasierte) Leitlinie Therapie (2019)

Für die Therapie relevante Kernaussagen wurden in der S3-Leitlinie [3] in 33 Handlungsempfehlungen zusammengefasst. Diese werden im Anhang Supplement 1 wiedergegeben. Die Bewertung der Empfehlungen (Evidenzgrad [„level of evidence“], LoE; Empfehlungsgrad [EG], Konsensstärke) sind in Klammern angegeben. Einige Empfehlungen werden ergänzend zur Präzisierung kommentiert. Eine ausführliche Erklärung zu diesen Bewertungskriterien findet sich in der Leitlinie (https://​www.​awmf.​org/​leitlinien/​detail/​ll/​050-002.​html).
Empfehlungen zu folgenden Bereichen werden gegeben:
  • Allgemeine Empfehlungen
  • Ernährung
  • Bewegung
  • Verhaltenstherapeutische Therapiemaßnahmen
  • Medikamentöse Therapie
  • Bariatrische Chirurgie

Grundlage für die Erstellung eines nationalen Konzepts für Österreich

Therapiestruktur und -pfad allgemein

Der Weg zur integrierten Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht und Adipositas in Österreich

Die aktuell zur Verfügung stehenden therapeutischen Ressourcen sind nicht ausreichend, um das Problem der Adipositas im Kindes- und Jugendalter in seinem derzeitigen Ausmaß zu bewältigen [8]. Es besteht daher Einigkeit der Projektgruppe, dass es eines integrierten nationalen Behandlungskonzepts bedarf. Für dieses ist es von zentraler Bedeutung, dass sich Entscheidungsträger aus der klinischen Praxis, Wissenschaft, Politik, Ökonomie und den Sozialversicherungen zusammenfinden und untereinander über evidenzbasierte Behandlung abstimmen. Diese muss, aufbauend auf einer zur psychosomatischen und sozialen Risikostratifizierung geeigneten Diagnostik, Kompetenzen verschiedener Fachdisziplinen phasen- und altersgerecht zu einem Gesamtkonzept integrieren, das den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen und ihrer Familien Rechnung trägt.
Das vorliegende Konzept sieht ein integriertes Diagnostik- und Behandlungskonzept vor, das für Kinder und Jugendliche mit verschiedenen Risiken unterschiedliche Ziele und Therapiemodalitäten vorsieht und insbesondere das Alter der Patienten und das Ausmaß der kumulativen somatischen, psychomentalen und sozialen Risiken berücksichtigt. Dies gelingt nur im interdisziplinären und multimodalen Ansatz, der dem komplexen Krankheitsbild der Adipositas als chronische Systemerkrankung gerecht wird. Das Konzept sollte regional entsprechend der vorhandenen Ressourcen und Notwendigkeiten angepasst, etabliert und validiert werden. Für eine österreichweite Umsetzung muss das vorliegende Konzept daher in einem zweiten Schritt als Detailkonzept weiter ausgearbeitet werden. Neben Fachexperten (Allgemeinmedizinern, Diätologen, Kinder- und Jugendfachärzten, Kinder- und Jugendpsychiatern, Psychologen, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Sozialarbeitern, Sozialmedizinern, Chirurgen und anderen) sollten Vertreter von Sozialversicherungen, Schulen, Vereinen, Sozialeinrichtungen, Selbsthilfegruppen und anderen aller Bundesländer eingebunden werden, die schlussendlich für die Umsetzung verantwortlich sind. So könnte es gelingen, für die Betroffenen und deren Familien ein wirksames Case Management zu entwickeln.
Eine zeitliche befristete Maßnahme wie die Teilnahme an einem Therapieprogramm oder einer Rehabilitation wird der chronischen Erkrankung Adipositas nicht gerecht, für die eine langfristige, vielleicht sogar lebenslange Weiterbetreuung notwendig ist. Dies gilt nicht nur für die konservative Therapie, sondern genauso für Patienten nach Adipositaschirurgie. Die Anforderungen einer langfristigen Betreuung von Menschen mit Adipositas in jedem Alter als einer chronisch kranken Bevölkerungsgruppe ist in Österreich wie in so gut wie allen anderen europäischen Ländern [1] nur unzureichend umgesetzt. In der Pädiatrie gab und gibt es einige innovative Ansätze. So wurden beispielsweise in Deutschland Rehabilitationsmaßnahmen zur initialen Basisschulung und Gewichtsreduktion mit einer nachfolgenden ambulanten Nachbetreuung verknüpft (s. Abschn. „Rehabilitation“).
Bei Kindern und Jugendlichen muss die in der Initialphase einer Therapie begonnene Lebensstiländerung langfristig durch den Patienten und die Familie fortgeführt werden. Dies erfordert eine langfristige therapeutische Begleitung der Patienten und deren Familien, um anfängliche Behandlungserfolge langfristig abzusichern. Ein erfolgversprechendes Konzept für eine „Behandlungskette für adipöse Kinder und Jugendliche“ hat die deutsche Konsensusgruppe Adipositasschulung für Kinder und Jugendliche e. V.® (KgAS) in ihrem aktualisierten Trainermanual vorgestellt [9]. Patientenselbsthilfe wird bei chronischen Erkrankungen als wichtiger Baustein in einem multimodalen langfristigen Konzept angesehen. Der Einsatz von elektronischen Kommunikationsformen (diverse Apps, Facebookgruppen und andere) zur Begleitung langfristiger Verhaltensveränderung wurde in Modellprojekten beschrieben und könnte zukünftig zum Einsatz kommen [8].

Österreichisches Modell einer Behandlungskette zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas

Das vorliegende österreichische Konzept sieht ein mehrstufiges Modell im Sinn einer Behandlungskette vor (Abb. 1). Das Konzept beruht zudem auf der Verzahnung mehrerer Versorgungsebenen (Abb. 4) bestehender und neu zu etablierender regionaler, überregionaler und zentraler Versorgungsstrukturen. Dabei decken Kinder- und Jugendfachärzte und Allgemeinmediziner im Verbund mit Kinder- und Jugendpsychiatern und Schulärzten die Primärversorgungsebene ab. Die Patienten und deren Familien erhalten individuelle ärztliche Diagnostik und Beratung und werden im Hinblick auf lokal verfügbare unterstützende Ressourcen beraten. Die Primärversorgung ist die erste Anlaufstelle im Gesundheitsversorgungssystem mit wohnortnahen Angeboten. Es gibt in einigen Bundesländern interdisziplinäre Unterstützungsangebote für Familien mit übergewichtigen bzw. adipösen Kindern und Jugendlichen. Strukturierte Schulungsprogramme auf der Primärversorgungsebene zur extramuralen Erstbetreuung und Nachsorge sind als Präsenz- und eventuell Online-Format zu entwickeln und bundesweit verfügbar zu machen. Ein Mindeststandard soll die Betreuungsqualität dieser Programme sichern (Minimum an verbindlichen Kriterien für inhaltliche und strukturelle Voraussetzungen für ambulante Adipositasschulungsprogramme für Kinder und Jugendliche). Sollte sich dies als unzureichend erweisen, stehen interdisziplinäre ambulante Versorgungszentren in der zweiten Versorgungsebene zur Verfügung. Zu diesen kann bei günstiger sozialer, medizinischer und psychomentaler Risikokonstellation (z. B. Kinder im Vorschulalter mit stabilem sozialen Umfeld) direkt überwiesen werden. Bei ungünstiger oder fraglicher Risikokonstellation sollte eine interdisziplinäre somatische und psychosoziale Diagnostik und Risikostratifizierung erfolgen. Diese wird typischerweise in pädiatrischen oder kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilungen im stationären Setting stattfinden, kann bei entsprechender Verfügbarkeit relevanter Ressourcen jedoch auch in Abteilungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder ambulanten Adipositasstrukturen erfolgen. Bei Übernahme der Versorgung durch ein interdisziplinäres Versorgungszentrum erfolgt auch das Case Management durch dieses so lange, bis der Patient bzw. die Patientin wieder in die Fallführung von Kinder- und Jugendmedizinern oder Allgemeinmedizinern übergeben oder vorübergehend durch das Case Management einer stationären Einrichtung übernommen wird. In diesem Zusammenhang sei auch die am 28. Juni 2017 im Parlament beschlossene Festlegung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Primärversorgungseinrichtungen (PVE), in denen in Gruppenpraxen oder Gesundheitszentren eine Adipositasversorgung angeboten werden kann, als neue Versorgungsform genannt. Die PVE können ebenso als ambulante Versorgungszentren dienen wie etablierte Kinder- und Jugendabteilungen bzw. an sie angegliederte Strukturen.
Eine stationäre Therapie und Schulung in einer Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde (Allgemeinpädiatrie oder Psychosomatik) oder Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie kann bei entsprechenden medizinischen (insbesondere metabolischen wie orthopädischen) sowie psychischen Komorbiditäten (z. B. Essstörungen, Depression, Auffälligkeiten im Sozialverhalten und andere) notwendig werden, bevor eine ambulante Schulung möglich ist. Mit der Einführung von Kinderrehabilitationseinrichtungen in Österreich wurde vom Dachverband der österreichischen Sozialversicherungen eine Versorgungslücke geschlossen. Die Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen soll in der jeweils angemessenen Form sowohl körperliche als auch psychische und soziale Aspekte berücksichtigen.
In den vier Versorgungszonen stehen neue Einrichtungen zur Verfügung, die die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas erfüllen können. In einem Zentrum (Leuwaldhof, St. Veit/Pongau, Salzburg) wird als Schwerpunkt die Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas im Rahmen der Indikation Stoffwechsel ohne zusätzliche psychische und Verhaltensstörungen (F-Diagnosen nach ICD-10) angeboten. In weiteren Einrichtungen (kokon Bad Erlach, Niederösterreich; kokon Rohrbach-Berg, Oberösterreich; Wildbad Einöd, Steiermark; Wiesing, Tirol) wird auch das Spektrum der psychosozialen Komorbiditäten mit der Versorgung im Mental-Health(MH)-Bereich abgedeckt. Kinder werden dabei nach Möglichkeit von einem Elternteil begleitet, Jugendliche ab dem etwa 13. Lebensjahr absolvieren den Rehabilitationsaufenthalt allein oder in Begleitung.
In Analogie zum vorgeschlagenen deutschen Rehabilitationsnachsorgekonzept und in Übereinstimmung mit dem österreichischen Modell einer Behandlungskette erfolgt die Nachsorge im gegenständlichen österreichischen Konzept durch das zuweisende interdisziplinäre Zentrum im ambulanten Setting.

Rolle der bariatrischen Chirurgie im österreichischen Modell

Bariatrisch-chirurgische Eingriffe sollten ausschließlich in Zentren mit ausgewiesener Expertise angeboten werden, die die in Abschn. „Qualitätsmanagement“ beschriebenen Qualitätskriterien erfüllen. Darüber hinaus sollten diese Zentren sowohl Jugendliche als auch Erwachsene betreuen, um bestmögliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transition und postoperative Nachbetreuung vorhalten zu können.

Anpassungen und Ergänzungen zum Therapiekonzept der Konsensusgruppe Adipositasschulung

Das Therapiekonzept der KgAS der deutschen Adipositasgesellschaft ist Grundlage des vorliegenden Konzepts. Das von der KgAS entwickelte Adipositasschulungsprogramm „leichter, aktiver, gesünder“ und die ergänzenden Unterlagen („Trainermanual leichter, aktiver, gesünder“) sowie das KgAS-Adipositasnachsorgeprogramm sind dabei zentrale Elemente [9]. Dies gilt auch für die Implementierung einer verbindlichen und an die Leistungshonorierung gebundene Struktur‑, Prozess‑, Konzept- und Ergebnisqualitätssicherung (s. Abschn. „Qualitätsmanagement“). Dennoch sieht das vorliegende Konzept Ergänzungen und Anpassungen an die österreichischen Gegebenheiten vor, die nachfolgend kurz zusammengefasst werden.
1.
Zentrales Ziel ist ein durchgängiges Konzept im Sinn einer Behandlungskette, das ambulante und stationäre Versorgung, von der Primärversorgung zur bariatrischen Chirurgie, verzahnt.
 
2.
Interdisziplinäre Teams (ambulant oder stationär) nehmen im Diagnose- und Behandlungskettenkonzept eine zentrale Rolle ein.
 
3.
Eine Risikostratifizierung und individuelle, realistische Therapiezieldefinition erfolgt mit besonderer Berücksichtigung psychomentaler Aspekte.
 
4.
Besonderes Augenmerk wird auf Kinder und deren Eltern (bzw. Bezugspersonen und das soziale Umfeld) im Vorschul- und Volksschulalter gelegt.
 
5.
Eine Integration von bariatrisch-metabolischer Chirurgie in das Gesamtkonzept für ausgewählte Jugendliche erfolgt nach strenger Indikationsstellung
 

Behandlungspfad

Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht und Adipositas erfolgt nach einem Behandlungspfad, der das Ausmaß des Übergewichts (Übergewicht vs. Adipositas), das Alter und Begleiterkrankungen berücksichtigt. Hierbei wird zunächst zwischen Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht und jenen mit Adipositas unterschieden. Grundlage ist der (Be‑)Handlungspfad Übergewicht & Adipositas auf Primärversorgungsebene [2].
Eine Modifikation wurde in Bezug auf die zugrunde gelegten Perzentilenkurven (Kromeyer-Hauschild statt WHO Growth Charts) zur Diagnose von Übergewicht bzw. Adipositas vorgenommen. In Abb. 2 ist die Vorgehensweise bei Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht dargestellt; Abb. 3 zeigt das Prozedere bei Adipositas und extremer Adipositas.
In den Behandlungspfaden wird auf Handlungsempfehlungen zu den Themen Diagnostik, Anamnese, Aufklärung der Familie, Therapieindikation, Therapie von Begleiterkrankungen, Lebensstilintervention, Ernährung, Steigerung körperlicher Aktivität, Verhaltensänderung, pharmakologischer und bariatrisch-chirurgischer Intervention verwiesen, die im Anhang Supplement 3 detailliert ausgeführt sind.

Versorgungsniveaus

Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas in 4 verschiedenen Versorgungsniveaus wird in Abb. 4 dargestellt. Darin ist zusammengefasst, welche Vorgaben an Diagnostik, Therapie, Prozesssteuerung, Teamzusammensetzung und deren Qualifikation, verwendete Werkzeuge und Schulungsunterlagen der Versorgungsniveaus gestellt werden (Anhang Supplement 4). Zudem wird auf die jeweiligen Ausführungen in der S3-Leitlinie und den darin gegebenen Empfehlungen verwiesen; soweit notwendig werden österreichspezifische Besonderheiten beschrieben.

Rehabilitation

Österreichische Kinder und Jugendliche mit Adipositas wurden bis 2019 überwiegend nach Deutschland zur Rehabilitation überwiesen. In einem Vergabeverfahren wurde in Österreich der Zuschlag für Rehabilitationseinrichtungen für Kinder- und Jugendliche erteilt, die Phase-II-Einrichtungen laut Österreichischem Rehabilitationsprozess sind.

Voraussetzungen

Rehabilitation funktioniert nur in interdisziplinärer und intensiver Zusammenarbeit zwischen Arzt/Ärztin, Diätologen, Ergotherapeuten, Logopäden, Physiotherapeuten, Pflegepersonal, Psychologen/Psychotherapeuten, Freizeitpädagogen, Sozialarbeitern und anderen, unter Berücksichtigung der familiären, schulischen und beruflichen Situationen sowie mit individuell leistungsangepasstem Therapieablauf möglichst mit begleitendem Schulunterricht oder berufsorientiertem Praktikum.
Voraussetzungen sind:
  • Abgeschlossene Diagnostik vor Zuweisung (kinder- und jugendfachärztlich, psychologisch und kinder- und jugendpsychiatrisch sowie orthopädisch)
  • Nur im Rahmen eines mehrwöchigen Therapieprogramms (mindestens 3–5 Wochen), möglichst mit Bezugspersonen
  • Eingebettet in ambulante interdisziplinäre Versorgungsstruktur vorher und nachher
  • Möglichkeit zur Verlängerung je nach Notwendigkeit, alternativ Etablierung von Wohngemeinschaften für unbegleitete Jugendliche
Eine Rehabilitation ist sinnvoll und vorteilhaft,
  • wenn eine ambulante interdisziplinäre Therapie ausgeschöpft wurde und dadurch medizinisch wie auch psychosozial keine ausreichende Verbesserung erreicht werden konnte.
  • wenn die notwendige Intensität der Patienten schulungen unter ambulanten Bedingungen nicht gewährleistet werden kann.
  • wenn durch einen kurzfristigen/langfristigen Aufenthalt im familiären Setting eine Therapieoptimierung erreicht werden kann.
  • wenn durch einen kurzfristigen/langfristigen Aufenthalt jugendlicher Patienten außerhalb des familiären Settings eine Entlastung und dadurch Therapieoptimierung im Sinn von selbstständiger Mitarbeit/Lebensstilführung erzielt werden kann.
  • wenn die bestehende/n Komorbidität/en eine stationäre Therapie erforderlich macht/machen.
  • als Therapieoption vor bariatrisch-chirurgischen Eingriffen.
Schwerpunktsetzung der Zentren:
  • Rehabilitationszentrum mit Schwerpunkt „Stoffwechsel“: Stationäre Rehabilitation von Patienten mit Schwerpunkt Adipositas ± metabolische Komorbiditäten
  • Rehabilitationszentrum mit Schwerpunkt „Mental Health“: Stationäre Rehabilitation von Patienten mit Schwerpunkt Adipositas und psychisch/psychiatrischen Verhaltensstörungen (F-Diagnosen nach ICD-10) mit Bedarf für „mental health“

Ein- und Ausschlusskriterien

Indikation zur stationären Rehabilitation

Altersgruppen
  • Kinder ab dem Kleinkindalter bis zum etwa 12. Lebensjahr mit einer Begleitperson
  • Jugendliche ab dem etwa 12. Lebensjahr allein bzw. nach Möglichkeit gemeinsam mit einer Begleitperson
Rehabilitationszentrum mit Schwerpunkt „Stoffwechsel“
  • Absolvierte Lebensstilintervention über zumindest 6 Monate und stabiler/ansteigender BMI und
  • Patientinnen und Patienten mit extremer Adipositas oder
  • Adipositas mit metabolischen Komorbiditäten (metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus Typ 2 [T2DM], nichtalkoholische Fettlebererkrankung [NAFLD])
Rehabilitationszentrum mit Schwerpunkt „Mental Health“
  • Absolvierte Lebensstilintervention über zumindest 6 Monate und stabiler/ansteigender BMI und
  • Patientinnen und Patienten mit Adipositas mit F‑Diagnosen nach ICD-10 mit oder ohne metabolische Komorbiditäten (metabolisches Syndrom, T2DM, NAFLD)

Wer kann zuweisen?

Die Zuweisung kann sowohl von Spitalsabteilungen als auch von niedergelassenen Ärzten erfolgen.

Dauer der stationären Rehabilitation

  • Stoffwechsel: 3 Wochen, optionaler Antrag auf Verlängerung auf 6 Wochen durch Rehabilitationseinrichtung
  • Mental Health: 5 Wochen, Option auf Verlängerung bei medizinischer Notwendigkeit durch Rehabilitationseinrichtung
  • Langzeittherapie über 2 bis 6 Monate für Patient*innen bei unzureichender Umsetzung der Therapieziele innerhalb der initialen 3 Wochen und besonderem Schweregrad assoziierter Komorbiditäten bzw. Patient*innen mit besonders schwieriger psychosozialer Situation und erheblichen Komorbiditäten. Die Indikation dazu sind „D-Patienten“ nach Wiegand (Tab. 1), schwierige psychosoziale Situation, wenngleich keine F‑Diagnose.
Tab. 1
ABCD-Schema nach Wiegand [10]
 
A
B
C
D
Zielplanung
Realistisch
Unrealistisch
Unrealistisch
Unrealistisch
Leidensdruck
Vorhanden, adäquat
Hoch
Niedrig
Niedrig oder hoch
Veränderungsmotivation
Hoch
Vorhanden
Gering
Gering, Resignation
Psychosoziale Problematik
Keine
Vorhanden
Häufig
Psychische Auffälligkeit
Familiäre Situation
Stabil
Eher instabil
Eher instabil, schwierig
Sehr schwierig, instabil
Komorbidität
Keine
Selten
Häufig
Vorhanden
Therapie
Kinderarzt
Ambulante Therapie
(Adipositas-Reha)
Kinderarzt
Ambulante Therapie
Adipositas-Reha
Gegebenenfalls Vorbereitung für Reha
Erziehungsberatung
Überwachung:
Kinderarzt
Engermaschige Kontrollen in der Spezialambulanz
Therapie der Komorbidität, Psychotherapie
Mental-Health-Reha
Gegebenenfalls Adipositas-Reha
Wie C und gegebenenfalls:
Kinder- und Jugendpsychiatrie
Langzeitmaßnahmen
Eine Begleitung ist bei allen Patientinnen und Patienten anzustreben, insbesondere bei Kindern unter 12 Jahren.

Zielsetzungen einer stationären Rehabilitation

  • Erreichen einer langfristigen Stabilisierung bzw. Reduktion des Körpergewichts mit anhaltendem Lerneffekt im Sinn einer Lebensstilmodifikation
  • Reduktion von Komorbiditäten zur Verbesserung des metabolischen, psychosozialen und psychiatrischen Gesundheitszustands
  • Verbesserung oder Wiederherstellung der Lebensqualität, u. a. durch Stärkung des Selbstbewusstseins und des Selbstwertgefühls
  • Verbesserung oder Wiederherstellung der körperlichen und psychischen Belastbarkeit bzw. Verstärkung oder Steigerung der persönlichen Ressourcen
  • Verbesserung des individuellen Selbstmanagements in der Änderung der allgemeinen Lebensgewohnheiten (Tagesstruktur, Leistungsbereitschaft) und Unterstützung, Anleitung und Beratung der Patientinnen und Patienten/der gesamten Familie bei der Umsetzung der Rehabilitationsziele in den Alltag
  • Unterstützung, Anleitung und Beratung in der Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und motorischen Fähigkeiten durch Sport und Bewegung unter Berücksichtigung individueller Fertigkeiten und Neigungen
  • Unterstützung, Anleitung und Beratung in der Optimierung bzw. Umstellung des Ess- und Ernährungsverhaltens
  • Erlernen vom Medienkompetenz
  • Unterstützung, Anleitung und Beratung in der Verbesserung sozialer Integration (Peer Group, Schule, Berufsfindung und Berufshinführung und -beratung)
  • Unterstützung im Umgang und in der Akzeptanz von (chronischer) Krankheit oder Beeinträchtigung und Erlernen von Copingstrategien
  • Ausgleich und Unterstützung bezüglich krankheitsbegleitender schulischer Leistungsschwierigkeiten und Beratung für eine spätere berufliche Tätigkeit
  • Verbesserung der Adhärenz
  • Vermittlung einer adäquaten Nachsorge (ambulante Therapieprogramme, Wohngemeinschaften, betreutes Wohnen etc.)
Die Einbindung der Eltern ist ein zentraler Behandlungsbaustein, der den nachhaltigen Erfolg der Rehabilitation verbessern soll.

Behandlungskonzept

Für die Rehabilitation gelten wie für die anderen Versorgungsebenen und therapeutischen Settings die in Abschn. „(Evidenzbasierte) Leitlinie Therapie (2019)“ (Leitlinie Therapie) beschriebenen, evidenzbasierten, Therapieinhalte sowie die in Abschn. „Qualitätsmanagement“ beschriebenen Anforderungen an Struktur‑, Prozess‑, Ergebnis- und Konzeptqualität.
Ergänzende Details zu den Therapieinhalten sowie zum Behandlungsablauf sind im Anhang Supplement 5 zu finden.

Nachsorgekonzept als Teil der Behandlungskette

Weder eine strukturierte Nachsorge durch niedergelassene Ärzte noch eine Nachsorge nach einem Intervallrehabilitationskonzept haben eindeutig positive Effekte auf die Nachhaltigkeit gezeigt [25]. Eine Projektgruppe der KgAS hat ein Nachsorgekonzept entworfen, das die vorliegende Evidenz berücksichtigt und in einer Machbarkeitsstudie evaluiert wurde. Die Auswertung zeigte eine gute Machbarkeit und hohe Zufriedenheitswerte bei allen beteiligten Gruppen (Kinder/Jugendliche, Eltern, Nachsorgekräfte, Rehabilitationsklinik; [11]).
Nach einer stationären Rehabilitation der Phase II laut Österreichischem Rehabilitationsprozess wird demnach die Indikation zur Nachsorge von der vorbehandelnden Einrichtung entsprechend dem Schweregrad der Adipositas, den Komorbiditäten und der Prognose der Zielerreichung nach dem International-Classification-of-Functioning-Disability-and-Health(ICF)-Teilhabemodell gestellt. Eine Rahmenbedingung ist ein Case Management, das verschiedene Schnittstellen und Professionen der Nachsorge verbindet: In der Stufe 1 (entsprechend einer Phase-II-Rehabiliation), organisiert das Case Management aus der Rehaeinrichtung heraus ambulante Betreuung und Angebote. Die Nachsorge selbst sollte durch Therapeuten im Einzelsetting oder in kleinen therapeutischen Gruppen durchgeführt werden. Die Schulung der Familie bzw. der Bezugsperson(en) und die Motivationsförderung des Patienten/der Patientin stehen im Vordergrund. Die einzelnen formulierten Module enthalten kognitive, sozioemotionale, verhaltens- sowie umfeldbezogene Zielebenen und eine stichwortartige Ausarbeitung über Ablauf, Zeitbedarf, notwendige Materialien und Bezüge zum Trainermanual (Leichter-Aktiver-Gesünder) der Adipositasbehandlung [9]. Diese Nachbetreuung kann somit am besten von ambulanten Therapieeinrichtungen der zweiten Versorgungsstufe (s. Abschn. „Versorgungsniveaus“; Abb. 4) angeboten werden. Folgende Themen wurden modularisiert:
  • Erst‑, Familiengespräch – Bestandsaufnahmen – Zielplanung
  • Ressourcen und Hindernisse zur Aufrechterhaltung der Lebensstilveränderung
  • Unterstützungsmöglichkeiten/Planung für den Betroffenen/die Betroffene
  • Ernährungspyramide, Portionsgrößen
  • Selbstwahrnehmung, Selbstbeobachtungstagebuch
  • Umgang mit Risikosituationen, Frust und Stress
  • Umgang mit Hänseleien, Mobben
  • Exploration der häuslichen Umgebung
  • Einkaufstraining
  • Umgang mit Rückfällen
  • Essen außer Haus und bei besonderen Anlässen
  • Aktive Alltagsgestaltung und Medienkonsum
  • Aktive Freizeitgestaltung (Bewegung, Inaktivität)
  • Recherche und Finanzierung von Freizeit und Sportangeboten
  • Kontakt herstellen zu Anbietern und Begleitung zu Freizeit- und Sportangeboten

Qualitätsmanagement

Qualitative und quantitative Qualitätskriterien

Gewichtsmanagementprogramme sollten im Sinn der Sicherheit und der Wirksamkeit der Anwendung einer Reihe von Qualitätskriterien entsprechen, wie strukturelle und personelle Voraussetzungen, Wissenschaftlichkeit, Datendokumentation und Evaluierung. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung des deutschen Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung hat bereits in der Vergangenheit wesentliche Qualitätskriterien für Programme zur Prävention und Therapie von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen veröffentlicht [27]. Auch die (Be‑)Handlungspfade der Medizinischen Universität Graz [2] spiegeln qualitative und quantitative Parameter zur Beurteilung von Übergewicht- und Adipositastherapieprogrammen wider. Die Anforderungen sind mit diesen Qualitätskriterien in Übereinstimmung und umfassen Anforderungen an die
  • konservative Adipositastherapie und
  • bariatrisch-chirurgische Adipositastherapie
im Hinblick auf Struktur‑, Prozess‑, Ergebnis- und Konzeptqualität. Diese sind im Anhang Supplement 6 beschrieben.
Die Struktur- und Prozessqualität muss fortlaufend dokumentiert werden. Zur Sicherung der Nachhaltigkeit und Überprüfung der Wirksamkeit ist wenigstens eine verpflichtende Nachuntersuchung ein Jahr nach Ende der Schulungsmaßnahme als fester Bestandteil in das Programm integriert.
Das Fundament für eine optimale Betreuung der Kinder und Jugendlichen mit Übergewicht oder Adipositas sind fachspezifische Weiterbildungen.
Das Absolvieren eines Basisseminars ist für alle Disziplinen Voraussetzung, um in einem Adipositasschulungsteam umfassende und strukturierte Betreuung anbieten zu können. Im Rahmen dieser Basisschulung werden Grundlagen und fachspezifische Inhalte vermittelt und ein qualitätsgesichertes Trainermanual (bundesweiter Standard, ähnlich dem Betreuungs- und Therapieprogramm Therapie aktiv) zur Verfügung gestellt.
Zudem sind von allen Disziplinen regelmäßig Weiterbildungen in diesem Bereich durchzuführen.
Um die inhaltliche Qualität des Schulungsprogramms sicherzustellen, empfiehlt es sich, dass Mitglieder des Therapieteams in Ergänzung zu den für Gesundheitsberufe gesetzlich sichergestellten Qualifikationen spezialisierte Fort- und Weiterbildungsangebote wahrnehmen. Beispiele dafür sind
Andere Angebote sind ebenfalls anzuerkennen.
Der Umfang der Basisschulungen ist mit den Vertreter*innen der verschiedenen Berufsgruppen abzustimmen und zu definieren (Diplomfortbildungspunkte der Ärztekammer, Continuing Professional Development-Zertifikat der Medizinisch-Technischen Dienste oder ähnliche im Fortbildungszeitraum von 5 Jahren).
Wünschenswert ist eine Einbindung von und inhaltliche Abstimmung mit den relevanten österreichischen Berufsverbänden (v. a. Dachverband der Diätologen, Dachverband der Physiotherapeuten, Berufsverband der Psychologen, ÖGKJ).

Ökonomische Aspekte

Mehrere Studien sowie ein rezenter OECD-Bericht [19] belegen eindrucksvoll die gesteigerten Kosten im Gesundheitssystem bei Adipositas im Kindes- und Jugendalter und damit verbundene Belastungen für die Allgemeinheit (Tab. 2).
Tab. 2
Gesteigerte Kosten für Gesundheitssysteme
Studie
Belastung
Kosten Gesundheitssystem
Wolfenstetter 2006 [11]
Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2;
Bei Berücksichtigung diabetesinduzierter Folgeerkrankungen
17,3 Mio €/Jahr
92,1 Mio €/Jahr
John 2010 [12]
Adipositas
Kosten ↑
Finkelstein 2014 [13]
USA: direkte Kosten
Zwischen 16.310 und 19.350 US$ höhere medizinische Kosten pro 10-jährigem Kind mit Persistenz der Adipositas über die Lebensspanne
Sonntag 2016 [14]
Deutschland: direkte und indirekte Kosten von übergewichtigen Kindern über den Lebensverlauf
€ 8 Mrd.
Döring 2018 [15]
Adipositas
Konnopka 2018 [16]
Deutschland: übergewichtige Kinder; direkte erhöhte Kosten
13–24 % ↑
Hamilton 2018 [17]
Lebenslange direkte Mehrkosten
Buben: Mittelwert 16.229 €
Mädchen: Mittelwert 19.636 €

Umsetzungsplan

Mit dem Umsetzungsplan soll skizziert werden, wie und in welchem Zeitplan Partner auf allen Versorgungsebenen in allen Bundesländern Österreichs gewonnen werden.
  • Bildung einer Projektgruppe
  • Pilotierung des Grobkonzepts in fünf Regionen, in denen bereits (bislang unabhängige) Versorgungsstrukturen bestehen
  • Vorbereitung zur bundesweiten Ausrollung
    • Konzeption der bundesweiten Ausrollung
    • Erhebung des Ist-Stands der für eine bundesweite Ausrollung infrage kommenden Partner der vier Versorgungsebenen in allen österreichischen Bundesländern
    • Einladung zur Teilnahme am Versorgungskonzept der infrage kommenden Partner der vier Versorgungsebenen in allen österreichischen Bundesländern
    • Festlegung der initialen Projektpartner
  • Bundesweite Ausrollung

Pilotierung mit folgenden bestehenden Projekten

  • Wien: ENORM INFORM
    • Setting: Gruppe
    • Alter: 6–14 Jahre (6–9 Jahre, 10–14 Jahre)
  • Oberösterreich: FIT KIDS
    • Setting: Gruppe
    • Alter: bis 12 Jahre
    • Gruppen- und Einzelsetting
  • Salzburg: INFORM INDIVIDUELL/EASY KIDS
    • Setting: Einzel/GRUPPE
    • Alter: 3–18 Jahre
  • Kärnten: DOWN & UP
    • Setting: Gruppe
    • Alter: 8–18 Jahre
  • Vorarlberg: X‑Team
    • Setting: Gruppe
    • Alter: 8–13 Jahre
Annahme: 2 % von 40.000 Kindern und Jugendlichen mit Adipositas nehmen jährlich das Angebot der Stufe 3 (multidisziplinäres Programm) an, 1 % ein Rehaangebot.
  • 800 Kinder/Jugendliche ambulant
  • 400 Rehapatienten
    • 30 % Stoffwechselschwerpunkt (120 Patienten × 3 Wochen, entspricht ca. 7,3 belegte Betten über 50 Wochen/Jahr)
    • 70 % Mental Health
      Kurzreha (80 %; 224 Patienten mal 5 Wochen; entspricht etwa 22,4 belegte Betten über 50 Wochen/Jahr)
Annahme: 50 % der für Reha infrage kommenden Patienten bedürfen eines stationären Aufenthalts zur differenzierten, multidisziplinären Diagnostik.
Daraus ergibt sich der in Tab. 3 dargestellte Bedarf an Bettenkapazitäten an stationären Abteilungen zur interdisziplinären Diagnostik, wenn dies ambulant nicht möglich ist.
Tab. 3
Bedarf an Bettenkapazitäten an stationären Abteilungen zur interdisziplinären Diagnostik, wenn dies ambulant nicht möglich ist
N = 200 (50 %)
Anzahl Patient*innen/Abteilung/Monat
Anzahl notwendiger Betten
Anmerkung
10 Abteilungen bundesweit
1,7
~0,25
Eine Woche Aufenthalt
20 Abteilungen
3,4
~0,5
Eine Woche Aufenthalt

Finanzierungskonzept

Annahme: Die Primärversorgung ist finanziert bzw. nicht Teil des vorliegenden Konzepts.
Notwendige Finanzierung:
Die Sicherstellung der Finanzierung folgender Punkte ist konkreter Gegenstand dieses Konzepts:
1.
Finanzierung eines Detailkonzepts für eine bundesweite Umsetzung des Grobkonzepts
 
2.
Finanzierung der bundesweiten multidisziplinären ambulanten Therapie (Stufe 4 der Lebensstilintervention)
 
Annahme: Evidenzbasierte Therapieprogramme sind über die Lebensspanne kostensparend.
Es gibt belastbare internationale Daten dafür, dass eine multidisziplinäre ambulante Therapie von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas, wie sie im gegenständlichen Konzept vorgeschlagen wird, kosteneffektiv ist [19, 20]. Prospektive österreichische gesundheitsökonomische Studien, die die Komplexität der Erkrankung und die geplante Vernetzung von stationären und ambulanten Maßnahmen berücksichtigen, fehlen bislang (Tab. 4).
Tab. 4
Geschätzte Kosten einer bundesweiten multidisziplinären ambulanten Therapie
Jahr
Neueinsteiger ambulant
Weiterbetreuung ambulant
Gesamt ambulant
Kosten pro Jahr (€)
1
400
0
400
440.000
2
600
80
680
1.496.000
3
800
136
936
2.059.200
4
800
187
987
2.171.400
5
800
197
997
2.194.280
Annahme: Kosten pro Kind/Jugendlicher pro Jahr für multidisziplinäre Betreuung: 2200 €.
Wenn 800 Kinder und Jugendliche (2 % der Betroffenen pro Jahr) eine multidisziplinäre Therapie in Anspruch nehmen, entstehen ambulante Gesamtkosten von etwa 1,8 Mio. € pro Jahr. Dem gegenüber stehen anzunehmende direkte und indirekte Kosten für das österreichische Gesundheitssystem von etwa 1 Mrd. € [12] bzw. 30 – bis 700 Mio. € [15; 18] für die 40.000 aktuell betroffenen Kinder und Jugendlichen mit Adipositas (ohne jene mit Übergewicht) über die Lebensspanne. Zusätzlich berücksichtigt werden müssen weitere Wirkfaktoren wie die gesellschaftliche Akzeptanz und Enttabuisierung der Erkrankung.

Projektkerngruppe (in alphabetischer Reihenfolge)

Prim. Dr. Anna Maria Cavini, kokon – Reha für junge Menschen, Bad Erlach; Prim. Dr. Doris Ehringer-Schetitska, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Landesklinikum Wiener Neustadt, Wiener Neustadt; Prim. Dr. Dieter Furthner, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Salzkammergut-Klinikum, Vöcklabruck; Univ. Prof. Dr. Susanne Greber-Platzer, MBA, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Wien/AKH Wien, Wien; Prim. Dr. Adrian Kamper, Kinder- und Jugendpsychosomatik, Klinikum Wels-Grieskirchen, Grieskirchen; Prim. Univ. Prof. Dr. Roman Metzger, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg; Dr. Katharina Mörwald, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg; PD Dr. Sabine Scholl-Bürgi, Medizinische Universität Innsbruck, Department für Kinder- und Jugendheilkunde Universitätsklinik für Pädiatrie I, Bereich Angeborene Stoffwechselstörungen, Innsbruck und Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde; Dr. André van Egmond-Fröhlich, Sozialmedizinisches Zentrum Süd – Kaiser-Franz-Josef-Spital mit Gottfried von Preyer’schem Kinderspital, Wien; Prim. Univ. Prof. Dr. Daniel Weghuber, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg; Univ. Prof. Dr. Kurt Widhalm, Österreichisches Akademisches Institut für Ernährungsmedizin, Wien; Prim. Univ. Doz. Dr. Claudia Wojnarowski, Gesundheitszentrum Floridsdorf, Österreichische Gesundheitskasse, Wien

Projektmitarbeiter (in alphabetischer Reihenfolge)

Mag. Barbara Andersen, Adipositaschirurgische Selbsthilfegruppe, AKH Wien, Ambulatorium der Sucht- und Drogenkoordination der Stadt Wien, Wien; Ao. Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Ardelt-Gattinger, Fachbereich Psychologie, Universität Salzburg, Salzburg; Prim. Univ.-Prof. Dr. Robert Birnbacher, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Landeskrankenhaus Villach, Villach; Mag. Angelika Bukovski, MiM, MBA, Arbeitskreis Vorsorgemedizin Salzburg, Salzburg; Dr. Thomas Czypionka, Forschungsgruppe Gesundheitsökonomie und -politik, Institut für Höhere Studien, Wien; Prim. PD. Dr. Gustav Fischmeister, Kinder Jugend Reha Leuwaldhof, Sankt Veit Im Pongau; Dr. Maria Fritsch, Ambulanz für Endokrinologie, Diabetes und Adoleszentenmedizin, Universitätsklinikum für Kinder- und Jugendheilkunde, Graz; Priv.-Doz.in Dr.in med.univ. Elke Fröhlich-Reiterer, Diabetes und Adoleszentenmedizin, Universitätsklinikum für Kinder- und Jugendheilkunde, Graz; Dr. Harald Geiger, MPH, aks gesundheit Vorarlberg, Bregenz; Verena Heu, BSc, MAS, MSc, IBCLC, Arbeitskreis Pädiatrie, Verband der Diaetologen Österreichs; Ernährungsmedizinische Beratung, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg; Univ. Prof. Dr. Christian Huemer, Krankenhaus Bregenz, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Bregenz; Dr.med. Katharina Maruszczak, MSc, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg; Dr. Johannes Mühleder, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg; Dr. Wolfgang Schebesta, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Landesklinikum Wiener Neustadt, Wiener Neustadt; Prim. Univ. Ass.-Prof. DDr. Peter Voitl, MBA, Leiter der Bundesfachgruppe Kinder- und Jugendheilkunde, Erstes Wiener Kindergesundheitszentrum Donaustadt, Wien; Univ. Prof. Mag. DDr. Susanne Ring-Dimitriou, Interfakultärer Fachbereich für Sport- und Bewegungswissenschaft, Universität Salzburg, Salzburg und Österreichische Sportwissenschaftliche Gesellschaft

Projektsteuerungsgruppe (in alphabetischer Reihenfolge)

Dr. Christoph Dachs, Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin, Salzburg; Prim. Univ. Prof. Mag. Dr. Thomas Frischer, Wilhelminenspital Kinderabteilung, Wien; Dr. Peter Grüner, Österreichische Gesundheitskasse, Salzburg; Prof. Andrea Hofbauer, MSc, MBA, Verband der Österreichischen Diaetologen, Wien; Univ. Prof. Dr. Daniela Karall, Medizinische Universität Innsbruck, Department für Kinder- und Jugendheilkunde Universitätsklinik für Pädiatrie I, Bereich Angeborene Stoffwechselstörungen, Innsbruck und Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde; Prim. Univ. Prof. Dr. Reinhold Kerbl, Landeskrankenhaus Leoben, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Leoben und Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde; Dr. Andreas Krauter, Österreichische Gesundheitskasse, Wien; Mag. Bettina Maringer, Dachverband der österreichischen Sozialversicherungen, Wien; Univ. Prof. Dr. med. univ. Barbara Plecko, Universitätsklinikum für Kinder- und Jugendheilkunde, Graz; Priv. Doz. Mag. Dr. Karin Schindler, Abteilung IX/A/8, Mutter‑, Kind- und Gendergesundheit, ErnährungBM für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Wien; Constance Schlegl, MPH, physioaustria, Wien; Dr. Gudrun Seiwald, Österreichische Gesundheitskasse, Innsbruck; Mag. Thomas Semlitsch, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Medizinische Universität Graz, Graz; a.o. Univ. Prof. Dr. Beate Wimmer-Puchinger, Berufsverband Österreichischer PsychologInnen, Wien; Prim. Univ. Ass.-Prof. DDr. Peter Voitl, MBA, Leiter der Bundesfachgruppe Kinder- und Jugendheilkunde, Erstes Wiener Kindergesundheitszentrum Donaustadt, Wien

Externe Berater (in alphabetischer Reihenfolge)

Prof. Dr. med. Martin Wabitsch, Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm, Deutschland; Dr. med. Susanna Wiegand, Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) PD (Sprecherin), Charité Kinderklinik Universitätsmedizin Berlin, Deutschland; Dr. Rainer Stachow, Fachklinik Sylt für Kinder und Jugendliche, Sylt/OT Westerland, Deutschland

Förderung

Die Erstellung erfolgte durch eine Förderung durch die ÖGKJ. Die im Rahmen der Treffen anfallenden Reisekosten und Spesen wurden teilweise von der ÖGKJ, den beteiligten Personen sowie den Universitätskliniken für Kinder- und Jugendheilkunde Salzburg und Wien getragen; die Expertenarbeit erfolgte ehrenamtlich und ohne Honorar.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

D. Weghuber hat Beratungs- und Vortragshonorare der Firma Novo Nordisk A/S erhalten. A.M. Cavini, D. Ehringer-Schetitska, D. Furthner, S. Greber-Platzer, A. Kamper, R. Metzger, K. Mörwald, S. Scholl-Bürgi, A.v. Egmond-Fröhlich, K. Widhalm und C. Wojnarowski geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
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Anhänge

Anhang

Supplement 1 Detaillierte Darstellung der medizinischen und psychosozialen Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen Übergewicht und Adipositas

Es muss in einem späteren Detailkonzept differenziert werden, was die routinemäßige Basisdiagnostik bei Übergewicht und Adipositas im extramuralen Bereich umfassen soll und welche spezialisierte Diagnostik im begründeten Verdachtsfall erforderlich sein kann.

Medizinische Diagnostik

Durch eine sinnvolle somatische und laborchemische Diagnostik sollten eine ursächliche Grunderkrankung sowie die medizinischen Folgen der Adipositas erkannt werden. In der Regel ist dazu neben einer gründlichen Anamnese und körperlichen Befunderhebung keine aufwendige Labor- und/oder Apparatediagnostik nötig.
Diagnostik niedergelassener Bereich (Primärversorgungsebene).
Hierzu zählen: Kinderfachärzt*innen, Allgemeinmediziner*innen, Schulärzt*innen
  • Grundlage: Diagnostik Leitlinie 2015 [4]
  • Basiserhebung: Alter, Geschlecht, Körpergröße, Körpergewicht, BMI absolut/Perzentilen [29, 30], Übergewicht > 90. Perzentile, Adipositas < 97. Perzentile, extreme Adipositas > 99,5 Perzentile
  • Übergewicht ohne Grunderkrankung: Abklärung hinsichtlich Familienanamnese, Blutdruck, Komorbiditäten, Besorgnis wegen Gewicht
  • Adipositas und massive Adipositas: Anamnese und ausführliche Untersuchung – Diagnostik hinsichtlich Grunderkrankung ± eingeschränkte Mobilität, Kleinwuchs, Ausfälle des Zentralnervensystems (ZNS), Visus, mentale Retardierung, Dysmorphiezeichen, vegetative Störungen, Einnahme mit Adipositas assoziierter Medikamente
  • Laboruntersuchung: Serumkonzentrationen von Gesamtcholesterin, HDL-/LDL-Cholesterin, Triglyzeriden, Lipoprotein (a), Leberenzymen (γGT/ASAT/ALAT), Harnsäure, Glukose (nüchtern), TSH
  • Grunderkrankung und Übergewicht/Adipositas: Zuweisung an spezialisierte Einrichtungen zur weiteren Abklärung
  • Ausstattung:
    • Standardisierte Dokumentationsvorlagen für Eigenanamnese inklusive Erfassung von Medikamenten und Familienanamnese
    • Standardisierter Statusbogen inklusive Symptome für Grunderkrankung bzw. Komorbiditäten
    • Geräte: Messlatte, Körperwaage, BMI-Perzentilenkurven für Mädchen und Buben, Blutdruckmessgerät, Ultraschallgerät (optional)
Fokus.
Erkennen von Übergewicht, Adipositas bzw. extremer Adipositas, Eigen- und Familienanamnese, klinischer Status, Erfassen von Komorbiditäten, Erkennen einer mit Adipositas assoziierten Grunderkrankung
Diagnostik interdisziplinärer ambulanter Einrichtungen.
Hierzu zählen u. a. Kinder- und Jugendheilkunde inklusive Psychosomatik, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychologie, Sozialarbeit, Diätologie, Labormedizin, Radiodiagnostik
Einrichtungen: Gesundheitszentren/Primärversorgungszentren/Gruppenpraxis niedergelassener Bereich/Institute
  • Grundlage: Diagnostik Leitlinie 2015 [4]
  • Klinische und laborchemische Diagnostik sind immer erforderlich, psychologische, psychosoziale und Verhaltensdiagnostik kann gezielt im Rahmen der therapeutischen Maßnahmen angeschlossen werden
  • Anamnese: Eigen‑, Familien‑, Ernährungs- (Ernährungsprotokoll), Schlaf‑, Medikamenten‑, Sozialanamnese, körperliche Aktivitäten (Freizeit)
  • Klinischer Status: umfassender klinischer Status inklusive ausführlichem orthopädischen Status, Neurostatus und Tannerstadium
  • Laboruntersuchung: Serumkonzentrationen von Gesamt-Cholesterin, HDL-/LDL-Cholesterin, Triglyzeriden, Lipoprotein (a), Leberenzymen (γGT/ASAT/ALAT), Harnsäure, Nierenparameter und Glukose (nüchtern), TSH; in Abhängigkeit von der Familienanamnese: BMI, klinische Untersuchung: oraler Glukosetoleranztest (oGTT), Homocystein und Harnsäure im Serum, Cortisol, Insulin, C‑Peptid, Vitamin D, Eisenstatus u. a.
  • Apparative Untersuchung bei auffälligen Ergebnissen in der Klinik:
    • Abdomensonografie: bei Hepatomegalie bzw. Transaminasenerhöhungen, Gallenblase, Ovarien, Nieren
    • bei Abweichen von der Größenperzentile: Röntgen der linken Hand
    • Herzechokardiografie und Elektrokardiogramm bei arterieller Hypertonie
  • Blutdruckmessung: ambulante RR-Messung, mehrfach erhöhte ambulante RR-Werte: 24-Stunden-RR-Messung
  • Ausstattung:im niedergelassenen Bereich und zusätzlich:
    • Ultraschallgerät
    • Elektrokardiografie
    • 24-Stunden-Blutdruckmessgerät inklusive Manschetten
    • Standardisierte Vorlage für Ernährungsprotokoll
    • Standardisierte Auflistung für Laborparameter
    • Oraler Glukosetoleranztest (oGTT)
Diagnostik stationärer Einrichtungen (ohne Adipositasspezialisierung).
Hierzu zählen:
  • Kinder- und Jugendheilkunde:
    Neuropädiatrisch/neurochirurgischer Spezialbereich: Pseudotumor cerebri; pädiatrische Endokrinologie: DMT2; Schlaflabor bei Verdacht auf Schlaf-Apnoe-Syndrom, nächtliche Hypoventilation, Ronchopathie
  • Kinder- und Jugendpsychosomatik: Abklärung psychosomatischer Störungen, weiterführende psychologische und psychosoziale Diagnostik
  • Kinder- und Jugendpsychiatrie: Abklärung psychiatrischer Störungen, Selbstverletzung mit/ohne suizidaler Absicht, weiterführende psychologische und psychosoziale Diagnostik
Weiterführende Diagnostik in einem spezialisierten Zentrum.
Hierzu zählen: multidisziplinäres Team der Spezialbereiche (ambulant, tagesklinisch, stationär in Kinderabteilungen/Kinderkliniken, Kinder- und Jugendpsychosomatik, Kinder- und Jugendpsychiatrie)
  • Grundlage: Diagnostik Leitlinie 2015 [4]
  • Zielgruppe: Adipositas (BMI > 97. Perzentile) mit Komorbiditäten, extreme Adipositas (BMI > 99,5 Perzentile), monogenetische Adipositas, sekundäre Adipositas und syndromale Adipositas sowie Adipositas im Alter < 6 Jahren
  • Ziel: Ermittlung des Gesundheitsrisikos und der Komorbiditäten (Flussdiagramm 2.3 in [4])
  • Diagnostik:
    • Stammbaum, familiäre Risikoeinschätzung
    • Ausführlicher klinischer Status (inklusive orthopädisch, neurologisch, Tannerstadium)
    • Detaillierte Laboruntersuchung inklusive Genetik bei Verdacht auf monogenetische bzw. syndromale Adipositas, umfasst Abklärung von DMT2, Dyslipidämie, Hypertonie, NAFLD/NASH, metabolisches Syndrom
    • Bildgebende Diagnostik inklusive Organscreening bei Verdacht auf syndromale Adipositas:
      Leber-Magnetresonanzuntersuchung (MRI), Fibroscan, perkutane Leberbiopsie bei Verdacht auf NAFLD/NASH, 24-Stunden-RR bei Verdacht auf arterielle Hypertonie, Polysomnografie bei Verdacht auf obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom (OSAS), Schädel-MRI/CT und Funduskopie bei ZNS-Ausfällen, Visuseinschränkung, vegetativen Störungen, Herzecho/EKG bei Verdacht auf kardiovaskuläre Erkrankung
    • Weiterführende Diagnostik:
    • Orthopädisch bei Kyphose/Lordose, Genua valga, Pes planus, Epiphyseolysis capitis femoris, und anderen
    • Dermatologisch bei lokalen Infektionen, Pilz, Akne vulgaris, gynäkologisch bei Mädchen mit Verdacht auf polyzystisches Ovarialsyndrom, Vorliegen von Amenorrhoe/Dysmenorrhoe
    • Psychologie/Psychosomatik/Kinder- und Jugendpsychiatrie (s. Supplement 4, Stationäre Versorgung)
    • Diätologie (Ernährungsverhalten durch verschiedene Tools, z. B. Protokoll für 3 bis 7 Tage bzw. Häufigkeitsprotokoll)
    • Sportaustestung: Spiroergometrie
    • Sozialarbeit/Jugendwohlfahrt
Psychologische Diagnostik und Erhebung des psychosozialen Zustandsbilds.
Es muss in einem späteren Detailkonzept differenziert werden, was die routinemäßige Basisdiagnostik bei Übergewicht und Adipositas im extramuralen Bereich umfassen soll und welche spezialisierte Diagnostik im begründeten Verdachtsfall erforderlich sein kann.
Die für die psychologische Diagnostik und Erhebung des psychosozialen Zustandsbilds notwendigen Verfahren sind weder in der S2- noch der S3-Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA) detailliert beschrieben. Die nachfolgenden Empfehlungen sind daher Expertenkonsens.
Standard:
Durchführung eines klinischen Interviews, ergänzt durch die Verwendung folgender psychologischer Testverfahren:
  • AD-EVA
  • DIKJ
  • PHOKI
  • CBCL 6–18R
Das umfassende Screeninginstrument „Interdisziplinäres Testsystem zur Diagnostik und Evaluation bei Adipositas und anderen durch Ess- und Bewegungsverhalten beeinflussbaren Krankheiten“, AD-EVA [21], die Testfragebögen des „Phobiefragebogen für Kinder und Jugendliche“, PHOKI [22] und des Depressionsinventars für Kinder und Jugendliche (DIKJ; [23]) werden von den Patient*innen selbst ausgefüllt. Der Fremdbeurteilungsfragebogen (CBCL/6–18R, Elternfragebogen; [24]) erfasst als Screeninginstrument Alltagskompetenzen und kinder- und jugendpsychiatrische Störungsbilder. Zusätzliche Hinweise auf kinder- und jugendpsychiatrische Störungen bzw. komorbide Störungen insbesondere Angststörungen oder depressive Symptomatik können mittels PHOKI (Ängste) und DIKJ (depressive Symptomatik) erfasst werden.
Die diagnostische Einschätzung kann unter Verwendung des Klassifikationssystems ICD 10/MAS für Kinder und Jugendliche, abgebildet werden:
  • Achse I: klinisch-psychiatrisches Syndrom (psychiatrische Störungen)
  • Achse II: umschriebene Entwicklungsstörungen
  • Achse II: Intelligenz
  • Achse IV: körperliche Erkrankungen
  • Achse V: abnorme psychosoziale Umstände
  • Achse VI: psychosoziales Funktionsniveau
Diese mehrachsige Beurteilung erfordert interdisziplinäre Zusammenarbeit:
Das klinische Interview wird primär ärztlich-pädiatrisch erfolgen, im Hinblick auf die Psychodiagnostik ergänzt durch das Gespräch der klinischen Psychologie, die die Testdurchführung und Auswertung vornimmt. Anhand der Ergebnisse erfolgt die Einschätzung entsprechend dem ABCD-Schema nach Wiegand [10]. Bei Zuordnung zu den Stufen C und D oder bei diagnostischer Unklarheit (komorbider Diagnosen an sich, Schweregrad) sollte eine kinder- und jugendpsychiatrische Stellungnahme eingeholt werden.
Erweiterungsstufe:
Falls mit obiger Diagnostik kein Auslangen gefunden werden kann bzw. der Verdacht auf Komorbiditäten besteht, ist eine Erweiterung nötig:
  • Je nach Verdachtsmomenten (z. B. bei Verdacht auf Intelligenzminderung, Testung WISC V)
  • Individuell erweiterte Diagnostik bei Zusammentreffen mehrerer komorbider Befunde wie Adipositas, metabolisches Syndrom, depressive Symptome, Ängste, Schlafstörungen, Verhaltens- und emotionale Auffälligkeiten und bei syndromaler Adipositas
  • Einbindung der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Testbeschreibungen.
Interdisziplinäres Testsystem zur Diagnostik und Evaluation bei Adipositas und anderen durch Ess- und Bewegungsverhalten beeinflussbaren Krankheiten (AD-EVA)
Beim AD-EVA handelt es sich um ein Screeninginstrument zur interdisziplinären individuellen und Gruppendiagnostik; es misst primär Kognitionen bezüglich Ess- und Bewegungsverhalten einschließlich von Essstörungen, beinhaltet aber ebenso wie CBCL Fragen zur psychosozialen Situation und Kompetenz. Das Testsystem findet Anwendung in der Kontrolle und der Evaluation von Interventionen sowie zur Qualitätssicherung bei Übergewicht, Adipositas und anderen durch Ess- und Bewegungsverhalten beeinflussbaren Krankheiten. Mittels der erzielten Ergebnisse wird eine Grundlage zur Beratung, Therapie und Prävention bzw. Gesundheitsförderung bereits erkrankter und von Risikogruppen im Kindes- und Jugendalters (8–18 Jahre) geschaffen. Gemeinsam mit dem klinischen Interview führt dies zur Einschätzung.
Nutzung: in der Medizin, Psychologie, Sport- und Ernährungswissenschaft.
Die Fragenbogenbeantwortung benötigt 45–60 min, die Auswertungszeit 30 min.
Zielgruppen der Anwendung sind Kinder zwischen 8 und 18 Jahren mit Gewichts‑, Ess- und Bewegungsproblemen und mit diesen in Zusammenhang stehenden Folgeerkrankungen.
Phobie-Fragebogen für Kinder- und Jugendliche (PHOKI).
Der Fragebogen dient der Erfassung von Ängsten bei Kindern und Jugendlichen.
Der PHOKI ist eine deutschsprachige Überarbeitung des Fear Survey Schedule for Children, Revised. Altersbereich: 8–18 Jahre, Bearbeitungsdauer: etwa 15 min, Auswertezeit 10–15 min.
Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche (DIKJ).
Das DIKJ ist ein etabliertes Verfahren zur Erfassung der Schwere einer depressiven Symptomatik bei Kindern und Jugendlichen und umfasst die wesentlichen Symptome einer Depression dieser Altersgruppen. Der DIKJ ist als Einzel- und Gruppentest im Alter von 8 bis 16 Jahren durchführbar und kann auch bis 18 Jahre verwendet werden.
Bearbeitungsdauer: 10–15 min, Auswertezeit: knapp 5 min
Deutsche Schulalter-Formen der Child Behavior Checklist (CBCL/6–18R).
Der CBCL/6–18R ist ein Elternfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen, der sich an Eltern von Kindern und Jugendlichen von 6 bis 18 Jahren richtet. CBCL/6–18R dient zur Erfassung von Verhaltensauffälligkeiten, emotionalen Auffälligkeiten, somatischen Beschwerden sowie sozialen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen im Schulalter aus Sicht der Eltern.
Bearbeitungsdauer: etwa 15–20 min, Auswertung: 15–20 min
Diagnostik vor bariatrischer Operation in Zentrum mit besonderer Expertise für Kinder und Jugendliche.
  • Multidisziplinäres Team: Kinder- und Jugendfacharzt, Internist/Endokrinologe, Kinder- und Jugendpsychiater, Psychologe, Sozialarbeiter, Diätologe und Chirurg mit mehrjähriger Erfahrung in der Adipositas- bzw. metabolischen Chirurgie
  • Grundlage: S3-Leitlinie Chirurgie der Adipositas und metabolischen Erkrankungen [5], Expertenkonsens
  • Präoperative Untersuchungen umfassen die Entwicklung der Adipositas, Hinweise für Ursachen der Adipositas (z. B. Genetik, Pharmaka), bisherige Therapieversuche, Motivation zur Gewichtsabnahme, persönliche Ressourcen, psychosoziales Verhalten, Begleit- und Vorerkrankungen sowie Operationsrisiken
  • Anamnese, Familienanamnese (Adipositas, Dyslipidämie, Hypertonie, Atherosklerose insbesondere koronare Herzerkrankung und Schlaganfall), bisherige Therapieversuche, Ernährungsgewohnheiten und Essverhalten, Bewegungsaktivität, Motivation, psychosoziale Anamnese
  • Untersuchungen:
    • Körperlänge und -gewicht, Taillenumfang, Blutdruck, Verfahren zur Ermittlung der Körperzusammensetzung*
    • Klinische Untersuchung
    • Labor: Blutbild (Differenzialblutbild), Gerinnung, Leberparameter, Nüchternblutzucker, HbA1c, oraler Glukosetoleranztest*, Gesamt‑, HDL- und LDL-Cholesterin, Triglyzeride, Harnsäure, Kreatinin, Elektrolyte*, Mikronährstoffe, TSH, gegebenenfalls andere endokrinologische Parameter (z. B. Dexamethason-Hemmtest zum Ausschluss eines Hyperkortisolismus), Mikroalbuminurie bzw. Albumin-Kreatinin-Ratio im Urin*, EKG, Ergometrie*, Echokardiografie*, 24-Stunden-Blutdruckmessung*, Schlafapnoe-Screening*, Oberbauchsonografie*, Doppler-Sonografie* (*: fakultative Untersuchungen)
    • Routinemäßige Ösophagogastroduodenoskopie
  • Rauchen sollte mindesten sechs Wochen präoperativ eingestellt werden, da auch kurze Enthaltsamkeit zu geringeren Komplikationsraten und einer generell besseren Gesundheit beiträgt
  • Postoperative Probleme bei der Medikamenteneinnahme (Resorptionsverhalten, mögliche Durchfälle), z. B. die Einnahme von Kontrazeptiva, sind zu besprechen, ebenso möglicherweise erforderliche Folgeeingriffe und gegebenenfalls die Notwendigkeit plastisch-chirurgischer Korrekturen
Anmerkung (Expertenkonsens).
Empfohlen wird das strukturierte präoperative psychologische Interview BARI-AD. Das strukturierte Interviewschema erhebt und dokumentiert die in Leitlinien geforderten Informationen zur psychischen und sozialen Situation der Patient*innen nach der Aufklärung durch das interdisziplinäre Team vor bariatrischen Eingriffen [25].
  • Da es sich um einen Elektiveingriff bei Risikopatient*innen handelt, sollten existierende Begleiterkrankungen optimal therapiert und die Medikation entsprechend angepasst werden (z. B. Anpassung/Umstellung von Antikoagulanzien, Antidepressiva etc.).
Anmerkung (Expertenkonsens).
Für eine präoperative hypokalorische eiweißreiche Diät, wie sie für Erwachsene präoperativ empfohlen wird, gibt es keine Evidenz.

Supplement 2 Detaillierte Handlungsempfehlungen zur Therapie

S3-Leitlinie der AGA „Therapie und Prävention der Adipositas im Kinder- und Jugendalter“ [3], Anmerkungen sind konsensuelle Empfehlung der Autoren des vorliegenden Konzepts

Allgemeine Empfehlungen

Empfehlung 1.
Im Rahmen der primären Gesundheitsversorgung sollten Angebote zur Therapie der Adipositas flächendeckend etabliert werden, die die folgenden Komponenten beinhalten: verschiedene Möglichkeiten für Verhaltensänderungen und z. B. energiereduzierte Ernährung/gesunde Ernährungsweise, körperliche Bewegung und Begrenzung sitzenden Verhaltens, die kombinierte Anwendung von medizinischer Betreuung und interdisziplinärer Betreuung und Beratung, Schulung, papierbasierte Materialien, Unterstützung und Motivation sowie eine individuell auf die Betroffenen und deren familiäres Umfeld zugeschnittene Intensität der Intervention je nach Zielparameter.
LoE 1+, EG B, starker Konsens
Empfehlung 2.
Der Zugang zu einem kombinierten interdisziplinären Therapieprogramm sollte jedem Kind oder Jugendlichen (5–17 Jahre) mit Adipositas und jedem Kind oder Jugendlichen mit Übergewicht, bei dem eine bedeutsame Komorbidität oder eine familiäre Risikokonstellation vorliegt, ermöglicht werden.
LoE IV, Expertenkonsens, EG B, Konsens
Empfehlung 3.
Kombinierte interdisziplinäre Therapieprogramme sollten Therapien, die nur einzelne Aspekte berücksichtigen, vorgezogen werden.
LoE 1+ bis IV, EG B, starker Konsens
Empfehlung 4.
Bei einem kombinierten interdisziplinären Adipositastherapieprogramm sollte die Familie (Anmerkung: bzw. Bezugspersonen und das soziale Umfeld) motivierend und unterstützend mitwirken. Die Intervention sollte durch geschultes Personal in einem spezialisierten oder interdisziplinären Setting erfolgen.
LoE 1- bis Ib, EG B, starker Konsens

Ernährung

Empfehlung 5.
Eine alleinige Ernährungstherapie hat nur geringe Langzeiteffekte auf den Gewichtsstatus. Sie sollte deshalb immer in Kombination mit anderen Therapiebausteinen (Steigerung der körperlichen Aktivität, Verhaltenstherapie) durchgeführt werden.
LoE 1+ bis 4, EG B, starker Konsens
Empfehlung 6.
Bei der Ernährungsumstellung sollte die Familie (Anmerkung: bzw. Bezugspersonen und das soziale Umfeld) mit einbezogen werden, da dies die Langzeitcompliance der Patientinnen und Patienten fördert.
LoE Ib bis IV, EG B, starker Konsens
Empfehlung 7.
Durch eine Ernährungstherapie kann die Lebensmittelauswahl günstig beeinflusst werden. Sie kann zu einer Steigerung des Gemüse- und Obstverzehrs sowie auch zur Reduktion der Aufnahme an fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln führen. Sie kann insbesondere auch zur Änderung der Getränkeauswahl zugunsten von Wasser beitragen. Daher sollte eine Ernährungstherapie durchgeführt werden.
LoE Ib bis IV, EG B, starker Konsens
Empfehlung 8.
Balancierte Kostformen mit sehr niedriger Energiezufuhr (Gesamtenergie 800–1200 kcal/Tag, z. B. als Formuladiät oder proteinsparendes modifiziertes Fasten) ermöglichen einen starken Gewichtsverlust in einem kurzen Zeitraum, haben jedoch keinen langfristigen Effekt. Solche Maßnahmen können für spezielle Indikationen unter intensiver Betreuung durch Experten eingesetzt werden.
LoE Ib bis IIb, EG 0, starker Konsens
Empfehlung 9.
Starre Diätpläne oder Kostformen mit extremen Nährstoffrelationen (z. B. häufige Gewichtsreduktionsdiäten, totales Fasten, Heilfasten, Schrothkur, Mayr-Kur, Ananasdiät etc.) sollten wegen potenzieller medizinischer Risiken und fehlendem Langzeiterfolg nicht angewandt werden
LoE III bis IV, EG B, starker Konsens

Bewegung

Empfehlung 10 (klinischer Konsenspunkt [KKP]).
Die Steigerung der körperlichen Aktivität sollte im Gruppensetting erfolgen, da hier neben der körperlichen Aktivität gleichzeitig die gegenseitige Motivation gestärkt wird
LoE IV, KKP, starker Konsens
Empfehlung 11 (klinischer Konsenspunkt).
In praktischen Schulungseinheiten sollte kein Leistungsanspruch bestehen.
LoE IV, KKP, starker Konsens
Empfehlung 12 (klinischer Konsenspunkt).
Eine zusätzliche theoretische Wissensvermittlung zu Effekt und Nutzen körperlicher Aktivität sollte nach Möglichkeit auch in Elternschulungen stattfinden.
LoE IV, KKP, starker Konsens
Empfehlung 13.
Gelenkschonendes körperliches Training sollte Teil eines interdisziplinären Programms zur Behandlung der Adipositas im Kindesalter sein und durch Maßnahmen zur Ernährungs- und Verhaltenstherapie ergänzt werden.
LoE IV, EG B, starker Konsens
Empfehlung 14.
Primäre Ziele der Bewegungstherapie sind die Verringerung der körperlichen Inaktivität (z. B. Medienkonsum, TV/Computer), die Steigerung der Alltagsaktivität und die Anleitung zum körperlichen Training.
LoE IV, Expertenkonsens, EG B, starker Konsens
Empfehlung 15.
Die Steigerung der körperlichen Bewegung im Alltag soll primäres Ziel einer Bewegungstherapie sein. Sie ist langfristig effektiver bezüglich der Gewichtsreduktion als die Teilnahme an zeitlich limitierten Sportprogrammen.
LoE Ib, EG A, starker Konsens
Empfehlung 16.
Die körperliche Aktivität sollte an den Grad der Adipositas angepasst werden.
LoE Ib bis IV, EG B, starker Konsens
Empfehlung 17.
Maßnahmen zur Steigerung der körperlichen Aktivität sollten durch das soziale Umfeld unterstützt werden (z. B. positives Feedback). Die Unterstützung durch Eltern, Mitschüler und Lehrer kann zu anhaltenden positiven Effekten der Bewegungstherapie beitragen.
LoE Ib bis IV, EG B, starker Konsens

Verhaltenstherapeutische Therapiemaßnahmen

Empfehlung 18.
Verhaltenstherapeutische Maßnahmen sind zur Umsetzung und Aufrechterhaltung der erzielten Veränderungen im Ernährungs- und Bewegungsverhalten sinnvoll und sollten deshalb in Programmen zur Behandlung der Adipositas integriert sein.
LoE IV, EG B, starker Konsens
Empfehlung 19.
Ein flexibel kontrolliertes Essverhalten sollte eingeübt werden, da es im Vergleich zur rigiden Verhaltenskontrolle langfristig effektiver ist.
LoE IV, EG B, starker Konsens
Empfehlung 20.
Die erreichte Verhaltensänderung sollte durch Verstärkungsmechanismen (z. B. Loben) unterstützt werden, da dies das erlernte Ess- und Bewegungsverhalten stabilisieren und das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen der Kinder verbessern kann. Außerdem werden Rückfälle vermieden.
LoE Ib, EG B, Konsens
Empfehlung 21.
Im Rahmen einer verhaltenstherapeutischen Intervention sollten verschiedene Techniken/Strategien angewendet werden, wie z. B. die Bereitstellung von Informationen über die Konsequenzen des Verhaltens für den Einzelnen, die Veränderung der Lebensbedingungen, die direkte Verfügbarkeit von und der direkte Bezug zu Vorbildern, Stressmanagement/Training emotionaler Kontrolle, ein allgemeines Training kommunikativer Fähigkeiten und die direkte praktische Übung des erlernten Verhaltens.
LoE 1-, EG B, starker Konsens
Empfehlung 22.
Kombinierte verhaltenstherapeutische Interventionen mittlerer bis hoher Intensität sollten einer Intervention niedriger Intensität vorgezogen werden.
LoE 1++, EG B, starker Konsens
Anmerkung.
Eine zumindest mittlere Intensität sollte vorgehalten werden, bei Bedarf zusätzliche Ressourcen.
Empfehlung 23.
Die Kombination verschiedener verhaltenstherapeutischer Techniken (z. B. Kontrolle/Stimuluskontrolle, Belohnung, Verstärkung) verbessert das Wissen und Verhalten der Kinder bezüglich Adipositas, adipositasbezogener Risiken und adipositasförderndem Verhalten. Diese Techniken sollten im Rahmen eines kombinierten interdisziplinären Therapieprogramms erlernt werden, da sie den Behandlungserfolg verbessern.
LoE Ib, EG B, starker Konsens

Elternschulung

Empfehlung 24.
Vor Beginn einer Behandlungsmaßnahme soll den Eltern/der Familie (Anmerkung: bzw. Bezugspersonen) und dem Kind bewusst gemacht werden, dass eine langfristige Behandlung der Adipositas unter Einbeziehung der Eltern/der Familie notwendig ist.
LoE IV, EG A, starker Konsens
Empfehlung 25.
Bei Kindern soll eine interdisziplinäre verhaltenstherapeutische Intervention zusätzlich auch bei deren Eltern und Familie (Anmerkung: bzw. Bezugspersonen) durchgeführt werden; bei Jugendlichen sollen die Eltern und Familie aktiv mit einbezogen werden.
LoE 1-/Ib bis IV, EG A, Konsens
Empfehlung 26.
Alternativ zu einer interdisziplinären verhaltenstherapeutischen Therapie der Kinder können auch die Eltern (Anmerkung: bzw. Bezugspersonen) allein behandelt werden mit dem Ziel der Therapie der Adipositas ihrer Kinder. Dies trifft auch dann zu, wenn Kinder aufgrund besonderer Gegebenheiten nicht an der Therapie teilnehmen können.
LoE 1-, EG 0, mehrheitliche Zustimmung

Medikamentöse Therapie

Empfehlung 27.
Bei Adipositas im Kindes- und Jugendalter kann in Einzelfällen eine zusätzliche medikamentöse Therapie zur Übergewichtsreduktion erwogen werden, insbesondere bei Patienten mit erheblicher Komorbidität und einem extrem erhöhten Gesundheitsrisiko sowie Versagen einer herkömmlichen verhaltensorientierten Therapie über mindestens 9–12 Monate.
LoE IV, Expertenkonsens, EG 0, starker Konsens

Bariatrische Chirurgie

Empfehlung 28.
Die Indikationsstellung für eine adipositaschirurgische Maßnahme bei einem Jugendlichen mit extremer Adipositas soll nur nach sorgfältiger Einzelfallprüfung erfolgen. Die Indikation soll durch ein interdisziplinäres, auf dem Gebiet der extremen Adipositas bei Jugendlichen erfahrenes Team gestellt werden (Kinder- und Jugendfacharzt, Kinder- und Jugendpsychiater, Psychologe, Sozialarbeiter, Diätassistent, Adipositaschirurg).
LoE 4, Expertenkonsens, EG A, Konsens
Empfehlung 29.
Bei ausgeschöpfter oder aussichtsloser konservativer Therapie kann bei Kindern und Jugendlichen mit einer Adipositas (BMI ≥ 35 kg/m2) eine adipositaschirurgische Maßnahme in Erwägung gezogen werden, wenn mindestens eine somatische oder psychosoziale Komorbidität besteht (z. B. Schlafapnoe-Syndrom, DMT2, Ausschluss aus Ausbildung oder Arbeit).
LoE 2++, EG 0, starker Konsens
Empfehlung 30.
Ab einem BMI ≥ 50 kg/m2 kann eine adipositaschirurgische Operation in Erwägung gezogen werden, auch wenn keine Komorbidität besteht
LoE 4, Expertenkonsens, EG 0, Konsens
Empfehlung 31.
Ein adipositaschirurgischer Eingriff sollte nicht vor dem Erreichen eines Pubertätsstadiums IV nach Tanner und von 95 % der prognostizierten Endgröße durchgeführt werden.
LoE 4, Expertenkonsens, EG B, Konsens
Empfehlung 32.
Operierte Patienten sollen zwingend in einer langfristig angelegten, klinischen Follow-up-Studie multiprofessionell betreut und nachbeobachtet werden, zur Gewährleistung einer adäquaten medizinischen Versorgung und Dokumentation von Langzeitverläufen.
LoE 4, Expertenkonsens, EGA, Konsens
Eine Teilnahme an einer Studie ist sehr wünschenswert, eine Nichtteilnahme an einer Studie kann aber aus ethischen Gründen nicht dazu führen, eine Therapie nicht anzubieten.
Empfehlung 33 (Anmerkung: verkürzte Version).
Eine adipositaschirurgische Maßnahme bei Jugendlichen soll nur dann durchgeführt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a)
Voraussetzungen beim Patienten
a.
Der Jugendliche muss konservative Therapiemöglichkeiten intensiv ausgeschöpft haben.
 
b.
Der Patient muss nachweisen, dass er an einem mindestens 6‑monatigen multiprofessionellen, strukturierten und leitliniengerechten Schulungs- und Behandlungsprogramm teilgenommen hat (LoE 4).
 
 
b)
Der Patient muss sich einer psychiatrischen/psychologischen Untersuchung unterziehen, um Störungen zu erkennen, die eine Kontraindikation zu einer adipositaschirurgischen Maßnahme darstellen.
a.
Eine psychologische Untersuchung muss zudem die Stabilität und Kompetenz der Familie bzw. der Lebensgemeinschaft, in der der Jugendliche lebt, bescheinigen.
 
b.
Für den Jugendlichen und seine Familie bzw. den Personen seiner engeren Lebensumgebung muss klar sein, dass eine adipositaschirurgische Operation nur eine ergänzende Maßnahme ist, die von einer langfristigen Veränderung des Lebensstils und des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens begleitet werden muss.
 
c.
Der Patient und gegebenenfalls seine Erziehungsberechtigten verpflichten sich schriftlich, an den regelmäßigen Follow-up-Untersuchungen teilzunehmen.
 
d.
Es muss ein über den Eingriff hinaus langfristiges, realistisches Konzept für die Betreuung des Patienten unter Einbeziehung des sozialen Umfelds vorliegen.
 
e.
Eine gute Compliance des Patienten und seiner Familie an den langfristigen postoperativen Kontrolluntersuchungen inklusive der Einnahme erforderlicher Supplemente muss nach vorheriger Prüfung durch das Behandlungsteam wahrscheinlich sein.
 
 
c)
Voraussetzungen beim betreuenden medizinischen Personal und der medizinischen Einrichtung (s. Supplement 4)
 
d)
Eine Kontraindikation für eine adipositaschirurgische Maßnahme bei Jugendlichen mit extremer Adipositas liegt bei folgenden Befunden vor: a) nicht ausreichend behandelte schwere psychiatrische Erkrankungen (z. B. Psychose, emotional instabile Persönlichkeitsstörung, schwere Essstörung z. B. „binge eating“); b) nicht gezeigte oder nicht zu erwartende Adhärenz während einer 6‑monatigen Betreuungsphase (Compliance); c) instabiles oder nicht sicher abschätzbares psychosoziales und/oder familiäres Umfeld; d) geistige Retardierung, wenn keine langfristige Anbindung in einem gesicherten familiären/sozialen Umfeld (z. B. betreutes Wohnen) mit ausreichender Unterstützung und Kontrolle bei der Umsetzung der Erfordernisse nach einem adipositaschirurgischen Eingriff gewährleistet scheint.
 

Unterlagen zur Beratung und Schulung von Kindern, Jugendlichen und deren Familien

Das Trainermanual „Leichter, aktiver, gesünder“ der KgAS [9] besteht aus einem Grundlagenteil und den 4 Schulungsbereichen Ernährung, Bewegung, Psychosoziales und Medizin. Die Unterlagen enthalten Vorschläge für die Durchführung aller Schulungseinheiten, einen großen Fundus an Übungen und Arbeitsmaterialien und Material für die begleitende Elternschulung. Im Jahr 2019 wurde das Manual vom deutschen Bundeszentrum für Ernährung überarbeitet. Bislang sind jedoch nur der Grundlagenteil und Schulungsbereich Ernährung erhältlich (www.​ble-medienservice.​de).

Supplement 3 Details zu Diagnostik, Anamnese, Aufklärung der Familie, Therapieindikation, Therapie von Begleiterkrankungen, Lebensstilintervention, Ernährung, Steigerung körperlicher Aktivität, Verhaltensänderung, pharmakologischer und bariatrisch-chirurgischer Intervention

Nach S3-Leitlinie der AGA „Therapie und Prävention der Adipositas im Kinder- und Jugendalter“ [3], der „Konsensbasierten S2-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Prävention von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter (2015)“ in Bezug auf Inhalte zur Diagnostik [4], der S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas und metabolische Erkrankungen“ im Hinblick auf bariatrisch-chirurgische Aspekte [5], Endbericht „(Be‑)Handlungspfad Übergewicht & Adipositas auf Primärversorgungsebene“ des IAMEV [2]
Box 1: Diagnose.
  • Bestimmung des BMI soll bei Kindern/Jugendlichen mit Verdacht auf Übergewicht oder Adipositas erfolgen
  • Die Diagnose von Übergewicht oder Adipositas soll anhand der geschlechts- und altersspezifischen Perzentilenkurven (BMI/Alter) Kromeyer-Hauschild [29, 30] erfolgen:
    • Übergewicht:
      Alter 2–5 Jahre: > 97. bis ≤ 99,5. Perzentile
      Alter 6–18 Jahre: > 90. bis ≤ 97. Perzentile
    • Adipositas:
      Alter 2–5 Jahre > 99,5. Perzentile
      Alter 6–18 Jahre > 97. Perzentile
  • Bioimpedanzmessungen sollen zur Diagnose der Adipositas nicht eingesetzt werden
  • Die Bestimmung des BMI soll bei Bedarf auch anderen Familienmitgliedern angeboten werden
Box 2: Weiterführende Anamnese (s. auch Abschnitt „Diagnostik“).
Zur Feststellung potenzieller Ursachen für Übergewicht/Adipositas, zur Ermittlung, ob ein Lebensstilprogramm indiziert ist und als Grundlage für die Entwicklung eines umfassenden strukturierten Behandlungsplans soll Folgendes erhoben werden:
  • Potenzielle zugrundeliegende Ursachen für Übergewicht/Adipositas
  • Medikation und Erkrankungen
  • Wachstums- und Pubertätsstatus
  • Lebensstil (Ernährung und Bewegung)
  • Relevante soziale, familiäre und Umfeldfaktoren, die Adipositas oder ihre Behandlung beeinflussen können
  • Psychologische Stressoren wie niedriges Selbstwertgefühl, Hänselei oder Bullying
  • Einstellung der Familie (Eltern) hinsichtlich des Übergewichts/der Adipositas des Kindes
  • Einstellung und Wissen der Familie (Eltern) zu Ernährung, Bewegung und inaktivem Lebensstil
  • Bereits durchgeführte Gewichtsreduktionsversuche und die Erfahrung daraus
  • Bereitschaft und Motivation zur Änderung (von Kind/Jugendlichen und seiner Familie)
Box 3: Aufklärung der Familie bzw. Obsorgeberechtigten.
  • Alle Entscheidungen hinsichtlich eines Gewichtsmanagements sollen mit dem Kind/Jugendlichen und der Familie gemeinsam, basierend auf deren Bedürfnissen und Vorlieben, getroffen werden
  • Eltern oder Erziehungsberechtigte sollen die Verantwortung für die Lebensstiländerung des Kindes/Jugendlichen übernehmen, vor allem bei jüngeren Kindern bis zum 12. Lebensjahr
  • Interventionen zum Gewichtsmanagement für Kinder/Jugendliche sollen die ganze Familie und das soziale Setting einbeziehen
  • Eltern oder Erziehungsberechtigten sollen Methoden der positiven Einflussnahme beigebracht werden
  • Eltern und Kinder/Jugendliche sollen darauf hingewiesen werden, dass ein Gewichtsmanagementprogramm der ganzen Familie helfen würde
  • Familienmitgliedern mit Übergewicht/Adipositas soll empfohlen werden auch abzunehmen, um ein gutes Vorbild zu sein. Sie sollen auch Informationen zu lokalen Lebensstilprogrammen erhalten
  • Familien, die noch nicht bereit sind, an dem Gewichtsmanagementprogramm teilzunehmen, soll
    • erklärt werden, wie sie in Zukunft daran teilnehmen können (auch durch ihre eigene Initiative),
    • nach ihrer Präferenz ein weiteres Gespräch in 3–6 Monaten angeboten werden,
    • Informationen und Empfehlungen zu gesunder Ernährung, einem aktiven Lebensstil und einer Reduktion des inaktiven Lebensstils angeboten werden
Box 4: Therapieindikationen.
  • Allen Kindern/Jugendlichen mit Übergewicht/Adipositas sollen Lebensstilinterventionen als Erstlinientherapie angeboten werden
  • Kinder/Jugendliche mit Übergewicht (2–18 Jahre) sowie Kinder mit Adipositas im Alter von 2 bis 5 Jahren sollen Lebensstilinterventionen mit dem Ziel der Gewichtsstabilisierung bzw. der Verlangsamung der Gewichtszunahme erhalten
  • Kinder/Jugendliche mit Adipositas im Alter von 6 bis 18 Jahren sollen Lebensstilinterventionen mit dem Ziel der Gewichtsreduktion erhalten
Box 5: Risikoabschätzung.
  • Alle Kinder/Jugendlichen mit Adipositas sollen auf adipositasassoziierte Begleiterkrankungen (wie z. B. Hypertonie, DMT2, Dyslipidämie, psychosoziale Dysfunktionen, Exazerbationen z. B. von Asthma) untersucht werden. Bestimmung von
    • Blutdruck
    • Lipidwerten
    • Nüchtern-Insulin bzw. Blutzucker
    • oGTT
    • Leberwerten
    • Hormonstatus
  • Eine Familienanamnese bezüglich Adipositas, Diabetes und kardiovaskulärer Erkrankung zur Bestimmung des Risikos für Begleiterkrankungen soll durchgeführt werden
Box 6: Therapie von Begleiterkrankungen.
  • Die Therapie von Begleiterkrankungen soll unabhängig von einer möglichen gewichtsreduzierenden Therapie entsprechend den jeweiligen Leitlinien erfolgen
Box 7: Lebensstilinterventionen.
  • Bei Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht oder Adipositas stellt die Änderung des Lebensstils die primäre Therapie dar. Diese soll als multifaktorielle Intervention inklusive Reduktion der Energiezufuhr und der Zeiten mit sitzenden Tätigkeiten, Steigerung der körperlichen Aktivität und Maßnahmen zur Unterstützung der Verhaltensänderung erfolgen
  • Insgesamt soll die Energiebilanz nachhaltig negativ sein
  • Bei Kindern mit Übergewicht oder Adipositas stellt eine Verringerung der Gewichtszunahme oder ein Gewichtserhalt in den meisten Situationen einen sinnvollen Therapieansatz dar
Stufen der Lebensstilinterventionen:
  • Stufe 1: Prävention einer übermäßigen Gewichtszunahme:
    (Kinder/Jugendliche mit Übergewicht, 2–18 Jahre)
    • Ernährung mit altersentsprechender ausgeglichener Energiebilanz (siehe Box 8)
    • Anraten einer gesteigerten körperlichen Aktivität
  • Stufe 2: Stabilisierung des Gewichts (Prävention einer Gewichtszunahme):
    (Kinder/Jugendliche mit Übergewicht, 2–18 Jahre, nach erfolgloser Stufe 1 bzw. Kinder mit Adipositas, 2–5 Jahre)
    • Ernährung mit altersentsprechender ausgeglichener Energiebilanz (siehe Box 8), inklusive Beratung und Follow-up durch Diätolog*innen
    • Empfehlen einer gesteigerten, moderaten bis intensiven körperlichen Aktivität
    • Einschränken der Zeiten mit sitzenden Tätigkeiten (Fernsehen, Computerspiele etc.)
  • Stufe 3: Reduktion des Gewichts mithilfe eines medizinisch-fachlich ausgearbeiteten Plans:
    (Kinder/Jugendliche mit Adipositas, 6–18 Jahre, ohne Begleiterkrankungen)
    • Maßnahmen zur (familiären) Verhaltensänderung
    • Ernährung mit negativer Energiebilanz (siehe Box 8) inklusive Beratung und Follow-up durch Diätolog*innen
    • Verordnung einer gesteigerten moderaten bis intensiven körperlichen Aktivität
    • Reduktion der Zeiten mit sitzenden Tätigkeiten
  • Stufe 4: Reduktion des Gewichts mithilfe eines interdisziplinären ambulanten Programms (intensives Management):
    (Kinder/Jugendliche, 6–18 Jahre, mit Adipositas und Begleiterkrankungen bzw. Kinder/Jugendliche, 6–18 Jahre, mit Adipositas ohne Begleiterkrankungen nach erfolgloser Stufe 3)
    • Gewichtsmanagementprogramme sollen die Familie einbeziehen und aus mehreren Komponenten bestehen
    • Ausgewogene Ernährung und gesunde Ernährungsweisen
    • Vermehrte körperliche Aktivität
    • Reduktion der bewegungsarmen Zeit
    • Verhaltensänderungsstrategien für Kinder/Jugendliche und ihre Familien
    • Gewichtsmanagementprogramme sollen von einem multidisziplinären Team entwickelt werden und die Perspektive von Kindern und deren Familien mitberücksichtigen.
    • Das Team soll dabei folgende Spezialisten für Kinder und für Gewichtsmanagement beinhalten: Fachärzt*in für Kinder- und Jugendheilkunde oder Ärzt*in für Allgemeinmedizin, Diätolog*in, Physiotherapeut*in, Vertreter von Gesundheitsberufen mit einer Psychologiekompetenz (z. B. Psychotherapeut, Gesundheits- oder klinischer Psychologe oder ein Kinder- und Jugendpsychiater)
    • Ein regelmäßiger Kontakt mit Programmteilnehmer*innen soll aufrechterhalten werden. Teilnehmer, die Einheiten versäumen, insbesondere jene aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen und jene, die bereits früh Einheiten versäumt haben, sollen kontaktiert werden
    • Das Monitoring des Programms soll auf langfristige Erfolge abzielen. BMI-Messungen sollen daher erfolgen zu Programmbeginn, zu Programmende, 12 Monate nach Programmende, im Rahmen von Routineordinationsbesuchen
    • Für den Zeitraum von mindestens einem Jahr nach Abschluss des Programms sollen Follow-up-Sessions, die einfach erreichbar sind, angeboten werden
    • Maßnahmen zur Förderung der Akzeptanz und Annahme von Gewichtsmanagementprogrammen
    • Zur Verbesserung der Compliance sollen die Programme sowohl als Gruppen- als auch Einzelprogramme, abhängig von den Wünschen der Familien, angeboten werden
    • Es sollen unterschiedliche Programme, angepasst an das Alter und den Entwicklungsgrad der Kinder und Jugendlichen angeboten werden
    • Die Programme sollen an Orten stattfinden, die leicht erreichbar sind und eine angenehme Atmosphäre sowie die nötigen Gerätschaften bieten
    • Die Programme sollen zu Zeiten angeboten werden, die auch für berufstätige Eltern annehmbar sein, z. B. auch abends oder am Wochenende
Box 8: Ernährung.
  • Eine alleinige Ernährungstherapie hat nur geringe Langzeiteffekte auf den Gewichtsstatus. Sie sollte deshalb immer in Kombination mit anderen Therapiebausteinen (Steigerung der körperlichen Aktivität, Verhaltenstherapie) durchgeführt werden
  • Bei der Ernährungsumstellung sollte die Familie (Anmerkung: bzw. Bezugspersonen und das soziale Umfeld) einbezogen werden, da dies die Langzeitcompliance der Patienten fördert
  • Durch eine Ernährungstherapie kann die Lebensmittelauswahl günstig beeinflusst werden. Sie kann zu einer Steigerung des Gemüse- und Obstverzehrs sowie auch zur Reduktion der Aufnahme an fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln führen. Sie kann insbesondere auch zur Änderung der Getränkeauswahl zugunsten von Wasser beitragen. Daher sollte eine Ernährungstherapie durchgeführt werden
  • Balancierte Kostformen mit sehr niedriger Energiezufuhr (Gesamtenergie 800 bis 1200 kcal/Tag, z. B. als Formuladiät oder proteinsparendes modifiziertes Fasten) ermöglichen einen starken Gewichtsverlust in einem kurzen Zeitraum, haben jedoch keinen langfristigen Effekt. Solche Maßnahmen können für spezielle Indikationen unter intensiver Betreuung durch Experten eingesetzt werden.
  • Starre Diätpläne oder Kostformen mit extremen Nährstoffrelationen (z. B. häufige Gewichtsreduktionsdiäten, totales Fasten, Heilfasten, Schrothkur, Mayr-Kur, Ananasdiät etc.) sollten wegen potenzieller medizinischer Risiken und fehlendem Langzeiterfolg nicht angewandt werden
Box 9: Steigerung der körperlichen Aktivität.
  • Die Steigerung der körperlichen Aktivität sollte im Gruppensetting erfolgen, da hier neben der körperlichen Aktivität gleichzeitig die gegenseitige Motivation gestärkt wird. Die Gruppentherapie sollte spezifisch für Kinder mit Adipositas sein
  • In praktischen Schulungseinheiten sollte kein Leistungsanspruch bestehen
  • Eine zusätzliche theoretische Wissensvermittlung zu Effekt und Nutzen körperlicher Aktivität sollte nach Möglichkeit auch in Elternschulungen stattfinden
  • Gelenkschonendes körperliches Training sollte Teil eines interdisziplinären Programms zur Behandlung der Adipositas im Kindesalter sein und durch Maßnahmen zur Ernährungs- und Verhaltenstherapie ergänzt werden
  • Primäre Ziele der Bewegungstherapie sind: die Verringerung der körperlichen Inaktivität (z. B. Medienkonsum, TV/Computer), die Steigerung der Alltagsaktivität und die Anleitung zum körperlichen Training
  • Die Steigerung der körperlichen Bewegung im Alltag soll primäres Ziel einer Bewegungstherapie sein. Sie ist langfristig effektiver bezüglich der Gewichtsreduktion als die Teilnahme an zeitlich limitierten Sportprogrammen
  • Die körperliche Aktivität sollte an den Grad der Adipositas angepasst sein
  • Maßnahmen zur Steigerung der körperlichen Aktivität sollten durch das soziale Umfeld unterstützt werden (z. B. positives Feedback). Die Unterstützung durch Eltern, Mitschüler und Lehrer kann zu anhaltenden positiven Effekten der Bewegungstherapie beitragen
Box 10: Maßnahmen zur Verhaltensänderung.
  • Verhaltenstherapeutische Maßnahmen sind zur Umsetzung und Aufrechterhaltung der erzielten Veränderungen im Ernährungs- und Bewegungsverhalten sinnvoll und sollten deshalb in Programmen zur Behandlung der Adipositas integriert sein
  • Ein flexibel kontrolliertes Essverhalten sollte eingeübt werden, da es im Vergleich zur rigiden Verhaltenskontrolle langfristig effektiver ist
  • Die erreichte Verhaltensänderung sollte durch Verstärkungsmechanismen (z. B. Loben) unterstützt werden, da dies das erlernte Ess- und Bewegungsverhalten stabilisieren und das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen der Kinder verbessern kann. Außerdem werden Rückfälle vermieden
  • Im Rahmen einer verhaltenstherapeutischen Intervention sollten verschiedene Techniken/Strategien angewendet werden, wie z. B. die Bereitstellung von Informationen über die Konsequenzen des Verhaltens für den Einzelnen, die Veränderung der Lebensbedingungen, die direkte Verfügbarkeit von und der direkte Bezug zu Vorbildern, Stressmanagement/Training emotionaler Kontrolle, ein allgemeines Training kommunikativer Fähigkeiten und die direkte praktische Übung des erlernten Verhaltens
  • Kombinierte verhaltenstherapeutische Intervention mittlerer bis hoher Intensität sollte einer Intervention niedriger Intensität vorgezogen werden. Eine zumindest mittlere Intensität sollte vorgehalten werden, bei Bedarf zusätzliche Ressourcen
  • Die Kombination verschiedener verhaltenstherapeutischer Techniken (z. B. Kontrolle/Stimuluskontrolle, Belohnung, Verstärkung) verbessert das Wissen und das Verhalten der Kinder bezüglich Adipositas, adipositasbezogener Risiken und adipositasförderndem Verhalten. Diese Techniken sollten im Rahmen eines kombinierten interdisziplinären Therapieprogramms erlernt werden, da sie den Behandlungserfolg verbessern
  • Vor Beginn einer Behandlungsmaßnahme soll den Eltern/der Familie (bzw. Bezugspersonen und dem sozialen Umfeld) und dem Kind bewusst gemacht werden, dass eine langfristige Behandlung der Adipositas unter Einbeziehung der Eltern/der Familie 1 notwendig ist
  • Bei Kindern soll eine interdisziplinäre verhaltenstherapeutische Intervention zusätzlich auch bei deren Eltern und Familie (Anmerkung: bzw. Bezugspersonen und dem sozialen Umfeld) durchgeführt werden; bei Jugendlichen sollen die Eltern und Familie aktiv mit einbezogen werden.
  • Alternativ zu einer interdisziplinären verhaltenstherapeutischen Therapie der Kinder können auch die Eltern (Anmerkung: bzw. Bezugspersonen und das soziale Umfeld) allein behandelt werden mit dem Ziel der Therapie der Adipositas ihrer Kinder. Dies trifft auch dann zu, wenn Kinder aufgrund besonderer Gegebenheiten nicht an der Therapie teilnehmen können
Box 11: Pharmakologische gewichtsreduzierende Interventionen.
  • Bei Adipositas im Kindes- und Jugendalter kann in Einzelfällen eine zusätzliche medikamentöse Therapie zur Übergewichtsreduktion erwogen werden, insbesondere bei Patienten mit erheblicher Komorbidität und einem extrem erhöhten Gesundheitsrisiko sowie Versagen einer herkömmlichen verhaltensorientierten Therapie über mindestens 9–12 Monate
Box 12: Bariatrische Chirurgie.
  • Eine bariatrische Operation ist nur im Einzelfall, nach strenger Indikationsstellung möglich, wenn alle nachfolgenden Kriterien erfüllt sind (weitere Details s. Therapie-Leitlinienempfehlungen 28–33):
  • BMI >50 kg/m2 oder BMI > 35 kg/m2 + assoziierte Begleiterkrankungen
  • Mindestens 6 Monate frustrane strukturierte Lebensstilinterventionen
  • Erreichen eines Pubertätsstadiums IV nach Tanner und von 95 % der prognostizierten Endgröße
  • Erfolgte psychiatrisch/psychologisch Untersuchung, um Störungen zu erkennen, die eine Kontraindikation zu einer Adipositas-chirurgischen Maßnahme darstellen.
  • Präoperatives Vorgehen
    • Bestehende gewichtsreduzierende Programme sollen präoperativ beibehalten werden
    • Die Therapie von Begleiterkrankungen soll optimiert werden (z. B. Substitution einer Hypothyreose, Optimierung der Blutzucker- bzw. Blutdruckeinstellung)
    • Eine umfassende, folgende Punkte beinhaltende, präoperative Evaluierung soll erfolgen
    • Nutzen-Schaden-Analyse:
    • Bestimmung des OP-Risikos, eine allgemeine OP-Tauglichkeit muss gegeben sein (präoperative Untersuchung wie für andere größere abdominelle Operationen)
    • Routinelabor (inklusive Nüchtern-Blutzucker, Lipide, Nierenfunktion, Leberwerte, Harnanalyse, Prothrombin-Zeit/INR, Blutgruppe, Blutbild)
    • Nährstoff-Screening (Eisen, Vitamin B12, Folsäure, Vitamin D; Vitamin A und E optional)
    • Kardiopulmonale Untersuchung (inklusive Schlafapnoe)
    • Gastrointestinale Untersuchung (Gastroskopie, Heliobacter-pylori-Screening, Oberbauchsonographie [v. a. Gallenblase])
    • Endokrinologische Untersuchung
    • Knochendichte
    • Ernährungsanamnese
    • Erhebung von Essstörungen (z. B. Binge-Eating), um eine entsprechende präoperative Verhaltenstherapie einzuleiten
    • Anamnese des psychosozialen Verhalten
    • Tumorscreening
    • Psychosoziale Unterstützung
    • Information/Beratung über die verschiedenen Verfahren, den möglichen Gewichtsverlust und die Risiken
    • Eine umfassende Aufklärung über die notwendige postoperative Ernährungsumstellung soll erfolgen
    • Eine Information der Patienten darüber, dass nach einem bariatrischen Eingriff eine langfristige Überwachung mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen notwendig ist, muss erfolgen
    • Sind die Patienten damit nicht einverstanden, soll der Eingriff unterlassen werden
  • Postoperatives Vorgehen
    • Ein regelmäßiges postoperatives Assessment (nach einem Monat, alle 3 Monate im ersten Jahr, danach alle 6–12 Monate) inklusive diätetisches und, falls erforderlich, chirurgisches Follow-up soll erfolgen
    • Die postoperative Langzeitnachsorge soll multidisziplinär erfolgen und folgende Aspekte umfassen
    • Ernährungsberatung:
      Beratung und Unterstützung hinsichtlich einer an das jeweilige operative Verfahren und die individuellen Bedürfnisse des Patienten angepassten postoperativen Ernährung; Feststellung möglicher Nahrungsdefizite (inklusive Proteine, Vitamine und Mineralstoffe) und Fehlernährung, wenn notwendig Supplementierung von Nährstoffen, Vitaminen etc. (z. B. Eisen, Folsäure, Vitamin B12, Proteine)
    • Beratung und Unterstützung hinsichtlich adäquater körperlicher Aktivität
    • Individuelle psychosoziale und psychologische Unterstützung
    • Informationen über Beratungs- und Selbsthilfegruppen
    • Monitoring der Begleiterkrankungen inklusive Therapieoptimierung und Anpassung der Medikation
    • Informationen über die Möglichkeit zu plastischer Chirurgie falls notwendig
    • Frauen die nach einer bariatrischen Operation schwanger werden, sollen engmaschig hinsichtlich einer adäquaten Gewichtszunahme, bzw. möglicher Nährstoffdefizite überwacht werden. Zusätzlich ist eine engmaschige Kontrolle des Feten angezeigt

Supplement 4 Details zu Diagnostik, Therapie, Prozesssteuerung, Teamzusammensetzung und Qualifikation, Werkzeugen und Schulungsunterlagen der Versorgungsniveaus

Primärversorgung

Diagnostik.
Welche medizinischen diagnostischen Maßnahmen sind durchzuführen?
  • Kinderärzte, Allgemeinmediziner und Schulärzte: Bestimmung des Ausmaßes von Übergewicht und Adipositas durch Bestimmung von Größe, Gewicht, Berechnung des BMI, Anfertigung eines Somatogramms, Anamneseerhebung des Patienten und seiner Familienmitglieder, allgemeine internistische pädiatrische Untersuchung inklusive Messung des Blutdrucks, Basislabor
Welche Strukturen müssen für die Diagnostik vorhanden sein?
  • Untersuchungsräumlichkeiten, Messwaage, Messlatte, Blutdruckgerät, Möglichkeit zur Blutabnahme und Laboruntersuchung (nur bei Kinderarzt und Allgemeinmediziner möglich).
Therapie.
Welche therapeutischen Maßnahmen sind durchzuführen?
  • Schulärzte: Führen reines Screening auf Übergewicht und Adipositas durch und stehen nur in beratender Funktion zur Verfügung. Sie nehmen keine Aufgaben des primärversorgenden Arztes wahr. Daher sollten alle Kinder > 90. Perzentile an Kinderärzt*innen und Allgemeinmediziner*innen überwiesen werden.
  • Kinderärzte und Allgemeinmediziner: Strukturierte Schulungsprogramme auf der Primärversorgungsebene zur extramuralen Erstbetreuung und Nachsorge sind als Präsenz- und eventuell Online-Format zu entwickeln und bundesweit verfügbar zu machen. Ein Mindeststandard soll die Betreuungsqualität dieser Programme sichern (Minimum an verbindlichen Kriterien für inhaltliche und strukturelle Voraussetzungen für ambulante Adipositasschulungsprogramme für Kinder und Jugendliche).
Stufe 1: Prävention einer übermäßigen Gewichtszunahme:
Kinder/Jugendliche mit Übergewicht, 2–18 Jahre
  • Ernährung mit altersentsprechender ausgeglichener Energiebilanz (siehe Box 8)
  • Anraten einer gesteigerten körperlichen Aktivität
Stufe 2: Stabilisierung des Gewichts (Prävention einer Gewichtszunahme):
Kinder/Jugendliche mit Übergewicht, 2–18 Jahre, nach erfolgloser Stufe 1 bzw. Kinder mit Adipositas, 2–5 Jahre
  • Ernährung mit altersentsprechender ausgeglichener Energiebilanz (siehe Box 8), inklusive Beratung und Follow-up durch Diätologen
  • Empfehlen einer gesteigerten, moderaten bis intensiven körperlichen Aktivität
  • Einschränken der Zeiten mit sitzenden Tätigkeiten (Fernsehen, Computerspiele etc.)
Stufe 3: Seduktion des Gewichts mithilfe eines medizinisch-fachlich ausgearbeiteten Plans:
Kinder/Jugendliche mit Adipositas, 6–18 Jahre, ohne Begleiterkrankungen
  • Maßnahmen zur (familiären) Verhaltensänderung
  • Ernährung mit negativer Energiebilanz (siehe Box 8) inklusive Beratung und Follow-up durch Diätologen
  • Verordnung einer gesteigerten moderaten bis intensiven körperlichen Aktivität
  • Reduktion der Zeiten mit sitzenden Tätigkeiten
Modifiziert nach (Be)handlungspfad [2] und Leitlinie Therapie [5].
Welche Strukturen müssen für die Therapie vorhanden sein?
  • Schulärzte: Schulärzte führen keine Therapie durch
  • Kinderärzte und Allgemeinmediziner: Vernetzung mit Diätologen, klinischen Psychologen/Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Trainingstherapeuten, Sozialarbeitern.
Prozesssteuerung:
Wer ist behandlungsführend?
  • Kinderarzt oder Allgemeinmediziner
Wer koordiniert die Patienten (Case-Management)?
  • Kinderarzt oder Allgemeinmediziner
Teamzusammensetzung/Qualifikation:
Welche Fachkompetenzen sind erforderlich?
  • Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, Arzt für Allgemeinmedizin, Schularzt
  • Vernetzung mit Diätologen, klinischen Psychologen/Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Trainingstherapeuten, Sozialarbeitern.
Welche Qualifikationen sind Voraussetzung?
  • Schularzt: keine spezielle Qualifikation notwendig, da hier nur ein Screening und Beratung über die weiteren empfohlenen Maßnahmen durchgeführt wird.
  • Kinderärzte und Allgemeinmediziner: vertiefende Adipositasausbildung wünschenswert
Werkzeuge:
Maßnahmen zur Sicherung der Ergebnisqualität
  • Ordinationssoftware
Schulungsunterlagen:
Welches Material bekommen die Patienten als Leitfaden an die Hand?
  • Schulungsmaterialien für Beratung durch niedergelassene Pädiater und Allgemeinmediziner und Diätologen. Dies ist im Detailkonzept auszuarbeiten. Für über 10-Jährige stehen derzeit außer dem Trainer-Manual keine entsprechenden Dokumente zur Verfügung.
Welche Schulungsmöglichkeiten müssen vorhanden sein?
  • Erstellung eines medizinisch-fachlichen Plans gemäß Infoboxen 6–10 (s. Anhang), wenn möglich in Kooperation mit Diätologen gemäß Behandlungspfad (s. Abb. 2 und 3).

Interdisziplinäre ambulante Versorgung

Diagnostik:
Welche diagnostischen Maßnahmen sind durchzuführen?
  • Eine sorgfältige medizinische und psychosoziale Diagnostik ist die Basis für die notwendige Therapieplanung (s. Anhang Supplement 1).
Welche Strukturen müssen für die Diagnostik vorhanden sein?
  • Siehe Anhang Supplement 1
Therapie:
Welche therapeutischen Maßnahmen sind durchzuführen?
Stufe 4: Reduktion des Gewichts mithilfe eines interdisziplinären ambulanten Programms (intensives Management):
Kinder/Jugendliche, 6–18 Jahre, mit Adipositas und Begleiterkrankungen bzw. Kinder/Jugendliche, 6–18 Jahre, mit Adipositas ohne Begleiterkrankungen nach erfolgloser Stufe 3
  • Gewichtsmanagementprogramme sollen die Familie einbeziehen und aus mehreren Komponenten bestehen
  • Ausgewogene Ernährung und gesunde Ernährungsweisen
  • Vermehrte körperliche Aktivität
  • Reduktion der bewegungsarmen Zeit
  • Verhaltensänderungsstrategien für Kinder/Jugendliche und ihre Familien
  • Modifiziert nach (Be)handlungspfad [2] und Leitlinie Therapie [5]
Welche Strukturen müssen für die Therapie vorhanden sein?
  • Vernetzung des Kinderarztes oder Allgemeinmediziners mit Diätologen, klinischen Psychologen/Psychotherapeuten, Trainingstherapeuten, Sozialarbeitern, lokalen stationären Einrichtungen und Rehabilitationseinrichtungen
Prozesssteuerung:
Wer ist behandlungsführend?
  • Die Behandlungsführung obliegt dem zuständigen Arzt.
Wer koordiniert die Patienten (Case Management)?
  • Das entsprechende Case Management erfolgt in Absprache zwischen Arzt und Therapeuten.
Teamzusammensetzung/Qualifikation:
Welche Fachkompetenzen sind erforderlich?
  • Siehe Vorgaben Strukturqualität
Werkzeuge:
Maßnahmen zur Sicherung der Ergebnisqualität
  • Siehe Vorgaben Ergebnisqualität
Schulungsunterlagen:
Welches Material bekommen die Patienten als Leitfaden an die Hand?
  • KgAS-Trainermanual „leichter, aktiver, gesünder“ [9]
Welche Schulungsmöglichkeiten müssen vorhanden sein?
  • Siehe Vorgaben Strukturqualität Abschn. „Qualitätsmanagement“

Stationäre Versorgung

Spezialisierte Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde (insbesondere mit Psychosomatikschwerpunkt) oder spezialisierte Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie
Diagnostik:
Welche diagnostischen Maßnahmen sind durchzuführen?
  • Die in der Leitlinie Diagnostik (s. Anhang Supplement 1) beschriebenen Inhalte stellen die Basis dar
  • Ein wesentlicher erster Schritt zum Gelingen der stationären Adipositastherapie liegt bereits vor dem eigentlichen Therapieaufenthalt in Form eines ambulanten Clearinggesprächs oder eines kurzen Clearingaufenthalts. Neben der Aktualisierung der bestehenden Diagnostik dient diese Clearingphase der Motivationsprüfung, der Zielbesprechung, der Klärung von Rahmenbedingungen und der Sicherstellung der Elternmitarbeit.
Durchführung: ärztlich oder klinisch-psychologisch, gelegentlich erweitert um beispielsweise die klinische Sozialarbeit
Sofern dies regional (Distanz Wohnort-Krankenhaus) vertretbar ist und noch nicht erfolgt ist, bietet sich ein niederschwelliger Kennenlerntermin der behandelnden Institution, mit Begehung, an.
Durchführung: Pflege, Sozialpädagogik
Welche Strukturen müssen für die Diagnostik vorhanden sein?
  • Siehe Anhang Supplement 1
Therapie:
Welche therapeutischen Maßnahmen sind durchzuführen?
  • Die Therapieempfehlungen 1 bis 27 der S3-Leitlinie „Therapie und Prävention der Adipositas im Kinder- und Jugendalter“ stellen die Basis dar [3]
Spezifische Ergänzungen:
  • Im Rahmen eines Aufnahmegesprächs werden die im Vorfeld (Clearing) festgelegten Ziele nochmals aufgefrischt. Im Aufnahmegespräch sind Vertreter des multiprofessionellen Teams anwesend
  • Die Kooperation mit Patient und Familie wird im Sinn des Behandlungsprozesses von etwa 14-tägigen multiprofessionellen Reflexionsgesprächen begleitet, bis hin zum Abschlussgespräch am Ende des stationären Aufenthalts
  • Ärztliche und klinisch-psychologische/psychotherapeutische Zuständigkeiten werden im Aufnahmegespräch festgelegt
  • Im Rahmen der Therapien finden sich in den einzelnen Wochenplänen die klassischen Adipositastherapiebausteine mit Bewegungseinheiten, Diätologie, Lebensstiländerung und soziales Kompetenztraining
  • Auf der Basis eines systemisch-familientherapeutischen Konzepts findet die klinisch-psychologische Behandlung/Psychotherapie sowohl in Einzelsitzungen als auch in Form von Elterngesprächen entsprechend dem für psychosomatische Strukturen üblichen Schlüssel statt (2 Einzeltermine, 1 Familiengespräch pro Woche)
  • Im Rahmen der ernährungsmedizinischen Beratung wird nicht nur entsprechende Information in der Theorie aufgezeigt, sondern auch die Praxis für den Lebensalltag mittels Lehrküche/Kochwerkstatt – dies einerseits in Patient*innengruppen, andererseits in Form von Elternterminen
  • Im Wochenplan inkludiert sind Module mit pädagogischem Inhalt (altersadäquate Themen inklusive Schulung des Medienverhaltens, Förderung von Kreativtätigkeit) und sozialarbeiterisch zum Thema der Berufslaufbahn/Lehre in Verbindung mit den zuständigen externen Stellen
  • Ärztlicherseits werden während des Aufenthalts auftretende medizinische Fragen körperlicher als auch psychischer Natur aufgegriffen, diagnostiziert und behandelt
  • Ziel sind die nachhaltige Reduktion des Körperfetts sowie die Reduktion von somatischer und psychosozialer Komorbidität
  • Während des laufenden Schuljahres erfolgt die Beschulung durch die Heilstättenschule
Welche Strukturen müssen für die Therapie vorhanden sein?
Prozesssteuerung:
Wer ist behandlungsführend?
  • Die Behandlungsführung obliegt dem/r zuständigen Ärzt*in
Wer koordiniert die Patienten (Case Management)?
  • Das entsprechende Case Management erfolgt in Absprache zwischen Ärzt*in und fallführender klinischer Psychologie, je nach Fallsituation unter Einbindung der klinischen Sozialarbeit
Teamzusammensetzung/Qualifikation:
Welche Fachkompetenzen sind erforderlich?
  • Psychosomatikstation für Kinder und Jugendliche entsprechend den Vorgaben des ÖSG und dem LKF-Modell 2019 (Link s. oben)
  • Kinder- und Jugendpsychiatrische Station A oder E (bei Mit-Aufnahme von Eltern) nach dem LKF-Modell 2019
Werkzeuge:
Maßnahmen zur Sicherung der Ergebnisqualität
  • Standards des jeweiligen Grundfachs (PsySOM KJ oder KJP)
Schulungsunterlagen:
Welches Material bekommen die Patienten als Leitfaden an die Hand?
  • KgAS Trainermanual „leichter, aktiver, gesünder“ [9]
  • Ergänzt durch Unterlagen je nach psychischer Komorbidität durch dazu passende, ebenfalls leitlinienkonforme Informationen
Welche Schulungsmöglichkeiten müssen vorhanden sein?
  • Siehe Vorgaben Strukturqualität

Spezialisierte Kinder- und Jugendrehabilitationseinrichtungen

Diagnostik:
Welche diagnostischen Maßnahmen sind durchzuführen?
  • Die in der Leitlinie Diagnostik (s. Abschn. „(Konsensbasierte) Leitlinie Diagnostik (2015)“) beschriebenen Inhalte stellen die Basis dar.
Welche Strukturen müssen für die Therapie vorhanden sein?
Personell:
  • Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde
  • Bei psychosozialen Komorbiditäten: Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie
  • Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger
  • Diätologe
  • Psychologe/Psychotherapeut
  • Physiotherapeut
  • Sozialarbeiter*in
Räumlich:
  • Schulungsräume, Untersuchungsräume, Bewegungsräume für Einzeltraining, Turnsaal für Gruppentherapien, Schwimmbad für Wassertraining, Bewegungsangebote, Räume für psychologische Diagnostik und Therapie (sowohl Einzel- als auch Gruppentherapien), Lehrküche, Heilstättenschule, Berufsberatung
Therapie:
Welche therapeutischen Maßnahmen sind durchzuführen?
  • Durchführung und Zusammenfassung der Diagnostik und Einleiten einer angepassten ambulanten Therapie (inklusive Medikation) vor Zuweisung in ein Rehabilitationszentrum
  • Zuweisung mit konkreter Formulierung der Erwartungshaltung hinsichtlich der stationären Therapie durch die Zuweiser in Absprache mit den Patientinnen und Patienten/Familien
  • Konkrete Formulierung der Rehabilitationsziele in Abstimmung mit der Erwartung der Zuweiser und Patienten/Familien bei Aufnahme
  • Erstellung eines individuellen Therapieplans anhand der mitgebrachten Befunde und Zielformulierung im multiprofessionellen Team (Ärzte, Pflege, Diätologen, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Psychologen/Psychotherapeuten, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Erlebnis- und Freizeitpädagogen, Heilstättenschule)
  • Umsetzung der Rehabilitationsziele in enger, interdisziplinärer Zusammenarbeit aller Bereiche unter ärztlicher Leitung
  • Wiederholte, multiprofessionelle Intervision während des stationären Aufenthalts im multidisziplinären Team
  • Regelmäßige Visiten der Patienten/Familien durch die Ärzte
  • Case und Care Management und Überführen in eine ambulante Nachsorge bzw. in eine alternative Versorgung (z. B. betreutes Wohnen oder Wohngemeinschaft)
Welche Strukturen müssen für die Therapie vorhanden sein?
  • Siehe Vorgaben Strukturqualität Abschn. „Qualitätsmanagement“
Prozesssteuerung:
Wer ist behandlungsführend?
  • Nach Durchsicht der externen Befunde, Anfangsuntersuchung und Anamnese erstellt der Arzt (FA KJH, FA KJP) den Therapieplan, der nach Anfangsuntersuchungen und Erstgesprächen in den Bereichen der Physiotherapie/Bewegungstherapie, Diätologie, Psychologie/Psychotherapie und Sozialen Arbeit im multiprofessionellen Team adaptiert wird
Wer koordiniert die Patienten (Case Management)?
  • Das entsprechende Case Management erfolgt in Absprache zwischen Arzt und fallführender klinischer Psychologie, je nach Fallsituation unter Einbindung der klinischen Sozialarbeit
Teamzusammensetzung/Qualifikation:
Welche Fachkompetenzen sind erforderlich?
  • Wünschenswert in allen Professionen: vertiefende Ausbildung und Erfahrung in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Adipositas
Werkzeuge:
Maßnahmen zur Sicherung der Ergebnisqualität
  • Klinikeigene Software
Schulungsunterlagen:
Welches Material bekommen die Patienten als Leitfaden an die Hand?
  • KgAS-Trainermanual „leichter, aktiver, gesünder“ [9]
  • Ergänzt durch Unterlagen je nach psychischer Komorbidität durch dazu passende, ebenfalls leitlinienkonforme Informationen
Welche Schulungsmöglichkeiten müssen vorhanden sein?
1.
Adipositasschulung
  • Auch für die Eltern zentraler Behandlungsbaustein, der den nachhaltigen Erfolg der Rehabilitation verbessern soll
  • Behandlungsempfehlungen orientieren sich an den aktuellen medizinischen Leitlinien [3] bzw. Trainermanual von KgAS [9]
 
2.
Bewegungstherapie
  • Gruppensport zur Verbesserung von Kraft, Ausdauer, Belastbarkeit und Koordination
  • Schwimmen und Aquafitness
  • Freizeitsport und -spiele zur individuellen Gestaltung des Alltags
  • „Rückenfit“
  • Individuelle Physiotherapie je nach Befund
 
3.
Ernährungstherapie
  • Ernährungsmedizinische Beratung (theoretische Schulungen zur gesunden, ausgewogenen Ernährung)
  • Schulungen hinsichtlich Portionsgrößen
  • Übungen in der Lehrküche
  • Supervidierte Mahlzeiten
  • Einkaufstraining
 
4.
Psychologische und psychotherapeutische Therapie
  • Einzel- und Gruppentherapien
  • Bewusste Veränderung des Ess- und Bewegungsverhaltens
  • Verhaltenstraining, salutogenes Denken
  • Stärkung des Selbstbewusstseins, der Eigenverantwortung und der sozialen Kompetenz
  • Verbesserung der Körperwahrnehmung
  • Vermittlung von Bewältigungsstrategien
  • Emotionale Entspannung bei psychosozialen Problemen und Konflikten
  • Anleitung zur Selbstkontrolle
  • Erlernen von altersgerechten Entspannungstechniken
  • Einzeltherapie bei depressiver Symptomatik, emotionalen Störungen, Anpassungsstörung, Essstörungen
 

Bariatrische und metabolische Chirurgie

Diagnostik:
Welche diagnostischen Maßnahmen sind präoperativ durchzuführen?
  • Ösophagogastroduodenoskopie + Histologie
  • Psychologische Stellungnahme
  • Diätologische Stellungnahme
  • Medizinisches Gutachten
  • Chirurgisches Beratungsgespräch
  • Schluckröntgen
  • Computertomografie
Welche Strukturen müssen für die Therapie vorhanden sein?
  • Pädiatrisch-kinderchirurgische Endoskopie
  • Institut für Pathologie
  • Institut für Radiologie
  • Pädiatrische Endokrinologie
  • Pädiatrische Psychologie
  • Labor
Therapie:
Welche therapeutischen Maßnahmen sind durchzuführen?
  • Adjustierbares Magenband (AGB)
  • Proximaler Roux-en-Y-Magenbypass
  • Sleeve-Gastrektomie
  • Revisionseingriffe
  • Komplikationsmanagement
Welche Strukturen müssen für die Therapie vorhanden sein?
  • Kinderchirurgische OP
  • Spezielle OP-Tische
  • Pädiatrische Intensivstation
  • Multiprofessionelles Vor- und Nachsorgekonzept
  • Aufklärungsbogen
Prozesssteuerung:
Wer ist behandlungsführend?
  • Kinder- und Jugendchirurg
Wer koordiniert die Patienten (Case Management)?
  • Kinder- und Jugendchirurg
Teamzusammensetzung/Qualifikation:
Welche Fachkompetenzen sind erforderlich?
  • Facharzt für Kinder- und Jugendchirurgie
  • Facharzt für Chirurgie/Visceralchirurgie
  • Kinderanästhesie
  • Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde
  • Bei psychosozialen Komorbiditäten: Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie
  • Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger
  • Diätologe
  • Psychologe/Psychotherapeut
  • Physiotherapeut, Sportwissenschafter, Bewegungstherapeut
  • Sozialarbeiter
Welche Qualifikationen sind Voraussetzung?
  • Erfahrung mit > 20 bariatrische Operationen
  • Zertifizierung des Teams
  • OP-Kurse
Werkzeuge:
Welche Strukturen müssen vorhanden sein?
  • Datenmanager
  • Hotline
  • Homepage
  • Selbsthilfegruppe
Maßnahmen zur Sicherung der Ergebnisqualität
  • Register der ÖGAMC
Schulungsunterlagen:
Welches Material bekommen die Patienten als Leitfaden an die Hand?
  • Leitfaden – Bariatrische Chirurgie und Nachsorge (ist noch zu erarbeiten)
Welche Schulungsmöglichkeiten müssen vorhanden sein?
  • Psychologische und diätologische Beratung

Supplement 5 Details zu Therapieinhalten und zum Behandlungsablauf der Rehabilitation

Die Therapieinhalte sind an die spezifischen Standortbedürfnisse (vorrangig Stoffwechsel vs. Mental Health) angepasst und folgendermaßen konzipiert (Tab. 5).

Therapieinhalte

Tab. 5
Therapieinhalte in der Rehabilitation
Strukturierte Adipositasschulung
Bewegungstherapie
Gruppensport zur Verbesserung von Kraft, Ausdauer, Belastbarkeit und Koordination
Schwimmen und Aquafitness
Freizeitsport und -spiele zur individuellen Gestaltung des Alltags
„Rückenfit“
Individuelle Physiotherapie je nach Befund
Ernährungstherapie
Ernährungsmedizinische Beratung (theoretische Schulungen zur gesunden, ausgewogenen Ernährung)
Schulungen hinsichtlich Portionsgrößen
Übungen in der Lehrküche
Supervidierte Mahlzeiten
Einkaufstraining
Psychologische und psychotherapeutische Therapie
Einzel- und Gruppentherapien
Bewusste Veränderung des Ess- und Bewegungsverhaltens
Verhaltenstraining
Stärkung des Selbstbewusstseins, der Eigenverantwortung und der sozialen Kompetenz
Verbesserung der Körperwahrnehmung
Vermittlung von Bewältigungsstrategien
Emotionale Entspannung bei psychosozialen Problemen und Konflikten
Anleitung zur Selbstkontrolle
Erlernen von altersgerechten Entspannungstechniken
Einzeltherapie bei depressiver Symptomatik, emotionalen Störungen, Anpassungsstörung, Essstörungen
Behandlungsablauf:
  • Durchführung und Zusammenfassung der Diagnostik und Einleiten einer angepassten ambulanten Therapie (inklusive Medikation) vor Zuweisung in ein Rehabilitationszentrum
  • Zuweisung mit konkreter Formulierung der Erwartungshaltung hinsichtlich der stationären Therapie durch die Zuweiser in Absprache mit den Patienten/Familien
  • Konkrete Formulierung der Rehabilitationsziele in Abstimmung mit der Erwartung der Zuweiser und Patienten/Familien bei Aufnahme
  • Erstellung eines individuellen Therapieplans anhand der mitgebrachten Befunde und Zielformulierung im multiprofessionellen Team (Ärzte, Pflege, Diätologen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Erlebnis- und Freizeitpädagogen, Heilstättenschule) anhand von ICF
  • Umsetzung der Rehabilitationsziele in enger, interdisziplinärer Zusammenarbeit aller Bereiche unter ärztlicher Leitung
  • Wiederholte, multiprofessionelle Intervision während des stationären Aufenthalts im multidisziplinären Team
  • Regelmäßige Visiten der Patienten/Familien durch die Ärzte
  • Case und Care Management und Überführen in eine ambulante Nachsorge bzw. in eine alternative Versorgung (z. B. betreutes Wohnen oder Wohngemeinschaft)

Supplement 6 Details zur Qualitätssicherung

Anforderungen an die konservative Adipositasbehandlung

Konzepte zum Qualitätsmanagement dienen der Sicherung von Mindeststandards, der fortlaufenden Verbesserung der Qualität und werden als eine Basis für die Finanzierung durch Kostenträgern herangezogen. Sowohl in den Leitlinien der AGA für Deutschland, Schweiz und Österreich, als auch der Fachgesellschaft für Rehabilitation in der Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland wurden für die Adipositasbehandlung bei Kindern und Jugendlichen Rahmenempfehlungen für ein Qualitätsmanagement abgegeben [26]. Zur Qualitätssicherung des Konzepts der Adipositasschulung wird hier zunächst ein Modell des internen Qualitätsmanagements dargestellt mit der Überprüfung der Struktur‑, Prozess- und Ergebnisqualität. Die im Folgenden angeführten Qualitätsanforderungen stellen die Voraussetzungskriterien für eine interdisziplinäre Behandlung dar.
Strukturqualität.
Die AGA fordert [26]: „Die für eine interdisziplinäre Schulung erforderlichen Räume sind vorzuhalten (ggf. externe Kooperationen z. B. Sportprogramm), wie auch die medizintechnischen Geräte (geeichte Waage und Messlatte, Blutdruckmessgeräte in mehreren Manschettenbreiten, Kooperation mit Labor).
Die Schulung soll einem vorgegebenen Methodenkonzept folgen, welches in einem Therapeutenmanual zusammengefasst ist. Das Patientenschulungsprogramm ist schriftlich fixiert und sieht auch schriftliches zielgruppenspezifisches Material für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor. Die Schulungsgruppen sollten altershomogen (d. h. maximal 4 Jahre Altersdifferenz) zusammengesetzt sein.“
Alter der Patienten.
Die Kinderschulung ist vom 8. Lebensjahr (etwa 2. Schuljahr) an vorgesehen und setzt eine altersentsprechende Lese- und Schreibfähigkeit voraus.
Bei Kindern unter acht Jahren steht die Elternschulung im Vordergrund, die Kinderschulung beschränkt sich auf wenige Übungen, für die jedoch noch keine Empfehlungen gegeben werden. Alters- und entwicklungspsychologische Besonderheiten sowie damit zusammenhängenden Körper- und Krankheitskonzepte sollen jeweils berücksichtigt werden.
Gruppengröße bei Gruppensetting.
In den Strukturanforderungen der AGA ist eine Zahl von bis zu 12 Teilnehmern pro Schulungsgruppe festgelegt1. Diese werden von einem Trainer betreut. Bei größerer Personenzahl (z. B. gemeinsame Schulung von Eltern und Kindern bzw. Jugendlichen) sind entsprechend weitere Trainer erforderlich.
Im ambulanten Bereich kann es jedoch nötig sein, initial eine größere Zahl von Teilnehmern (z. B. [13]) einzuladen, weil einige Teilnehmer erfahrungsgemäß noch vor der Schulung oder kurz nach deren Beginn abspringen oder keine Kostenübernahmezusage erhalten.
Personal.
Erforderlich ist ein interdisziplinär zusammengesetztes Schulungsteam, das mindestens aus den vier verschiedenen Berufsgruppen
  • Arzt
  • Klinischer Psychologe/Psychotherapeut
  • Diätologe und
  • Physiotherapeut oder medizinisch supervidierte Bewegungsfachkraft
besteht.
Spezifische Anforderungen an die chirurgische Adipositasbehandlung.
Voraussetzungen beim betreuenden medizinischen Personal und der medizinischen Einrichtung
  • Der chirurgische Eingriff muss in spezialisierten Zentren durchgeführt werden, in denen sich ein interdisziplinäres Team mit Erfahrungen und Kompetenzen auf dem Gebiet der Adipositas im Jugendalter (Kinder- und Jugendarzt, Internist, Pädiatrischer Endokrinologe, Ernährungsmediziner, Kinder- und Jugendpsychiater, Psychologe, Sozialarbeiter, Diätologe, Adipositaschirurg) um den Patienten kümmert
  • Das interdisziplinäre Team muss dem Jugendlichen die Zusammenhänge zwischen Operation, geändertem Lebensstil und der Notwendigkeit der dauerhaften Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln v. a. nach Bypassoperationen verständlich machen
  • Der Chirurg muss über eine langjährige Erfahrung im Bereich der bariatrischen Chirurgie bei KiJu verfügen
  • Die medizinische Institution, in der der Jugendliche weiter betreut wird, verfügt über ein interdisziplinäres Team (s. oben), das in der Lage ist, die Nachsorge des Patienten auch im Erwachsenenalter zu gewährleisten. Aufgrund der zu erwartenden Mobilität des Patienten ist eine langfristige Betreuung an ein und demselben Ort nicht immer möglich. Daher ist in Deutschland (und Österreich, Anmerkung) eine Netzwerkbildung der kompetenten Einrichtungen zur Nachsorge nach einem Adipositas-chirurgischen Eingriff erforderlich
  • Um einen zukünftigen Erkenntniszuwachs zu gewährleisten und zur Evaluierung der Versorgungsqualität sollen die Operations- und Nachsorgedaten in ein von der Fachgesellschaft empfohlenes Patientenregister eingegeben werden (z. B. Deutsches bariatrisch-chirurgisches Register)
LoE 4, Expertenkonsens, EG A, Konsens
Prozessqualität.
Die Prozessqualität ist von den stationären oder ambulanten Schulungseinrichtungen im Sinn eines internen Qualitätsmanagementsystems zu regeln. Die Zuweisung zu einer Therapie ist durch den/die fallführende/n Ärzt*in oder das interdisziplinäre Team zu stellen. Strukturierte Patientenschulungsmaßnahmen sind
  • bei Kindern und Jugendlichen mit extremer Adipositas (BMI über der 99,5. Perzentile),
  • bei Kindern und Jugendlichen mit Adipositas BMI zwischen der 97. und 99,5. Perzentile, wenn zusätzlich Risikofaktoren und Krankheiten vorhanden sind sowie
  • bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen mit einem BMI zwischen der 90. und 97. Perzentile mit behandlungsbedürftiger Krankheit bzw. Krankheiten indiziert. Besteht eine andere schwerwiegende Erkrankung (z. B. im Rahmen einer Erbkrankheit), ist in der Regel eine andere Therapie erforderlich.
Kontraindiziert ist die Teilnahme an Patientenschulungsprogrammen in folgenden Fällen:
  • Kinder/Jugendliche und ihre Familie bzw. Angehörigen mit fehlender Motivation für Verhaltensänderungen
Besteht zusätzlich eine weitere behandlungsbedürftige Erkrankung (z. B. Essstörung, Depression) ist zu entscheiden, welche Erkrankung vorrangig zu behandeln ist, um eine Überforderung des Kindes auszuschließen.
Kinder/Jugendliche mit unzureichender Gruppen- oder Schulungsfähigkeit können nur im Einzelsetting betreut werden.
Die Prozessqualität beschreibt die Durchführung des eigentlichen Schulungsablaufs (Kernprozess) und beinhaltet mindestens die folgenden Aspekte:
  • Indikationsstellung zur Schulung
  • Anmeldung und der Zugang zur Schulung
  • Kontakte zum behandelnden Kinder‑/Jugendfacharzt oder Hausarzt
  • Erfüllung des Schulungscurriculums entsprechend dem Trainermanual
  • Dokumentation über die regelmäßige Teilnahme
  • Dokumentation über die Elternschulung
  • Bedingungen des Abbruchs der Schulung
  • Dokumentation von Sitzungen
  • Dokumentation über die Weiterleitung des Patienten an nachsorgende Einrichtungen
  • Dokumentation über Katamneseuntersuchungen (Evaluation)
Ergebnisqualität.
Die Ergebnisqualität konservativer wie chirurgischer Therapiemaßnahmen wird ebenfalls nach den Kriterien der AGA erhoben:
  • Wie viele Teilnehmer evaluiert wurden
  • Wie viele Teilnehmer die Schulung abbrechen
  • Wie viele Teilnehmer ihr Übergewicht gemessen am SDS-BMI nicht verringern
  • Wie viele Teilnehmer ihr Übergewicht um mindestens 0,2 SDS-BMI verringern
  • Wie viele Teilnehmer ihr Übergewicht um mindestens 0,5 SDS-BMI verringern
Sehr empfehlenswert ist auch eine Evaluation zu den Themen Ess- und Ernährungsverhalten, psychosoziale Aspekte, körperliche Aktivität und Bewegungsverhalten. Angestrebt werden sollte auch hier eine mehrjährige Verlaufsuntersuchung nach Therapieende.
Konzeptqualität – Inhaltliche Ausgestaltung der Schulung.
Das Trainermanual der KgAS zum Schulungsprogramm „Leichter, aktiver, gesünder“ 2019 [8] gilt für die Konzeptqualität der ambulanten Einrichtungen. Die inhaltlichen Vorgaben für die stationären Schulungsprogramme sind im Trainermanual abgebildet. Unterschieden werden edukative Schulungseinheiten von praktischen Einheiten. Die edukativen Schulungseinheiten werden in einem geeigneten Schulungsraum unter Moderation eines Trainers durchgeführt. Die praktischen Einheiten sind an andere Räumlichkeiten gekoppelt wie Speiseraum, Küche, Sporthalle oder finden als Exkursion (z. B. Restaurantbesuch) statt. Für alle Einheiten ist eine dezidierte curriculare Struktur erarbeitet, die im Trainermanual (stationäre Einrichtungen) bzw. KgAS-Programm-Handbuch (ambulante Einrichtungen) dargestellt ist. Eine Einheit umfasst 45 min, im Bereich ambulanter Sport jedoch bis zu 90 min.
Dauer: Die Dauer der Adipositasschulung richtet sich nach dem Setting. Im stationären Bereich sind es mehrere Wochen; das ambulante Programm ist auf mindestens 6 Monate festgelegt (im Sinn der Nachhaltigkeit sind längerfristige Anschlussbehandlungen sinnvoll). Während dieses Zeitraums sollen substanzielle Änderungen des Ess‑, Ernährungs- und Bewegungsverhaltens erreichbar sein. Dabei wurde berücksichtigt, dass Langzeiterfolge besonders durch intensives Coaching, wiederholt eingesetzte Verstärkersysteme und schließlich das Beherrschen von Selbstbeobachtungs- und Selbststeuerungstechniken zu erzielen sind.
Im stationären Setting (Rehabilitation) sollten z. B. während einer Rehabilitationsmaßnahme folgende Einheiten erbracht werden:
  • Edukative Einheiten: Medizin, Psychosoziales und Ernährung
  • Praktische Einheiten: z. B. Essverhaltenstraining, Mahlzeitenzubereitung
  • Edukative und praktische Einheiten: körperliche Aktivität und Sport
  • Bei begleitenden Eltern muss eine entsprechende Elternschulung angeboten werden. Eine Schulungseinheit ist dabei mit 45 min berechnet
Im Setting „Stoffwechsel Reha“ werden dabei in 3 Wochen 540 min Einzeltherapien, 1800 min Gruppentherapien, etwa 3000 min freizeitpädagogische Einheiten sowie zusätzlich 540 min Wanderungen, d. h. in Summe 131 Einheiten, angeboten. Im Setting „Mental Health“ werden in 5 Wochen in Summe 8325 min (185 Einheiten) erbracht.
Die Inhalte der Schulungseinheiten sind im „Trainermanual – Leichter, aktiver, gesünder“ festgelegt. Nach bisherigen Erfahrungen erfordert die Umsetzung der Schulungsinhalte den genannten Umfang und Zeitrahmen. In Abhängigkeit von der Schulungsgruppe und den lokalen Besonderheiten kann dieser Umfang um bis zu 20 % pro Schulungsbereich variieren.
Im ambulanten Setting wird das im Programmhandbuch festgelegte Curriculum mit allen aufgeführten Themen, Bausteinen und Übungen umgesetzt. Die Dauer der ambulanten Gruppenintervention soll etwa 12 Monate betragen.
Dabei sollten die in Tab. 6 genannten Einheiten im ambulanten Setting erbracht werden.
Tab. 6
Anzahl der Einheiten pro Disziplin im Rahmen der multimodalen ambulanten Adipositastherapie gemäß Schulungsprogramm „Leichter, aktiver, gesünder“ 2019 [8]
Inhalt
Anzahl der Einheiten (á 45 min)
Medizinische Abklärung und Beratung
Nach Bedarf, in der Regel Basisversorgung
Diätologie (Einzelsetting)
1,5
Diätologie Kinder (Gruppensetting)
5
Diätologie Eltern (Gruppensetting)
5
Psychosoziale Therapie Kinder (Gruppensetting)
20
Psychosoziale Therapie Eltern (Gruppensetting)
5
Psychosoziale Therapie (Einzelsetting)
1
Bewegungstraining pro Halbjahr
45
Alternativ zur Gruppenintervention kann eine Intervention im Einzelsetting stattfinden (Medizin, Psychologie, Ernährung, Bewegung). Die Anzahl der Schulungseinheiten ist der höheren Intensität entsprechend niedriger:
  • 2 Schulungseinheiten im Bereich Medizin
  • 8 Schulungseinheiten im Bereich Psychosoziales (Kinder- und Elterneinheiten nach individuellem Bedarf)
  • 5 Schulungseinheiten im Bereich Ernährung, davon 2 im häuslichen Umfeld der Familie
  • Eine Schulungseinheit ist dabei mit 45 min berechnet
  • 3 Intervisionseinheiten des Teams (Psychologie, Diätologie) pro Familie
  • 2–3 strukturierte Bewegungseinheiten pro Woche
Diese Struktur dient auch der Nachsorge nach stationärer Therapie.
Fußnoten
1
Diese Leitlinie hat 2020, während der Erstellung des vorliegenden Konzepts, ihre Gültigkeit verloren. Die Projektgruppe hat die Inhalte als Expertenkonsens und als beste verfügbare Evidenz für das Konzept verwendet.
 
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Metadaten
Titel
Nationales Konzept zur Therapie von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde und beteiligter medizinisch-wissenschaftlicher Fachgesellschaften, Fachverbände und weiterer Organisationen*
Version 6. Dezember 2021
verfasst von
Anna Maria Cavini
Doris Ehringer-Schetitska
Dieter Furthner
Susanne Greber-Platzer
Adrian Kamper
Roman Metzger
Katharina Mörwald
Sabine Scholl-Bürgi
André van Egmond-Fröhlich
Univ. Prof. Dr. Daniel Weghuber
Kurt Widhalm
Claudia Wojnarowski
Publikationsdatum
21.03.2022
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Pädiatrie & Pädologie / Ausgabe Sonderheft 1/2022
Print ISSN: 0030-9338
Elektronische ISSN: 1613-7558
DOI
https://doi.org/10.1007/s00608-022-00967-0