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Erschienen in: Journal für Urologie und Urogynäkologie/Österreich 3/2023

Open Access 21.09.2023 | Originalien

Wertigkeit von Ultraschall und Magnetresonanztomographie (MRT) bei der Erstdiagnose von Hodentumoren

verfasst von: Dr. Susanne Deininger, Lukas Lusuardi, Peter Törzsök

Erschienen in: Journal für Urologie und Urogynäkologie/Österreich | Ausgabe 3/2023

Zusammenfassung

In der Primärdiagnostik von Hodentumoren ist der konventionelle Ultraschall weiterhin Standard. Dieser zeigte in der Indikation eine gute Sensitivität und Spezifität und ist außerdem universell verfügbar und günstig in der Anwendung. Durch Hinzunahme von Ultraschallkontrastmittel oder Elastographie kann die Genauigkeit noch verbessert werden. Insbesondere kleine Läsionen sind mittels Ultraschall zumeist nicht endgültig einzuschätzen. Die Bedeutung der MRT in der Diagnostik von unklaren Hodenläsionen ist weiterhin unklar. Durch die Anwendung von Kontrastmittel und verschiedenen Phasen erwartet man sich einen Zugewinn an diagnostischen Informationen. Normales Hodengewebe, benigne und maligne Hodenläsionen weisen in der MRT unterschiedliches Kontrastmittelenhancement auf. Durch diffusionsgewichtete Sequenzen (DWI) kann die Korrektheit der MRT weiter gesteigert werden. Jedoch fehlen evidenzbasierte standardisierte MRT-Protokolle zur Untersuchung von unklaren Hodenläsionen. Eine eigene retrospektive multizentrische Studie [1] zeigte eine Sensitivität von 85,7 % bei einer Spezifität von 72,8 % für die MRT in der Diagnostik unklarer Hodenläsionen. Es zeigte sich jedoch, dass sich der/die Radiologe/In in bis zu 20 % nicht auf einen Befund festlegen konnte. Dann bleiben weiterhin nur die operative Freilegung und histologische Sicherung. Daneben zeigte sich, dass benigne Läsionen signifikant kleiner sind als maligne. Auch aus der Literatur ist bekannt, dass tastbare Läsionen zumeist maligne sind, während zufällig entdeckte, kleinere Läsionen eher benigner Natur sind. Sowohl MRT als auch Ultraschall sind gut in der Lage, die Größe von malignen Tumoren einzuschätzen, dies kann die Planung einer hodenerhaltenden Operation erleichtern.
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Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Der Hodentumor – Epidemiologie und Primärdiagnostik

Mit 25 % ist der maligne Hodentumor die häufigste Krebserkrankung bei Männern im Alter von 20–40 Jahren. Insgesamt sind Hodentumore jedoch selten und machen lediglich 1–2 % aller Neoplasien im Erwachsenenalter aus [2]. Die Inzidenz des malignen Hodentumors variiert weltweit deutlich: Die Inzidenzraten waren im Jahr 2020 am höchsten in West‑, Nord- und Südeuropa sowie Ozeanien (altersstandardisierte Inzidenz [ASI] = 7/100.000), gefolgt von Nordamerika (ASI = 5,6/100.000) und am niedrigsten (ASI < 2/100.000) in Asien und Afrika [3]. Das lebenslange Erkrankungsrisiko liegt bei etwa 0,4 % [4], aber es ist vor allem in den europäischen Ländern mit einer weiteren Zunahme der Inzidenz in den kommenden Jahren zu rechnen [5]. In 1–5 % treten Hodenkarzinome beidseits auf [6]. 95 % der Hodentumoren sind maligne, wobei Keimzelltumore die häufigste Histologie darstellen [7]. Hier unterscheidet man zwischen Seminomen (ca. 60 % der Keimzelltumore) und nichtseminomatösen Keimzelltumoren („non-seminomatous germ-cell tumors“: NSGCT). Das mediane Alter der Seminompatienten liegt bei 41 Jahren, während das mediane Alter der NSCGT-Patienten ca. 10 Jahre darunter liegt [8]. Der häufigste gutartige Tumor ist der Leydig-Zell-Tumor (LCT), gefolgt vom Sertoli-Zell-Tumor, dem adenomatoiden Tumor, dem pseudofibrotischen Tumor der Tunica albuginea, dem epidermoiden Zystadenom und der tubulären Fibrose [9].
Einige Hodentumore werden bei der Selbstuntersuchung durch den Patienten entdeckt. Trotzdem hat die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung des Hodens u. a. aufgrund der insgesamt niedrigen Inzidenz bis jetzt kaum Eingang in den klinischen Alltag und das öffentliche Bewusstsein gefunden: In einer Studie aus dem Jahr 2006 hatten 89 % der Männer aus der Altersgruppe <35 Jahren niemals eine Selbstuntersuchung des Hodens durchgeführt [10]. Die deutsche S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hoden empfiehlt jungen Männern eine regelmäßige Selbstuntersuchung des Hodens, da sie „zu einer frühzeitigen Diagnosestellung führen kann“ [11]. Insbesondere bei Männern mit Risikofaktoren wie St.p. Maldescensus testis, St.p. Hodenkrebserkrankung, positiver Familienanamnese oder Klinefelter-Syndrom hat die Selbstuntersuchung einen hohen Stellenwert.
Andere Hodentumore sind Zufallsbefunde im Rahmen von z. B. urologischen oder andrologischen Untersuchungen. Diese sind zumeist nicht tastbar. Bis zu 80 % der nicht tastbaren Hodenläsionen sind gutartig [12, 13], während tastbare Raumforderungen tendenziell bösartig sind (ca. 90 %, [14]).
Die Erstdiagnose erfolgt in der Regel mittels Hodenultraschall. Die Leitlinie der European Association of Urology (EAU) zur Behandlung von Hodenkrebs [15] empfiehlt den Einsatz von hochfrequentem (> 10 Megahertz) Ultraschall, die S3-Leitlinie sieht in der Diagnostik mindestens einen 7,5-Mega-Hertz-Schallkopf vor [11]. So sollen sowohl die Lokalisation (intra- oder extratestikulär) als auch die Größe der Läsion bestimmt werden. Auch der kontralaterale Hoden soll mituntersucht werden, um bilaterale Tumoren oder Risikofaktoren wie Mikrolithiasis frühzeitig zu erkennen. Der Vorteil der Ultraschalluntersuchung liegt auf der Hand: Sie ist fast überall verfügbar, schnell durchgeführt, nicht invasiv und kostengünstig. Die Sensitivität des konventionellen Ultraschalls in der Diagnostik maligner Hodentumoren liegt bei 92–98 % bei einer Spezifität von 95–99,8 % [16].
Neben dem konventionellen, sog. Graustufenultraschall („grey-scale“) besteht bei den meisten Geräten die Option einer Doppleruntersuchung. Komplexer wird die Untersuchung mit Hinzunahme von Kontrastmittelultraschall, dies kann zumeist nicht mehr in der eigenen Ordination durchgeführt werden und bedingt eine Zuweisung in die lokale Radiologie. Der Kontrastmittelultraschall, auch als kontrastverstärkter Ultraschall oder CEUS („contrast-enhanced ultrasound“) bezeichnet, nutzt die i.v. Injektion eines ultraschallspezifischen Kontrastmittels (SonoVue®, Bracco Imaging S.p.A, Colleretto Giacosa, Italien), dabei handelt es sich um schwefelhexafluoridhaltige Mikrobläschen [17]. Isidori et al. zeigten 2014 für die Indikation maligner Hodentumor eine hohe Genauigkeit für die Kombination aus nativem und kontrastmittelverstärktem Ultraschall (Fläche unter der ROC-Kurve: 0,927; [18]).
Des Weiteren können Techniken wie Real-Time- oder Scherwellenelastographie den diagnostischen Wert des Ultraschalls noch weiter verbessert. Bei der Real-Time-Elastographie wird die Gewebeverformung in Echtzeit während der Ultraschalluntersuchung dargestellt. Dabei wird der Druck auf das Gewebe durch den Schallkopf erzeugt, und die resultierende Deformierung des Gewebes wird aufgezeichnet. Die Scherwellenelastographie hingegen basiert auf der Anregung des Gewebes durch gezielte mechanische Scherkräfte und der Messung der Scherwellenausbreitung im Gewebe [19]. Reginelli et al. zeigten 2019, dass durch Hinzunahme von Real-Time-Elastographie zum Graustufen- und Dopplerultraschall eine Sensitivität von 100 %, eine Spezifität von 83 %, ein negativ prädiktiver Wert von 100 % und ein positiv prädiktiver Wert von 91 % bei der Diagnose maligner Hodentumoren erreicht wurden [20].
Insbesondere bei kleineren Läsionen kann eine zuverlässige Einschätzung allein mittels Ultraschall schwierig sein. Bis die endgültige Histologie vorliegt, welche standardmäßig invasiv gewonnen wird, bleibt die endgültige Diagnose in der Regel unklar.

Die Bedeutung der Magnetresonanztomographie (MRT) in der Diagnostik des Hodentumors

Die Rolle der MRT-Untersuchung in der Diagnostik von malignen Hodentumoren ist noch nicht vollständig untersucht. Erwartungsgemäß sollte eine Technologie wie die MRT in der Lage sein, weitere wichtige Informationen zur Einschätzung der Dignität der Läsionen zu liefern. Der Vorteil der MRT gegenüber dem nativen Ultraschall ist offensichtlich: die Möglichkeit der standardisierten Kontrastmittelapplikation und die unterschiedliche Phasendarstellung. Die EAU-Leitlinie empfiehlt den Einsatz der MRT-Untersuchung bei der Diagnose von Hodentumoren nur dann, wenn eine Unterscheidung zwischen intra- und extratestikulären Läsionen sonst nicht möglich ist [13, 15, 2123]. Die S3-Leitlinie nennt das MRT als Medium zur Abgrenzung zu „testikulären Lymphomabsiedelungen, benignen Läsionen oder traumatischen Veränderungen“ [11], falls der Ultraschall hier unklar sein sollte. Die MRT-Untersuchung des Hodens konnte in der Literatur eine generell hohe Sensitivität (bis zu 100 %) und Spezifität (bis zu 88 %) bei der Differenzierung zwischen benignen und malignen Hodenläsionen zeigen [24].
Andere Arbeitsgruppen konnten bereits demonstrieren, dass verschiedene histologische Subtypen von Hodentumoren unterschiedliches Kontrastmittelaufnahmeverhalten zeigen: Benigne Hodentumoren wie Leydig-Zell-Tumoren zeigen ein höheres relatives Kontrastmittelenhancement und eine kürzere Zeit bis zum maximalen Enhancement im Vergleich zu Seminomen [22, 25].
In einer retrospektiven Studie mit 44 Männern wurden von Tsili et al. 3 Formen von Zeit-Signal-Intensitätskurven definiert [23]:
1.
Linear zunehmendes Enhancement, typisch für gesundes Gewebe
 
2.
Schneller Anstieg des Enhancements mit anschließender Plateaubildung oder weiterer geringer Enhancementzunahme, typisch für benignen Befund
 
3.
Schneller Anstieg des Enhancements mit anschließendem kontinuierlichem Abfall, typisch für maligne Läsionen
 
Durch Hinzunahme einer diffusionsgewichteten Sequenz („diffusion weighted imaging“: DWI) kann die Diskriminierung noch verbessert werden. Diese erfasst die Bewegung von Wassermolekülen im Gewebe über die Anwendung von magnetischen Gradientenfeldern. Durch die Variation der Wichtung können Informationen über die Mikrostruktur und die Diffusionseigenschaften des Gewebes gewonnen werden [26]. Der „apparent diffusion coefficient“ (ADC) gibt an, wie stark die Wasserdiffusion in einem bestimmten Gewebe eingeschränkt ist. Niedrige ADC-Werte können auf eine hohe Zelldichte, eine erhöhte Gewebeviskosität oder eine Einschränkung der Diffusion hinweisen, während hohe ADC-Werte auf eine geringere Zelldichte oder eine höhere Gewebefluidität hindeuten [27]. Laut Wang et al. 2021 weisen maligne Tumoren im Vergleich zu benignen einen erhöhten ADC-Wert auf [28]. Mittels DWI kann im MRT auch eine Unterscheidung zwischen Seminomen und NSGCT gelingen, Faktoren sind hier zystische Veränderungen, T2-Hypointensität, und intratumorale Septen [26]. So kann die Spezifität des MRT um bis zu 9,8 % gesteigert werden [26].

Die Wertigkeit der MRT-Bildgebung in der Diagnostik unklarer Hodenläsionen: eine retrospektive multizentrische Studie von Deininger et al.

Zur weiteren Untersuchung der Fragestellung führte die Universitätsklinik für Urologie und Andrologie, Salzburg, in Zusammenarbeit mit 5 weiteren großen urologischen Zentren in Österreich und Deutschland (Dresden, Linz, Nürnberg, Tübingen, Wien) eine retrospektive Analyse der durchgeführten MRT-Untersuchungen des Skrotums zwischen 06/2008 und 04/2021 durch [1]. Eingeschlossen wurden insgesamt 113 Männer. Die Indikation zur MRT-Untersuchungen war stets unklare Raumforderung Skrotum oder ähnlich lautend, Staginguntersuchungen bei Peniskarzinom oder andere Indikationen für Genital-MRT wurden nicht eingeschlossen. Insbesondere sollte die Korrelation mit dem konventionellen Ultraschall und – falls vorhanden – mit der Histologie des Befundes erfolgen. Die Patientencharakteristika finden Sie in Tab. 1.
Tab. 1
Patientencharakteristika der Studie Deininger et al. [1]
 
n= 113
Medianes Alter in Jahren (von–bis)
39,0 (16–89)
St.p. Hodentumor (%)
17,4
St.p. Maldeszensus testis (%)
11,3
Medianes Hodenvolumen des betroffenen Hodens in MRT/Ultraschall in ml (von–bis)
14,0 (2,0–45,0)
Positive Tumormarker (%)
10,6
Testosteronmangel (%)
7,1
n zur Verfügung stehende Histologien
53
n maligne/n benigne Histologien (%)
28 (50,9)/27 (49,0)
St.p. Status post
Bei 53 Patienten wurde nach der MRT-Untersuchung eine histologische Sicherung durchgeführt (Orchiektomie, Biopsie, oder Hodenteilresektion). Die Ergebnisse der Histologie sind in Abb. 1 dargestellt [1].
Die Untersuchung des Zusammenhanges zwischen verschiedenen klinischen Parametern und der Dignität des Tumors (benigne/maligne) ergab die in Tab. 2 zusammengefassten Ergebnisse. Das bedeutet, dass zwischen malignen und benignen Tumoren lediglich die Tumormarker (p = 0,014) und die Tumorgröße im MRT (p = 0,004), im Ultraschall (p = 0,001) und in der Histologie (p = 0,001) statistisch signifikant unterschiedlich waren. Sonstige bekannte klinische Risikofaktoren für maligne Hodentumore wie Testosteronmangel, geringes Hodenvolumen, St. p. Hodentumor oder St. p. Maldescensus testis zeigten in unserer Studie keinen statistisch signifikanten Zusammenhang mit der Dignität des Tumors.
Tab. 2
Zusammenhang zwischen verschiedenen klinischen Parametern und der Dignität des Tumors (benigne/maligne)
Parameter
p-Wert
Alter
0,207
Medianes Volumen des betroffenen Hodens im Ultraschall/MRT
0,676
Positive Tumormarker
(AFP, βHCG, HPLAP, LDH)
0,014*
Raucheranamnese
0,161
Symptomatik
0,128
Testosteronmangel
0,541
Tumorgröße im MRT
0,004**
Tumorgröße im Ultraschall
0,001**
Tumorgröße in der Histologie
0,001**
St.p. Hodentumor
0,252
St.p. Maldescensus testis
0,661
*p < 0,05, ** p < 0,01
Sensitivität, Spezifität, negativ-prädiktiver und positiv-prädiktiver Wert von MRT und Ultraschall sehen Sie in Tab. 3.
Tab. 3
Sensitivität, Spezifität, negativ-prädiktiver und positiv-prädiktiver Wert von MRT und Ultraschall
 
Ultraschall
MRT
Sensitivität (%); (95 %-KI)
94,7 (74,0–99,9)
85,7 (67,3–96,0)
Spezifität (%); (95 %-KI)
20,0 (9,1–35,7)
72,8 (61,8–82,1)
Positiv-prädiktiver Wert (%); (95 %-KI)
36,0 (22,9–50,8)
52,1 (37,0–67,1)
Negativ-prädiktiver Wert (%); (95 %-KI)
88,9 (51,8–99,7)
93,7 (84,5–98,2)
KI Konfidenzintervall, MRT Magnetresonanztomographie
Wenn man davon ausgeht, dass eine endgültige Diagnose und damit Einschätzung der Dignität lediglich mittels Histologie gestellt werden kann, muss eine Korrelation der Histologien und der durchgeführten MRT-Untersuchungen erfolgen. Bei n = 60 Patienten wurde aufgrund eines eindeutig benignen Befundes (z. B. Varikozele) im MRT keine Operation durchgeführt, demnach steht keine Histologie zur Verfügung. Lediglich von n = 53 Patienten liegt ein histologischer Befund vor. Wie häufig lag nun aber die MRT richtig oder falsch bezogen auf die Histologie?
Es ergaben sich in der Auswertung folgende Ergebnisse:
  • Histologie benigne/MRT benigne (richtig-negativ): 9,1 %
  • Histologie benigne/MRT maligne (falsch-positiv): 25,5 %
  • Histologie benigne/MRT unklar: 14,5 %
  • Histologie maligne/MRT benigne (falsch-negativ): 1,8 %
  • Histologie maligne/MRT maligne (richtig-positiv): 43,6 %
  • Histologie maligne/MRT unklar: 5,5 %
Insgesamt war also bei 20 % der Untersuchungen ein unklarer Befund vermerkt, bzw. konnte sich der/die Radiologe/in nicht festlegen. Das bedeutet im klinischen Alltag letztlich, dass weiterhin eine histologische Sicherung und damit invasive Diagnostik erfolgen müssen. Das Ziel der Hinzunahme weiterer ressourcenintensiver Diagnostik wäre aber gerade die Verhinderung letztlich unnötiger invasiver Eingriffe, z. B. bei kleinen benignen Läsionen, oder Läsionen, die sich als Normalbefund/Entzündung/Fibrose oder Ähnliches herausstellen.
Um die Fragestellung standardisiert weiter zu bearbeiten, läuft in Zusammenarbeit der Universitätsklinik für Urologie und Andrologie, Salzburg, mit dem Universitätsinstitut für Radiologie, Salzburg, aktuell eine prospektive Studie, bei der Patienten mit Verdacht auf Hodentumor vor histologischer Sicherung neben Standardultraschall einen Kontrastmittelultraschall, eine Real-Time-Elastographie und eine MRT-Untersuchung des Skrotums erhalten. Anschließend sollen die verschiedenen Untersuchungen untereinander und mit der Histologie korreliert werden, um die optimale Untersuchungsmodalität für diese Indikation, und im Falle der MRT, die geeignetste Phasendarstellung zu definieren.

Indikation zur Hodenteilresektion – Größenabschätzung mittels Ultraschall und MRT

Gemäß der EAU-Leitlinie ist eine organerhaltende Operation mit intraoperativer Schnellschnittuntersuchung eine Option für unklare Läsionen von Einzelhoden, bei bilateralen Läsionen oder kleinen, nicht tastbaren Läsionen [15]. Dennoch ist eine organerhaltende Tumorentfernung nur bis zu einem bestimmten Tumorvolumen und auch nur an bestimmten Stellen im Hoden möglich. Jedoch können auch größere Tumoren gutartig sein. Wenn eine zuverlässigere Unterscheidung zwischen gutartigen und bösartigen Läsionen durch eine nichtinvasive diagnostische Methode möglich wäre, könnten noch mehr Läsionen konservativ oder mittels Hodenteilresektion behandelt werden.
Aus unseren eigenen Daten ergaben sich Größe der Hodentumoren im MRT, Ultraschall und Histologie wie in Abb. 2 dargestellt. Hier zeigt sich, dass die Größe von benignen Tumoren in allen untersuchten Modalitäten signifikant kleiner ist als die von malignen (**p jeweils < 0,01).
Shilo et al. zeigten 2012 in ihrer Studienkohorte von 131 Patienten mit Hodentumor, dass gutartige Läsionen um 63,4 % kleiner waren als maligne (1,5 vs. 4,1 cm, [29]). Je größer die Läsion, desto wahrscheinlicher ist sie tastbar, und laut älteren Daten sind 90–95 % aller tastbarer Hodentumore maligne [20]. Bei der Erstdiagnose haben maligne Hodentumore eine mediane Größe von 3 cm (IQR: 1,8–4,5 cm, [21]). Abboudi et al. zeigten 2013 des Weiteren, dass über 2/3 der Hodentumoren <1 cm gutartig waren [30].
Dennoch kann die Größe einer Läsion keine zuverlässige Aussage über ihre Dignität liefern, und Ultraschall stößt in der Untersuchung an seine Grenzen. Eine weitere Studie von Bieniek et al. aus dem Jahr 2018 umfasste eine Population von über 4000 Männern, die sich einer andrologischen Untersuchung im Rahmen einer Fertilitätsabklärung unterzogen hatten. In dieser Studie wurden insbesondere sehr kleine Hodenläsionen untersucht (< 1 cm). Der Anteil an sehr kleinen unklaren Hodenläsionen lag hier bei 2,9 %. Aus der Gesamtpopulation unterzogen sich 18 Patienten einer histologischen Sicherung, um die Dignität der Läsion weiter einzugrenzen. Unter diesen 18 Histologien waren 6 bösartige Läsionen. Zwischen den benignen und malignen Läsionen zeigte sich im Ultraschall präoperativ weder ein Unterschied in der Größe noch in der Durchblutung [31].
Je kleiner wiederum eine Hodenläsion ist, desto wahrscheinlicher kann eine hodenerhaltende Operation/Hodenteilresektion durchgeführt werden. Die German Testicular Cancer Study Group (GTCSG) schlug im Jahr 2006 vor, eine Hodenteilresektion in folgenden Fällen zu diskutieren: Tumor bei Einzelhoden, bilaterale Tumore, Tumordurchmesser <2 cm, keine Infiltration des Rete testis, nach Durchführung von Biopsien am Tumorgrund, normale präoperative LH- und Testosteronwerte und gute Patientencompliance [32].
Bei der Planung einer Hodenteilresektion ist die Abschätzung der Größe der Läsion entscheidend. In der standardmäßigen präoperativen Vorbereitung erfolgt dies normalerweise mittels Ultraschall. In unserer eigenen Studie zeigte sich, dass es keinen signifikanten Unterschied in der Größe von malignen Tumoren zwischen Ultraschall und Histologie (p = 0,72) und MRT und Histologie (p = 0,88) gab. Das bedeutet, dass sowohl Ultraschall als auch MRT die tatsächliche Größe von malignen Tumoren sehr gut einschätzen konnten, wenn man davon ausgeht, dass die Histologie die Größe korrekt abbildet.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

S. Deininger, L. Lusuardi und P. Törzsök geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Literatur
11.
Zurück zum Zitat Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG), Deutsche Krebshilfe (DKH) (2019) S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens. Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG), Deutsche Krebshilfe (DKH) (2019) S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens. Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF)
12.
Zurück zum Zitat Rocher L, Ramchandani P, Belfield J, Bertolotto M, Derchi LE, Correas JM et al (2016) Incidentally detected non-palpable testicular tumours in adults at scrotal ultrasound: impact of radiological findings on management Radiologic review and recommendations of the ESUR scrotal imaging subcommittee. Eur Radiol 26(7):2268–2278. https://doi.org/10.1007/s00330-015-4059-7CrossRefPubMed Rocher L, Ramchandani P, Belfield J, Bertolotto M, Derchi LE, Correas JM et al (2016) Incidentally detected non-palpable testicular tumours in adults at scrotal ultrasound: impact of radiological findings on management Radiologic review and recommendations of the ESUR scrotal imaging subcommittee. Eur Radiol 26(7):2268–2278. https://​doi.​org/​10.​1007/​s00330-015-4059-7CrossRefPubMed
14.
Zurück zum Zitat Stonier T, Simson N, Challacombe B (2017) Diagnosing testicular lumps in primary care. Practitioner 261(1803):13–17PubMed Stonier T, Simson N, Challacombe B (2017) Diagnosing testicular lumps in primary care. Practitioner 261(1803):13–17PubMed
15.
Zurück zum Zitat EAU Guidelines. Edn. presented at the EAU Annual Congress Milan 2021. . EAU Guidelines Office, Arnhem, The Netherlands. EAU Guidelines. Edn. presented at the EAU Annual Congress Milan 2021. . EAU Guidelines Office, Arnhem, The Netherlands.
18.
Metadaten
Titel
Wertigkeit von Ultraschall und Magnetresonanztomographie (MRT) bei der Erstdiagnose von Hodentumoren
verfasst von
Dr. Susanne Deininger
Lukas Lusuardi
Peter Törzsök
Publikationsdatum
21.09.2023
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Journal für Urologie und Urogynäkologie/Österreich / Ausgabe 3/2023
Print ISSN: 1023-6090
Elektronische ISSN: 1680-9424
DOI
https://doi.org/10.1007/s41972-023-00210-3

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