Verwendete Ansätze/Maßnahmen | Begründungen/Erläuterungen |
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Verbesserung von Kommunikation und Motivation | Motivation ist für die Therapietreue von entscheidender Bedeutung; die Bereitschaft zur Veränderung wird langfristig mithilfe des motivierenden Interviews (Motivational Interviewing [MI]) bewertet |
Stigmatisierung in der Gesundheitsversorgung vermeiden | Stigmatisierung ist im Gesundheitswesen sehr häufig. Die Folgen sind eine Zunahme von Essstörungen, die den Grad der Adipositas verschlimmern, sowie eine Zunahme von Depressionen, Suizidgedanken oder im schlimmsten Fall sogar von Suizid; die Stigmatisierung kann durch MI verringert werden |
Messung des Taillenumfangs | Er ist ein guter Indikator für viszerales Fett und ein nützlicher Prädiktor für kardiometabolische Erkrankungen; er kann in regelmäßigen Abständen gemessen werden, um die Abnahme des viszeralen Fettes zu überwachen |
Behandlung von Komorbiditäten | Komorbiditäten sollten vorrangig behandelt werden, v. a. die kardiometabolischen Erkrankungen, um die Mortalität zu senken |
Einsatz eines multidisziplinären Teams | Ein multidisziplinäres Team (FachärztIn für Innere Medizin mit Adipositas-Schwerpunkt bzw. AllgemeinmedizinerIn mit Zusatzausbildung im Bereich Adipositas, ChirurgIn, DiätologIn oder ErnährungswissenschafterIn, SpezialistIn für körperliche Aktivität wie Physio- oder SporttherapeutIn, PsychiaterIn oder PsychologIn, KrankenpflegerIn und AllgemeinmedizinerIn der/des PatientIn) ist effizienter; dieses Team arbeitet in einem Netzwerksystem |
Änderung des Lebensstils in Betracht ziehen | Verhaltensänderungen tragen dazu bei, das Körperbild, das Selbstwertgefühl, die Selbstbestätigung und die Lebensqualität zu verbessern |
Mehr körperliche Aktivität | Regelmäßige körperliche Aktivität verringert das Risiko eines erneuten Gewichtsanstiegs nach einer Gewichtsabnahme |
Vermeiden von Gewichtsschwankungen | Nach der Gewichtsabnahme wird besonders darauf geachtet, eine erneute Gewichtszunahme und Gewichtsschwankungen zu vermeiden. Die PatientInnen können sich etwa alle 2 Wochen wiegen; wenn die/der PatientIn schnell 3–4 kg zunimmt, sollte sie/er nicht zu lange warten, bevor sie/er die/den AllgemeinmedizinerIn aufsucht, um sich untersuchen zu lassen |
Kommunikation ohne Stigmatisierung
Versorgung mit Mikronährstoffen
Nährstoff | Symptome | Empfohlene Tagesdosis (RDA) | Supplementation | Aufsättigung |
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Vitamin A | Frühe Anzeichen: Nachtblindheit, Bitot-Flecken, Hyperkeratose, Geschmacksverlust | Männer: 900 µg (3000 IE) | RYGB, SG: 5000–10.000 IE/Tag | Keine Korneaveränderungen: 10.000–25.000 IE/Tag p.o. bis zur klinischen Verbesserung (1–2 Wochen) |
Anzeichen eines fortgeschrittenen Mangels: Korneaschäden (Xerophthalmie, Keratomalazie), Erblindung | Frauen: 700 µg (2300 IE) | Korneaveränderungen: 50.000–100.000 IE/Tag i.m. für 3 Tage, dann 50.000 IE/Tag i.m. für 2 Wochen | ||
Vitamin D | Hypokalzämie, Kribbeln, Krämpfe, Tetanie, metabolische Knochenerkrankungen (Rachitis, Osteomalazie), Muskelschmerzen | Allgemein: 600 IE | 3000 IE D3/Tag, um einen 25(OH)D-Spiegel > 30 ng/ml zu halten | 3000–6000 IE D3/Tag (bevorzugt) oder 50.000 IE D2, 1 bis 3 Dosen/Woche |
Schwangerschaft, Stillzeit oder ≥ 71. Lebensjahr: 800 IE | ||||
Vitamin E | Sensorische und motorische Neuropathie, Ataxie, retinale Degeneration, hämolytische Anämie | Allgemein: 15 mg (22,4 IE) | Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren: 15 mg (22,4 IE)/Tag | 90–300 mg (100–400 IE)/Tag |
Stillzeit: 19 mg (28,4 IE) | Stillzeit: 19 mg (28,4 IE)/Tag | |||
Vitamin K | Gerinnungsstörung, Hämorrhagie | 90–120 µg | RYGB, SG: 90–120 µg/Tag | Akute Malabsorption: 10 mg Vitamin K parenteral |
Chronische Malabsorption: 1–2 mg/Tag p.o. oder 1–2 mg/Woche parenteral | ||||
Vitamin B1 (Thiamin) | Periphere Neuropathie: Taubheit, Kribbeln in den Extremitäten | 1,5 mg | > 12 mg/Tag, bevorzugt 50–100 mg/Tag als B‑Komplex-Supplement | p.o.: 100 mg 2‑ bis 3‑mal/Tag bis zum Abklingen der Symptome |
Gangataxie, Erbrechen, Verwirrung | Bei i.v.-Flüssigkeitszufuhr 100 mg Thiamin zugeben (bei Verdacht auf Wernicke-Enzephalopathie keine Glukose!) | i.v.: 200 mg 3‑mal/Tag oder 500 mg 1‑ bis 2‑mal/Tag für 3 bis 5 Tage, dann 250 mg/Tag für 3 bis 5 Tage, gefolgt von Erhaltungstherapie mit 100 mg/Tag p.o. (unbegrenzt) | ||
Wernicke-Korsakoff-Syndrom: Enzephalopathie, Ataxie, okulomotorische Dysfunktion, Gedächtnisstörungen, Konfabulation, Lernstörungen | i.m.: 250 mg/Tag für 3 bis 5 Tage oder 100–250 mg/Monat | |||
Beriberi: Neuropathie, Schmerzen, Parästhesie, Reflexverlust, Herzinsuffizienz, Ödeme | ||||
Vitamin B12 | Makrozytäre (megaloblastäre) Anämie, milde Panzytopenie, neuropsychiatrische Symptome: periphere Neuropathie mit gestörter Propriozeption, axonale oder optische Neuropathie, Depression, verlangsamtes Denken | 2,4 µg | 350–1000 µg/Tag p.o. oder 1000 µg/Monat i.m./s.c. oder als Nasenspray | 1000 µg/Tag bis zur Normalisierung der Serumspiegels, dann Wiederaufnahme der Erhaltungsdosis |
Folat | Makrozytäre (megaloblastäre) Anämie, milde Panzytopenie, prädominant sensorische Neuropathie, Neuralrohrdefekte | 400 µg | Allgemein: 400–800 µg/Tag als Multivitaminpräparat | 1000 µg/Tag p.o. bis zur Normalisierung der Serumspiegel, dann Wiederaufnahme der Erhaltungsdosis |
Frauen im gebärfähigen Alter: 800–1000 µg/Tag; maximale Tagesdosis: 1 mg | ||||
Eisen | Anämie, Pica-Syndrom, Lernstörungen | Männer ≥ 19 Jahre und Frauen ≥ 51 Jahre: 8 mg/Tag | Männer, postmenopausale Frauen und Personen ohne Anämieanamnese: 18 mg als Multivitaminpräparat | 150–300 mg p.o. 2‑ bis 3‑mal/Tag; parenterale Verabreichung, wenn kein Response auf orale Supplementation |
Frauen zwischen 19 und 50 Jahren: 18 mg/Tag | Menstruierende Frauen und Frauen/Männer nach RYGB, SG: > 45–60 mg/Tag elementares Eisen (alle Quellen) | |||
Zink | Retardiertes Wachstum, verzögerte sexuelle Reife, Impotenz, beeinträchtigte Immunfunktion | Frauen: 8 mg | RYGB: 8–22 mg (100–200 % RDA) | Die optimale Dosis ist nicht bekannt; Überdosierungen können toxisch wirken oder Kupferdefizienz zur Folge haben |
Männer: 11 mg | SG: 8–11 mg (100 % RDA) | |||
Erhaltungsdosis: 8–15 mg Zink pro 1 mg Kupfer | ||||
Kupfer | Anämie, Neutropenie, Ataxie | 900 µg | RYGB: 2 mg/Tag (200 % RDA); | Milde bis moderate Defizienz: 3–8 mg Kupfer p.o. bis zur Normalisierung der Serumspiegel |
SG: 1 mg/Tag (100 % RDA) | Schwere Defizienz: 2–4 mg i.v. für 6 Tage oder bis zum Abklingen der Symptome | |||
Erhaltungsdosis: 8–15 mg Zink pro 1 mg Kupfer | ||||
Selen | Skelettomuskuläre Dysfunktion und Kardiomyopathie, Stimmungsschwankungen, beeinträchtigte Immunfunktion, Makrozytose | 55 µg | Nicht bekannt, aber vermutlich > 100 µg/Tag | 2 µg/kg/Tag bei Entwicklung einer Kardiomyopathie |
Kalzium | Knochenerkrankungen, sekundärer Hyperparathyreoidismus | 1000–1200 mg | RYGB, SG: 1200–1500 mg/Tag (in mehreren Dosen) | RYGB, SG: 1200–1500 mg/Tag (in mehreren Dosen) |
Fettlösliche Vitamine
Wasserlösliche Vitamine
Spurenelemente
Versorgung mit Makronährstoffen
Typ-2-Diabetes
Peri- und unmittelbar postoperatives Diabetesmanagement
Definition einer Diabetesremission
Monitoring
-
augenärztliche Kontrolle inklusive Netzhautuntersuchung zum Ausschluss einer diabetischen Retinopathie
-
Bestimmung von Kreatinin, GFR, Albumin-Kreatinin-Ratio zum Ausschluss einer diabetischen Nephropathie
-
Fußuntersuchung
-
Blutdruckmessung
-
Screening auf diabetische Neuropathie (Mikrofilamenttest, Stimmgabeltest)
Dumping-Syndrom
Diagnose des Dumping-Syndroms
Symptom | Punktezahl |
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Schock | +5 |
Bewusstlosigkeit, Ohnmacht | +4 |
Bedürfnis, sich hinzulegen | +4 |
Atemlosigkeit, Dyspnoe | +3 |
Schwäche, Erschöpfung | +3 |
Schläfrigkeit, Benommenheit, Apathie, Einschlafen | +3 |
Palpitation | +3 |
Ruhelosigkeit | +2 |
Schwindel | +2 |
Kopfschmerzen | +1 |
Wärmeempfinden, Schwitzen, Blässe, feuchte Haut | +1 |
Nausea | +1 |
Völlegefühl, Meteorismus | +1 |
Borborygmus | +1 |
Aufstoßen | −1 |
Erbrechen | −4 |
Jahr 1a | Jahr 2a | Folgejahre | |
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Anamnese | |||
Beschwerden erfragen (Reflux, Dumping, Suchtverlagerung etc.) | 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Regelmäßige Einnahme der Supplemente erfragen und bestärken | 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Medikamente überprüfen | 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Gewichtsverlauf dokumentieren (wenn nicht bekannt Gewicht präoperativ, tiefstes Gewicht postoperativ etc. erfragen) | 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Monitoring von Ernährungsverhalten und -therapie | |||
Ernährungsprotokoll (inklusive Beschwerden) und Ernährungsberatung | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Auf Proteinaufnahme achten (Supplementierung) | 1, 3. 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Bei Dumping-Syndrom diätologische Intervention als erste Therapiewahl | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Ärztliche Zuweisung zur Diätologie (im niedergelassenen Bereich zur Kostenübernahme) | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Bewegungsempfehlungen | |||
Auf allgemeine Bewegungsempfehlungen hinweisen (150 min/Woche mittlere Intensität oder 75 min/Woche höhere Intensität plus Krafttraining [2 bis 3 Einheiten/Woche]) | 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Psychologische Betreuung | |||
Idealerweise psychologische Langzeitbetreuung | 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Psychologische Risiken evaluieren: | 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
– Suizidalität | |||
– Substanzabhängigkeit | |||
– Essstörungen | |||
Laborkontrollen (Minimalanforderungen) | |||
Für alle bariatrischen Eingriffe | |||
Blutbild, Elektrolyte (Kalzium, Phosphat), Eisenstatus (Eisen, Ferritin), Vitamin B12, Folsäure, 25-OH-Vitamin D, PTH, Albumin, Leberwerte, Nierenwerte | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Harneiweißausscheidung (Albumin/Kreatinin-Ratio) | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Für malabsorptivere Verfahren (Magenbypass) | |||
Kalzium im 24-h-Harn | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
β‑CrossLaps, Osteocalcin | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Vitamin A, E | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Kupfer, Selen, Zink, Magnesium | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Gerinnung (aPTT, PTZ, INR) | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Supplementation | |||
Anpassung der Supplementation, basierend auf den Laborergebnissen | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Eignung des Multivitaminpräparat für jeweiligen bariatrischen Eingriff evaluieren | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Zusätzlich zum Multivitaminpräparat nötige Supplementierung (Protein, Vitamin B12, Eisen, Kalzium, Vitamin D) | 1, 3, 6, 12 | 18, 24 | Jährlich |
Spezifische Untersuchungen | |||
Knochendichtemessung | – | 24 | Alle 2 Jahre |
Gastroskopie (nach Sleeve-Gastrektomie) | – | Nach 3 Jahren, dann alle 5 Jahre |