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Erschienen in: Journal für Urologie und Urogynäkologie/Österreich 3/2023

Open Access 17.08.2023 | Originalien

Falsch-positive – falsch-negative Befunde – Stellenwert der PSMA-PET/CT beim Staging von Patienten mit Prostatakarzinom

verfasst von: Sebastian Lenart, Tobias Maurer

Erschienen in: Journal für Urologie und Urogynäkologie/Österreich | Ausgabe 3/2023

Zusammenfassung

Die PSMA-Positronenemissionstomographie (PET) findet seit über 10 Jahren Anwendung im Staging von Prostatakrebspatienten und stellt die Bildgebung mit der höchsten Sensitivität in der Ausbreitungsdiagnostik dar. Zahlreiche Studien aber zeigten, dass das prostataspezifische Membranantigen (PSMA) nicht nur auf Prostata- und Prostatakrebszellen vorkommt, sondern Anreicherungen des Tracers auch in anderen Organen, unabhängig vom Prostatakarzinom, stattfinden. Dies kann zu falsch-positiven Befunden führen, mit Beeinflussung der Therapieplanung. Aber auch falsch-negative Befunde können Therapieplanveränderungen bedeuten. Während die PSMA-PET/CT in der Primärdiagnostik (noch) einen eingeschränkten Stellenwert hat, ist sie in der Rezidivdiagnostik das bildgebende Verfahren der ersten Wahl.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Einleitung

Die PSMA-PET/CT (Prostataspezifisches Membranantigen-Positronenemissionstomographie/Computertomographie) ist ein bildgebendes Verfahren, bei der die emittierte Strahlung eines mit einem Radiopharmakon (Tracer) markierten Moleküls, das gegen das PSMA gerichtet ist, durch eine mit einer PET kombinierten CT dargestellt wird [1]. Dadurch können Prostatakrebszellen in der Prostata und in Metastasen identifiziert werden. Initial wurde das Verfahren für die Rezidivdiagnostik nach kurativ intendierter Primärtherapie der Prostata eingeführt. Heutzutage wird die Untersuchung auch für das Primärstaging bei Prostatakarzinomen mit „intermediate“ und v. a. „high risk“ verwendet, da Studien zeigten, dass die Sensitivität einem konventionellen Staging (CT von Thorax/Abdomen, Knochenszintigraphie) überlegen ist [2]. Falsche Befunde in der Diagnostik können jedoch zu Fehleinschätzungen führen und die Therapieplanung beeinflussen und ggf. in Behandlungsplänen mit ungünstigerer Prognose resultieren.

PSMA-Biologie

Trotz des Namens ist PSMA nicht prostataspezifisch: Das auch als Glutamatkarboxypeptidase II bezeichnete Transmembranprotein ist ein Enzym im Glutamat- und Folsäuremetabolismus und enkodiert als FOLH1 auf dem Chromosom 11. Es wurde erstmals in der LNCaP-Zelllinie identifiziert, einer Zelllinie aus einer supraklavikularen Lymphknotenmetastase eines Prostatakarzinompatienten im Jahr 1977 [3]. Physiologischerweise ist PSMA auf der apikalen Membran von Prostataepithelzellen der Drüsengänge exprimiert – allerdings konnten physiologische Expressionen in vielen Organen, z. B. im Bürstensaumepithel des Dünndarms, Nierengewebe und Nervenzellen nachgewiesen werden [4]. Gerade die Differenzierung zu Ganglien kann zu Missinterpretationen und zur Verwechslung mit präsakralen oder retroperitonealen Lymphknotenmetastasen führen. Ebenso scheint PSMA auch am Prozess der Neovaskularisation solider Tumoren oder bei entzündlichen Krankheitsbildern (z. B. M. Paget) sowie bei osteoblastischen Prozessen nach Frakturen beteiligt zu sein. Aufgrund der renalen Ausscheidung bei einigen verwendeten Tracersubstanzen ist die Beurteilung von möglichen Lokalrezidiven nach radikaler Prostatektomie ebenso erschwert ([5], s. Tab. 1). Im Vergleich zu benignen Prostatazellen lässt sich in Prostatakrebszellen eine deutlich gesteigerte PSMA-Expression um das 100- bis 1000 fache feststellen. Hier kann eine weitere Entdifferenzierung des Tumors zu einer noch weiter gesteigerten Expression führen, sodass „high-grade“ Tumore oder Metastasen stärkere PSMA-Expressionen zeigen können – vermutlich aufgrund defekter DNA-Reparaturmechanismen mit gesteigertem Folsäurebedarf [6].
Tab. 1
Differenzialdiagnosen PSMA-positiver Läsionen in der PSMA-PET/CT
Organsystem
Physiologisch
Benigne/infektiös/inflammatorisch
Maligne
Kopf/Hals
Speichel‑, Tränendrüsen
Gliom
Meningeom
Neben‑, Schilddrüsenadenom
Glioblastom
Schilddrüsen-Ca
Speicheldrüsen-Ca
Metastasen
Thorax
Tuberkulose
Sarkoidose
Pneumonie
Bronchial-Ca
Mamma-Ca
Lungen-SBL
Abdomen/Becken
GIT
Harntrakt
Ganglien
Onkozytom
Sarkoidose
Sigmadivertikel
GIT-Ca
Nierenzell-Ca
Metastasen
Knochen
Frakturen
M. Paget
Metastasen
Gefäßsystem
Arteriosklerose
Aneurysmen
Sonstige
Nebenhoden
Gynäkomastie
Angiomyolipom
NHL
Metastasen

PSMA-Radiopharmazeutika

Für die Darstellung von PSMA-positivem Gewebe werden Moleküle mit den positronenemittierenden Radioisotopen 68-Gallium (68Ga) und 18-Fluor (18F) eingesetzt. Hierbei ist 68Ga-PSMA-11 seit der Erstbeschreibung 2010 der am weitesten verbreitete und am besten untersuchte Tracer [7]. Ursprünglich wurden 11C- oder 18F‑Cholin-basierte Tracer eingesetzt, aufgrund der eingeschränkten Sensitivität gegenüber den PSMA-basierten Tracern hat diese Tracerklasse jedoch heutzutage nur noch einen untergeordneten Stellenwert (gepoolte Sensitivität von Läsionen: 66 %, [8, 9]). Mittlerweile wurden bereits Untersuchungen mit über 20 verschiedenen PSMA-basierten Tracern publiziert, von denen viele jedoch weiterhin als experimentell gelten und noch keine weite Verbreitung in der klinischen Praxis erfuhren.
Während die Produktion von 68Ga einen 68Ga-Generator erfordert, erfolgt die Produktion von 18F in einem Zyklotron. Hier sind eine Produktion in großen Mengen und aufgrund der längeren Halbwertszeit (18F: 110 min; 68Ga: 68 min) auch längere Transportwege für 18F möglich.
Daten zur vergleichenden diagnostischen Nützlichkeit der verschiedenen PSMA-Radiotracer sind begrenzt.

Indikation für PSMA-PET/CT

Die PSMA-PET/CT war in den vergangenen 10 Jahren ein fester Bestandteil der Rezidivdiagnostik bei Prostatakarzinompatienten. Trotz kurativ intendierter Primärtherapie mittels radikaler Prostatektomie oder Radiotherapie entwickelt ein Anteil an Patienten ein biochemisches Rezidiv, definiert durch einen steigenden PSA-Wert. Eine konventionelle Bildgebung mittels Computertomographie oder Knochenszintigraphie, v. a. im niedrigen PSA-Bereich, hat nur eine geringe Sensitivität in der Ausbreitungsbeurteilung. Daher empfehlen die EAU-Leitlinien eine PSMA-PET/CT bei einem PSA-Wert von > 0,2 ng/ml nach kurativer Prostatektomie. Studien zeigten, dass die Sensitivität der PSMA-PET/CT bei steigendem PSA-Wert zunimmt. Eine Metaanalyse aus 37 Artikeln mit 4790 Patienten zeigte, dass im Bereich zwischen 0,2 und 0,49 ng/ml die Sensitivität der PSMA-PET/CT bei ca. 45 % liegt, mit verbesserten Detektionsraten bei steigenden Werten (0,0–0,19 ng/ml: 33 % [16–51 %]; 0,2–0,49 ng/ml: 45 % [39–52 %]; 0,5–0,99 ng/ml: 59 % [50–68 %]; 1,0–1,99 ng/ml: 75 % [66–84 %]; > 2 ng/ml: 95 % [92–97 %]), annähernd unabhängig vom Gleason-Score in der histopathologischen Aufarbeitung nach Prostatektomie (Gleason-Score ≤ 7: 72 % [58–84 %], Gleason-Score ≥ 8: 80 % [70–89 %], [10]).
Entsprechend den EAU-Leitlinien sollen nach Diagnosestellung zur primären Ausbreitungsdiagnostik bei Vorliegen eines Risikofaktors (PSA-Wert > 10 ng/ml, Gleason Score ≥ 7 [4 + 3], lokal fortgeschritten cT3/T4) eine CT des Abdomens und eine Ganzkörperknochenszintigraphie durchgeführt werden. Aufgrund unzureichender Datenlage wird aktuell noch keine PSMA-PET/CT von den EAU-Leitlinien in diesem Stadium empfohlen [11].
In der proPSMA-Studie, einer Cross-over-Kohortenstudie, wurde das konventionelle Staging mittels CT und Knochenszintigraphie mit einer PSMA-PET/CT bei Patienten mit „intermediate“ und „high-risk“ (PSA-Wert ≥ 20 ng/ml, Gleason-Score 8–10, klinisches Stadium ≥ T3) verglichen. In der Gruppe der PSMA-PET/CT konnte eine gesamtheitlich um 27 % höhere diagnostische Genauigkeit verglichen mit der Gruppe der konventionellen Bildgebung für die Detektion von Metastasen festgestellt werden. Auch in der Subgruppenanalyse bestätigte sich diese Überlegenheit und zeigte eine um 32 % höhere Sensitivität auf Lymphknotenebene und 22 % bei Fernmetastasen. Ebenso war die Zahl uneindeutiger Befunde in der PSMA-PET/CT-Gruppe deutlich geringer (7 % vs. 23 %). Bei knapp 30 % wurde aufgrund des Befunds ein mittlerer oder großer Effekt auf die weitere Therapieplanung (15 % konventionelles Staging) festgestellt. Eine Studie von Roach et al. [12] stellte fest, dass die Ergebnisse einer PSMA-PET/CT in insgesamt 51 % der Fälle die zuvor geplante Therapieentscheidung änderte – in 21 % bei Patienten im Primärstaging und in 62 % bei Patienten in der Rezidivdiagnostik. Die PSMA-PET/CT stellte in 38 % der Fälle eine oligometastatische Situation (≤ 3 Metastasen) fest. Auch andere Studien zeigten ähnliche Ergebnisse, v. a. für die Rezidivdiagnostik. Die Sensitivität im Vergleich zur CT wurde auch prospektiv mit histopathologischen Befunden kontrolliert und war bei der PSMA-PET/CT um 18 % höher (83 % vs. 65 %, [13]). Die Knochenszintigraphie war bis vor kurzem die am weitesten verbreitete Methode zur Detektion von Knochenmetastasen – v. a. auch aufgrund der breiten Verfügbarkeit und der geringen Kosten. Sie kann Knochenmetastasen mit guter Sensitivität, allerdings mit eingeschränkter Spezifität nachweisen, da zwischen entzündlichen und osteoblastischen Prozessen nicht differenziert werden kann. Darüber hinaus beträgt die positive Rate nur 5 %, wenn der PSA-Wert < 7 ng/ml liegt [14].
Traditionellerweise wird die Prognoseabschätzung bei lokal begrenzten oder lokal fortgeschrittenen Tumoren sowohl anhand klinischer (Serum-PSA, digitale rektale Untersuchung) als auch histopathologischer Variablen (Gleason-Grad-Gruppe bzw. ISUP-Gruppe, Tumorausdehnung nach Anzahl und Prozentsatz positiver Proben) vorgenommen. Bei metastasierten Patienten werden Ergebnisse der Bildgebung in die Prognoseabschätzung mit einbezogen. Zurzeit ist es unklar, ob eine Therapieentscheidung auf Basis der genaueren Diagnostik mittels PSMA-PET/CT zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens oder anderen Vorteilen in patientenrelevanten Endpunkten führt.
Zusammenfassend lässt sich eine höhere Genauigkeit für die PSMA-PET/CT gegenüber der konventionellen Bildgebung feststellen, die zu einer Beeinflussung des Therapieplans führen kann und damit prognostisch relevant ist. Mehrere Studien konnten bereits zeigen, dass eine Lokaltherapie bei oligometastasierten Patienten zu einer Verbesserung des Gesamtüberlebens führt. Der Einfluss falsch-positiver oder falsch-negativer Befunde lässt sich bisher nur vermuten.
In den Zulassungsstudien von medikamentösen Therapien bei metastasierten Patienten wurde zur Detektion von etwaigen Metastasen ausschließlich das konventionelle Staging durchgeführt. Damit würde ein Therapieentscheid allein anhand des PET/CT-Befunds u. U. nicht demselben Patientenkollektiv entsprechen.

Falsche Befunde im Primärstaging

In der PSMA-PET/CT-Diagnostik konnte zwar eine überlegende Sensitivität gegenüber der konventionellen Bildgebung in mehreren Studien nachgewiesen werden (Sensitivität in der proPSMA-Studie für pelvine Lymphknoten 91 % für PSMA-PET/CT vs. 59 % für Abdomen-CT; 32 % absolute Differenz, 95 %-KI: 28–35; [2]) – allerdings müssen auch falsch-positive Befunde in Betracht gezogen werden. In einer prospektiven Studie von Thomas Hope et al. wurde die diagnostische Genauigkeit der PSMA-PET/CT an einer Serie von Patienten mit radikaler Prostatektomie und pelviner Lymphadenektomie untersucht. Insgesamt wurde bei 764 Männern (medianes Alter: 69 Jahre) eine 68Ga-PSMA-PET/CT zur primären Ausbreitungsdiagnostik und anschließend bei 277 (36 %) eine Prostatektomie mit Lymphadenektomie durchgeführt. 27 % (75/277) dieser Patienten hatten positive pelvine Lymphknoten in der histopathologischen Aufarbeitung – in der PSMA-PET/CT dieser Patienten hatten aber nur 14 % (40/277) einen positiven Befund für pelvine Lymphknotenmetasten (40/277 Patienten [14 %] pelvine Lymphknoten, 2/277 [1 %] extrapelvine Lymphknoten und 7/277 Patienten [3 %] Knochenmetastasen). Hierbei konnte mit einer Sensitivität von 40 % und einer Spezifität von 95 % sowie einer positiv prädiktiven Qualität für pelvine Lymphknotenmetastasen von 75 % und einer negativ prädiktiven Qualität von 81 % bei weitem nicht die Sensitivität aus der proPSMA-Studie erreicht werden, dafür aber die sehr gute Spezifität. Während Ergebnisse aus anderen Arbeiten zeigten, dass eine PSMA-PET/CT eine höhere Sensitivität für Gleason-Muster 4 (ISUP ≥ 2) im Vergleich zu Muster 3 (ISUP 1) aufweist, konnte in der Arbeit von Hope et al. keine höhere Sensitivität für höhere PSA-Werte oder Gleason-Grade im Primärstaging festgestellt werden (PSA < 11: 0,30, ≥ 11: 0,47; ISUP 1–3: 0,33, 4–5: 0,43; [15]). Allerdings deutete auch eine geringe Expression in anderen Arbeiten nicht immer auf eine bessere Prognose hin. Für mehr als 5 % der Tumoren wurden falsch-negative Ergebnisse bei Tumoren mit hoher ISUP-Grad-Gruppe (≥ 4), neuroendokrinen oder duktalen Tumoren berichtet. Diese Tumoren neigen dazu, aufgrund unterschiedlicher zugrunde liegender Tumorbiologie, aggressiver zu sein als die meisten Adenokarzinome: Neuroendokrine und duktale Tumoren teilen Signalwege mit PSMA-Expression (wie den PI3K-AKT-Signalweg), aber negative PSMA-PET-Befunde deuten darauf hin, dass andere, unbekannte Faktoren zu einer geringen Aufnahme des PSMA-Liganden beitragen. Eine FDG-PET könnte diese Tumoren nachweisen, allerdings sind Daten, die PSMA-PET mit FDG-PET für lokalisiertes Prostatakarzinom vergleichen, äußerst begrenzt [16]. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich für 18F‑DCFPyl als Tracer für die Sensitivität (OSPREY-Trial-Sensitivität: 98 % [95 %-KI: 0,94–0,99], [17]).
Bei einer PSMA-aviden Läsion in der PSMA-PET/CT ist also die Wahrscheinlichkeit einer Prostatakrebsläsion relativ hoch. Bei unauffälligem PSMA-PET/CT können allerdings abhängig vom Tumorstadium ca. 20 % der Patienten positive Lymphkoten in der Histologie aufweisen. Eine negative PSMA-PET/CT sollte also eine Lymphadenektomie v. a. im Hochrisikobereich nicht ersetzen.
Falsche positive Befunde sind zumeist eine Folge von Missinterpretationen physiologischer Anreicherungen an typischen oder untypischen Stellen. Die Rate an falsch-positiven Befunden kommt bei erfahrenen Befundern in ca. 10 % der Fälle für 68Ga-PSMA-11 vor [1820]. Bei Persistenz der PSA-Werte postoperativ sollte allerdings eine weitere PSMA-gesteuerte Bildgebung durchgeführt werden, da auch eine falsch-negative Lymphadenektomie in einzelnen Fällen vorkommen kann.
Der Grund für falsch-negative Befunde in der PSMA-PET/CT liegt zumeist an der Größe der Lymphknoten unterhalb der Detektionsgrenze für PET/CT. In einer Post-hoc-Analyse der Arbeit von Hope et al. wurden übersehene Lymphknoten als kleiner als 1,0 oder 0,5 cm beschrieben. Maurer et al. konnten in einer Arbeit mit einer Sensitivität und Spezifität von 66 und 99 % eine minimale Größe detektierbarer Lymphknoten mit 3 mm feststellen [21].
Patienten mit Mikrometastasen können eine bessere Prognose haben als jene, bei denen in einer Bildgebung bereits suspekte Absiedelungen zur Darstellung kamen. Solche Patienten zeigen evtl. einen Benefit von einer radikalen Prostatektomie. Die radikale Prostatektomie bei metastasierten Patienten gilt aktuell weiterhin als experimentell, und positive pelvine Lymphknoten zum Zeitpunkt der Operation erhöhen das Risiko für ein Rezidiv deutlich [15]. Eine multimodale Therapiestrategie mit kombinierter Radiatio und Androgendeprivationstherapie ist allerdings seit dem STAMPEDE-Trial bereits der empfehlenswerte Behandlungsweg, da die Patienten im Behandlungsarm mit der Radiatio ein verbessertes Gesamtüberleben zeigten (HR: 0,68, 95 %-KI: 0,52–0,90, p = 0,007). 65 % der Männer mit neu diagnostiziertem Prostatakarzinom und Absiedelungen in einigen Lymphknoten oder Knochen (≤ 3 ossäre SBL und/oder M1a), die eine kombinierte Radiatio mit ADT erhielten, waren nach 5 Jahren noch am Leben, verglichen zu 53 % der Patienten, die keine zusätzliche Strahlentherapie erhalten hatten. Der Benefit war jedoch beschränkt auf jene Patienten, die, entsprechend den CHAARTED-Kriterien, eine Metastasierung mit „low-volume“ aufzeigten. Dieser Behandlungsalgorithmus ist neuer „standard of care“. Die Ausbreitungsdiagnostik in der STAMPEDE-Studie erfolgte ausschließlich mittels konventioneller Bildgebung – was in vielen Fällen einem positiven PSMA-PET/CT-Befund entsprochen hätte [22]. Ob jedoch eine Operation als lokale Therapiemaßnahme der Strahlentherapie unter- oder sogar überlegen ist, kann derzeit nicht anhand prospektiver Evidenz belegt werden.
Ein falsch-positiver Befund in der PSMA-PET/CT könnte also zu einer Veränderung des Therapieplans mit ursprünglichem kurativem zu einem palliativen Therapieziel führen. Ein Wechsel des Therapieplans auf Grundlage der PSMA-PET/CT sollte äußerst vorsichtig erfolgen und die Bildgebung nur in Grenzfällen oder bei unklaren Befunden zur Präzisierung des Stadiums angewendet werden. Hier ist eine Neudefinierung des oligometastasiertem Stadiums notwendig, da die Einteilung nach den CHAARTED-Kriterien als antiquiert beurteilt werden muss. Unter Berücksichtigung der Studienergebnisse an oligometastasierten Patienten würde eine Behandlung mit kurativem Ziel als Folge falsch-negativer PSMA-PET/CT-Ergebnisse keine Übertherapie darstellen. Der Benefit im Gesamtüberleben für die Bestrahlung wurde signifikant gezeigt. Welcher Patient am meisten von einem kurativen Therapieplan profitiert, ist aktuell jedoch nicht definiert.

Falsche Befunde in der Rezidivdiagnostik

Initial wurde die PSMA-PET/CT in der Rezidivdiagnostik nach primär kurativ intendierter Therapie eingeführt. Durch die bessere Sensitivität gegenüber der konventionellen CT kann seither zu einem früheren Zeitpunkt nach Auftreten eines biochemischen Rezidivs eine metastasen- oder lokalrezidivgesteuerte Therapie eingeleitet werden. Das biochemische Rezidiv ist als zwei aufeinander folgende PSA-Messungen über 0,2 ng/ml nach radikaler Prostatektomie und als absoluter Anstieg des PSA-Werts um 2 ng/ml über den Nadir nach Radiatio definiert. Ein Rezidiv tritt bei ca. 20–30 % aller Patienten nach einer radikalen Prostatektomie über allen Stadien hinweg und bei bis zu 60 % der Patienten nach einer Bestrahlung auf [23]. Die frühzeitige Identifikation von Metastasen oder Lokalrezidiven stellt die Grundlage für die Entscheidung für weitere Behandlungsstrategien dar. Die Effektgröße eines biochemischen Rezidivs als Risikofaktor auf die Mortalität ist in den meisten Untersuchungen äußert variabel. Nach einer radikalen Prostatektomie schwankt sie zwischen einer HR von 1,03 (95 %-KI: 1,004–1,06) und einer HR von 2,32 (95 %-KI: 1,45–3,71; [24, 25]). Das Gesamtüberleben nach primärer Strahlentherapie ist nach 8–10 Jahren um ca. 20 % geringer als nach einer Operation. Es ist daher anzunehmen, dass ein biochemisches Rezidiv nur bei bestimmten Subgruppen mit Risikofaktoren tatsächlich eine erhöhte Mortalität impliziert [11].
Zur Diagnose wird ausschließlich die PSMA-PET/CT empfohlen. In einer systematischen Metaanalyse von Kimura et al. wurden 14 Studien eingeschlossen, die die Leistungsfähigkeit von 68GaPSMA-PET/CT bei Patienten mit biochemischem Rezidiv untersuchten [26]. Die sensitivitätsbasierte Nachweisrate betrug 84 %, die Spezifität 97 %. Die PSMA/PET-CT erwies sich in mehreren retrospektiven Studien und Metaanalysen als gegenüber der konventionellen Bildgebung zur Rezidivdiagnostik überlegen. In einer der ersten Studien von Eiber et al. wurden 248 Patienten mit biochemischem Rezidiv identifiziert. Dabei wurde festgestellt, dass die Nachweisrate des Rezidivs mittels PSMA/PET-CT bei einem medianen PSA-Wert von 1,99 ng/ml bei 89,5 % lag und bei einem PSA-Wert von < 0,5 ng/ml bei 57,9 % [27]. Fendler et al. führten eine prospektive multizentrische Studie an 635 Männern mit biochemischem Rezidiv durch und stellten eine direkte Korrelation zwischen der Nachweisrate und dem Serum-PSA-Wert fest: 38 % bei < 0,5 ng/ml, 57 % bei 0,5–< 1,0 ng/ml, 84 % bei 1,0–< 2,0 ng/ml, 86 % bei 2,0–< 5,0 ng/ml und 97 % bei ≥ 5,0 ng/ml. Die Gesamtnachweisrate betrug 75 %. Die Ergebnisse ergaben einen Gesamtwert des positiven Vorhersagewerts für 68Ga-PSMA-11 PET von 0,92 (95 %-KI: 0,88–0,95, [20]).
Andere prospektive Studien zeigten ähnliche Ergebnisse auch gegenüber der Knochenszintigraphie mit einer höheren Sensitivität (96 % zu 73 %) und besseren Spezifität (99 % zu 84 %) bei der Detektion von Knochenmetastasen [28]. Eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse verglich den Nachweis von Knochenmetastasen bei Prostatakrebs zwischen PSMA-PET/CT, Cholin-PET-CT, MRT und Knochenszintigraphie. Dabei zeigte sich eine höhere Sensitivität für die PSMA-PET/CT (96 %) im Vergleich zu Cholin-PET, MRT und Knochenszintigraphie (87 %, 91 %, 86 %). In Bezug auf die Lokalisierung des Rezidivs wurden die läsionsbasierte Sensitivität, Spezifität, der negative prädiktive und positive prädiktive Wert von Afshar et al. mit jeweils 76,6 %, 100 %, 91,4 und 100 % angegeben [29]. Allerdings gibt es nur wenige Arbeiten zur Korrelation von Lymphknotenmetastasen durch die PSMA-PET/CT mit anschließender chirurgischer Resektion und histopathologischer Bewertung [19, 21].
Diese verbesserte Bildgebung bedeutet neue Implikationen für das Management oligometastasierter Patienten, bei denen keine Metastasen in der konventionellen Bildgebung aufscheinen, allerdings in der PSMA-PET/CT. Ein früherer Beginn einer systemischen Therapie kann die Folge sein. Aber v. a. die Differenzierung zwischen Lokalrezidiv und Metastase kann mittels PSMA-PET/CT präziser und früher stattfinden. Bei einer negativen Bildgebung bei biochemischem Rezidiv nach radikaler Prostatektomie sollte trotzdem eine Salvage-Radiotherapie möglichst frühzeitig erfolgen (PSA < 0,5 ng/ml), und nicht abgewartet werden, bis eine wiederholte PET-Bildgebung positiv wird.
Aufgrund der renalen Ausscheidung von 68Ga-PSMA-11 sind bei der Diagnostik eines Lokalrezidivs möglicherweise Tracer ohne wesentliche renale Ausscheidung überlegen – wie 18F‑PSMA-1007 oder 18F‑rhPSMA‑7 [30, 31]. Die Ausscheidung von 18F erfolgt hier leberdominant und verursacht dadurch weniger Artefakte im Bereich der Harnblase. Allerdings kann die Anzahl unspezifischer Läsionen mit erhöhter PSMA-Liganden-Aufnahme bei 18F höher sein als bei 68Ga-PSMA-11 [30].
Auch die Androgendeprivationstherapie kann einen Einfluss auf die PSMA-Tracer-Anreicherung haben. Die Hemmung des Androgenrezeptors (AR) kann die Expression von PSMA in Metastasen erhöhen und die Anzahl der Läsionen, die mittels PSMA-PET sichtbar gemacht werden können, beeinflussen. Der Effekt, der ebenfalls in Zell- und Tiermodellen beobachtet wurde, konnte bei Menschen nachgestellt werden [32]. Hier zeigt sich initial ein sog. Flare-Phänomen mit verstärkter Expression für einige Wochen, während bei kontinuierlicher Gabe eine Abnahme der Detektion beobachtet wird. Auch im kastrationsresistenten Stadium kann eine PSMA-Überexpression zur verbesserten Detektion führen [33].

Schlussfolgerung

Die PSMA-PET/CT ist aktueller Referenzstandard für die Bildgebung von Prostatakrebs in der Rezidivdiagnostik. Im Primärstaging ist sie eine Hilfe zur Differenzierung unklarer Befunde – die zunehmende Evidenz rechtfertigt ihren Einsatz auch in der Ausbreitungsdiagnostik nach Diagnosestellung bei Hochrisikopatienten. Keine andere Bildgebung hat eine vergleichbare hohe Sensitivität und Spezifität. Aufgrund von Nachweisgrenzen ab ca. 3 mm können kleinere Herde nicht ausreichend gut dargestellt werden, was zu falsch-negativen Befunde führen kann. Falsch-positive Befunde können auftreten, da PSMA nicht prostataspezifisch ist und in anderen gutartigen und bösartigen Prozessen ebenso exprimiert wird. Kenntnisse über die physiologische Verteilung und gutartige Ursachen von Aufnahmen sind entscheidend, um das Risiko von falsch-positiven Befunden zu minimieren. Welche Rolle die PSMA-PET/CT für patientenbezogene Endpunkte hat, ist aktuell noch nicht geklärt.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

S. Lenart und T. Maurer geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Ethische Gesichtspunkte wurden berücksichtigt. GSP und die Deklaration von Helsinki wurden eingehalten. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Literatur
10.
Zurück zum Zitat Perera M, Papa N, Roberts M et al (2020) Gallium-68 prostate-specific membrane antigen positron emission tomography in advanced prostate cancer-updated diagnostic utility, sensitivity, specificity, and distribution of prostate-specific membrane antigen-avid lesions: a systematic review and meta-analysis. Eur Urol 77(4):403–417. https://doi.org/10.1016/j.eururo.2019.01.049CrossRefPubMed Perera M, Papa N, Roberts M et al (2020) Gallium-68 prostate-specific membrane antigen positron emission tomography in advanced prostate cancer-updated diagnostic utility, sensitivity, specificity, and distribution of prostate-specific membrane antigen-avid lesions: a systematic review and meta-analysis. Eur Urol 77(4):403–417. https://​doi.​org/​10.​1016/​j.​eururo.​2019.​01.​049CrossRefPubMed
Metadaten
Titel
Falsch-positive – falsch-negative Befunde – Stellenwert der PSMA-PET/CT beim Staging von Patienten mit Prostatakarzinom
verfasst von
Sebastian Lenart
Tobias Maurer
Publikationsdatum
17.08.2023
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Journal für Urologie und Urogynäkologie/Österreich / Ausgabe 3/2023
Print ISSN: 1023-6090
Elektronische ISSN: 1680-9424
DOI
https://doi.org/10.1007/s41972-023-00204-1

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