Skip to main content
Ärzte Woche

07.09.2018 | Tekal

„Ich bin ein Kaffeehausliterat“

verfasst von: Martin Krenek-Burger

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Der Ö1-Radiodoktor, Medizinkabarettist und Erfolgsautor Dr. Ronny Tekal legt sein 5. Buch vor: „Nebenwirkungen“, ein Best of seiner ersten 500 Kolumnen. Für Fans der ersten Stunde sind seine allererste Kolumne „Ärzte – Halbgötter in Weiß“und andere Frühwerke in dem Springer-Band vertreten. Ein ernstes Gespräch über das Schreiben.

Brauchst du eine besondere Umgebung, um deine Kolumnen zu verfassen, eine bestimmteAtmosphäre?

Tekal: Das Kolumnen schreiben fällt mir leicht. Ein aktuelles Thema habe ich schnell gefunden, dieses gestalte ich immer mehr aus. Ich zieh die Wörter quasi mit der Häkelnadel durch die zuvor gebildete Satzschlaufe. Das hat etwas sehr Kontemplatives.

Es gibt Schriftsteller, die beim Schreiben bestimmte Platten auflegen, manche brauchen Ruhe, andere Leben um sich , wie ist das bei dir?

Tekal: Ich bin ein klassischer Kaffeehausliterat. Ich brauche einen Ort, an dem ich nicht zu Hause bin, aber doch nicht an der frischen Luft. Erklärung: Im Kaffeehaus sitzen die Leute, die allein sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen, sagt Alfred Polgar. Das Hintergrundgemurmel in einem Lokal ist meine Musik, meine atmosphärische Kulisse.

Launig-leichte Kolumnen gehören zu den schwereren Übungen eines Autors, wie geht esdir mit dieser kleinen Form?

Tekal: Schwafeln geht nicht. 2.800 Zeichen sind eine klare Angabe, man muss auf den Punkt kommen und in kurzer Zeit. Ich freue mich auch, wenn ein Artikel gelungen ist, aber eine gelungene, pointierte Kolumne gibt mir schon eine besondere Befriedigung. Übrigens: Unlängst habe ich gelesen, was ich bin. Ich bin ein sogenannter ,Job-Nomade’. Das bedeutet: Man sieht mich mit dem Laptop auf dem Schoß irgendwo auf einer Parkbank, im Zugabteil oder im Café sitzen. Ich bin ein Freigeist.

Stammst du aus einer künstlerischen Familie?

Tekal: Ich komme aus einer musikalisch-künstlerischen Familie. Möglicherweise hat sich das in die Gene eingebrannt. Mein Urgroßvater war Maler. Aber jeder Mensch hat etwas Künstlerisches in seinen Genen.

Sitzt bei dir der erste Entwurf?

Tekal: Ich schmeiße nichts weg, wenn du das meinst. Ich finde zu jeden Thema irgendwas. Über Feuilletonisten hat Karl Kraus in der Fackel geschrieben: ,Einen Feuilleton schreiben heißt, auf einer Glatze Locken drehen.’ Ich habe gelernt: Man kann auch aus nichts etwas machen, das ist eine Kunstform. Ich habe den Vorteil, dass die Medizin nicht nichts ist, sondern eine wichtige Tätigkeit die voll ist mit Dingen, die lustig sind.

500 Kolumnen sind eine runde Sache, andere würden jetzt aufhören und sich zur Ruhe setzen. Wie viele Kolumnen hast du noch in dir?

Tekal: Von der Liebe heißt es ja, dass sie nicht weniger wird, je mehr man sie gibt, so ähnlich ist das mit mir und dem Kolumnen schreiben. In meinem Kopf habe ich alle meine Kolumnen irgendwo abgespeichert. War das Thema schon einmal da, scheidet es aus, oder ich muss das Thema anders formulieren. Ich versuche mit jeder Kolumne einzigartig zu sein, bis jetzt ist mir das gelungen. Einige Themen wiederholen sich natürlich, auch einige Formulierungen, aber die Artikel, das habe ich bei der Durchsicht der Kolumnen für dieses neue Buch gesehen, sind eigenständig. Zum Beispiel: Einsparungen bei den Kassen, das habe ich sicher schon fünfmal von verschiedenen Seiten her beleuchtet.

Wie geht es dir, wenn du alte Artikel oder Kolumnen von dir durchliest? Bist du stolz, genierst du dich, hast du gemischte Gefühle?

Tekal: Manche gefallen mir mehr, manche weniger. Im Laufe der Zeit hat sich mein Stil geändert. Die Formulierungen sind runder geworden. Es sind im Buch viele Kolumnen aus meiner Anfangszeit dabei.

Mir ist aber kein Text untergekommen, für den ich mich geniert hätte. Bei einigen Formulierungen denke ich mir heute, das war gemein, da hätte ich mehr Fingerspitzengefühl haben müssen, aber im Grunde haut das schon hin. Meine persönliche Meinung lasse ich immer unterschwellig einfließen. Wenn ich den erhobenen Zeigefinger entdecke, nehme ich ihn raus, den Zeigefinger schätze ist nicht sehr.

Buchtipp

Dr. Ronny Tekal: "NebenWirkungen" (>>hier erhältlich)

print
DRUCKEN
Metadaten
Titel
„Ich bin ein Kaffeehausliterat“
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
07.09.2018
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 36/2018

Weitere Artikel der Ausgabe 36/2018