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Ärzte Woche

30.11.2021 | Tekal

Corona als Weihnachts-Grinch

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist , Medizin-Kabarettist Dr. Ronny Tekal

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© Thomas Stockhausen // iStock

Erneut versaut uns die Pandemie den Advent.

Dass SARS-CoV-2 in vielen Belangen ein ziemlicher Spielverderber ist, haben wir in den vergangenen zwei Jahren schon mitbekommen. „Pandemiebedingt“ werden Veranstaltungen abgesagt, Hochzeiten vertagt oder fest im Regierungssessel klebende Politiker verabschiedet („Nur noch drei Kanzler, dann ist Weihnachten“).

Doch nun torpediert das Virus zum zweiten Mal in Folge die besinnliche Adventszeit. Wie soll ein Fest der Liebe funktionieren, wenn etwa die Briten, angesichts der Omikron-Variante, gar vom Schmusen unter dem Mistelzweig abraten. Da brauchen sie sich dann auch nicht wundern, wenn es bald schon keinen Nachwuchs bei den LKW-Fahrern gibt.

Tatsächlich hat dieser Advent wieder recht trist begonnen. Erneut stehen verwaiste Holzhütten auf den geschlossenen Adventmärkten, bloß eine mit Tannenzweigen verzierte Impfbox versprüht noch weihnachtliches Flair und Köstlichkeiten von Pfizer. Doch Corona darf man dafür nicht alleine die Schuld zuschreiben. Denn schon in den vergangenen Jahren mussten wir uns von liebgewonnenen adventlichen Traditionen verabschieden. So hat sich der 8. Dezember längst von einem hohen Feiertag zum Zankapfel zwischen den Marienverehrern und der Black-Friday-Matters-Bewegung gewandelt, die den Tag von Maria Empfängnis zum Tag des Handels erklärt hat („Mariahilferstraße Empfängnis“).

Auch der heilige Nikolo hat als „alter weißer Mann“ längst keinen Auftrag mehr bei den aufgeklärten Jungfamilien einer säkularen Gesellschaft. Selbst der Krampus darf nicht mehr ungestraft in volltrunkenem Zustand Kinder verprügeln und muss eine Maske über der Maske tragen. Nun scheitert aber selbst der Weihnachtsmann daran, nur mit einem maximal 24 Stunden alten negativem PCR-Test durch den Schornstein steigen zu dürfen, da alleine die Anreise vom Nordpol länger dauert.

Selbst bei den allseits beliebten Firmenweihnachtsfeiern, wo einmal im Jahr jene Sau rausgelassen wurde, die eigentlich keiner so richtig sehen wollte, muss man sich bereits seit Jahren, den strengen Mee-too-Regeln gehorchend, seine feuchtfröhlich traditionellen Übergriffe verkneifen. Heuer dürfen die Festivitäten lediglich virtuell abgehalten werden, wo man mit der Kollegenschaft per Videokonferenz anstoßen kann und nur unbemerkt die Grenzen des Anstandes überschreitet, indem man in der Unterhose vor der Webcam sitzt. Immerhin kann man so auch die oft so ungeliebten Familienfeierlichkeiten zu Weihnachten auf ein Mindestmaß reduzieren und sich am Heiligen Abend lediglich online treffen. Selbstverständlich nur zum Schutz der bereits 7-fach geboosterten Großtante. Zudem lässt sich, ohne unhöflich rüberzukommen, das Meeting nach 40 Minuten für beendet erklären, da der Zoom-Gratis-Account nicht mehr hergibt. Das ist auch nötig, denn auch das harmonischste Treffen innerhalb der eigenen Sippe währt gerade so lange, bis jemand das Wort „Impfen“ in den Mund nimmt. Ein Dank an die Pandemie für den Weihnachtsfrieden.

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Metadaten
Titel
Corona als Weihnachts-Grinch
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
30.11.2021
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 49/2021

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