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Ärzte Woche

01.12.2023 | Ernährung

Mythos Protein: „Eiweiß am besten aus dem Ei“

verfasst von: Von Markus Kolm

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Huhn, Fleisch, Eier, Milch – ernährungstechnische Klassiker, wenn es darum geht, den Proteinbedarf zu steigern. Umso besorgter zeigen sich auch medizinische Fachpersonen, wenn es darum geht, den Eiweißbedarf, auch ohne diese Lebensmittel, zu decken. Wie so oft geht es um eine ausgewogene Kost.

Denn auch Pflanzen sind ausgezeichnete Quellen für Proteine. Allerdings variieren die Mengen und Arten der Aminosäuren je nach pflanzlicher Quelle. So kann etwa Getreide etwas weniger Lysin enthalten, Hülsenfrüchte geringere Mengen an Methionin. Umso wichtiger ist eine ausgewogene Ernährung, die verschiedene Nahrungsmittel auf den Teller bringt. Denn nur vegan zu leben, bedeutet nicht unbedingt auch gesund. Eine einseitige Kost (Stichwort Pudding-Veganer) wird früher oder später Mangelerscheinungen hervorrufen – egal, ob vegan, vegetarisch oder omnivor. Du bist, was du isst – also vielfältig und nicht einfältig.

Um die Qualität eines Nahrungsproteins zu bewerten, können unterschiedliche Klassifikationssysteme herangezogen werden. Das vermutlich bekannteste und in unseren Breitengraden verbreitete Bewertungssystem ist die sogenannte „biologische Wertigkeit“ (BW). Die biologische Wertigkeit von Proteinen beschreibt, wie gut der Körper zugeführtes Nahrungsprotein in körpereigenes Protein umwandeln kann und somit „verwertet“. Nahrungsproteine mit einem hohen Gehalt an essenziellen AS, welche dem menschlichen Bedarf in ihrer Zusammensetzung am ehesten entsprechen, weisen eine hohe Qualität und somit eine hohe biologische Wertigkeit auf. 1 Vereinfacht ausgedrückt bedeutet eine höhere Qualität eines Nahrungsproteins eine höhere Verwertung und somit Umwandlung in körpereigenes Protein. Als Referenzprotein der biologischen Wertigkeit (BW) wurde zur Vergleichbarkeit Hühnerei mit einer Zahl von 100 festgelegt. Die biologische Wertigkeit pflanzlicher Proteinquellen liegt bei isolierter Zufuhr darunter. So beträgt die BW für Sojamehl 84, für Bohnen 73, für Reis 82, für Kartoffel 96, für Mais 72 und für Weizen 59. Durch Kombination verschiedener Proteinquellen kann die BW zum Teil deutlich erhöht werden. Werden beispielsweise Bohnen und Mais kombiniert, ergänzen sich deren Aminosäurespektren und ergeben in Kombination eine biologische Wertigkeit von 99. 2 Der Grund für die geringere BW pflanzlicher Proteinquellen ist in ihrem Aminosäureprofil zu finden. Prinzipiell enthalten alle pflanzlichen Proteinquellen zumeist alle essenziellen Aminosäuren. Manche dieser Quellen weisen jedoch eine geringere Menge an essenziellen AS auf. Aufgrund dessen wurden bestimmte pflanzliche Proteine früher als „unvollständig“ bezeichnet, dies gilt heutzutage jedoch als veraltet. 3 Moderner und zieltreffender scheint der Begriff der „limitierenden Aminosäure“ eines Nahrungsmittels zu sein. Diese bezeichnet die im Verhältnis am geringsten vorliegende unentbehrliche (essenzielle) Aminosäure eines Nahrungsproteins im Verhältnis zum menschlichen Bedarf. 4 Getreideprodukte stellen eine gute Quelle für Proteine dar. Sie enthalten jedoch im Verhältnis zum menschlichen Bedarf eine geringe Menge der essenziellen Aminosäure namens Lysin. Da Lysin somit die begrenzende Aminosäure im Aminosäurespektrum von Getreideprodukten darstellt, wird diese als limitierende Aminosäure zur optimalen Verwertung von Getreideprodukten bezeichnet. Hülsenfrüchte stellen wiederum eine gute Quelle für Lysin dar, enthalten jedoch eine geringe Menge der unentbehrlichen Aminosäure namens Methionin. Somit ist Methionin die limitierende AS in Hülsenfrüchten. Durch eine geschickte Kombination unterschiedlicher Nahrungsmittel (z. B. Kombination aus Getreide + Hülsenfrüchten) ergänzen sich die im Verhältnis zum menschlichen Bedarf limitierenden Aminosäuren in ihren Spektren. Hiermit kann die ursprünglich geringere biologische Wertigkeit pflanzlicher Nahrungsproteine in ihrer Summe erhöht werden. 5

Quellen: siehe www.springermedizin.at

1 (vgl. Biesalski, H., Bischoff, S., Pirlich, M. & Weimann, A. (2018). „Ernährungsmedizin“ (5. Auflage) Stuttgart: Georg Thieme Verlag, S. 156f.)

2 (vgl. Biesalski, H., Bischoff, S., Pirlich, M. & Weimann, A. (2018). „Ernährungsmedizin“ (5. Auflage) Stuttgart: Georg Thieme Verlag, S. 156ff).

3 (vgl. Ferrari, L., et al. (2022) „Animal- and Plant-Based Protein Sources: A Scoping Review of Human Health Outcomes and Environmental Impact“ Nutrients. 14(23), 5115; Mariotti, F., Gardner, C. D. (2019). „Dietary Protein and Amino Acids in Vegetarian Diets-A Review“ Nutrients. 11(11), 2661

4 (vgl. Biesalski, H., Bischoff, S., Pirlich, M. & Weimann, A. (2018). „Ernährungsmedizin“ (5.

Auflage) Stuttgart: Georg Thieme Verlag, S. 157).

5 vgl. Ferrari, L., et al. (2022). „Animal- and Plant-Based Protein Sources: A Scoping Review of Human Health Outcomes and Environmental Impact“ Nutrients. 14(23):5115


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Metadaten
Titel
Mythos Protein: „Eiweiß am besten aus dem Ei“
Schlagwort
Ernährung
Publikationsdatum
01.12.2023
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 49/2023

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