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Ärzte Woche

01.12.2023

Parkinson durch Plastikmüll?

verfasst von: Claudia Christine Wolf

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Umweltfaktoren stehen schon länger im Verdacht, Parkinson zu begünstigen. Einer Studie zufolge könnten mikroskopisch kleine Plastikteilchen eine Gefahr darstellen.

Mikroplastik ist überall: im Wasser, im Boden und in der Luft. Die kleinsten dieser Partikel können theoretisch die Blut-Hirn-Schranke überwinden, in Zellen eindringen und sich im Gehirn ansammeln. Forschende der Duke University in Durham, North Carolina, konnten nun zeigen, dass dieses Nanoplastik dort zur Entstehung von Parkinson beitragen könnte. Die Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin Science Advances ( Liu Z et al. doi: 10.1126/sciadv.adi8716 ).

Das Team um Prof. Dr. Andrew West untersuchte, wie winzige Teilchen des Plastiks Polystyrol mit Alpha-Synuclein wechselwirken. Dieses Protein ist ein normaler Bestandteil der Nervenzellen des Gehirns, kann sich darin jedoch krankhaft ablagern, was typisch ist für Parkinson und ähnliche neurodegenerative Erkrankungen, wie die Lewy-Körperchen-Demenz.

In Laborexperimenten – unter anderem mit kultivierten Neuronen und Mäusen – stellte das Team fest: Die weniger als einen Mikrometer kleinen Partikel verbinden sich fest mit den krank machenden Proteinen und beschleunigen deren Verklumpung. Sie dringen in Nervenzellen ein und beeinträchtigen dort die Funktion von Lysosomen. Funktioniert diese „Müllabfuhr“ nicht richtig, trägt das zu schwerwiegenden Erkrankungen wie Parkinson bei.

Die Studie deute darauf hin, dass Mikro- und Nanoplastik eine „neue toxikologische Herausforderung“ im Hinblick auf das Risiko und den Verlauf von Parkinson darstellen, so West. Dem Pharmakologen zufolge ist das besorgniserregend, da die Konzentration dieser Schadstoffe im Wasser und in Lebensmitteln ansteige. Das in dem Experiment untersuchte Polystyrol ist ein weitverbreiteter Kunststoff, der beispielsweise in Einwegbesteck oder To-go-Kaffeebechern enthalten ist, und als Verpackungsmaterial unter dem Markennamen „Styropor“ Verwendung findet. Vor allem wenn Plastik achtlos weggeworfen wird, entstehen über Jahre durch Wind und Witterung mikroskopisch kleine Partikel, die Ökosysteme belasten und sogar die Wolkenbildung beeinflussen.

Partikel gelangen ins Blut

Ob die Plastikpartikel im menschlichen Körper einen vergleichbaren Schaden anrichten, beweisen die Experimente nicht. Das liegt daran, dass das sehr aufwendig nachzuweisen ist: „Die zur Überwachung von Nanoplastik erforderliche Technologie befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium“, sagt West. Studien zeigen jedoch, dass die Teilchen in unseren Atemwegen zirkulieren und ins Blut gelangen.

Parkinson ist bereits heute eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen. Prognosen zufolge wird sich die Zahl der Erkrankten bis 2030 verdoppeln. „Zahlreiche Daten deuten darauf hin, dass Umweltfaktoren eine wichtige Rolle bei der Parkinson-Krankheit spielen könnten“, sagt West. Mikro- und Nanoplastik stehen schon länger im Verdacht, Krebs und Autoimmunerkrankungen zu begünstigen. Konkrete Hinweise darauf, dass die Kunststoffe auch bei Parkinson eine Rolle spielen könnten, gab es bislang nicht.

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Metadaten
Titel
Parkinson durch Plastikmüll?
Publikationsdatum
01.12.2023
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 49/2023

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