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Ärzte Woche

13.02.2022

Die Karten des Wolfgang Lazius

verfasst von: Martin Krenek-Burger

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Die Habsburger waren in der anbrechenden Neuzeit sehr auf ihre Außenwirkung bedacht. Die ersten Karten über die österreichischen Lande entstanden damals. Der Arzt und Hof-Historiograph Wolfgang Lazius spielte eine Schlüsselrolle.

Im ausgehenden Mittelalter und der beginnenden Neuzeit trafen zwei Umstände aufeinander: Der Buchdruck war erfunden, was die Produktion und den Verkauf von Karten in großer Zahl ermöglichte, und es gab ein großes Bedürfnis des Hauses Habsburg, die eigenen Länder und damit ihre Macht darzustellen. Kaiser Ferdinand I. und sein Hofhistoriker und Arzt Wolfgang Lazius ließen diesem Bestreben Taten folgen. Vor 460 Jahren legte Lazius seinem Dienstherren die erste kartografische Gesamtdarstellung der österreichischen Lande zu Füßen: Typi chorographici provin[ciarum] Austriae .

Lazius war nicht nur treu ergebener Gefolgsmann. Der Gelehrte wusste sich selbstbewusst zu inszenieren, gehörte er doch – neben dem hier lebenden Franken Conrad Celtis, dem aus Schweinfurt gebürtigen Johannes Cuspinian und dem aus der Toskana stammenden Eneas Sylvius, dem späteren Papst Pius II., – zu den bedeutenden heimischen Humanisten, wie wir heute sagen. Nach dem Studium in Ingolstadt war er als Militärarzt in Ungarn tätig, ehe er 1540 an die Wiener Universität berufen wurde, wo er achtmal Dekan der medizinischen Fakultät war und zweimal, 1556 und 1560, Rektor wurde. Ferdinand I. erhob ihn in den Adelsstand, ernannte ihn zu seinem Leibarzt und Hofhistoriographen.

Karten waren zu seiner Zeit bereits eine erprobte Form, um Herrschaft zu begründen und sich zu präsentieren. Die Länder hatten klare Grenzen. Vorbei waren die Tage der blutrünstigen Markgrafen und wilden Grenzwälder. Typisch war das Nebeneinander verschiedener Formen. Der Fugger’sche Ehrenspiegel des Hauses Österreich aus dem Jahr 1555 war eine prächtige Handschrift für den internen Gebrauch. Die Typi wurden bereits gedruckt, auf Kundenwunsch koloriert und nach Interessenschwerpunkten zusammengestellt. So ist der Plan des frühmittelalterlichen Österreichs, das fränkisch-bairische Ostland, zumeist als erste Karte in den Atlas eingefügt, aber nicht immer.

Beliebt, aber ungenau


Seine Karten behielten bis in die Tage des Georg Matthäus Vischer in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Gültigkeit und wurden vielfach nachgedruckt. Die niederländische Verlegerfamilie Blaeu (latinisiert: Caesius) fügte noch 1662 das Niederösterreichblatt des Lazius (siehe große Abbildung) in ihren elfbändigen „Atlas major“ mit rund 600 Kupferstichkarten ein.

Aus heutiger Sicht weisen die Karten des Lazius etliche Unzulänglichkeiten auf. Die Genauigkeit der Geländedarstellung, nicht zuletzt jene der Flussläufe lässt zu wünschen übrig. Die viel zu breite Donau teilt das Kartenbild in eine zu schmale Nord- und eine zu breite Südhälfte. Die für ihre Mäander bekannte Thaya fließt hier geradlinig nach Osten. Der „Vetzer perg“ (Ötscher) liegt zu weit nordwestlich. Die ungewöhnliche Darstellung des Neusiedler Sees verschiebt Mörbisch an das Südufer des Binnengewässers. Straßen fehlen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in seinen Kartenwerken. Die Gebirge sind in Vulkandarstellung ausgeführt, Schraffen und Höhenlinien sind spätere Entwicklungen.

Andere, genauere Darstellungen der österreichischen Gebiete aus seiner Feder wurden nicht in das Atlas-Werk aufgenommen, sie blieben Einzelblätter.

Lazius’große Leistung liegt also nicht so sehr in seinen medizinischen Verdiensten als in seinem historischen Schaffen. Er war Experte für die ältere Geschichte Österreichs, für Landeskunde und Genealogie. Sicher wird er auch eine genaue Kenntnis der Wappenkunde, eine heute oft vernachlässigte Disziplin, gehabt haben.

In seinem Atlas Typi chorographici konnte sich Lazius gewissermaßen „austoben“. Eine Fülle an topografischen Bezeichnungen sind auf der Landkarte eingefügt. Vor allem die römische Vergangenheit Wiens, wo Lazius zu Hause war und sich besonders gut auskannte – was man den Karten auch anmerkt – war ihm ein Anliegen ( siehe auch die Literaturempfehlung unten ).


Quelle . „Herrschaft kartieren“, Tagung des Instituts für die Erforschung der Habsburgermonarchie und des Balkanraumes der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, am 28. Jänner 2022

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Metadaten
Titel
Die Karten des Wolfgang Lazius
Publikationsdatum
13.02.2022
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 7/2022

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