Geständnisse eines digitalen Immigranten.
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Unlängst habe ich auf ein launiges Mail an den Chefredakteur dieses Blattes (Name der Red. bestens bekannt) die Antwort XD XD XD bekommen. Da ich nicht annehme, dass seine Finger von seinem Caffè Latte Mocchacino with Extra Double Chocolate Whipped Cream Cheese Whip verklebt waren und zwischen der X- und D-Taste hängengeblieben sind, muss ich davon ausgehen, dass die Botschaft nur beim Empfänger für Unklarheit gesorgt hat. Tatsächlich handelt es sich bei den Kürzeln, seitlich betrachtet, um ein lachendes Gesicht mit zugekniffenen Augen – eine Art schriftliches Emoji aus der Vor-Smiley-Zeit. Für mich schockierend, dass ich das erst googeln musste. Noch schockierender, dass mein Chefredakteur wie ein Digital Native mit der modernen Kommunikation auf Du und Du steht.
Manchmal komme ich mir tatsächlich vor wie meine Oma, der wir die Tasten des Kassettenrekorders mit Klebeetiketten versehen haben, damit sie Musik hören kann, statt sie zu löschen. Ihre Weigerung, jedwede technische Entwicklung mitzumachen, die nach der Erfindung des mechanischen Webstuhls gekommen ist, hat sie konsequent durchgezogen. Und obwohl ich mich selbst durchaus als technikaffin, ja sogar als Early Adopter bezeichnen würde, der bereits ein aufklappbares Tastenhandy besaß, als man noch am Webstuhl getüftelt hat, dürfte ich irgendwie den Anschluss verpasst und die Weiterentwicklung zum World-Wide-Webstuhl übersehen haben.
So bin ich auch recht spät zur hippen Facebook-Community gestoßen, die altersmäßig mittlerweile tatsächlich eher der Hippie-Generation entspricht, da sich die Jungen längst auf andere Plattformen verabschiedet haben, um bei diesem Elternsprechtag nicht dabei sein zu müssen.
Lange Zeit habe ich meine Beiträge noch mit „Sehr geehrter“ begonnen und mit meinem Namen „hochachtungsvoll“ unterzeichnet, sodass ich mich mit dem Kommentar zum geposteten Nudelsalat des Nachbarn „Mhmmm, lecker! Hochachtungsvoll Dr. Ronny Tekal“ als völlig unbedarft geoutet habe. Bis ich den Like-Button entdeckt habe, ist die zu likende Person bereits auf Twitter, bis ich auf Twitter bin, heißt es schon X, das man mir ohne Weiteres für ein U vormachen kann. Damit erübrigt sich die Frage meiner Kinder, warum ich mit dem Kabarett nicht auch auf Insta oder Tic Toc vertreten bin. Wer immer wieder auch seine eigenen Beiträge liked, hat dort erst recht nichts verloren.
Tatsächlich verwende ich die Plattformen oft nur sehr passiv, um zu sehen, was in meinem sozialen Umfeld so passiert, um mich mit dem sozialen Umfeld nicht näher auseinandersetzen zu müssen. Aktiv poste ich eher berufliche Dinge, wenn ich etwa wieder ein neues Buch geschrieben habe. Das ist im Prinzip wie das zur Schau stellen des hübsch gefilterten Nudelsalates (Food-Porn) für Autoren (Book-Porn). Das kann ich mittlerweile schon ganz gut und ich schaff es sogar, mich selbst in einem Kommentar zu loben und mir einen Daumen nach oben zu geben. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen auch künftig ein herzhaftes XD XD XD.