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Ärzte Woche

11.09.2023 | Tekal

Louis Vuitton und GLP-1-Analoga

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist

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Ein dänisches Pharma-Unternehmen (Name der Redaktion und Diabetikern bekannt) hat es jüngst auf Platz eins der wertvollsten Firmen Europas geschafft. Damit wurden Traditionsmarken wie Chanel, Gucci oder Louis Vuitton, deren Produkte traditionell am Strand von Jesolo erhältlich sind, auf ihre Plätze verwiesen. Statt modischer Bekleidung ist die Abnehmspritze der neueste Schrei in der Prêt-à-porter-Kollektion geworden.

Der aktuelle Luxus bedeutet, eine Abkürzung zur Schlankheit zu nehmen. Das nordische Unternehmen ändert seinen Fokus vom beinharten Zuckerbusiness zum süßen Lifestyle-Geschäft. Schließlich lauert dort deutlich mehr Kundschaft. Im Gegensatz zu den teuren Accessoires am Luxuskörper, die man sehen soll, dient die Spritze dazu, die teuren Assessoires an der Luxushüfte nicht mehr zu sehen. Celebrity-Beautys wie Kim Kardashian oder Elon Musk haben das Mittel am eigenen Leib ausprobiert, für gut befunden, propagiert und damit einen weltweiten Hype ausgelöst, da jeder so aussehen möchte wie Kim oder Elon.

Eine solche Erfolgsgeschichte ist keineswegs neu. Bereits vor einigen Jahrzehnten wurde ein mäßig wirksames Medikament gegen Lungenhochdruck entwickelt. Es hatte jedoch eine enorme Nebenwirkung, die man sich zunutze machte und unter dem Namen Viagra erfolgreich an den Mann brachte. Das Beeindruckende: Je größer die Nebenwirkung, desto zufriedener der Patient. Bei den nun so gehypten GLP-1-Analoga gibt es, neben der erwünschten Glukosekontrolle, auch einen erwünschten Appetitmangel. Selbst die unerwünschten Effekte wie Übelkeit oder Durchfall können in diesem Zusammenhang erwünscht sein, da man auch nicht zum Essen kommt, wenn man sich übergibt.

Während die Krankenkassen Diabetikern das Medikament durchaus zugestehen, sehen sie es bei adipösen Personen, die es auch brauchen könnten, anders. Die Logik dahinter ist eine Raketenwissenschaft. Den Großteil der Kundschaft machen all jene aus, die es leid sind, trotz Crashdiäten mit täglich drei Salatblättern ohne Dressing und einem Mineralwasser light kontinuierlich über ihre Konfektionsgrößen hinauszuwachsen. So hat der Run auf das Mittel, nach den USA, mittlerweile auch in Europa eingesetzt. Ozempic, Wegovy und wie sie alle heißen, sind vergriffen. Die Abnehmwilligen nehmen den Diabetikern die Medikamente weg, heißt es. Die Firmen werden die Produktion wohl hochschrauben. Zum Wohle der Patienten, versteht sich. Wer das nötige Kleingeld und die richtigen Kontakte hat, ist schon jetzt dabei. Wir kennen so etwas aus einschlägigen Filmen: So wie in der Nachkriegszeit der Schwarzmarkt für Penicillin blühte („Der dritte Mann“) oder in der Coronazeit der Schwarzmarkt für Impfstoffe („Der Gecko“), haben heute viele ihre Quellen, um an den Stoff ranzukommen. Der Hype ist berechtigt, denn das Mittel aus dem Norden wirkt zu 100 Prozent. Bereits der Philosoph Otto Waalkes sagte: „Dänen lügen nicht!“

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Metadaten
Titel
Louis Vuitton und GLP-1-Analoga
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
11.09.2023
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 38/2023

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