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Ärzte Woche

04.02.2021 | Tekal

Künstliche Intelligenz

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizin-Kabarettist

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Von der smarten Pulsuhr bis zum Klo, das Arschlöcher erkennt.

Machen wir kurz Pause von der Pandemie und widmen wir uns gescheiteren Dingen: Vor Kurzem war in der Ärzte Woche von Artificial Intelligence zu lesen. Da die Sache mit der Human Intelligence nicht so richtig in Gang kommen will, hofft man nun auf den digitalen Hausverstand. Immerhin wird man nur selten einen Computer dabei ertappen, vor laufender Kamera Bestechungsgelder einzukassieren, auf eine Stromleitung zu pinkeln oder im volltrunkenen Zustand mit dem Zipflbob in einen Corona-Cluster zu fahren. So weit sind diese Systeme noch nicht ausgereift.

Nachdem vor einiger Zeit die Meldung die Runde gemacht hat, wonach ein Computer der bessere Dermatologe sei, über Algorithmen Hautveränderungen klarer einschätzen kann als die menschliche Kollegenschaft, hat sich in der medizinischen Community Sorge breitgemacht. Wie beim Weberaufstand, wo sich die Arbeiter in der industriellen Revolution daran machten, die maschinellen Webstühle zu zerstörten, werden die Hautärzte wohl bald schon die digitalen Helfer in Grund und Boden stampfen bzw. ganz nach ihrer Fasson, in Kortison ertränken.

Doch auch andere Fachgruppen sind bedroht. Die EKG-Befundung übernehmen einfache Smartphones, der Roboter entwendet dem Chirurgen das Skalpell und macht vielleicht sogar noch die besseren Witze im OP. In China wurde sogar ein Deep-Learning-Algorithmus entwickelt, wonach eine koronare Herzkrankheit über standardisierte Gesichtsfotos erkannt werden kann. Sehr zum Unmut vieler Hausärzte, die bereits jetzt die formidable Fähigkeit besitzen, über ihren Schreibtisch hinweg Mittelohrentzündungen, Gallensteine oder Hämorrhoiden alleine über den Blick zu diagnostizieren, ohne den Patienten je angreifen zu müssen.

Neben den bekannt smarten Häusern und klugen Autos finden sich immer mehr Tools, die unser Leben erleichtern. In Innsbruck wurden etwa 1.600 intelligente Mistkübel aufgestellt, die erkennen, wann sie voll sind. Zwar könnte man das Ganze ein wenig billiger gestalten und es „Sichtfenster“ nennen, aber ich bin ja nur Arzt und kein Techniker. Der Ausdruck „Dumm wie eine Tonne“ ist jedoch ab sofort überholt. Und an der renommierten Stanford Universität hat man bereits eine Toilette entwickelt, die mit vier Kameras einen individuellen „Analabdruck“ erstellt und über die Analyse von Stuhl und Harn Pathologien erkennt. Das Klo erkennt auf diese Weise jeden Arsch, der Platz nimmt. So intelligent möchte man auch sein, denn Arschlöcher erkennen die meisten frühestens am zweiten oder dritten Blick.

Für die Medizin wünsche ich mir noch die Mundspatel, die nicht dumm wie Holz ist, sondern auf smarte Weise eine Pharyngitis erkennt, das intelligente Fiebermessthermometer, das jedweden Betrug durch unerlaubte Hitzeanwendungen aufdeckt oder den intelligenten Abteilungsvorstand. Doch ich weiß nicht, ob die Wissenschaft schon so weit ist.

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Metadaten
Titel
Künstliche Intelligenz
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
04.02.2021
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 5/2021

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