Dr. Tekal
Privat
Wieder einmal stehen wir vor dem Portal in die Freiheit.
Einmal darf ich noch eine Kolumne über die bevorstehende Beendigung des GRÖLAZ (Größter Lockdown aller Zeiten) schreiben. Auch wenn ich ähnliche Zeilen bereits letzte Ostern verfasst habe. Doch man muss positiv denken, dass das Leben wieder seinen normalen Lauf nimmt, Gasthäuser und Swingerclubs wieder öffnen, wenn wir brav sind, denn wir wissen: Die nächsten zwei Wochen sind entscheidend.
So ist auch die heimische Künstler-Community guter Hoffnung und wartet voller Zweckoptimismus auf die Öffnung der Theater, ähnlich wie die katholische LGBTQ-Community auf den päpstlichen Segen. Doch auch dort darf man sich auf ein baldiges Ende der Ressentiments freuen, denn wir wissen: Die nächsten zwei Jahrhunderte sind entscheidend.
Für viele war es ein Jahr der Vorfreude, wenngleich kein Jahr der Freude. Denn man musste sich notgedrungen auch mit der Gegenwart im Diesseits beschäftigen, um Überlebensstrategien im Lockdown zu entwickeln. Die Gedanken waren jedoch sehr jenseitig zukunftsorientiert und ein gefühltes Dutzend Mal haben wir uns auf die Öffnungsschritte gefreut, die durch die böse Inzidenz zunichte gemacht wurden.
Auch wenn die vorgehaltene Karotte mittlerweile schon ziemlich welk ist, glaubt man nach wie vor, sie bald schon fassen zu können. So könnte man meinen, dass der Mensch ein hoffnungsloser Optimist ist – oder aus Erfahrung immer dümmer wird. Statt dem kindlichen Wunsch: Wenn ich einmal groß bin, werde ich Astronaut, heißt es nun: Wenn ich einmal alt bin, werde ich Wirtshausbesucher. Es wird sich bald eröffnen.
Doch Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude. Wie sehr wird man die wiedererlangte Freiheit genießen, endlich wieder verreisen und die Fitnesscenter besuchen können. Da wird es auch gar keine Rolle spielen, dass man sich eigentlich geschworen hat, nie wieder im Urlaubsstau stehen zu wollen und dass der letzte Besuch im Fitnesscenter drei Jahre zurückliegt, wo man eigentlich nur zum Einschreiben dort war.
Man wird auch endlich wieder all die Freunde besuchen können, bei denen man bereits vor der Pandemie keine passenden Ausreden mehr gefunden hat, um nicht zu kommen. Und man wird endlich wieder live in der Oper Wagners Ring im Director’s Cut erleben können, auch wenn man normalerweise schon nach den ersten fünf Minuten der Zauberflöte gelangweilt einschläft.
Vielleicht wird der eine oder andere ein wenig Wehmut verspüren, dass die schöne Zeit der Vorfreude der beinharten Realität der Freude weicht, die mitunter als schaler Abklatsch empfunden wird. Unter uns: So gut, wie wir uns das in den vergangenen Monaten zusammenfabuliert haben, sind die Schnitzel auch nicht. So lasset uns die Erwartungen runterschrauben und uns voll ins Leben stürzen. Denn selbst der Duft von leicht ranzigem Öl kann der Geruch von Freiheit sein.