Skip to main content
Ärzte Woche

24.09.2020 | Tekal

Eine Absage an die Absage

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizin-Kabarettist

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Auch für die zweite Welle gilt: Abgesagte Veranstaltungen finden selten statt.

Die erste Pandemiewelle hat uns völlig unvermutet getroffen und zu einer regelrechten Schockstarre aller Beteiligten geführt. Das ist nicht fair, denn der Knigge gibt vor, sich zeitgerecht zum Besuch anzukündigen, selbst wenn man eine weltberühmte Pandemie ist.

Wie sehr wäre die Wirtschaft in Erwartung der Krise aufgeblüht, hätte man, im Wissen um die Ankunft des ungebetenen Gastes, bereits ein halbes Jahr zuvor die saisonalen Corona-Artikel ins Regal stellen können. So wie auch das Weihnachtsgeschäft nur vor dem Fest so richtig blüht, wären auch hier die Umsätze derart hoch gewesen, dass die Betriebe locker die Krise übertaucht hätten. Die hundert Pre-Corona-Partys, die rasch angesetzten Hochzeiten, das letzte Abendmahl – hier wäre von den Konsumenten ordentlich geklotzt worden. Veranstaltungen hätte man so locker dreimal voll bekommen, etwa die „ultimativ letzte Tour der Rolling-Stones vor dem Lockdown“ und entsprechende Reserven für den viralen Winterschlaf anlegen können.

So aber wurde man unvermutet getroffen und ist in eine Schockstarre verfallen. Virus und Entscheidungsträger haben schockiert, der Rest ist erstarrt. In der Not hat man das alles zähneknirschend, aber tapfer mitgetragen, in Erwartung, dass das Virus sich höflich verabschiedet und den nächsten Planeten belästigt.

Nun geht es jedoch erneut los. Die eingetretene zweite Welle hat zwar benimmtechnisch dazugelernt und sich artig angekündigt, doch das Volk ist mittlerweile entzweit. Das erneute Aufflackern wirkt wie das nicht mehr ganz so gelungene Sequel eines Filmes, wo der erste Teil schon mäßig war.

Corona-Reloaded erfährt demnach auch nicht die volle Zustimmung. Die gefürchtetsten Reizwörter sind nicht mehr Intensivstation, Beatmung und Krematorium, sondern Maskenpflicht, Absagen und Après-Ski-Verbot. Vor allem die Veranstaltungsbranche hat an den Folgen der Krise zu kiefeln. Internationale Opernstars dürfen nicht mehr einreisen und haben auch wenig Lust, vor vier zugelassenen Zusehern zu spielen, inklusive Dirigenten, erstem und zweitem Geiger.

Wohltuend also all jene, die sagen: Wir machen trotzdem weiter, erfüllen die Auflagen und gehen Kompromisse ein. So muss sich der eine zugelassene Opernbesucher in der ersten Reihe auch nicht vor dem internationalen Star fürchten, da dieser den „Maskenball“ nur mit FFP 2-Maske singt. Wrestling-Veranstaltungen sind erlaubt, jedoch ohne Körperkontakt, Saunabesuche ohne Schwitzen und Kabarett ohne Pointen. Wobei wir hier eine Lösung hätten: Wenn die Zuseher durch lautes Lachen die Viren rauspusten, müssen sie sofort heftig applaudieren, um sie sogleich in der Luft zu zerdrücken. So haben alle was davon – und je mehr Zuseher klatschen, desto rascher ist das Virus zerstört.

print
DRUCKEN
Metadaten
Titel
Eine Absage an die Absage
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
24.09.2020
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 39/2020

Weitere Artikel der Ausgabe 39/2020