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Ärzte Woche

22.04.2020 | Tekal

Business As Unusual

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizin-Kabarettist

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Nach der Corona-Ausgangssperre könnten die ersten Schritte in Freiheit noch etwas tapsig sein.

Die Krise geht also langsam dem Ende zu, das Akute weicht dem Chronischen, der Ausnahmezustand dem Alltag, das Home-Office dem Office, der Home-Trainer dem Trainer und das ungesunde Herumlungern auf der Couch dem ungesunden Herumlungern im Büro. Man fährt das System „behutsam“, wie es heißt, wieder hoch. Noch darf man in der Öffentlichkeit nicht drängeln oder schubsen bzw. muss man dazu zumindest eine Maske aufhaben. Aber ich bin guter Hoffnung, dass man einander bald wieder ganz normal auf die Füße treten wird.

Für viele bedeutet das natürlich eine Erleichterung. Denn selbst die Kinder haben es langsam satt, wochenlang auf der Playstation Fortnite zu spielen und sind in ihrer Verzweiflung sogar gewillt, auf das analoge Stadt-Land-Fluss umzusteigen. Das kann man als positive Entwicklung sehen oder als letzte Stufe vor dem kompletten Durchdrehen. Die Jogginghosen sind ausgeleiert, der Partner in der Käfighaltung der 40 Quadratmeterwohnung ebenfalls. Und selbst die gebunkerten Klorollen gehen langsam dem Ende zu. Es ist also höchste Zeit, die Türen wieder zu öffnen.

Beginnend mit den lebenserhaltenden Sofortöffnungen von Baumärkten und McDonald’s Drive-Ins, beginnt das Land nach dem Stillstand wieder Fahrt aufzunehmen. Man darf bald wieder unterwegs sein, ohne ein gesetzlich vorgeschriebenes Ziel anpeilen zu müssen. Nein, man darf wieder aus purem Vergnügen eine Spritztour ins Grüne, ins Blaue oder gegen einen Baum machen. Da man im Shut down auch weitgehend Shut uppen musste, um den Marschplan aus der Krise nicht infrage zu stellen, darf nun auch langsam, wie gewohnt, gelästert werden.

Manchen ist es gar nicht so lieb, dass nun die Normalität wieder Einzug hält. Haben sie sich doch an das kuschelige, fast schon hyggelige Ambiente in den eigenen vier Wänden und das Zusammenrücken der Gesellschaft gewöhnt. Denn auch wenn für viele die Corona-Krise ein finanzielles Desaster bedeutet hat, so ist doch in dieser Zeit nicht nur das Geld, sondern auch viel Druck weggefallen. Das, was man leisten musste, konnte man von zu Hause tun. Die Erwartungen, durchzustarten, ein Start-up zu gründen oder den nächsten Schritt in der Karriereleiter zum Burnout zu machen, war geringer. Man musste nichts, sondern war automatisch ein Held, weil man nichts durfte. So werden manche dieser Zeit nachtrauern, wenn die Nachsicht der Uneinsichtigkeit Platz macht.

Der Verzicht lehrt uns aber, dass wir die Dinge, die wir als selbstverständlich erachtet haben, mehr zu schätzen wissen. So wie nach dem Basenfasten der erste Schluck der Säure der beste ist, werden wir nun in den Genuss der Bedürfnisbefriedigung kommen: Der erste Kaffee im Freien, das erste Bier im Gastgarten, das erste Strafmandat, da die Kurzparkzonen wieder überwacht werden. Genießen wir die Momente!

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Metadaten
Titel
Business As Unusual
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
22.04.2020
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 17/2020

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