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Ärzte Woche

19.02.2018 | Tekal

Berittene Ärzte

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist

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Vom hohen Ross aus hätte man einen besseren Überblick über die  Schandtaten der Patienten.

Zwei Schlagzeilen haben vor Kurzem meine Aufmerksamkeit erregt: „Berittene Polizei für Wien“ und „Bankräuber kam mit dem Tretroller“. Scheinbar dreht sich die ewige Rüstungsspirale zwischen Verbrechern und den Hütern des Gesetzes unermüdlich weiter. Denn zu Fuß lässt sich ein Dieb auf dem Scooter nicht fassen – wohl aber zu Pferd. Ob man mit einem einzigen PS allerdings auch einem volltrunkenen Raser mit 300 PS nachkommt, mag bezweifelt werden. Dazu bräuchte es rechnerisch dreihundert Pferde, um genauso schnell zu sein – und so viele Polizisten mit Reiterpass gibt es bei uns nicht.

Vom Innenministerium wird dennoch angedacht, für die Bundeshauptstadt ein paar Pferde in den Beamtenstatus zu erheben. Zwar hat man historisch gesehen hierzulande Vorbehalte gegen die berittene Polizei, doch für den Fremdenverkehr wäre es ein Gewinn. Es hat Stil, wenn die Polizisten am Weg zur nächsten Kreuzung zum Gaudium der Touristen auf ihren Lipizzanern ein paar hübsche Kapriolen schlagen oder nach vollzogener Razzia im Drogenmilieu lässig in den Sonnenuntergang reiten. Auch wenn ich nicht weiß, wo man auf einem Gaul Radarpistole oder Verkehrshütchen unterbringt, freue ich mich auf die ersten berittenen Besuche in den Studentenwohnungen im dritten Stock, wenn’s dem Nachbar zu laut wurde.

So liegt es nahe, auch die Ärzte, die letztendlich ebenso eine Art Exekutivbeamte ihrer Trägerorganisationen sind, mit Pferden auszustatten. In entlegenen ländlichen Gebieten im strengen Winter mit dem Haflinger auf Hausbesuch zu reiten, erspart so manche Schneekette. Aber auch in den Universitätskliniken hat der Einsatz von Pferden Sinn, um die großen Distanzen der Krankenhausgänge noch vor Anbruch der Dunkelheit zu bewältigen. Die Patienten hören die Hufe der berittenen Chefvisite schon von Weitem her klappern und können so rechtzeitig ihre Zigarettenkippen aus dem Fenster werfen. Hygienisch sollte es im Spital keine allzu großen Probleme für die Pferde geben. Umgekehrt gilt Pferdemist seit der „Bauernhofhypothese“ als immunmodulierend.

Pferde sind zudem nicht gewerkschaftlich organisiert und nur die wenigsten Mitglied in der Pferdekammer, sodass sie auch für Nacht- oder Wochenenddienste problemlos zur Verfügung stehen. Allerdings müssen auch sie vorher die Opt-out- Regelung unterzeichnen. Für die Versorgung des gehbaren Untersatzes kann man die Jungärzte heranziehen. Wenn sie sich schon so beharrlich weigern, niedere Schreibtätigkeiten zu erledigen, können sie zumindest den Stall ausmisten.

Dass man für die Mediziner ausschließlich Schimmel einsetzt, versteht sich von selbst. Problematisch könnte es lediglich im Hinblick auf die Statik werden, wenn man all jene Kollegen aufs Pferd setzt, die bereits jetzt schon am hohen Ross sitzen. Dann ist ein möglicher Fall besonders schmerzhaft.

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Metadaten
Titel
Berittene Ärzte
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
19.02.2018
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 8/2018

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