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Ärzte Woche

21.08.2023

Reisen auf uralten Routen

verfasst von: Martin Krenek-Burger

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Bronze aus dem Süden, Zinn aus dem Westen, Bergkristalle aus den Alpen, Felle aus dem Norden und der Strom an Sklaven aus dem Osten – vor allem aber: Salz, Salz, fassweise Salz. Die Interessen und die Richtung des Handels wechselten über die Jahrtausende. Doch immer ging es um mehr als Güter. Mit den Händlern, den Soldaten und Pilgern gelangte deren Kultur über die Bergpässe in neue Siedlungsgebiete, die Wanderer trugen die Lebensweise ihrer alten Heimat mit sich.

Bewegung, heute so selbstverständlich und komfortabel, war in prähistorischer Zeit ein schwieriges Unterfangen. Im Urwald gab es kein Durchkommen und die von Bibern geschaffenen Galeriewälder an den Flussufern waren oft überflutet. Es dauerte Jahrhunderte, bis mit der Anlage fester Siedlungen auch ein Netz aus Hohl- und Kammwegen, Saumwegen ( Beispielbild für Transhumanz oben links, Anm .) und Erdbahnen entstand. Die Zuwege mündeten in immer breiter werdende Landstraßen, überregionale Routen, die weit entfernte Landstriche und Kontinente miteinander verbanden. Der Mensch, ein Homo viator, reiste. Von Anfang an.

Doch wie fand sich ein Wanderer der Bronze- oder der Eisenzeit zurecht? Seit der Bronzezeit wurden in Europa Grabhügel errichtet, die bis heute in der Landschaft sichtbar blieben, auch wenn viele der Landwirtschaft zum Opfer gefallen sind. Am Beispiel des Ochsenwegs ( kleines Bild unten rechts, Anm. ) in Schleswig-Holstein wurde am Exzellenzcluster „ROOTS – Social Environmental and Cultural Connectivity in Past Societies“ gezeigt, dass sich diese Erdhügel entlang einer Linie aufreihen. Es war ausreichend, den nächsten Hügel zu sehen, man musste nicht unbedingt darauf steigen, um dem Weg zu folgen – es sei denn, man hatte vor, sich eine Rundumsicht zu verschaffen.

Schwarze und weiße Flüsse

Die Bernsteinroute nördlich der Donau folgte dem March-Fluss, aber auch hier existierten Geländemarken wie die eisenzeitlichen Grabhügel bei Rabensburg und Bernhardsthal. Sie waren dauerhafte Geländemarken, doch auch markante Felsen und alte Bäume wurden als Bezugspunkte herangezogen. Um sich den Weg zu merken, wurden Zuflüsse abwechselnd weißes oder schwarzes Wasser genannt; das hatte nichts mit der Farbe oder Wildheit eines Gewässers zu tun.

Die Ära der Grabhügel endete mit der Eisenzeit. Für die Forscher sind diese Kuppen im Gelände eine wichtige Quelle, um Wege der Vorgeschichte wiederzufinden. Bei Städten muss man vorsichtig sein, diese sind spätere Gründungen, die ältesten Wege zogen meist an ihnen vorbei. Dieser Umstand lässt sich am rekonstruierten Verlauf jener urzeitlichen Straße nachvollziehen, die von der Donaufurt bei Korneuburg entlang der Kalkklippen gegen Retz zog. Erst spätere Stadtherren lenkten die Straßen und den Warenstrom vor ihre Tore und zu ihren Märkten. Ein weiteres Ergebnis von ROOTS: Den Routen, welche unsere Altvorderen fanden, folgen wir heute noch. Wir überqueren die Flüsse an den gleichen Stellen und nutzen die gleichen Strecken, auch wenn alles schneller geht. Ein Blick aus dem Autofenster lohnt durchaus.


Weitere Informationen:

https://tinyurl.com/5n9x5ud9

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Metadaten
Titel
Reisen auf uralten Routen
Publikationsdatum
21.08.2023
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 34/2023

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