Skip to main content

07.08.2024 | Praxis und Beruf | Redaktionstipp | Online-Artikel

ÖÄK-Programm Gesundheitsversorgung

verfasst von: Dr. Katharina Edtstadler

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Die Nationalratswahlen im Herbst werfen ihre Schatten voraus. Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) hat genaue Vorstellungen davon, wie das Niveau der heimischen Gesundheitsversorgung gehalten und weiter ausgebaut werden kann. Dazu werden der Regierung Lösungsansätze für Probleme vorgelegt, die teils schon mehrere Regierungsperioden bestehen. 

Die Österreichische Ärztekammer legt ihr "Regierungsprogramm" vor. Prägnant zusammengefasst sind darin Forderungen und Lösungsansätze, die die Zukunft der Gesundheitsversorgung sichern und die Arbeitszufriedenheit unter Ärztinnen und Ärzten erhöhen sollen – und zwar im intra- und extramuralen Bereich. 500.000 Patientenkontakte in Ordinationen und Krankenhäusern gilt es täglich bestmöglich zu managen. "Das Thema Gesundheit gehört auf der Prioritätenliste der Politik ganz nach oben", betont ÖÄK-Präsident Dr. Johannes Steinhart auf der Pressekonferenz am 7. August. 

Gesundheitsbildung auf den Stundenplan

Gesundheit sollte auch Priorität jeder Einzelperson sein. Wann gehe ich zu welchem Arzt? ist aber eine Frage, deren Beantwortung Gesundheitskompetenz und eine angemessene Selbsteinschätzung erfordert. Der viel zitierte "Hausverstand" ist nicht immer ausreichend, um gesundheitliche Beschwerden einzuordnen oder Sorgen zu lindern, wenn Symptome auftreten. Wer dann umgehend die Ambulanz aufsucht, belastet nicht nur die eigenen Nerven, sondern auch das System. Aus diesem Grund schlägt das Programm der ÖÄK vor, Gesundheitsbildung bereits fest im Lehrplan zu verankern und so Kinder – respektive Familien – zu sensibilisieren. 
Das "Herzensprojekt" von Dr. Naghme Kamaleyan-Schmied "Med4School" bringt Wissen rund um Körperfunktionen aber auch Berufsbilder im Gesundheitsbereich an Wiener Volksschulen (www.med4school.at). "Ziel sollte sein, dass die Bürgerinnen und Bürger lernen, ihre Gesundheit durch gesunde Lebensführung sowie konsequente Maßnahmen zur Vorsorge und Früherkennung in einem möglichst guten Zustand zu erhalten, und abzuschätzen, wann eine ärztliche Konsultation erforderlich ist", konkretisiert Johannes Steinhart. 

Digitale Tools ausbauen

Die Stärkungen des Präventionsdenkens entlastet nicht nur das Gesundheitssystem, sondern trägt auch dazu bei, die individuelle Chance auf mehr gesunde Lebensjahre zu erhöhen. Die Ausweitung digitaler Tools könnte laut ÖÄK auch über bereits bestehende Systeme laufen – etwa durch eine Weiterentwicklung der e-Card zu einer Gesundheitsvorsorgekarte. Darüber hinaus sollen Anreizsysteme geschaffen werden, die sich inhaltlich an den jeweiligen Bedürfnissen unterschiedlicher Altersgruppen orientieren müssen. Altergruppenübergreifend könnte dies beispielsweise die Kostenübernahme bei empfohlenen Impfungen sein. Dass systematische Präventionsmaßnahmen positiven Output generieren, lässt sich am nachhaltigen Erfolg des Mutter-Kind-Passes ablesen, der von der damaligen Gesundheitsministerin Dr. Ingrid Leodolter eingeführt wurde. Das gelbe Heftchen ist mittlerweile seit fünfzig Jahren fester Bestandteil der Vor- und Nachsorge rund um die Geburt. Die Zahlen sprechen für sich: Vor 1974 starben jährlich 36 Frauen bei der Geburt, heute sind es 2,3. Das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Vorsorgeuntersuchungen muss aber vor allem bei Menschen im jungen und mittleren Erwachsenenalter erhöht werden, denn in diesen Altersgruppen gibt es am wenigsten Angebote.

Eine altbekannte Forderung, die die ÖÄK erneut an die Regierung richtet, ist die verbindliche Lenkung der Patientenströme. "In der Vergangenheit wurde der Schwarze Peter für politische Fehlentscheidungen oft der Ärzteschaft zugeschoben," ärgert man sich, wobei bei der konkreten Umsetzung nicht in allen Punkten Einigkeit herrscht. So zum Beispiel bei der Frage, wie Hausärztinnen und -ärzte den "best point of service" für die Erkrankten identifizieren sollen, wenn aktuell fast vierhundert Kassenstellen hierzulande unbesetzt sind. 

Prävention statt Reparatur

Damit einhergehend ist eine Forderung des Gesundheitsplans der ÖÄK die laufende Attraktivierung des Medizinberufes – dazu gehören flexiblere Arbeitszeitmodelle (sowohl im klinischen als auch niedergelassenen Bereich) und Überarbeitung von Kassenverträgen. Mehrarbeit sollte nicht der Deckelung zum Opfer fallen, sondern honoriert werden, unterstreicht Dr. Edgar Wutscher, Vizepräsident der ÖÄK und Obmann der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte. Dass viele Kolleginnen und Kollegen ins Ausland gehen, überrascht im Podium allerdings niemanden: "Wenn von 1530 Absolventen nur 1250 im System ankommen, sind auch mehr Studienplätze nicht sinnvoll." (Dr. Harald Mayer, Vizepräsident ÖÄK und Obmann der Bundeskurie angestellter Ärzte)

Die Zielsetzung des ÖÄK-Gesundheitsplan liegt klar in der unkomplizierten Verbesserung der Versorgung und Ausbau von Präventionsmaßnahmen, dem Ausbau der Telemedizin und der Anpassung der Arbeitsbedingungen an die persönlichen Lebensumstände und somit Attraktivierung des Berufes. Nicht zuletzt spricht man sich entschieden gegen die Tendenz einer profitorientierten Medizin aus und fordert von der Politik die Voraussetzungen, um vom Schwerpunkt "Reparatur" hin zu einer präventionsorientierten Versorgung zu gelangen. In Bezug auf das System ist es für Vorsorge allerdings zu spät: Hier stehen in naher Zukunft größere Reparaturarbeiten auf dem Programm. 


Die Pressekonferenz fand am 07.08.2024 in der Österreichischen Ärztekammer statt. 
Die offizielle Pressemeldung ist hier nachzulesen: www.aerztekammer.at

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen