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03.05.2024

Pflanzen: Gepresst sind sie doppelt wertvoll

verfasst von: Martin Krenek-Burger

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Um die Mannigfaltigkeit der Blütenpflanzen zu fassen, streben Botaniker seit den Tagen Linnés ein natürliches System an. Für den neuen „Stammbaum des Lebens“ wurde das Erbgut von mehr als 9.500 Arten, von lebenden und ausgestorbenen, untersucht.

Rieselnde Thymian, bröselnder Kerbel, gequetschtes Veilchen – Blütenpflanzen sammeln, bestimmen, trocknen und auf Herbarbögen spannen ist eine lohnende Tätigkeit, die aber Fingerspitzengefühl erfordert. Schließlich sollen die getrockneten Pflanzen der Wissenschaft noch in ferner Zukunft dienen. Daher gilt es für die Geländebotaniker dieser Welt nicht nur die typischen Merkmale der eingelegten Pflanzen zu erhalten, sondern auch genügend Material für spätere Erbgutanalysen bereitzustellen. Besonders sorgfältig ist man in diesem Punkt an der Universität Heidelberg.

Mit eigenem botanischen Sammlungsmaterial und ihrem Forschungswissen zur Evolution der Kreuzblütler, den Kohlgewächsen, haben der Biowissenschaftler Prof. Dr. Marcus Koch und sein Team am neuen Stammbaum des Lebens mitgewirkt. Dieser Stammbaum ist die Frucht einer internationalen Großstudie. Weltweit analysierten 279 Forscher von 138 Organisationen unter Federführung der Royal Botanic Gardens in Kew (Großbritannien) die Erbinformation von mehr als 9.500 Arten aus fast 8.000 Gattungen – neben bekannten, heute auf der Erde beheimateten Pflanzenarten wurden auch die genetischen Codes jahrhundertealter Sammlungsbelege und bereits ausgestorbener Exemplare untersucht. Das Herbarium in Heidelberg umfasst fast 500.000 Belege. „Aus getrockneten Pflanzen kann auch noch nach Jahrhunderten die DNA, die Erbinformation, isoliert und für evolutionäre Analysen verwendet werden“, erläutert Koch.

Blütenpflanzen machen rund 90 Prozent aller bekannten Pflanzen auf dem Land aus, sind praktisch überall auf der Erde zu finden und werden als Nahrung, Rohstoff oder Energiequelle genutzt. Vor mehr als 140 Millionen Jahren entstanden, beschäftigt die Forschung bis heute die Frage, wie sie diese „Dominanz“ gegenüber anderen Pflanzen entwickeln konnten. Der Stammbaum – unter den 9.500 analysierten Arten sind 800 Blütenpflanzen, deren DNA bis dahin noch gar nicht sequenziert worden ist – ermöglicht nun neue Einblicke in ihre Entstehung und Verwandtschaftsbeziehungen. Die Daten werden dazu beitragen, neue Arten zu identifizieren, die Klassifizierung von Pflanzen zu verfeinern, neue medizinische Wirkstoffe zu entdecken und Pflanzen angesichts des Klimawandels und des Verlusts der biologischen Vielfalt zu erhalten, erläutern die Initiatoren.

Originalpublikation :

A. R. Zuntini, T. Carruthers et al.: Phylogenomics and the rise of the angiosperms, Nature (published online 24 April 2024),

Weitere Informationen:


https://tinyurl.com/3dp7u4ae

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Metadaten
Titel
Pflanzen: Gepresst sind sie doppelt wertvoll
Publikationsdatum
03.05.2024

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