freshidea / stock.adobe.com × ForscherInnen der MedUni Wien konnten zeigen, dass in einer besonders aggressiven und genetisch eigenständigen Subgruppe von Mesotheliomen eine aktivierende Punktmutation im Promoter des TERT-Gens vorliegt. Dadurch wird Telomerase reaktiviert und das Wachstum der malignen Zellen beschleunigt, was zur Aggressivität dieses Mesotheliomsubtyps entscheidend beiträgt. Die Reaktivierung von Telomerase ist ein Schlüsselmechanismus für das unbegrenzte Wachstum von Krebszellen. Auch beim Mesotheliom wird Telomerase angeschaltet, weil ihr Hauptbestandteil TERT im Übermaß produziert wird. Dabei waren die Mechanismen der Re-Aktivierung des dafür zuständigen TERT-Gens bisher weitgehend unklar. Nun gelang es ForscherInnen der MedUni Wien nachzuweisen, dass in einer besonders aggressiven und genetisch eigenständigen Subgruppe von Mesotheliomen eine aktivierende Punktmutation im Promoter des TERT-Gens vorliegt. Der Promoter ist jene Region, die die Ablesung eines Gens reguliert, selbst aber kein Protein kodiert. Die im amerikanischen Top-Journal Clinical Cancer Research publizierte Arbeit hat prognostische Relevanz und entwickelt auch neue gezielte Therapiestrategien für die betroffenen PatientInnen. Mesotheliome treten sehr häufig in Berufsgruppen mit Asbestexposition auf und sind besonders therapieresistent. Während Asbest in Mitteleuropa weitgehend verbannt ist, wird er in Schwellenländern weiter ungebremst verarbeitet. Da die Latenzzeit zwischen Asbest-Kontakt und Krankheitsausbruch aber bis zu 20 Jahren oder sogar mehr beträgt, nimmt die Häufigkeit von Mesotheliom auch im EU-Raum noch immer eher zu. Ein besseres Verständnis der Entartungsmechanismen und die Entwicklung von darauf basierenden, gezielteren Therapien ist daher dringend notwendig. Die vorliegende Publikation entstand als translationales Kooperationsprojekt des Instituts für Krebsforschung der MedUni Wien, der Abteilung für Thoraxchirurgie der MedUni Wien und des AKH Wien sowie des Comprehensive Cancer Center (CCC) der beiden Einrichtungen. Nicht-kodierende Mutationen als Trigger der malignen Erkrankung Während die klassischen genomischen Veränderungen in Krebszellen meist kodierend sind, also zur Produktion veränderter Proteine führen, ist die zentrale Bedeutung regulatorischer Bereiche noch eher unerforscht. Sie bestimmen die Genexpression, also ob und wann Gene transkribiert werden und somit die Menge der Genprodukte. Die wichtigsten regulatorischen Bereiche von Genen werden als Promotoren bezeichnet. Aktivierende Punktmutationen im Bereich des TERT-Gen-Promotors wurden erstmals 2013 in einer Familie mit extrem hoher Krebsneigung beschrieben und stellen in manchen Tumorarten (etwa Glioblastome und Melanome) eine der häufigsten genomischen Veränderungen dar. Hinsichtlich des Mesothelioms konnte die vorliegende Arbeit des CCC nun nachweisen, dass, trotz einer generellen Aktivierung von Telomerase in dieser Krebsart, der TERT-Promoter nur in einer relativ kleinen Subgruppe von PatientInnen mutiert ist. Diese Tumoren zeichnen sich aber durch besondere Aggressivität und ein spezielles genetisches Profil aus. Diese Beobachtung an Patientinnenkollektiven aus mehreren europäischen Ländern legt nahe, dass TERT-Promoter-Mutationen nicht nur die Aktivierung von Telomerase erleichtern, sondern auch mit einer spezifischen Sequenz der Entartung einhergehen. Untersuchungen am Zellmodell Das ForscherInnenteam rund um Prof. Dr. Walter Berger, Institut für Krebsforschung der MedUni Wien, Mitglied des CCC und Leiter der Studie, stellte für die Arbeit aus einer Vielzahl von Mesotheliom-Operationspräparaten immortalisierte, also unsterbliche, Zellmodelle her. Diese erlauben sowohl die Untersuchung von Faktoren der Aggressivität, als auch eine Analyse des Ansprechens auf innovative Arzneimittel. Die Hemmung eines an der spezifischen Aktivierung des mutierten TERT-Promoters beteiligten Proteins scheint dabei besonders vielversprechend. Prof. Berger erklärt: „Die Mutation im TERT-Promoter führt zur erhöhten Bindung von Transkriptionsfaktoren, sogenannten ETS-Faktoren, die das TERT-Gen dann direkt aktivieren. Wir prüfen im Moment, ob eine pharmakologische Blockade der ETS-Faktoren eine gezielte neue Therapiemöglichkeit für PatientInnen mit TERT-Promoter mutiertem Mesotheliom darstellen könnte. Die Mutation wäre in diesem Fall zugleich Biomarker für die Auswahl der geeigneten PatientInnen und Angriffspunkt für die Therapie. Also eine ideale Konstellation für Präzisionsmedizin.“ Referenz: Berger W et al.: Telomerase Reverse Transcriptase Promoter Mutations Identify a Genomically Defined and Highly Aggressive Human Pleural Mesothelioma Subgroup. Clin Cancer Res. 2020 Apr 21. doi: 10.1158/1078-0432.CCR-19-3573. https://clincancerres.aacrjournals.org/content/early/2020/05/29/1078-0432.CCR-19-3573 Quelle: Pressemeldung der Meduni Wien vom 30. Juli 2020