Obwohl wir eine Vielzahl an sehr gut untersuchten Lokalanästhetika (LA) zur Verfügung haben, stellt die zeitlich limitierte Wirkdauer nach operativen Eingriffen immer noch ein praktisches Dilemma dar. Natürlich kann dies mit kontinuierlichen Verfahren umgangen werden. Letztere sind aber zeit-, material- und personalintensiv. Komplikationen und Katheterfehllagen sind ebenfalls zu den Nachteilen zu zählen. Um dieses Problem auf pharmakologischer Basis zu lösen, wurde liposomales Bupivacain entwickelt, welches eine verzögerte Freisetzung und verlängerte Wirkung gewährleisten soll. Bisherige Ergebnisse rechtfertigen noch keinen breiten Einsatz bei gleichzeitig hohen Kosten des Medikaments. So existiert eine Vielzahl an Mischungen mit den unterschiedlichsten Substanzen, um einerseits den Wirkeintritt von LA zu beschleunigen und andererseits deren Wirkung zu verlängern. Vorweg muss festgehalten werden, dass dies in allen Fällen einen „off-label use“ darstellt. Nestor et al. haben in einem umfassenden Review die Thematik beleuchtet (peer-reviewed Artikel von 2011–2021). Das Mischen von konzentrierten Lösungen führt u. a. zu substanziellen Veränderungen von Konzentrationen, pH-Werten (mit dem Risiko des Ausfällens), Kristall- oder Gasbildungen. Dies kann vom völligen Wirkungsverlust bis hin zu einer potenziell schädlichen bzw. toxischen Mischung führen.
Das Mischen von LA mit schnellem Wirkeintritt und solchen mit langer Wirkdauer hat eine lange Tradition. Die Wirkung von LA beruht hauptsächlich auf einem Konzentrationsgradienten, welcher die treibende Kraft für einen Substanzübertritt in das Gewebe darstellt. So bewirkt das Mischen zweier Lösungen ein Verdünnen der jeweils anderen Komponente. Darüber hinaus können unterschiedliche pH-Werte ebenfalls die Anteile der ionisierten und nichtionisierten Moleküle (relevant für die Wirkung) verschieben. Am Beispiel Lidocain und Bupivacain führt dies zu einer Absenkung des pH-Wertes und einer Abnahme der nichtionisierten Lidocain-Fraktion. Der gewünschte Effekt eines schnellen Wirkeintritts ist somit nicht erreicht. Dies konnte auch in klinischen Studien belegt werden. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass eine Kombination aus kurzwirksamen und langwirksamen LA die Wirkdauer der langwirksamen Komponente verkürzt. Die Maximaldosen von LA-Mischungen sind immer in der Gesamtmenge beider Substanzen zu betrachten. Eine Dosisreduktion einer Substanz durch die Zugabe einer zweiten Substanz kann nicht funktionieren. Auch das toxische Potenzial kann sich durch das Mischen von LA erheblich verändern. Die Kombination von Lidocain und Ropivacain kann die Neurotoxizität von Lidocain erheblich steigern.
Adrenalin
Die Zugabe von Adrenalin zu LA wird seit Jahrzehnten praktiziert. Durch eine lokale Vasokonstriktion wird die systemische Absorption des applizierten LA verzögert, was wiederum niedrigere Plasmakonzentrationen zur Folge hat. Lidocain und Bupivacain sind in adrenalinhaltigen Lösungen verfügbar. Beide Substanzen haben vasodilatierende Eigenschaften, welche durch Adrenalin kompensiert werden. Dies resultiert in einer Verlängerung der sensiblen und motorischen Blockade. Der klinische Effekt ist zwar messbar, jedoch von vernachlässigbarer Bedeutung. Ropivacain besitzt vasokonstriktive Eigenschaften. Die Zugabe von Adrenalin kann zu einer erheblichen Beeinträchtigung der axonalen Blutversorgung führen. Bei Patient*innen mit peripherer Neuropathie soll Adrenalin nicht zum Einsatz kommen.
Opioide
Opioide verstärken die antinozizeptive Wirkung über eine Hyperpolarisierung afferenter Fasern über G‑Protein-gekoppelte Rezeptoren. Sie verzögern den Abtransport von LA von ihrem Wirkort. Lidocain kann mit Morphin oder Fentanyl gemischt werden. Bupivacain ist kompatibel mit Hydromorphon, Morphin und Fentanyl. Ropivacain kann in Kombination mit Morphin, Fentanyl oder Sufentanil verwendet werden. Die Kombination von LA und Opioiden ist im Rahmen der Spinal- und Epiduralanästhesie von klinischer Bedeutung. Buprenorphin ist insofern hervorzuheben, als es lokalanästhetische Eigenschaften aufweist. Kommt es bei peripheren Nervenblockaden zum Einsatz, führt dies zu einer deutlichen Verlängerung der postoperativen Analgesie. Nachteilig ist eine deutliche Zunahme von postoperativer Übelkeit und Erbrechen („postoperative nausea and vomiting“, PONV). Aufgrund einer heterogenen Datenlage kann keine Empfehlung für die Anwendung von Opioiden bei peripheren Blöcken gegeben werden.
Bikarbonat
Bikarbonat hebt den pH-Wert einer Lösung, was eine Zunahme der nichtionisierten Form eines LA zur Folge hat. Dies resultiert in einem beschleunigten Wirkeintritt. Die empfohlene Dosis von Bikarbonat 8,4 % ist ein Milliliter pro 10 ml LA. Bikarbonat kann nicht mit Bupivacain, Levobupivacain oder Ropivacain gemischt werden, weil es zu Präzipitaten führt. Die meisten Erfahrungen existieren in der Mischung mit Lidocain, was eine stabile Lösung ergibt und zu einem rascheren Wirkeintritt führt.
Steroide
Steroide verlängern die Analgesie über eine Blockade der C‑Fasern. In den letzten Jahren wurde vor allem die Anwendung von Dexamethason als nichtkristallines bzw. wasserlösliches Steroid im Rahmen von Nervenblockaden untersucht. In einer Mischung mit Ropivacain kommt es allerdings zur Ausbildung von Präzipitaten. Dieser Effekt tritt nicht auf, wenn Dexamethason mit Lidocain oder Bupivacain gemischt wird. Nach intravenöser Applikation von Dexamethason (als PONV-Prophylaxe) wurde ebenfalls eine Verlängerung motorischer und sensibler Blockaden beobachtet. In einer rezenten Untersuchung konnten keine Vorteile einer perineuralen Gabe von Dexamethason gegenüber einer intravenösen Gabe festgestellt werden. Insgesamt sind die Studienergebnisse diesbezüglich allerdings sehr unterschiedlich. Letztlich sind die beobachteten Unterschiede in der Wirkverlängerung nicht von klinischer Relevanz.
Dexmedetomidin
Im Zuge der Verbreitung als Sedativum wurde auch die Wirkung im Rahmen von Regionalanästhesien untersucht. Die perineurale Anwendung führt zu einer signifikanten Verlängerung von motorischen und sensiblen Blockaden. Als Nebenwirkungen wurden Bradykardien, Hypotensionen und sedierende Effekte beobachtet. Ob die perineurale Gabe einer systemischen überlegen ist, kann noch nicht abschließend beurteilt werden.
Fazit für die Praxis
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Das Mischen von Lokalanästhetika (LA) sollte der Vergangenheit angehören. Inkompatibilitäten und unkalkulierbare Veränderungen der Wirkprofile sind die wesentlichen Gründe dafür. Von den zahlreichen Adjuvantien ist derzeit vor allem das wasserlösliche Dexamethason in Verwendung. Die intravenöse Gabe ist der perineuralen Injektion vom klinischen Aspekt her annähernd gleichzusetzen und im Rahmen einer Prophylaxe von postoperativer Übelkeit und Erbrechen auch nicht „off-label“. Zu Dexmedetomidin fehlen noch wesentliche Erkenntnisse, um eine ausreichende Bewertung vorzunehmen.
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Nestor et al. beleuchten in ihrem Review noch weitere Substanzen, die als Adjuvanzien im Rahmen von Regionalanästhesien untersucht wurden, letztlich aber keinen Einzug in die klinische Praxis fanden. In einer übersichtlichen Tabelle sind mögliche Kombinationen und deren Kompatibilität angeführt. Die Autoren weisen ausdrücklich auf den „off-label use“ und die damit verbundenen Probleme hin.
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.