Dr. Josef Penninger wird wissenschaftlicher Geschäftsführer des deutschen Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung. Gleichzeitig übernimmt der Genetiker eine „25-Prozent-Professur“ für Personalisierte Medizin und wird helfen, das neue Eric-Kandel-Institut zu gestalten. „Ich habe Eric versprochen, dass ich mich darum kümmern werde“, sagt der Genetiker.
Josef Penninger leitete von 2003 bis 2018 als Gründungsdirektor das Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien. 2018 übernahm er die Leitung des Life Sciences Institute (LSI) der University of British Columbia (Kanada), seinen Angaben zufolge das größte derartige Institut an einer kanadischen Uni mit rund 1.000 Mitarbeitern und 90 Forschungsgruppen. „Das habe ich nun 4,5 Jahre gemacht und es war eine interessante Zeit. Dann haben mich Helmholtz und die MUW angesprochen, ob ich mir vorstellen kann, wieder nach Europa zurückzukommen. Das war ein tolles Angebot, und ich bin wahnsinnig glücklich, dass das etwas geworden ist“, erklärte der 58-jährige gebürtige Oberösterreicher.
Mit dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) übernimmt Penninger vom bisherigen Leiter Dirk Heinz eine ähnlich große Einrichtung wie das LSI: Das Forschungszentrum mit Hauptsitz in Braunschweig und Einrichtungen in fünf weiteren deutschen Städten beschäftigt ebenfalls rund 1.000 Personen und verfügte im Vorjahr über ein Budget von 134 Mio. Euro, rund ein Drittel davon sind Drittmittel. Größter Gesellschafter (90 Prozent) und Geldgeber (85 Mio. Euro) ist die Bundesrepublik Deutschland, Anteile halten auch mehrere Bundesländer. Mehr als 50 Forschergruppen am HZI arbeiten in den Schwerpunkten bakterielle und virale Krankheitserreger, Immunantwort und -interventionen sowie Antiinfektiva (Arzneimittel zur Behandlung von Infektionskrankheiten).
„Ich arbeite jetzt schon 70 bis 80 Stunden in der Woche inklusive Wochenende – das ist sehr leicht vereinbar“, sagt Penninger. „Ich bin zu 100 Prozent Direktor des HZI und habe auch eine 25-Prozent-Professur in Wien, mit der Aufgabe mitzuhelfen, das Eric-Kandel-Institut zu gestalten.“
Braunschweig werde ab Oktober sein Lebensmittelpunkt werden, in Wien werde er ein paar Tage oder eine Woche pro Monat sein, um die notwendigen Schritte zum Aufbau des Kandel-Instituts zu setzen. Das habe er seinem Mentor, dem 1929 in Wien geborenen, von den Nazis aus seiner Heimat vertriebenen US-Neurobiologen und Medizin-Nobelpreisträger Eric Kandel (93) versprochen, sei also „etwas Persönliches“ und „das tue ich mit größter Leidenschaft“.
Er sei überzeugt, dass es „wunderbare Synergien zwischen HZI und der MUW geben wird und wir gemeinsame Projekte entwickeln können“, sagt Penninger. Er erinnerte daran, dass auch in Österreich mit dem Semmelweis-Institut ein universitätsübergreifendes Institut aufgebaut werden soll, das sich dem Thema Infektionen widmet. Das HZI sieht er als „fantastische Forschungsorganisation“, er habe aber schnell gesehen, dass das Zentrum „frisches Blut, neue Ideen und junge Forscher braucht“. Deshalb will er 20 neue Forschungsgruppen an das Zentrum holen. Noch werde das Budget dafür verhandelt, er habe um jährlich 20 Mio. Euro zusätzlich dafür angefragt.
Während die eine Hälfte dieser Gruppen traditionell arbeiten, also hypothesegetriebene Forschung betreiben soll, will er für die andere Hälfte „ein Programm aufsetzen“ und sie „auf neue Technologien loslassen“. Ziel sei, neue Technologien zu entwickeln, die auf Viren und Bakterien basieren. „Viren und Bakterien sind wahnsinnig interessant und wir können viel von ihnen lernen“, meint der neue HZI-Chef. Als Beispiele nennt er die Fähigkeit von Viren und Bakterien zur Adaption an Klimaänderungen, die Entwicklung synthetischer Bakterien, die etwa Energie produzieren oder Plastik auffressen, oder die Entdeckung neuer Virenstämme, die man besser in der Medizin einsetzen kann, weil sie präziser an bestimmte Tumoren binden. Explizites Ziel dabei sei, „nicht nur zu forschen, damit wir das nächste gute Paper haben, sondern um neue Firmen zu gründen“.
Das HZI will Penninger „zum besten Institut der Welt für Infektionsbiologie“ machen. Dieselbe Vision hat der Genetiker auch für das Eric-Kandel-Institut: Es soll – so wie das von ihm aufgebaute IMBA und das Institut für molekulare Pathologie (IMP) in Wien in der Grundlagenforschung zur Weltklasse gehören – „absolute Weltklasse sein für mehr angewandte biomedizinische Forschung“. Zudem solle es jungen Ärzten und Forschungsgruppen am Allgemeinen Krankenhaus (AKH) einen Platz geben, um ihre Ideen umzusetzen. „Wir müssen für die vielen jungen Talente, die in Wien Medizin studieren, und für die tollen Ärzte am AKH Strukturen schaffen, damit diese nicht verloren gehen, dass sie anständig bezahlt werden und genug Zeit haben zu forschen.“
Prävention, Diagnose, Therapie
Penninger will selbst auch weiter forschen, wobei es ihm dabei primär um die Entwicklung von Werkzeugen und Plattformen geht, die anderen Gruppen zugute kommen. „Ich definiere mich als Forscher, das ist meine Leidenschaft.“ Seine Forschungsgruppe, die er nach dem Wechsel nach Kanada am IMBA behalten hat, will er an die Medizin-Uni transferieren, sobald das Gebäude für das Eric-Kandel-Institut 2026 fertig ist. Ab dann sollen an dem Institut am Campus der MedUni Wien rund 200 Forscher individuell auf einzelne Patientinnen und Patienten zugeschnittene Präventions-, Diagnose- und Therapiemethoden entwickeln. Die Kosten für die Forschungseinrichtung in Höhe von 90 Mio. Euro werden zu einem großen Teil aus dem EU-Wiederaufbaufonds (75 Mio. Euro für den Bau) getragen, weitere zwei Mio. Euro wurden durch Spenden aufgebracht, den Rest finanzieren Bund und MedUni.