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Erschienen in: Journal für Gynäkologische Endokrinologie/Österreich 3/2022

Open Access 05.09.2022 | Menopause heute und morgen

Hormonsprechstunde: Hautveränderungen bei häufigen endokrinen Störungen

verfasst von: Dr. Daniel Mayrhofer

Erschienen in: Gynäkologie in der Praxis | Ausgabe 3/2022

Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Die Haut hat als größtes Organ des menschlichen Körpers nicht nur eine essenzielle Schutz- und Stützfunktion, der Zustand der Haut erlaubt auch Rückschlüsse auf zahlreiche Erkrankungen. Hautveränderungen führen häufig zu Stigmatisierung und können mit einem hohen Leidensdruck der Betroffenen einhergehen. Daher ist es auch für Nichtdermatolog*innen sinnvoll, sich mit häufig vorkommenden Erkrankungen und deren Hautmanifestationen auseinanderzusetzen. Viele endokrine Störungen weisen spezifische oder unspezifische Hautmanifestationen auf. Im Folgenden wird auf drei endokrine Störungen eingegangen, welche häufig in der gynäkologischen Praxis anzutreffen sind. Das Hauptaugenmerk in der Therapie der genannten Erkrankungen bzw. Hautsymptomatik liegt stets in der Behandlung der Grunderkrankung. Um für Betroffene eine möglichst optimale Behandlung zu gewährleisten, ist ein interdisziplinäres Management sinnvoll.

Diabetes mellitus (DM)

Diabetes mellitus ist die häufigste endokrine Erkrankung und zeichnet sich entweder durch einen Insulinmangel (DM Typ 1) oder durch eine gestörte Insulinsekretion und -wirkung im Gewebe mit daraus resultierender „Insulinresistenz“ (DM Typ 2) aus. Ein gestörter Blutzuckerhaushalt hat Auswirkungen auf zahlreiche Organe wie die Nieren, Augen, peripheren Nerven, Gefäße, und eben auch die Haut. Hautmanifestationen bei DM sind äußerst variabel, lassen sich aber bei bis zu 80 % der Patientinnen beobachten, wobei Patient*innen mit DM Typ 2 häufiger betroffen sind als jene mit DM Typ 1 [1]. Es kann zwischen spezifischen und sekundär, im Rahmen der metabolischen Veränderungen auftretenden Hauterscheinungen unterschieden werden [2]. Zentraler Bestandteil der Behandlung aller dermatologischen Begleiterkrankungen des DM ist die adäquate antidiabetische Therapie mit oralen Antidiabetika und/oder Insulin. Additiv können topische Medikamente wie Salben und Cremen angewendet werden.
Chronischer Juckreiz (Pruritus) tritt bei bis zu 49 % aller DM-Patientinnen auf und kann klinisch als trockene Haut oder als erythematöse Papeln in Erscheinung treten. Neben der Normalisierung des Blutzuckerspiegels spielt v. a. die richtige Hautpflege eine wichtige Rolle. Urea-haltige Cremen wirken feuchtigkeitsspendend, Substanzen wie Polidocanol oder Menthol wirken antipruriginös. In seltenen und besonders ausgeprägten Fällen stellen orale Antihistaminika, Antidepressiva oder eine Phototherapie mit ultraviolettem Licht weitere Therapieoptionen dar [3, 4].
Bei der Acanthosis nigricans kommt es durch hohe Insulinspiegel zur Stimulierung der Keratinozytenproliferation. Klinisch zeigt sich ein symmetrisches Auftreten von intertriginösen, hyperkeratotischen und hyperpigmentierten Plaques, meistens im Bereich des Halses/Nackens und/oder der Axilla [5]. Die Acanthosis nigricans kann bereits prädiabetisch auftreten und kann auch bei Vorliegen eines PCO-Syndroms oder einer Adipositas vorkommen. Die Behandlung erfolgt mit kreatinolytischen Substanzen, Retinoiden, Urea-Cremen und/oder Salicylsäurepräparaten [5].
Vitiligo kommt bei 2–10 % aller DM-Typ-I-Patient*innen vor, zeichnet sich durch scharf begrenzten, fleckförmigen Verlust von Hautpigmenten, v. a. im Gesicht, an den Extremitäten sowie am Hals und Stamm, aus. Sie ist auch mit anderen Autoimmunerkrankungen wie z. B. Schilddrüsenerkrankungen assoziiert. Für die Betroffenen stehen meistens die kosmetischen Einschränkungen im Vordergrund ihres Leidens. Neben topischen Kortikosteroiden können Calcineurininhibitoren oder eine UV-Phototherapie zu Anwendung kommen [3].
Bis zu 40 % der DM-Patient*innen sind von der diabetischen Dermopathie betroffen, welche sich klinisch als asymptomatische, erythematöse Maculae oder Papeln mit rascher Größenprogredienz, meist als Folge kleinerer Verletzungen an den unteren Extremitäten, zeigt. Es kommt zur spontanen Abheilung, jedoch bleiben braune hypotrophe Narben zurück [3].
Zu den selteneren Hauterscheinungen zählt die Necrobiosis lipoidica diabeticorum (NLD), welche 0,3–1,6 % aller DM-Patient*innen betrifft. Am Anfang bilden sich erythematöse Papeln, welche sich im weiteren Verlauf zu scharf begrenzten, verhärteten Plaques mit zentraler, gelblicher Pigmentierung und rot-bräunlicher peripherer Umrandung umwandeln. Typisch ist ein symmetrischer Befall, v. a. der Vorderseiten der unteren Extremitäten. In bis zu einem Drittel der Fälle können Ulzerationen auftreten, welche ein erhöhtes Risiko für bakterielle Infektionen darstellen [2, 3]. Die Behandlung erfolgt mit topischen und/oder systemischen Immunsuppressiva (Kortikosteroide, Tacrolimus, Ciclosporin). In seltenen Fällen kommt es zur spontanen, narbigen Abheilung [3].
Bei der Bullosis diabeticorum zeigen sich verhärtete, seröse, schmerzlose Blasen, v. a. an den unteren Extremitäten, welche innerhalb weniger Wochen spontan abheilen. Therapeutisch steht neben der optimalen Blutzuckereinstellung die Vorbeugung einer sekundären bakteriellen Infektion im Vordergrund [3].
Scleroderma adultorum (Typ III) ist gekennzeichnet durch flächige, ödematöse Schwellungen der Haut an Rücken, Gesicht, Schultern und Hals durch die vermehrte Einlagerung von Mukopolysacchariden und Kollagen. Wie bei allen DM-assoziierten Hauterscheinungen ist hier die Einstellung des Blutzuckers die kausale Therapie. Additiv können Physiotherapie und Phototherapie angewendet werden [3].
Das diabetische Fußsyndrom, bakterielle Hautinfektionen, Hautmykosen und Wundheilungsstörungen sind sekundäre Komplikationen der diabetischen Angio- bzw. Neuropathie.

Erkrankungen der Schilddrüse (SD)

Schilddrüsenerkrankungen können vielfältige Ursachen haben. Es ist essenziell, zwischen Funktionsstörungen (Hypo- und Hyperthyreose) und Autoimmunerkrankungen zu unterscheiden, wobei diese auch kombiniert auftreten können. Die serologische Abklärung bei allen Schilddrüsenerkrankungen beinhaltet zunächst die Bestimmung des thyreoideastimulierenden Hormons (TSH); bei Auffälligkeiten ist weiterführend die Bestimmung von freiem Trijodthyronin (fT3) und freiem Thyroxin (fT4) angezeigt. Bei Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung ist der serologische Nachweis von Antikörpern gegen die Thyreoperoxidase (Anti-TPO) oder den TSH-Rezeptor (TRAK) wegweisend [4].
Die Hautmanifestationen von Schilddrüsenerkrankungen lassen sich pathophysiologisch dadurch erklären, dass die SD-Hormone die Sensitivität der alpha- und beta-adrenergen Rezeptoren gegenüber Katecholaminen beeinflussen [2]. Bei der Hyperthyreose kann es zu „hot flushes“ im Gesichts- und Halsbereich, Erythemen der Handflächen, Hyperhidrose der Hand- und Fußflächen, Onycholysen sowie Ausdünnung des Haupthaars kommen. In der Behandlung steht die Therapie der Grunderkrankung mit Thyreostatika, Radiojodtherapie oder operativer Sanierung (Thyreoidektomie/Strumektomie) im Vordergrund [2, 4].
Im Gegensatz zeigen sich bei der Hypothyreose v. a. eine trockene, kühle und marmorierte Haut, spröde Haare und Nägel sowie partielle Alopezie/Effluvium. Durch die verminderte hepatische Konversion von Carotin zu Vitamin A kann es zu einer Gelbfärbung der Haut, v. a. der Handflächen, Fußsohlen und Nasolabialfalten (Karotinämie), kommen. In besonders ausgeprägten Fällen besteht das Risiko des Auftretens eines Myxödems [2, 4]. Die Therapie ist durch die ausreichende Substitution mit SD-Hormonen gekennzeichnet. Bei starkem Leidensdruck können auch topische Kortikosteroide, Calcineurininhibitoren oder Phototherapie angewendet werden [4].

Hyperandrogenämie

Mehrere Erkrankungen können für eine Hyperandrogenämie ursächlich sein. Das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) stellt die weitaus häufigste dar, wobei sich der Androgenexzess laborchemisch oder klinisch (mit normalen Androgenwerten) präsentieren kann. Weitere mögliche Ursachen beinhalten das nichtklassische adrenogenitale Syndrom (AGS), benigne/maligne Tumoren, M. Cushing sowie medikamenteninduzierte Hyperandrogenämien (anabole Steroide, Gestagene, Danazol). Klinisch manifestiert sich die Hyperandrogenämie mit Acne vulgaris, Hirsutismus, androgener Alopezie und/oder Acanthosis nigricans [4, 6].
Neben der Anamnese (Symptombeginn, Progression, Zyklusanamnese etc.) und der klinischen Untersuchung (inkl. sonographischer Beurteilung der Ovarien) erfolgt die serologische Diagnostik mittels der Bestimmung des Hormonstatus, welcher folgende Parameter beinhalten sollte: follikelstimulierendes Hormon (FSH), luteinisierendes Hormon (LH), Gesamttestosteron, freies Testosteron, sexualhormonbindendes Hormon (SHBG), Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEAS) und Prolaktin [4, 6]. Zur klinischen Beurteilung des Androgenexzesses kann der revidierte Ferriman-Gallwey-Score herangezogen werden, wobei ein Score von ≥ 8 Punkten als auffällig gilt [4].
Üblicherweise besteht der erste Schritt in der Behandlung aus der Verordnung von kombinierten oralen Kontrazeptiva. Hierzu werden idealerweise Präparate mit antiandrogener Gestagenkomponente gewählt (Cyproteronacetat, Chlormadinonacetat, Dienogest und Drospirenon). Beim PCOS kann neben der Lebensstilmodifikation (Ernährungsumstellung, Gewichtsreduktion etc.) ein Therapieversuch mittels Metformin oder Myo-Inositol sinnvoll sein. Beim nichtklassischen AGS besteht die Therapie aus einer lebenslangen Substitution von Hydrocortison oder Prednisolon. Hormonproduzierende Tumoren sollten operativ entfernt werden [4, 6].

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

D. Mayrhofer gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden vom Autor keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Literatur
4.
Zurück zum Zitat Ott J, Hager M, Mayrhofer D, Valencak J (2019) Die Haut als Spiegel hormoneller Veränderungen. JATROS Dermatol Plast Chir 4:6–11 Ott J, Hager M, Mayrhofer D, Valencak J (2019) Die Haut als Spiegel hormoneller Veränderungen. JATROS Dermatol Plast Chir 4:6–11
Metadaten
Titel
Hormonsprechstunde: Hautveränderungen bei häufigen endokrinen Störungen
verfasst von
Dr. Daniel Mayrhofer
Publikationsdatum
05.09.2022
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Gynäkologie in der Praxis / Ausgabe 3/2022
Print ISSN: 3005-0758
Elektronische ISSN: 3005-0766
DOI
https://doi.org/10.1007/s41974-022-00236-9

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