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Erschienen in: rheuma plus 2/2024

Open Access 27.10.2023 | Arbeitsmedizin

Arbeitsbeeinträchtigung bei Patienten mit axialer Spondyloarthritis in Österreich

Ergebnisse einer multizentrischen Fragebogenuntersuchung (ATTENTUS-axSpA [AT])

verfasst von: Dr. Judith Haschka, Dr. Wolfgang Kranewitter, Dr. Miriam Hucke, Richard Finsterwalder, PhD, Prof. Dr. Dirk Meyer-Olson, Ludwig Hammel, PD Dr. Uta Kiltz, PD Dr. Burkhard Leeb

Erschienen in: rheuma plus | Ausgabe 2/2024

Zusammenfassung

Hintergrund: Axiale Spondyloarthritis (axSpA) bringt für Patienten neben körperlicher und psychischer Beeinträchtigung oft eine verminderte gesundheitsbezogene Lebensqualität mit sich. Mit dem Krankheitsbeginn im erwerbsfähigen Alter ist vor allem das Arbeitsleben betroffen. Ziel dieser Untersuchung war es, die Auswirkungen der axSpA-Erkrankung auf die Erwerbssituation und Arbeitsbeeinträchtigung bei Patienten mit axSpA-in Österreich zu analysieren.
Methodik: ATTENTUS-axSpA (AT) war eine multizentrische, querschnittliche Fragebogenuntersuchung von österreichischen axSpA-Patienten, die zwischen 114 und 153 Fragen pro Patient zu demografischen und klinischen Charakteristika, der Erwerbssituation und Arbeitsbeeinträchtigung, patientenberichteten Endpunkten (PROs) und der medizinischen Rehabilitation beinhaltete.
Ergebnisse: Daten von insgesamt 82 Patienten wurden ausgewertet (59,8 % in Vollzeitbeschäftigung; 11,0 % in Teilzeitbeschäftigung; 29,3 % derzeit nicht berufstätig). Obwohl 84,1 % der Patienten (n = 69) eine medikamentöse Therapie erhielten, berichteten 81,7 % der Patienten (n = 67) von axSpA bedingten Auswirkungen auf ihre Fähigkeit normalen täglichen Aktivitäten nachzugehen. Bei über der Hälfte (58,1 %, n = 43) der derzeit erwerbsfähigen Patienten (n = 74) lag eine eingeschränkte Arbeitsleistung vor. Diese Patienten zeigten ein erhöhtes Maß an Präsentismus hatten häufiger einen Grad der Behinderung, waren weniger oft vollzeitbeschäftigt und berichteten von mehr Einschränkungen in den PROs als Patienten mit uneingeschränkter Arbeitsleistung. Behinderung, Bezug von Krankengeld, und berufliches ausgebremst werden oder Änderungen der Karrierepläne waren häufig.
Schlussfolgerungen: Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass trotz medikamentöser Therapie eine erhebliche Arbeitsbeeinträchtigung in der österreichischen axSpA-Population vorliegt.
Hinweise
Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in diesem Manuskript das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Hintergrund

Axiale Spondyloarthritis (axSpA) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung, die vor allem mit chronischen Rückenschmerzen einhergeht [1]. Da die Erkrankung oft Menschen im frühen berufsfähigen Alter betrifft, kann sie beträchtliche Einschränkungen im Arbeitsleben wie auch im Privaten nach sich ziehen. Das Ziel dieser Untersuchung war daher die Beschreibung der österreichischen axSpA-Patientenpopulation, insbesondere mit Hinblick auf den Effekt der Erkrankung auf die Erwerbssituation und Arbeitsbeeinträchtigung.
Die Erkrankung manifestiert sich in der Regel im dritten Lebensjahrzehnt [1], jedoch wird die Diagnose häufig erst zeitverzögert gestellt [2, 3]. AxSpA betrifft hauptsächlich das axiale Skelett. Die Krankheit kann zu strukturellen Schäden führen und ist vor allem durch entzündlichen Rückenschmerz gekennzeichnet; weitere typische Manifestationen sind Arthritis, Enthesitis, chronische Darmerkrankungen und Uveitis [1]. Abhängig vom Grad der strukturellen Schädigung wird die nicht röntgenologische axSpA (nr-axSpA) von der radiografischen axSpA mit dem Vollbild der ankylosierenden Spondylitis (AS) unterschieden [4].
Die Diagnose der axSpA wird häufig zeitverzögert gestellt
Die Krankheit kann zu Beeinträchtigungen der körperlichen Funktionsfähigkeit und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität führen sowie infolgedessen ebenfalls die psychische Gesundheit beeinträchtigen [5]. Studien zeigen Einschränkungen im sozialen, familiären und beruflichen Bereich der Patienten [5, 6]. Naturgemäß führen die Beschwerden auch zu einer Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit. Dies ist für junge Patienten besonders bedeutsam und geht mit finanziellen Belastungen einher. Daher ist es wichtig, die Auswirkungen von axSpA aus der Patientensicht der österreichischen Bevölkerung zu verstehen.
Verschiedene Studien haben bereits die Auswirkungen der Erkrankung auf axSpA-Patienten untersucht; diese zeigen, dass axSpA die Arbeitsplatzwahl und Arbeitsleistung beeinflusst, zu krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (Absentismus) führen sowie verringerte Produktivität während der Arbeit (Präsentismus) und Arbeitslosigkeit nach sich ziehen kann [712]. Auch wenn Studien im europäischen Raum durchgeführt wurden [810, 1315] und der EMAS-Survey [7, 8] Daten von österreichischen Patienten beinhaltet, so sind Daten für die österreichische axSpA-Patientenpopulation [16] insgesamt limitiert.
Das Ziel dieser Arbeit war es daher, mittels einer Fragebogenuntersuchung die Auswirkungen der Erkrankung auf die Erwerbssituation und Arbeitsbeeinträchtigung von axSpA-Patienten in Österreich darzustellen. Um ein ganzheitliches Bild der Einschränkungen zu erlangen, denen Patienten möglicherweise ausgesetzt sind, wurden entsprechend gegenwärtiger Empfehlungen [17, 18] Daten zu verschiedenen demografischen und klinischen Charakteristika wie auch patientenberichteten Endpunkten (patient-reported outcomes [PROs]) erhoben. Ein besseres Verständnis von den Schwierigkeiten, denen axSpA-Patienten im Arbeitsleben begegnen können, ist nötig, um deren medizinische Bedürfnisse besser einordnen und adressieren zu können.

Methodik

Studiendesign

Das Projekt ATTENTUS-axSpA (AT) war eine multizentrische Querschnittsstudie, die zwischen dem 10.07.2020 und 30.06.2021 in Österreich als Fragebogenuntersuchung durchgeführt wurde. Die Fragebogenuntersuchung hat ein breites Spektrum an Daten erhoben, darunter demografische Informationen, Informationen zur Erwerbssituation und Arbeitsbeeinträchtigung, klinische Informationen, Teilnahme an Rehabilitationsprogrammen und PROs. Vier österreichische Studienzentren haben Patienten in die Fragebogenuntersuchung eingeschlossen (Klinikum Wels-Grieskirchen, Klinikum Klagenfurt, Rheuma-Zentrum Wien-Oberlaa, Ordination PD Dr. Leeb, Hollabrunn). Die Fragebogenuntersuchung wurde von den entsprechenden Ethikkommissionen der Wiener Krankenhäuser der Vinzenz Gruppe (EK-Nummer: EK06/2020), des Landes Kärnten (EK-Nummer: MZ42/19), des Landes Niederösterreich (EK-Nummer: GS1-EK-4/636-2020) und des Landes Oberösterreich (EK-Nummer: 1231/2019) zugelassen.

Fragebogen

Der Fragebogen bestand aus 114 bis 153 Fragen pro Patient (teils als übergeordnete Fragen mit Folgefragen, die Patienten ggf. beantworten mussten) in deutscher Sprache und war in vier Teile aufgeteilt:
  • Teil 1 erfasste demografische Daten, beispielsweise zu Alter, Geschlecht, Familienstand, Schulabschluss und Berufstätigkeit. Ebenso wurden Fragen zur Erwerbssituation und Arbeitsbeeinträchtigung gestellt, einschließlich der Auswirkung von axSpA auf die Arbeitsleistung, Arbeitsfähigkeit, berufliche Wiedereingliederungs- und Rehabilitationsmaßnahmen. Zusätzlich wurde der Work Productivity and Activity Impairment Questionaire für axSpA (WPAI-axSpA) erhoben. Dieser häufig verwendete Fragebogen zur Arbeitsproduktivität ermöglicht eine bessere Vergleichbarkeit zwischen Studien [18]. Einige Fragen führten zu Folgefragen, die nur für Patienten galten, die bestimmte Merkmale erfüllten (z. B. wurde der WPAI-axSpA nur von berufstätigen Patienten beantwortet). Teil 1 umfasste somit zwischen 24 und 39 Fragen.
  • Teil 2 erfasste klinische Daten mit 10 Fragen beispielsweise zu Diagnose, Krankheitssymptomen und Medikamenteneinnahme.
  • Teil 3 erfasste die Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen mit Fragen zur Teilnahme an medizinischen Rehabilitationsmaßnamen und allgemeinen Bewegungsmaßnahmen. Einige Fragen führten zu Folgefragen, die nur für Patienten galten, die bestimmte Merkmale erfüllten. Teil 3 umfasste somit zwischen 6 und 29 Fragen.
  • Teil 4 umfasste die folgenden 4 standardisierten PRO-Fragebögen (in deutscher Version): den Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index (BASDAI) mit 6 Fragen zur Krankheitsaktivität; den Bath Ankylosing Spondylitis Functional Index (BASFI) mit 10 Fragen zu Einschränkungen im Alltag, besonders zu Funktionseinschränkungen; den Assessment of SpondyloArthritis International Society (ASAS-)Gesundheitsindex samt Umweltfaktoren mit 26 Fragen zur körperlichen Leistungsfähigkeit und zum Gesundheitszustand; den Health Assessment Questionnaire for the Spondyloarthropathies (HAQ-S) mit 32 bis 33 Fragen zum Erfassen des Schweregrads der Behinderung durch axSpA in 16 verschiedenen Themenbereichen.

Auswahl und Definition der Studienpopulation

Die geplante Anzahl an Studienteilnehmern insgesamt über alle teilnehmenden Zentren war 144 Patienten. Alle teilnehmenden Patienten hatten eine ärztlich gesicherte Diagnose einer axSpA von ihrem jeweils behandelnden Arzt; axSpA war definiert nach ICD-10 Code M45. Weitere Einschlusskriterien waren ein Mindestalter von 18 Jahren, ein ausreichendes Verständnis der deutschen Sprache zum Beantworten des deutschsprachigen Fragebogens und die unterschriebene Patienteninformation und Datenschutzerklärung.
Von der Fragebogenuntersuchung ausgeschlossen wurden Patienten mit Erkrankungen oder anderen Einschränkungen, welche nach Ermessen des Studienarztes eine unabhängige Einwilligung oder das Ausfüllen des Fragebogens beeinträchtigen würden, Mitarbeiter der Studienzentren sowie deren Angehörige und Mitarbeiter der Novartis Pharma GmbH sowie deren Angehörige.
Nach der Datenerhebung wurde der Datensatz bereinigt: Von der Analyse ausgeschlossen wurden Patienten, die die Umfrage nicht vollständig ausgefüllt hatten, den Fragebogen in weniger als 7 min beantworteten oder teils unplausible Angaben machten (z. B. widersprüchliche Antworten).
Die verbliebenen Patienten wurden als „Gesamtstudienpopulation“ bezüglich demografischer und klinischer Charakteristika sowie allgemeiner Arbeitscharakteristika definiert. Zudem sollte ein besserer Überblick über die Unterschiede zwischen Patienten nach Einschränkung in der Arbeitsleistung hinsichtlich weiterer Arbeitscharakteristika sowie PROs und medizinischer Rehabilitation gewonnen werden. Daher wurden in weiterer Folge Patienten ausgeschlossen, die zum Zeitpunkt der Datenabfrage nicht erwerbsfähig waren und für die Fragen zur derzeitigen Arbeitsbeeinträchtigung somit irrelevant waren (Pensionisten, Auszubildende, Studenten und Schüler). Die verbleibende Gruppe wurde als „Arbeitsstudienpopulation“ definiert und nochmals in 2 Gruppen unterteilt: Patienten, die in ihrer Arbeitsleistung eingeschränkt waren, und Patienten, die in ihrer Arbeitsleistung uneingeschränkt waren.

Durchführung

Die Patienten füllten den Fragebogen digital per Tablet in ihren jeweiligen Studienzentren aus, nachdem ihr Arzt sie über den Fragebogen aufgeklärt hatte und die Patienten eine schriftliche Einwilligung zur Teilnahme und Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten erteilt hatten. Die Umfrage wurde von der Mondosano GmbH im Auftrag der Novartis Pharma GmbH auf einer von der Mondosano GmbH extern verwalteten Website durchgeführt. Die Ausfüllzeit des Fragebogens betrug etwa eine Stunde.

Datenanalyse

Vorab wurden die Teilnehmer validiert (d. h., Antworten auf Plausibilität geprüft) und die Daten bereinigt; Daten, die fehlerhaft erschienen, wurden entweder angepasst, sofern dies plausibel erschien (z. B. Umwandlung von vermeintlichen Monatsangaben in Jahre, wenn nach Jahren gefragt war) und andernfalls als fehlend betrachtet bzw. Patienten von der Fragebogenuntersuchung ausgeschlossen (siehe Abschnitt Auswahl und Definition der Studienpopulation).
In dieser Publikation werden die Daten der Umfrage zur Erwerbssituation und Arbeitsbeeinträchtigung ausgewertet und erörtert, wie demografische und klinische Charakteristika und PROs (gemessen durch den ASAS-HI, BASDAI und BASFI) hierzu in Beziehung stehen.
Absentismus wurde anhand des WPAI-axSpA als die relative Anzahl der axSpA-bedingten Arbeitsfehlstunden berechnet. Der Endwert reichte von 0 bis 1, wobei ein Wert von 0 keinen Absentismus anzeigte und höhere Zahlen ein höheres Ausmaß an Absentismus anzeigten. Präsentismus wurde auf einer 11-stufigen Skala von 0 bis 10 anhand der WPAI-axSpA-Frage zur Beeinträchtigung der Arbeitsproduktivität in den letzten 7 Tagen durch gesundheitliche Probleme bewertet. Der Endwert reichte von 0 bis 100 %, wobei niedrigere Prozentwerte für eine geringere und höhere Prozentwerte für eine stärkere Beeinträchtigung standen; Präsentismus lag ab Werten über > 20 % vor. Als Kriterien zur Definition der uneingeschränkten Arbeitsleistung wurden verwendet: ein Absentismus-Wert = 0, ein Präsentismus-Wert ≤ 20 %, in bezahlter Arbeit, kein längerfristiger (> 3 Monate), krankheitsbedingter Arbeitsausfall innerhalb des letzten Jahres.
Absentismus wurde anhand axSpA-bedingter Arbeitsfehlstunden berechnet
Die standardisierten PRO-Fragebögen (ASAS-HI, BASDAI, BASFI) wurden nach den üblichen Richtlinien ausgewertet; detaillierte Informationen sind in den jeweiligen Veröffentlichungen zu finden. Der Endwert des ASAS-HI reicht von 0 bis 17, wobei eine niedrigere Punktzahl einen besseren Gesundheitszustand und eine höhere Punktzahl einen schlechteren Gesundheitszustand angibt. Der Endwert des BASDAI reicht von 0 (keine Krankheitsaktivität) bis 10 (maximale Krankheitsaktivität). Es wurden zusätzlich die Untervariablen BASDAI ≥ 4 (ein BASDAI-Endwert von ≥ 4 wurde als BASDAI-Extremwert bewertet, das heißt, zeigte eine besonders starke Krankheitsaktivität an), BASDAI Müdigkeit (Müdigkeit in den letzten sieben Tagen auf einer Skala von 0–10) sowie BASDAI-Dauer der Morgensteifigkeit (Dauer der Morgensteifigkeit in den letzten sieben Tagen auf einer Skala von 0 bis 2 h) analysiert. Der Endwert des BASFI reicht von 0 (keine Funktionsbeeinträchtigung) bis 10 (maximale Beeinträchtigung).
Alle Analysen wurden mit Python (Version 3.7.11) und Jupyter Notebook (Version 6.4.6) durchgeführt; als Signifikanzniveau wurde für alle Analysen α = 0,05 festgelegt.
Zur deskriptiven Auswertung der Daten wurden absolute und relative Häufigkeiten (in Prozent) ermittelt. Für nicht kategoriale Variablen wurden zusätzlich das arithmetische Mittel und die Standardabweichung (SD) ermittelt.
Des Weiteren wurden die Gruppen der Arbeitsstudienpopulation mit eingeschränkter und uneingeschränkter Arbeitsleistung auf signifikante Unterschiede in verschiedenen demografischen und klinischen Charakteristika, der Arbeitsbeeinträchtigung, den PROs und medizinischer Rehabilitation untersucht (siehe Tab. 1 für die untersuchten Variablen). Für metrische abhängige Variablen wurde der t‑Test für unabhängige Stichproben durchgeführt. Bei fehlender Varianzhomogenität (Überprüfung mittels Levene-Test) wurde ein t‑Test mit Welch-Korrektur durchgeführt und bei starken Verletzungen der Normalverteilungsannahme wurde der nichtparametrische Mann-Whitney-U-Test angewandt; diese Fälle sind in Tab. 1 gesondert gekennzeichnet. Für kategoriale Variablen wurden Chi2-Tests durchgeführt. Die Fallzahlen der Stichproben können dabei für die Anwendung der Tests als durchgehend ausreichend hoch angesehen werden (n > 50).
Tab. 1
Deskriptive Charakteristika nach Gruppen mit eingeschränkter und uneingeschränkter Arbeitsleistung in der Arbeitsstudienpopulation (n = 74)
Charakteristika
Eingeschränkte Arbeitsleistung
(n = 43)
Uneingeschränkte Arbeitsleistung
(n = 31)
Gesamt
(n = 74)
p-Wert
Alter in Jahren, Mittelwert (SD)
48,2 (10,2)
43,1 (9,0)
46,0 (10,0)
0,029
BMI in kg/m2, Mittelwert (SD)
27,6 (5,7)
26,1 (4,0)
27,0 (5,0)
0,225
Männlich, % (n)
69,8 (30)
61,3 (19)
66,2 (49)
0,447
Krankheitsdauer in Jahren, Mittelwert (SD)
10,7 (9,8)
10,9 (8,1)
10,8 (9,1)
0,933
Bildung: Universitätsabschluss, % (n)
23,3 (10)
35,5 (11)
28,4 (21)
0,361
In einer Beziehung, % (n)
83,7 (36)
77,4 (24)
81,1 (60)
0,792
ASAS-HI, Mittelwert (SD)
6,4 (2,8)
3,2 (3,0)
5,1 (3,3)
<0,001
BASDAI, Mittelwert (SD)
4,4 (1,6)
2,2 (1,9)
3,5 (2,0)
<0,001
BASDAI ≥ 4, % (n)
51,2 (22)
16,1 (5)
36,5 (27)
0,002
Müdigkeit (BASDAI-Frage 1), Mittelwert (SD)
4,8 (2,3)
3,1 (2,6)
4,1 (2,6)
0,003
Dauer der Morgensteifigkeit (BASDAI-Frage 6), Mittelwert (SD)
3,0 (2,4)
1,5 (1,6)
2,4 (2,2)
0,002
BASFI, Mittelwert (SD)
3,7 (2,4)
1,1 (1,2)
2,6 (2,3)
<0,001b
Jemals eine medizinische Rehabilitation erhalten, % (n)
74,4 (32)
58,1 (18)
67,6 (50)
0,138
Derzeitige Einnahme von NSAR, % (n)
53,5 (23)
19,4 (6)
39,2 (29)
0,012
Derzeitige Einnahme von DMARDs, % (n)
23,3 (10)
16,1 (5)
20,3 (15)
0,408
Derzeitige Einnahme von Biologika, % (n)
65,1 (28)
71,0 (22)
67,6 (50)
0,858
Vollzeitbeschäftigung, % (n)
58,1 (25)
77,4 (24)
66,2 (49)
<0,001
Vorhandensein eines Grads der Behinderung, % (n)
48,8 (21)
19,4 (6)
36,5 (27)
0,009
Grad der Behinderung (gesamt), Mittelwert (SD)
27,9 (31,4)
8,4 (17,9)
19,7 (28,2)
0,001b
Grad der Behinderung (nur wenn > 0), Mittelwert (SD)
57,1 (17,9)
43,3 (10,3)
54,1 (17,4)
0,086
Absentismusa, Mittelwert (SD)
17,1 (27,5)
0 (0)
7,9 (20,5)
<0,001c
Präsentismusa, Mittelwert (SD)
39,3 (18,4)
6,8 (8,3)
21,9 (21,4)
<0,001b
Wert zur Arbeitsbeeinträchtigung insgesamta, Mittelwert (SD)
50,5 (22,8)
6,8 (8,3)
27,1 (27,5)
<0,001b
Aktivitätsbeeinträchtigung, Mittelwert (SD)
43,7 (20,0)
15,8 (15,7)
32,0 (22,9)
<0,001
SD Standardabweichung, BMI Body-Mass-Index, ASAS-HI Assessment of SpondyloArthritis international Society, BASDAI Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index, BASFI Bath Ankylosing Spondylitis Functional Index, NSAR nicht steroidale Antirheumatika, DMARDs disease-modifying anti-rheumatic drugs
aDie Werte beziehen sich hier auf die Subpopulation der berufstätigen Befragten (n = 58), mit 27 Patienten mit eingeschränkter Arbeitsleistung und 31 Patienten mit uneingeschränkter Arbeitsleistung
bt‑Test für unabhängige Stichproben mit Welch-Korrektur aufgrund von ungleichen Varianzen in beiden Gruppen
cDie Berechnung des p-Werts erfolgte aufgrund der Verteilung der Daten (nur 0‑Werte in einer Gruppe) mittels dem nichtparametrischen Mann-Whitney-U-Test
Zusätzlich wurden mittels eines Chi2-Test Patienten mit eingeschränkter und uneingeschränkter Arbeitsleistung in Bezug auf Tage, an denen Patienten sich während der Arbeit in den letzten 12 Monaten krank fühlten, verglichen. Patienten, die keine Angabe machten („Ich weiß es nicht“-Fälle), wurden von der Analyse ausgeschlossen. Zur Ermittlung der Effektstärke wurde Cramers V verwendet.

Ergebnisse

Studienpopulation

Insgesamt nahmen 89 Patienten an der Umfrage teil; die angestrebte Patientenanzahl von 144 Teilnehmern wurde nicht erreicht, da aufgrund der während der Datenerhebung vorherrschenden COVID-19-Situation weniger Patienten als ursprünglich geplant rekrutiert wurden. Nach Ausschluss von 4 Patienten, die den Fragebogen unvollständig ausgefüllt hatten und 3 Patienten mit unplausiblen Angaben, verblieben 82 Patienten, welche in der Gesamtstudienpopulation betrachtet wurden. Nach Ausschluss von weiteren 8 Patienten, welche nicht erwerbsfähig waren (in Pension, Auszubildende, Studenten), beinhaltete die Arbeitsstudienpopulation 74 Patienten. Hiervon hatten 43 Patienten eine eingeschränkte Arbeitsleistung und 31 Patienten eine uneingeschränkte Arbeitsleistung (siehe Abb. 1).

Allgemeine Charakteristika der Gesamtstudienpopulation (n = 82)

Die Gesamtstudienpopulation umfasste insgesamt 82 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 47,2 Jahren (SD = 11,8 Jahre). Der Großteil der teilnehmenden Patienten war männlich (65,9 %; n = 54) mit mittlerem BMI von 26,4 (SD = 3,9); der mittlere BMI für Frauen war 28,2 (SD = 6,4). Die meisten Patienten (79,3 %; n = 65) gaben an, verheiratet zu sein oder mit ihrem Partner zusammen zu leben. Des Weiteren gaben 28,1 % (n = 23) der Patienten einen Universitäts‑/Hochschulabschluss als höchsten Schulabschluss an.
In Bezug auf den Beschäftigungsstatus waren 70,7 % (n = 58) der Patienten derzeit berufstätig; davon waren 84,5 % (n = 49) in Vollzeitbeschäftigung und 15,5 % (n = 9) in Teilzeitbeschäftigung. Umgekehrt waren 29,3 % (n = 24) der Patienten der Gesamtstudienpopulation derzeit nicht berufstätig: In der Gesamtstudienpopulation waren 4,9 % (n = 4) als arbeitslos gemeldet (hiervon 1,2 % [n = 1] aufgrund von axSpA), und 11,0 % (n = 9) bezogen eine Invaliditätspension (hiervon 8,5 % [n = 7] aufgrund von axSpA). Nur ein geringer Anteil (7,3 %; n = 6) der Patienten aus der Gesamtstudienpopulation war schon im Ruhestand (siehe Abb. 2).
Was die klinischen Charakteristika betrifft, so war die meistgestellte Diagnose in der Gesamtstudienpopulation AS mit 72,0 % (n = 59) der Patienten. Nr-axSpA wurde bei 13,4 % (n = 11) der Patienten diagnostiziert und häufiger bei Frauen (28,6 %; n = 8) als bei Männern (5,6 %; n = 3). Die meisten nr-axSpA-Diagnosen (90,9 %; n = 10) sind rezent (≤ 5 Jahre) erfolgt (87,5 % [n = 7] der Frauen; 100 % [n = 3] der Männer). Den übrigen 14,6 % (n = 12) der Patienten war ihre genaue Diagnose nicht bekannt. Die Hälfte der Patienten, die ihre Diagnose nicht genau kannten (50,0 %; n = 6), wurde ebenfalls erst rezent diagnostiziert (≤ 5 Jahre). Insgesamt lag bei 36,6 % (n = 30) der Patienten der Gesamtstudienpopulation die Diagnose erst 1–5 Jahre zurück; dies traf insbesondere auf den Großteil der Frauen zu (60,7 %; n = 17).
Das häufigste Krankheitssymptom unter allen Patienten der Gesamtstudienpopulation war Rückenschmerz (70,7 %; n = 58). Der Großteil der Patienten (95,1 %; n = 78) gab an, sich gut über ihre Erkrankung aufgeklärt zu fühlen. Während 96,3 % (n = 79) ihr privates Umfeld über ihre Erkrankung informiert hatten, gaben nur 73,2 % (n = 60) der Patienten an, auch ihr berufliches Umfeld informiert zu haben. Des Weiteren waren 12,2 % (n = 10) der Patienten Mitglieder in einer Patientenorganisation.
Das häufigste Krankheitssymptom war Rückenschmerz
Der Großteil der Patienten (84,1 %; n = 69) erhielt zum Zeitpunkt der Datenerhebung eine medikamentöse Therapie bzw. 15,9 % (n = 13) der Patienten erhielten keinerlei medikamentöse Therapie. Insgesamt nahmen 37,8 % (n = 31) der Patienten nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) ein, 20,7 % (n = 17) klassische Basismedikamente (conventional disease-modifying anti-rheumatic drugs [cDMARDs]), und 67,1 % (n = 55) Biologika (biological disease-modifying anti-rheumatic drugs [bDMARDs]); 34,1 % (n = 28) der Patienten nahmen eine Kombination von mindestens 2 Medikamentenklassen ein.

Auswirkung von axSpA auf das Arbeitsleben in der Gesamtstudienpopulation (n = 82)

Im Folgenden wurden die Angaben zum Arbeitsleben, einschließlich des WPAI untersucht, um ein besseres Verständnis der Arbeitsbeeinträchtigung in der Gesamtstudienpopulation zu erlangen.
Erschwernisse, mit denen Patienten im Arbeitsleben konfrontiert waren, sind für die Gesamtstudienpopulation in Abb. 3 aufgeführt. Das am häufigsten genannte Erschwernis war Behinderung; bei 36,6 % (n = 30) lag ein Grad der Behinderung vor (mittlerer Grad der Behinderung von 54,7 [SD = 16,8] auf einer Skala von 10–100, wobei 100 der höchste Grad ist). Des Weiteren haben 28,1 % (n = 23) der Patienten aufgrund ihrer axSpA schon einmal Krankengeld bezogen und 24,4 % (n = 20) hatten schon einmal das Gefühl, beruflich ausgebremst zu werden oder haben ihre Karrierepläne geändert.
In der Gesamtstudienpopulation berichteten über drei Viertel der Patienten (81,7 %; n = 67) von zumindest einer geringen Auswirkung von axSpA auf ihre Fähigkeit, normalen täglichen Aktivitäten nachzugehen.
Von den derzeit berufstätigen Patienten (n = 58) gaben 20,7 % (n = 12) an, in den letzten 7 Tagen 1–10 h Arbeitszeit aufgrund ihrer axSpA-Erkrankung versäumt zu haben; je ein Patient berichtete über Einschränkungen von 11–20 h bzw. mehr als 20 h. Insgesamt berichteten 67,2 % (n = 39) der derzeit berufstätigen Patienten von einer Auswirkung ihrer axSpA auf ihre Produktivität während der Arbeit in den letzten 7 Tagen.

Charakteristika nach Einschränkungen in der Arbeitsleistung in der Arbeitsstudienpopulation (n = 74)

Zuletzt wurde die Arbeitsstudienpopulation (n = 74) genauer analysiert, um einen Überblick über verschiedene Charakteristika (Arbeitsbeeinträchtigung, demografische und klinische Merkmale, PROs sowie medizinische Rehabilitation) nach Einschränkung in der Arbeitsleistung zu gewinnen (siehe Tab. 1).
Über die Hälfte der Patienten wurde der Gruppe mit eingeschränkter Arbeitsleistung zugeordnet (58,1 %; n = 43). In Bezug auf demografische Charakteristika (BMI, Geschlecht, Bildung) waren beide Gruppen größtenteils vergleichbar, jedoch waren Patienten mit eingeschränkter Arbeitsleistung signifikant älter als Patienten mit uneingeschränkter Arbeitsleistung (mittleres Alter von 48,2 Jahre vs. 43,1 Jahre; p = 0,029). Patienten mit uneingeschränkter Arbeitsleistung waren signifikant häufiger in Vollzeitbeschäftigung (p < 0,001).
Die Krankheitsdauer war in beiden Gruppen vergleichbar mit einer mittleren Krankheitsdauer von 10,7 Jahren für Patienten mit eingeschränkter Arbeitsleistung und 10,9 Jahren für Patienten mit uneingeschränkter Arbeitsleistung. In der Gruppe mit eingeschränkter Arbeitsleistung lag allerdings signifikant häufiger ein Grad der Behinderung vor (p = 0,009); bei Patienten mit einem Grad der Behinderung unterschied sich die Höhe des Grads in den Gruppen allerdings nicht signifikant (p = 0,086). Zudem wies die Gruppe mit eingeschränkter Arbeitsleistung höhere Werte in allen PRO-Maßen auf, das heißt, stärkere Krankheitsaktivität (BASDAI; p < 0,001), größere Einschränkungen im Alltag (BASFI; p < 0,001) und geringere körperliche Leistungsfähigkeit und schlechterer Gesundheitszustand (ASAS-HI; p < 0,001).
Des Weiteren war in der Gruppe mit eingeschränkter Arbeitsleistung eine signifikant höhere NSAR-Einnahme auffällig (53,5 % vs. 19,4 %; p = 0,012). Zudem wurden mehr cDMARDs eingenommen, jedoch lagen etwas weniger Biologika-Therapien vor; diese Unterschiede erreichten allerdings keine Signifikanz.
Zusätzlich wurden die Tage untersucht, an denen Patienten sich während der Arbeit in den letzten 12 Monaten krank fühlten. Sowohl in der Gruppe mit uneingeschränkter Arbeitsleistung als auch in der Gruppe mit eingeschränkter Arbeitsleistung waren axSpA-Patienten in der Lage, zu arbeiten, empfanden jedoch oft Krankheitsgefühle während der Arbeit (siehe Abb. 4). Diese Problematik war in der Gruppe mit eingeschränkter Arbeitsleistung signifikant ausgeprägter als in der Gruppe mit uneingeschränkter Arbeitsleistung: χ2 (5, 71) = 12,14, p = 0,033, mit einem mittleren Effekt von V = 0,4.

Diskussion

Ziel dieser Untersuchung war es, die Auswirkungen der axSpA-Erkrankung auf die Erwerbssituation und Arbeitsbeeinträchtigung von Patienten in Österreich dazustellen. Eine vergleichbare Untersuchung wurde bereits in Deutschland durchgeführt und publiziert (ATTENTUS-axSpA) [19]. Um eine möglichst große Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, wurde die Methodik der Auswertung der österreichischen Patientenpopulation an der Auswertung der bereits vorliegenden Publikation ausgerichtet. Eine Verbesserung von Kenntnis und Verständnis der Beeinträchtigungen, mit denen axSpA-Patienten in ihrem Arbeitsumfeld konfrontiert sind, ist entscheidend, um die Versorgung der Patienten zu verbessern.
ATTENTUS-axSpA (AT) war eine große Umfrage in der österreichischen axSpA-Population, die eine Vielzahl an Fragen zur Erwerbssituation und Arbeitsbeeinträchtigung, demografischen und klinischen Charakteristika, PROs und medizinischen Rehabilitation umfasste.
Der Großteil der Gesamtstudienpopulation war berufstätig und in Vollzeitbeschäftigung. Nur ein geringer Anteil der Patienten war schon in Pension, daher erscheint es besonders problematisch, dass für die Mehrheit der Patienten eine durch axSpA eingeschränkte Arbeitsfähigkeit festgestellt wurde.
Die meisten Patienten der Gesamtstudienpopulation berichteten zumindest über geringe Auswirkungen von axSpA auf ihre Arbeitsleistung. Die drei am häufigsten genannten Erschwernisse waren Behinderung, Arbeitsausfall wegen Krankheit (indiziert durch Bezug von Krankengeld) und das Gefühl, beruflich ausgebremst zu werden bzw. notwendige Änderungen von Karriereplänen. Diese Ergebnisse decken sich mit Erschwernissen, die in vorhergehenden Studien berichtet wurden [7, 9, 19]. Während die meisten Patienten angaben, ihr privates Umfeld über ihre Erkrankung informiert zu haben, informierten nur drei Viertel der Patienten ihr berufliches Umfeld; daraus könnte man ableiten, dass Patienten negative Auswirkungen auf ihren Arbeitsplatz befürchten, wenn sie ihre Erkrankung publik machen. Nach Unterteilung der Patienten anhand von Absentismus, Präsentismus, Arbeitsausfall und bezahlter Arbeit fielen über die Hälfte der erwerbsfähigen Patienten (Arbeitsstudienpopulation) in die Gruppe mit eingeschränkter Arbeitsleistung. Die Einschränkungen im Arbeitsleben stechen besonders unter Anbetracht der verbreiteten Medikamenteneinnahme hervor: Der Großteil der Patienten nahm Medikamente (NSAR, cDMARDs, Biologika) ein; nur 15,9 % der Patienten erhielten keinerlei medikamentöse Therapie. Dies legt – ähnlich vorigen Forschungsergebnissen – nahe, dass aller medizinischen Behandlungsmöglichkeiten für axSpA zum Trotz erhebliche Beeinträchtigungen in der Erwerbssituation und Arbeitsbeeinträchtigung der Patienten vorhanden sind und bestehen bleiben können [13, 20]. Das belegt die Notwendigkeit wirksamer Behandlungen und auch nach verbesserten Therapieschemata.
Etwa zwei Drittel der Patienten in der Gesamtstudienpopulation waren männlich, was mit angenommen Prävalenzdaten übereinstimmt [21]. In vorigen Studien wurden geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich Diagnose, Symptomen und Therapieansprechen beobachtet sowie größere Beschränkungen im Arbeitsleben bei weiblichen Patienten festgestellt [7, 2224]; dies könnte bedeuten, dass, obwohl eine erhebliche Arbeitsbeeinträchtigung in dieser Studienpopulation detektiert wurde, die Arbeitsbeeinträchtigung in der Subgruppe der weiblichen Patienten noch ausgeprägter sein könnte. Interessant ist zudem, dass die meisten nr-axSpA-Diagnosen rezent (≤ 5 Jahre) erfolgt sind. Dies gibt einen indirekten Hinweis auf eine frühere Diagnose der nr-axSpA. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass nr-axSpA erst später unter axSpA mitdefiniert wurde [25]. Vor allem Frauen wurden in dieser Umfrage prozentual häufiger mit nr-axSpA diagnostiziert; dies deckt sich mit Literaturangaben zum gehäuften Auftreten von AS bei männlichen Patienten [25, 26].
Nur 75 % der Patienten informierten ihr berufliches Umfeld über ihre Erkrankung
Trotz der großen Zahl an medikamentös behandelten Patienten fiel über die Hälfte der Patienten in der Arbeitsstudienpopulation in die Gruppe mit eingeschränkter Arbeitsleistung durch axSpA. Während Biologika insgesamt die am häufigsten verwendete medikamentöse Therapieform war, war unter Patienten mit eingeschränkter Arbeitsleistung eine signifikant höhere NSAR-Einnahme auffällig im Unterschied zu denjenigen mit uneingeschränkter Arbeitsleistung. Diese erhöhte NSAR-Einnahme könnte auf die vom Patienten benötigte Symptomlinderung hindeuten, welche für die Bewältigung des beruflichen Alltags erforderlich ist. Des Weiteren war das Vorliegen eines Grads der Behinderung häufiger bei Patienten mit eingeschränkter Arbeitsleistung und die Patienten waren signifikant älter als Patienten mit uneingeschränkter Arbeitsleistung. Im Gegensatz zu anderen Studien [19, 22, 27] wurde kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen in Bezug auf demografische Charakteristika wie Bildung und Geschlecht beobachtet. Ebenso wurde kein Unterschied in der Krankheitsdauer detektiert (siehe auch [19]). Dies könnte sich dadurch erklären, dass die Arbeitsbeeinträchtigung bereits bei Patienten mit früher axSpA erheblich ist [15, 28]. Patienten mit eingeschränkter Arbeitsleistung waren außerdem weniger oft in Vollzeitbeschäftigung, was mit den höheren Belastungen der aktiven Erkrankung zusammenhängen könnte. Ebenso gaben Patienten mit eingeschränkter Arbeitsleistung häufiger Tage an, an denen sie sich krank gefühlt haben, aber trotzdem zur Arbeit gingen.
Wie in vorigen Studien [12, 14, 19, 29, 30] beobachtet, berichteten Patienten mit eingeschränkter Arbeitsleistung von einer stärkeren Krankheitsaktivität (BASDAI), größeren Einschränkungen im Alltag (BASFI), geringerer körperlicher Leistungsfähigkeit und von einem schlechteren Gesundheitszustand (ASAS-HI) als Patienten mit uneingeschränkter Arbeitsleistung. Die beiden Gruppen schienen sich somit hauptsächlich in Bezug auf körperliche Einschränkungen zu unterscheiden. Dies wäre besonders bedeutsam für Patienten mit manuellen Berufen, die umso stärker auf körperliche Leistungsfähigkeit angewiesen sind [10, 31, 32]; eine Berufsabfrage war allerdings nicht Teil der gegenwärtigen Fragebogenuntersuchung. Aufgrund der insgesamt kleinen Studienpopulation sind die Unterschiede zwischen den Gruppen mit eingeschränkter und uneingeschränkter Arbeitsleistung jedoch mit Vorsicht zu interpretieren. Insgesamt ergänzt diese Arbeit andere Literatur, die über schwerwiegende Auswirkungen der Krankheit auf die Arbeitsbeeinträchtigung berichtet, und unterstreicht den bestehenden medizinischen Bedarf.
Eine Stärke dieser Fragebogenuntersuchung ist der umfassende qualitative Ansatz, der eine Vielzahl an Faktoren aus unterschiedlichen Bereichen beinhaltet: neben der Arbeitsbeeinträchtigung auch demografische und klinische Charakteristika, PROs und medizinische Rehabilitation, wie in den EULAR Points to Consider [17] für Studien empfohlen. Zusätzlich stellt ATTENTUS-axSpA (AT) eine der ersten größeren Studien zur österreichischen axSpA Patientenpopulation dar (siehe auch [16]); österreichische Patienten wurden zuvor meist nur kollektiv mit anderen europäischen Patienten betrachtet [7, 8]. Eine weitere Stärke dieser Fragebogenuntersuchung ist, dass die axSpA-Diagnose nicht selbst-berichtet war, sondern die Teilnahme nur erfolgen konnte, wenn die Diagnose durch einen Arzt bestätigt worden war. Dies steht im Gegensatz zu anderen Studien wie beispielsweise dem EMAS-Survey [8] und erhöht die Zuverlässigkeit der Ergebnisse.
ATTENTUS-axSpA (AT) hat allerdings auch Limitationen. Aufgrund der vorherrschenden COVID-19-Situation unterschritt die Zahl der Patienten die Zahl der geplanten Rekrutierung; dies schränkt die Generalisierbarkeit der Ergebnisse und möglichen Analysen ein. Die Fallzahlen der Stichproben waren dennoch ausreichend hoch für inferentielle Analysen der Gesamtstudienpopulation. Des Weiteren wird mit dem Querschnittsdesign der Untersuchung nur der Zustand der Patienten zum Zeitpunkt der Datenerhebung erfasst. Das Design lässt somit keine Rückschlüsse auf Unterschiede in der Arbeitsbeeinträchtigung zu, die im Laufe der Zeit auftreten können. Zudem enthält die Untersuchung auch keine Daten über die Zeit vor der Diagnosestellung, die eine bessere Einschätzung der tatsächlichen Behinderung erlauben würden. Eine Abfrage solcher Daten wäre jedoch anfällig für Erinnerungsfehler [18]. Des Weiteren beruhen die Daten zur Arbeitsbeeinträchtigung sowie Krankheitsaktivität und körperlichen Funktionen auf Angaben der Patienten selbst durch die Abfrage mithilfe von PROs und sind somit nicht objektiv. Da sich die ATTENTUS-axSpA (AT) methodisch an der bereits in Deutschland durchgeführten ATTENTUS-axSpA Untersuchung ausgerichtet hat, wurde die ATTENTUS-axSpA (AT) ohne Einbeziehung von österreichischen Patientenvertretern durchgeführt.
Arbeitsbeeinträchtigung behindert Patienten nicht nur im Arbeitsleben, sondern kann auch soziale und psychologische Belastungen mit sich bringen sowie auch erhebliche indirekte Kosten aus wirtschaftlicher Sicht verursachen [33, 34]. Diese Fragebogenuntersuchung trägt zur Sammlung von Patientendaten aus verschiedenen europäischen Ländern bei [810, 1315]. Die Untersuchung zeigt, dass auch österreichische axSpA-Patienten erheblichen Einschränkungen im Arbeitsleben ausgesetzt sind. Dies wird besonders dadurch betont, dass über die Hälfte der erwerbsfähigen Patienten eine eingeschränkte Arbeitsleistung aufwies, obwohl sich die Patienten wegen ihrer Erkrankung in ärztlicher Behandlung befanden. Die Ergebnisse unterstreichen somit den bestehenden medizinischen Bedarf in der österreichischen axSpA-Population und die Notwendigkeit von zielgerichteten Strategien für eine optimierte Versorgung, welche eine uneingeschränkte Arbeitsleistung begünstigt.

Danksagung

Unterstützung beim Medical Writing leistete Tatjana Lux, M. Sc. (co.medical, Berlin, Deutschland). Die Autoren bedanken sich herzlich bei Frau Dr. Kirsten Hoeper (Medizinische Hochschule Hannover), die an der Methodik der bereits veröffentlichten ATTENTUS-axSpA-Publikation mitgewirkt hat, an welcher sich diese Analyse methodisch ausrichtete.

Förderung

Die Fragebogenuntersuchung wurde von der Novartis Pharma GmbH/Österreich finanziert.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

J. Haschka: Referentenhonorare der Firmen Amgen, Eli Lilly, Galapagos und UCB. W. Kranewitter: Kongresseinladungen durch Novartis. M. Hucke: Vortragstätigkeiten für Abbvie, Janssen, UCB und Novartis. R. Finsterwalder: Angestellter der Novartis Pharma GmbH/Österreich. D. Meyer-Olson: Berater und Referentenhonorare von Abbvie, Amgen, Berlin Chemie, Bristol Myers Squibb, Cellgene, Chugai, Fresenius Kabi, GSK, Jansen Cilag, Lilly, Medac, Merck Sharp & Dome, Mylan, Novartis, Pfizer, Sandoz Hexal, Sanofi, und UCB. U. Kiltz: Berater und Referentenhonorare von AbbVie, Biocad, Chugai, Eli Lilly, Grünenthal, Janssen, MSD, Novartis, Pfizer, Roche, und UCB; und uneingeschränkte Forschungsunterstützung von Abbvie, Amgen, Biogen, Fresenius, GSK, Novartis, and Pfizer. B. Leeb: Chairman of BioReg (Austrian registry for biologicals in inflammatory rheumatic diseases) von 2009–2021. Clinicaltrials: Centocor, Abbott, Amgen, Aesca, UCB, Roche, MSD, Celltrion, TRB Consultancies: Schering-Plough, Wyeth, Aesca, Abbott, Amgen, Astropharma, Rache, UCB, Boehringer¬ lngelheim, MSD, Pfizer, BMS, GSK, Celgene, Jannssen-Cilag, Novartis, Sandoz, Grünenthal, Eli-Lilly. Speakers’ bureau: Aesca, Wyeth, Abbott, Amgen, Roche, MSD, Pfizer, Actiopharm, TRB, Boehringer-lngelheim, BMS, Celgene, Sandoz, Grünenthal, Eli-Lilly. L. Hammel gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Hinweis des Verlags

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Literatur
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Metadaten
Titel
Arbeitsbeeinträchtigung bei Patienten mit axialer Spondyloarthritis in Österreich
Ergebnisse einer multizentrischen Fragebogenuntersuchung (ATTENTUS-axSpA [AT])
verfasst von
Dr. Judith Haschka
Dr. Wolfgang Kranewitter
Dr. Miriam Hucke
Richard Finsterwalder, PhD
Prof. Dr. Dirk Meyer-Olson
Ludwig Hammel
PD Dr. Uta Kiltz
PD Dr. Burkhard Leeb
Publikationsdatum
27.10.2023
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
rheuma plus / Ausgabe 2/2024
Print ISSN: 1868-260X
Elektronische ISSN: 2191-2610
DOI
https://doi.org/10.1007/s12688-023-00664-1

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