Skip to main content
Ärzte Woche

28.08.2023 | Ärztekammer

Präsident Steinhart muss einiges wieder geraderücken

verfasst von: Markus Stegmayr

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Noch ist ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart nicht zurück in der politischen Arena, doch sein Status als Beschuldigter schwächt die Schlagkraft der Standesvertretung. Der Ruf nach Rücktritt wurde bereits laut geäußert.

Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Johannes Steinhart, wird als Beschuldigter in den Ermittlungen zur Ärztekammer-Tochtergesellschaft Equip4Ordi geführt. Im Raum steht der Verdacht auf Untreue. Steinhart war vor seiner Tätigkeit als Präsident Kurienobmann der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Wien, die Beschaffungsplattform Equip4Ordi wiederum ist eine ausgelagerte Tochtergesellschaft dieser Kurie.

Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft nicht nur wegen des Verdachts der Untreue, sondern auch wegen Begünstigung und schweren Betrugs. Die Vorwürfe richteten sich gegen die beiden Ex-Geschäftsführer der Einkaufsplattform, die übereinstimmend behaupten, sie hätten Weisungen und auch Genehmigungen von Steinhart erhalten. Steinhart selbst wollte sich dazu nicht äußern. Zu einem „laufenden Verfahren“ gebe er keinen Kommentar ab.

Die Chefs der Landeskammern hielten sich mit Kommentaren zurück. Bis auf einen. Salzburgs Ärztekammerpräsident Karl Forstner ging an die Öffentlichkeit: „Seit Monaten belasten strafrechtliche Vorwürfe im Wirkungsbereich der Wiener Ärztekammer nicht nur deren Reputation, sondern wirken destruktiv auf alle Strukturen der ärztlichen Standesvertretungen in den Ländern und auf die Österreichische Ärztekammer.“ Damit sei eine Grenze erreicht, „bei der wir zwingend politische Verantwortung durch Dr. Steinhart einfordern“. Mit einem Rücktritt könnten Reputation und Handlungsfähigkeit der Kammer wiederhergestellt werden. Die übrigen Präsidenten folgten ihm nicht, zumindest nicht öffentlich. Der Tiroler, Stefan Kastner, betont, dass für Steinhart die Unschuldsvermutung gelte, ein Rücktritt sei nicht nötig.

Ich hoffe, dass das Verfahren zügig über die Bühne geht

Mit Stefan Kastner hat Markus Stegmayr gesprochen. ) Auf die Frage, wie Kastner zur Rücktrittsaufforderung des Salzburger Landespräsidenten an die Adresse von Steinhart stehe, meinte dieser: „Ich sehe keine Notwendigkeit für den Rücktritt. Es gilt für ihn die Unschuldsvermutung. Das Verfahren ist erst am Anfang. Er wurde noch nicht einmal einvernommen. Zudem ist Herr Dr. Steinhart derzeit im Krankenstand. Nach seiner Rückkehr wird er sich um seine Wiener Kammer kümmern, in der es ja überaus unruhig ist.“

Die Ärzte Woche wollte weiters wissen, was er sich vom Ermittlungsverfahren erhoffe? „Das Verfahren sollte jedenfalls insgesamt rasch und zügig über die Bühne gehen. Ich bin aber sicher, dass Herr Präsident Steinhart selbst auch alles zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen wird.“

Was steckt denn aus Kastners Sicht hinter der Rücktrittsaufforderung? „Persönlich weiß ich nicht, was man mit Rücktrittsaufforderungen bezwecken will. Aber natürlich ist es so, dass jede Kammer in jedem Bundesland eine eigene Meinung und Haltung hat und diese auch haben darf. Ich bin aber der Meinung, dass man die Probleme intern auf die Reihe bringen sollte und insgesamt einen gemeinsamen Weg suchen sollte, wie es weitergeht. Dass jemand angezeigt wird, wie im Fall von Steinhart, kommt vor. Ich persönlich kenne weder die Akten noch die genauen Hintergründe noch die Diskussion im Detail. Es wirkt so, als ob es sich um einen Teilaspekt einer sehr unruhigen Zusammenarbeit innerhalb der Wiener Ärztekammer handelt. Das wird diese in Wien lösen müssen, sie werden einen Weg finden müssen, damit umzugehen.“

Aber gibt es für einen ranghohen Funktionär der Ärztekammer nicht so etwas wie rote Linien? Kastner: „Ja, natürlich gibt es rote Linien, bei deren Überschreitung ein Rücktritt notwendig wäre. Etwa wenn ich davon überzeugt wäre, dass dem Ärztestand geschadet wird, oder wenn gegen unsere Interessen agiert wird.“

Zur Person Steinharts meinte Kastner noch: „Ganz grundsätzlich gilt für Steinhart: Er war jetzt ein halbes Jahr schwer krank. Zuvor hat es gut mit ihm funktioniert. Alles ist aufgepoppt, als er krank war. Selbst hat er sich ja auch schon uns gegenüber erklärt und betont, dass da nichts dran ist. Das wird er jetzt beweisen müssen.“

Dr. Stefan Kastner, Präsident Ärztekammer für Tirol

Erwarte mir von der Kammer rasche Konsequenzen

( Mit Gerhard Kaniak hat Markus Stegmayr gesprochen. ) Was sagt der Gesundheitssprecher der Freiheitlichen zu den internen Streitigkeiten in der Ärztekammer: „Generell mische ich mich nicht in die Personalangelegenheiten von anderen ein.“ Das ist nachvollziehbar und legitim, aber gibt es in der Politik nicht so etwas wie rote Linien, bei deren Überschreitung die betreffende Person zurücktreten sollte oder zurücktreten muss? „Natürlich gibt es eine rote Linie. Wenn sich jemand nachweislich nicht an Gesetze hält oder die Gruppierung, die er eigentlich nach bestem Wissen und Gewissen vertreten sollte, nachhaltig schädigt, dann ist diese Person offensichtlich nicht für eine Spitzenposition geeignet.“

Die Ärzte Woche fragte noch nach, ob diese rote Linie bei Steinhart übertreten sei? „Ob wir es bei Präsident Steinhart mit einer solchen roten Linie zu tun haben, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht wirklich beurteilen. Die Außenwirkung dieses internen Skandals und der daraus resultierenden Schlagzeilen ist auf jeden Fall mehr als negativ und schädigt das Ansehen des gesamten Ärztestandes.“

Was erwartet sich Kaniak angesichts dieser Situation? „Ich erwarte mir von der Ärztekammer rasche Konsequenzen. Wenn man bedenkt, wie wichtig die Rolle der Ärztekammer bei den unzähligen anstehenden Reformen im Gesundheitssystem ist und wie problematisch aktuell das Verhältnis zu anderen Berufsvertretungen, aber auch zum Gesundheitsminister ist, zeigt sich das gesamte Ausmaß der Problematik.“

Was würde denn dazu beitragen, diese Problematik zu entschärfen? Kaniak: „Ich persönlich würde mir ein konstruktiveres Miteinander wünschen und weiß, dass es auch innerhalb der Ärztekammer sehr vernünftige und konsenssuchende Funktionäre gibt. Es bleibt zu hoffen, dass diese sich in ihrer eigenen Kammer durchsetzen und sich der Ton und das Gebaren der Ärztekammer zum Besseren wendet.“

NAbg. Mag. Gerhard Kaniak, FPÖ-Bundesgesundheitssprecher

Belastung für alle anderen Landesärztekammern

Mit Burkhard Walla hat Markus Stegmayr gesprochen .) „Vorverurteilungen von Personen sind aus meiner Sicht grundsätzlich abzulehnen. Ich halte da nicht viel davon. Selbstverständlich sind jedoch rechtskräftige Urteile der unabhängigen Justiz vollumfänglich anzuerkennen und zu akzeptieren. Aus diesen sind dann auch die notwendigen und unabdingbaren Konsequenzen zu ziehen. Das steht für mich absolut fest.“

Wir wollten auch vom obersten Vorarlberger Ärztevertreter hören, wie er die Vorwürfe gegen Steinhart einschätzt, ob diese – so wie sein Tiroler Kollege Kastner meint – eine Wiener Angelegenheit seien?

Walla dazu: „Wichtig scheint mir in der gegenständlichen Sache, dass sich die Vorwürfe gegen Präsident Dr. Steinhart ausschließlich auf seine Tätigkeit für die Ärztekammer Wien und nicht auf seine Tätigkeit für die Österreichische Ärztekammer beziehen. Das wird oftmals unterschlagen und zu wenig berücksichtigt.“ Wann ist der Punkt für einen Rücktritt eines Ärztekammerpräsidenten erreicht? „Im Hinblick darauf, dass Präsident Dr. Steinhart derzeit krankheitsbedingt seine Funktion als Präsident der Österreichischen Ärztekammer nicht ausübt beziehungsweise ausüben kann, stellt sich die Frage nach einem möglichen Rücktritt oder einer Ruhendstellung derzeit nicht. Auch entspricht es nicht meinem Stil, über die Öffentlichkeit Rücktrittsaufforderungen an Kammerfunktionäre auszusprechen.“

Und was wünsche Sie sich vom Verfahren, wie soll es aus Ihrer Sicht optimalerweise ablaufen? Was braucht es zum jetzigen Zeitpunkt in näherer Zukunft? Walla: „Ich hoffe sehr, dass die gegenständlichen Vorwürfe, die Tätigkeit von Präsident Dr. Steinhart in der Ärztekammer Wien betreffend, möglichst bald und vollständig aufgeklärt werden – stellen sie doch eine gewisse Belastung für alle anderen Landesärztekammern und die Österreichische Ärztekammer dar, auch wenn diese damit in keiner Weise etwas zu tun haben.“

Dr. Burkhard Walla, Präsident Ärztekammer für Vorarlberg

print
DRUCKEN
Metadaten
Titel
Präsident Steinhart muss einiges wieder geraderücken
Schlagwort
Ärztekammer
Publikationsdatum
28.08.2023
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 35/2023

Weitere Artikel der Ausgabe 35/2023