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Erschienen in: ProCare 5/2023

01.06.2023 | PFLEGEBILDUNG Zur Zeit gratis

Weiterbildung zur Praxisanleitung in Österreich

Gute Erfahrungen der Praktikantinnen und Praktikanten fördern die Berufszufriedenheit

verfasst von: Nina Zischka, BA, MA, Amalia Mahmoud, Dr. Erwin Schweitzer, Dr. Margret Jäger

Erschienen in: ProCare | Ausgabe 5/2023

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Praktika sind ein essenzieller Bestandteil der Pflegeausbildung. Sie dienen dem Kennenlernen der späteren Arbeitsumgebung sowie dem Einüben von Fähigkeiten in der Praxis. Sie erfordert von den anleitenden Pflegepersonen umfangreiche fachliche und methodisch-didaktische Kenntnisse, um Praktikantinnen und Praktikanten erfolgreich zu begleiten.
Die Pflegepersonal-Bedarfsprognose 2019 für Österreich veranschaulicht die immense Bedeutung eines gelungenen Praktikums während der Ausbildung (Rappold; Juraszovich 2019). Ein Praktikum, das aus Sicht der Pflegeschülerinnen und -schüler sowie der Pflegestudierenden zufriedenstellend ist, wird als entscheidender Faktor für den Verbleib in der Ausbildung und als Motivation für die spätere Ausübung des Berufes betrachtet. Diesen Umstand zeigt auch die Anreizsystemstudie im Rahmen der Ausbildungsinitiative der Stadt Wien „Pflege Zukunft Wien“ (Jäger et al. 2022).
Welche Aspekte eine positive Praktikumserfahrung verhindern, verdeutlicht eine Studie von Safan und Ebrahim (2019). Die befragten Praktikantinnen und Praktikanten kritisierten eine ungenügende Passung zwischen ihren Kompetenzen und den Patientinnen und Patienten, die von ihrer Praxisanleitung für sie ausgesucht wurden. Zudem fehlte ihnen eine strukturierte Anleitung bei Pflegehandlungen sowie Rückmeldungen von den anleitenden Pflegepersonen. Insgesamt fühlten sich die Praktikantinnen und Praktikanten durch ihre Praxisanleitung unzureichend unterstützt. Die Befragten hätten vielmehr das Gefühl gehabt, dass die Pflegepersonen sie als eine zusätzliche Last wahrgenommen hätten. Diese Studie veranschaulicht Herausforderungen in der Praxisanleitung, die zu großen Teilen mit strukturellen Problemen in der Pflege im Zusammenhang stehen. Gleichzeitig weist sie auf die Bedeutung der Haltung und der Kompetenzen von Praxisanleiterinnen und -anleitern hin.
Um die genauen Erwartungen der Praktikantinnen und Praktikanten an die Praxisanleitung zu erforschen, führten Hane et al. (2022) eine explorative Interviewstudie mit Pflegepersonen durch, die zu ihren Erfahrungen mit Praxisanleitung sowie ihren Präferenzen bezüglich dieser befragt wurden. Die Erwartungen an eine gelungene Praxisanleitung lauten:
  • _ Inhaltliche Vorbesprechung und Festlegung der geplanten Praxisanleitung, sowie Erwägung der Berücksichtigung geäußerter Interessen der Auszubildenden
  • _ Unterstützung der Förderung des selbstständigen Arbeitens der Praktikantinnen und Praktikanten
  • _ Planung der Anleitungssituation und Berücksichtigung notweniger zeitlicher Ressourcen
  • _ Motivation für den Beruf und ausgeprägtes Kompetenzwissen der Praxisanleitungen
  • _ Überprüfung erworbenen Wissens der Praktikantinnen und Praktikanten
Broadbent et al. (2014) untersuchten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Begleitung während des Praktikums aus Sicht der anleitenden Pflegepersonen. Sie identifizierten folgende Punkte:
  • _ Funktionierende Kommunikation zwischen den zuständigen Praxisanleitungen und den Ausbildungseinrichtungen, dazu gehört die Übermittlung des Wissensstandes der Praktikantinnen und Praktikanten
  • _ Die Klärung der Erwartungen bezüglich der Rolle der Praxisanleitungen von Seiten der Bildungsstätte
  • _ Zeitliche und räumliche Ressourcen für die Anleitung
Weiters zeigen die Autorinnen und Autoren auf, dass Praxisanleitungen unterschiedliche Weiterbildungen zur Ausübung dieser absolvierten. Zehn der 34 Befragten gaben an, keinerlei fachspezifische Weiterbildung für ihr zusätzliches Aufgabenfeld vorweisen zu können. Der Appell der Autorinnen und Autoren zielt auf eine bessere Vernetzung zwischen der Ausbildungseinrichtung der Praktikantinnen und Praktikanten und der Praktikumstellen ab, sowie der Absolvierung einer Weiterbildung, in der die notwendigen Kompetenzen für die Praxisanleitungsaufgabe erworben werden können.
„Ein Praktikum, das aus Sicht der Pflegeschülerinnen und -schüler sowie der Pflegestudierenden zufriedenstellend ist, wird als entscheidender Faktor für den Verbleib in der Ausbildung und als Motivation für die spätere Ausübung des Berufes betrachtet.“
In den Ergebnissen der zuvor angeführten Studien sind gemeinsame Faktoren für eine als gelungen wahrgenommene Anleitung während des Praktikums herauszulesen. Aus den unterschiedlichen Perspektiven der Befragten haben folgende Aspekte für die Praxisanleitung eine förderliche Wirkung: eine gelungene Kooperation zwischen der Bildungsstätte der Auszubildenden und der Praktikumsstelle, damit ein Austausch bezüglich des Wissensstandes der Praktikantinnen und Praktikanten sowie der Rollenerwartung an Praxisanleitungen gewährleistet wird. Ein weiterer Aspekt betrifft die Anleitungssituation als Lernort, denn dieser sollte eine Planung vorhergehen und auf die Förderung des selbstständigen Arbeitens der Auszubildenden abzielen. Zudem bedarf die Schaffung einer förderlichen Lernumgebung neben ausreichend vorhandenen zeitlichen und räumlichen Ressourcen, ein ausgeprägtes Kompetenzwissen der anleitenden Pflegepersonen. Welche Kenntnisse in Form einer Weiterbildung für die Praxisanleitung benötigt werden, zeigt die nachfolgende Studie.
Im Rahmen einer Untersuchung von Auböck et al. (2014) wurde mittels Expertenbefragung herausgearbeitet, welches Kompetenzprofil Praxisanleitungen benötigen, um aktuellen Anforderungen in der Pflegeausbildung gerecht zu werden: Die Erwartungen an Praxisanleitungen werden „künftig eine grundlegende Forschungs- und vertiefte Pflegefachkompetenz, pädagogisch-didaktische aber auch methodische Anleitungskompetenz, Kommunikations-, Konflikt-, Reflexions- und Beurteilungskompetenz sowie Selbstkompetenz durch bewusste Selbstwirksamkeit als Rollenvorbild“ umfassen (Auböck et al. 2014).
„Die Absolvierung von Praktika erfordert von den anleitenden Pflegepersonen umfangreiche fachliche und methodisch-didaktische Kenntnisse, um Praktikantinnen und Praktikanten erfolgreich zu begleiten.“
Um diese Kompetenzen zu erlangen, bedarf es der Absolvierung einer Weiterbildung, die diese Fähigkeiten vermittelt und bei den Teilnehmenden verankert.

Rahmen der Weiterbildung zur Praxisanleitung

Eine professionelle Koordination und Begleitung für gelungene Anleitungen von Praktika erweist sich also als essenziell. Diese Aufgabe kommt in Österreich den Praxisanleitenden zu. Dabei sind die Richtlinien zu der Ausbildung in der Weiterbildungsverordnung im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (§ 64 GuKG-WV Stand 2022) geregelt (Tab. 1).
Tabelle 1
Richtlinien zu der Ausbildung der Praxisanleitungen in der Weiterbildungsverordnung im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (§ 64 GuKG-WV Stand 2022)
1. „Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sind berechtigt, Weiterbildungen zur Erweiterung der in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten zu absolvieren. Diese haben mindestens vier Wochen zu umfassen.
2. Weiterbildungen gemäß Abs. 1 können im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgen.
3. Die Abhaltung von Weiterbildungen gemäß Abs. 1 bedarf der Bewilligung des Landeshauptmannes. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die organisatorischen und fachlichen Voraussetzungen für die Vermittlung der den Berufserfordernissen entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten gewährleistet sind. (Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 80/2013)
5. Nach Abschluss einer Weiterbildung gemäß Abs. 1 ist eine Prüfung abzunehmen. Über die erfolgreich abgelegte Prüfung ist ein Zeugnis auszustellen.
6. Die erfolgreiche Absolvierung einer Weiterbildung berechtigt zur Führung einer Zusatzbezeichnung gemäß § 11 Abs. 2.“ (§ 64 GuKG-WV Stand 2022)
Bezüglich der Inhalte der Weiterbildung zur Praxisanleitung liegen die Schwerpunkte auf dem Erwerb von gesetzlichem Grundwissen, didaktisch-methodischen Techniken der Wissensvermittlung, kommunikativen Grundlagen, wissenschaftlichen Kompetenzen, Evaluations- und Bewertungswissen sowie ausgeprägten fachspezifischen Kenntnissen. Der zeitliche und inhaltliche Umfang der Vermittlung einzelner Module wird von den jeweiligen Anbietern der Praxisanleitungsweiterbildung unterschiedlich festgelegt.

Weiterbildungslandschaft zu Praxisanleitung in Österreich

Die Wissenschaftsabteilung der AWZ Sozialen Wien GmbH hat von Juli 2022 bis Oktober 2022 eine Recherche zu Informationen rund um die Weiterbildung zur Praxisanleitung gemäß §64 GuKG durchgeführt, um einen Überblick zu den Weiterbildungsplätzen in Österreich zu erstellen1. Mit Stand Oktober 2022 konnten 23 Anbieterinnen und Anbieter für die Weiterbildung zur Praxisanleitung in allen Bundesländern bestimmt werden (Tab. 2). In sieben dieser Einrichtungen wird eine Mischung aus Präsenz- und Onlinelehre angeboten, beziehungsweise ein „Blended-Learning Konzept“ angewendet. Zudem ist es möglich, alle Weiterbildungen berufsbegleitend zu absolvieren.
Tabelle 2
ANZAHL ANBIETER UND DAUER DER PRAXISANLEITUNGSWEITERBILDUNG IN ÖSTERREICH
Bundesland
Anzahl Anbieter von Weiterbildungs-angeboten zur Praxisanleitung
Dauer Angabe in Monaten und gerundet
  
kürzeste Dauer
längste Dauer
Wien
6
4 Monate
12 Monate
Niederösterreich
2
8 Monate
12 Monate
Oberösterreich
3
6 Monate
12 Monate
Steiermark
3
5 Monate
10 Monate
Kärnten
2
7 Monate
24 Monate
Tirol
3
4 Monate
12 Monate
Salzburg
2
6 Monate
11 Monate
Vorarlberg
1
12 Monate
 
Burgenland
1
12 Monate
 
Neben den gesetzlich geregelten Richtlinien der Weiterbildung zur Praxisanleitung gemäß §64 können von den Anbietern folgende weitere Voraussetzungen verlangt werden:
  • _ Berufsberechtigung als Pflegeperson und bei manchen Anbietern zudem Personen aus anderen Gesundheitsberufen
  • _ Praxiserfahrung (meist zweijährig)
  • _ Nachweis über Unbescholtenheit oder ein Immunitätsnachweis
Nicht nur bei den Voraussetzungen und der regionalen Verteilung der Anbieter zeigen sich Unterschiede, sondern auch bei der Dauer der Weiterbildung und den Kosten für diese. Im Durchschnitt dauert die Weiterbildung etwa acht Monate in Österreich. Die kürzesten angebotenen Weiterbildungen, die dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz entsprechen, befinden sich mit jeweils vier Monaten in Wien (Tab.2).
Eine unterschiedliche Handhabung der Dauer der Weiterbildung in Österreich, spiegelt sich auch bei der Preisgestaltung wider. Grundsätzlich befinden sich die Angebote der Weiterbildung zur Praxisanleitung gemäß §64 in einer Kostenspanne von € 0,- bis max. € 5.900, -. Die Höhe der Ausbildungskosten ist abhängig von der Dauer, der Art der Bildungseinrichtung (bei Fachhochschulen meist ein höherer Betrag) und den Möglichkeiten einer Förderung. In diesem Sinne findet beispielsweise eine vollständige Kostenübernahme durch das Land Salzburg für die Praxisanleitungsweiterbildung des BFI Salzburg statt.

Fazit und Ausblick

Die Erhebung veranschaulicht die Vielfalt der Weiterbildungsmöglichkeiten zur Praxisanleitung in Österreich. Ersichtlich wurden Unterschiede hinsichtlich der Gestaltung der Weiterbildung, der Dauer, der Kosten, der Förderungen, der Voraussetzungen, der Verteilung in den Bundesländern und der Unterrichtsform. Mit Auböck et al. (2014) plädieren wir für weitere Forschungen zur Praxisanleitungssituation in Österreich, da es sich um eine wesentliche Schnittstelle zwischen Pflegetheorie und -praxis handelt. Die Relevanz der Thematik wird im Zuge des Pflegekräftemangels in den nächsten Jahren noch größer werden. Denn wie die Anreizsystemstudie (Jäger et al. 2022) und die Pflegebedarfsprognose (Rappold; Juraszovich 2019) zeigen, ist eine gelungene Anleitung während der Praktika von immenser Bedeutung für die Entscheidung der Auszubildenden über die spätere Ausübung des Berufes im Gesundheits- und Krankenpflegebereich. Der Schaffung einer förderlichen Lernumgebung während des Praktikums stehen vor allem strukturelle Herausforderungen gegenüber. Für die Identifizierung dieser in Österreich bedarf es weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen.
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Fußnoten
1
*Eine Broschüre mit den Ergebnissen wird jährlich aktualisiert und ist im Broschürenservice des FSW zu finden: https://www.fsw.at/p/informationsmaterial-bestellen.
 
Literatur
Zurück zum Zitat Auböck, U., Haselwanter-Schneider, A., Them, C. (2014): Die Rolle von Praxisanleitern und Praxisanleiterinnen in der klinisch-praktischen Ausbildung von österreichischen Pflegestudierenden. In: Pflege & Gesellschaft. 2014/19(3), S. 251–267. Auböck, U., Haselwanter-Schneider, A., Them, C. (2014): Die Rolle von Praxisanleitern und Praxisanleiterinnen in der klinisch-praktischen Ausbildung von österreichischen Pflegestudierenden. In: Pflege & Gesellschaft. 2014/19(3), S. 251–267.
Zurück zum Zitat Broadbent, M., Moxham, L., Sander, T, Walker, S, Dwyer, T (2014): Supporting bachelor of nursing students within the clinical environment: Perspectives of preceptors. Nurse Education in Practice, 14(4), S. 403–409.CrossRefPubMed Broadbent, M., Moxham, L., Sander, T, Walker, S, Dwyer, T (2014): Supporting bachelor of nursing students within the clinical environment: Perspectives of preceptors. Nurse Education in Practice, 14(4), S. 403–409.CrossRefPubMed
Zurück zum Zitat Jäger, M., Maderner, B., Steinbauer, S. (2022): Relevante Faktoren in Bezug auf die Ausbildungs-/Berufswahl. Pflege Zukunft Wien — Gesamtbericht [Publikation in Vorbereitung]. Jäger, M., Maderner, B., Steinbauer, S. (2022): Relevante Faktoren in Bezug auf die Ausbildungs-/Berufswahl. Pflege Zukunft Wien — Gesamtbericht [Publikation in Vorbereitung].
Metadaten
Titel
Weiterbildung zur Praxisanleitung in Österreich
Gute Erfahrungen der Praktikantinnen und Praktikanten fördern die Berufszufriedenheit
verfasst von
Nina Zischka, BA, MA
Amalia Mahmoud
Dr. Erwin Schweitzer
Dr. Margret Jäger
Publikationsdatum
01.06.2023
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
ProCare / Ausgabe 5/2023
Print ISSN: 0949-7323
Elektronische ISSN: 1613-7574
DOI
https://doi.org/10.1007/s00735-023-1713-1

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