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14.09.2023 | Traditionelle chinesische Medizin TCM

Rezepturen, die Yang tonisieren

verfasst von: Dr. Florian Ploberger

In diesem Artikel sollen eine chinesische Rezeptur, die das Yang tonisiert, sowie deren Entsprechung aus westlichen Kräutern beschrieben werden.

Das Nieren-Yang wird oft als das „wahre“ Yang bezeichnet. Aus diesem Grund enthalten die meisten der Yang-tonisierenden Rezepturen Nieren-Yang-tonisierende Kräuter, auch wenn das Milz- oder Lungen-Yang tonisiert werden soll.

Symptome für Yang-Mangel

Menschen, die einen Nieren-Yang-Mangel aufweisen, fühlen sich körperlich erschöpft. Meistens fehlt es ihnen an Antrieb. Körperlich besteht bei ihnen ein Kältegefühl sowie eine Abneigung gegenüber Kälte. Da diese Kälte aufgrund eines Mangels besteht, empfinden Patienten eine von außen zugefügte Wärme - beispielsweise durch Moxibustion oder zusätzliche Kleidungsstücke - als angenehm.

Dies im Unterschied zu Kältesymptomen, die durch das Eindringen eines „Pathogenen Erregers“ verursacht werden. Wenn der „Pathogene Erreger“ Kälte in den Körper eingedrungen ist, frieren entsprechende Menschen auch nach dem Anziehen zusätzlicher Bekleidungsstücke weiter.

Weitere typische Symptome sind: eine Schwäche im Bereich des unteren Rückens und der unteren Extremitäten; Schmerzen, die durch Bewegung (Yang!) und Wärme- anwendungen (Yang!) besser werden; Libidomangel, möglicherweise Impotenz, weißer Ausfluss, häufiges Urinieren eines hellen Urins, nächtliches Wasserlassen, Stuhlgang mit Resten unverdauter Nahrungsmittel am frühen Morgen; ein blasser Zungenkörper mit weißem, feuchtem Zungenbelag sowie ein tiefer (chen), langsamer (chi) und leerer (xu) Puls.

Yin & Yang berücksichtigen

Bei der Analyse der Rezepturen fällt die gegenseitige Abhängigkeit von Yin und Yang auf. Da Eines (Yin) das Andere (Yang) hervorbringt, enthalten Rezepturen, die das Yang tonisieren sollen, zusätzlich Kräuter, die das Yin nähren. Yin dient in diesem Zusammenhang als „Brennstoff“ für die Entwicklung des Yang.

Das Eine (Yang) kann nicht ohne das Andere (Yin) existieren und umgekehrt.

Das Yang-Qi langsam aufbauen

Um einen Yang-Mangel zu beheben, benötigt man Zeit. Es wäre ein Fehler, zu glauben, dass bei Menschen, die einen massiven Yang-Mangel aufweisen, durch die Gabe von scharf-heißen Kräutern in kurzer Zeit das Yang-Qi tonisiert und somit Krankheitsbilder wie Infertilität, erektile Dysfunktion und Libidoverlust innerhalb kurzer Zeit behandelt werden können. Eine übermäßige Einnahme scharf-heißer Kräuter würde eher dazu führen, dass sich zusätzlich zu dem bestehenden Yang-Mangel ein Yin-Mangel entwickeln würde. (Die scharf-heißen Kräuter verletzen das Yin.)

Es ist empfehlenswert, das Yang-Qi langsam aufzubauen. Nicht ohne Grund geben die klassischen TCM-Quellen an, dass es bis zu drei Jahren benötigt, um einen Yang-Mangel erfolgreich therapieren zu können!

Rezept aus der TCM-Kräuterkunde

Jin gui shen qi tang (Nieren-Qi-Pille aus dem „Golden Cabinet“): - Rdx. Rehmanniae praeparata (Shudihuang) 9 g Kaiserkraut

- Frucus Corni (Shanzhuyu) 6 g Ministerkraut

- Rhz. Dioscorea (Shanyao) 6 g Ministerkraut

- Rdx. Lateralis Aconiti Carmichaeli Praeparata (Fuzi) 2 g Ministerkraut

- Ram. Cinnamomi (Guizhi) 2 g Ministerkraut

- Rhz. Alismatis (Zexie) 3 g Polizeikraut

- Poria Cocos (Fuling) 4 g Polizeikraut

- Cortex Moutan (Mudanpi) 4 g Polizeikraut

Wirkung: Wärmt und tonisiert das Nieren-Yang.

Indikation: Rückenschmerzen im unteren Rückenbereich, die durch Bewegung und Wärmeanwendungen besser werden; Kältegefühl der unteren Körperhälfte, Spannungsgefühl im Unterbauch, Kraftlosigkeit der Beine, schwach ausgeprägte Libido, Appetitlosigkeit, eventuell Ödeme (abnorme Ansammlung von Flüssigkeit in Körpergeweben), die vor allem im Bereich der Unterschenkel zu finden sind.

Entsprechende westliche Krankheitsbilder: Chronische Nephritis chronische Urethritis,, Diabetes mellitus, Hypothyreose,, chronische Arthritis, Impotenz,, Ejakulationsstörungen, Hypotonie, Vertigo, chronische Glomerulonephritis, Lumbo- ischialgie, Herzinsuffizienz, Harn- inkontinenz, Dysurie, Anurie, chronische Prostatitis sowie Ödeme.

Zunge: blasser, geschwollener Zungenkörper; spärlicher, weißer, feuchter Belag.

Puls: tief (chen), langsam (chi) und schwach (ruo).

Beschreibung der klassischenTCM-Rezeptur

Die Rezeptur „ Jin gui shen qi tang “ nährt, ohne zu befeuchten; sie wärmt, ohne Trockenheit zu erzeugen und tonisiert sowohl das Nieren-Yin als auch das Nieren-Yang. „Jin gui shen qi tang “ besteht aus der Rezeptur „ Liu wei di huang wan “ plus Kräutern, die das Nieren-Yang tonisieren. Durch die beigefügten Kräuter wird sowohl eine das Nieren-Yin, als auch das Nieren-Yang tonisierende Wirkung erzielt.

Durch die Kräuter der Rezeptur wird die Leere-Hitze wieder zu ihrer Quelle, nämlich in den Bereich des Nieren-Yang, zurückgeleitet.

„Jin gui shen qi tang“ kann eingesetzt werden, um einen gestörten Flüssigkeitshaushalt aufgrund eines Nieren-Yang-Mangels zu therapieren. Das Nieren-Yang ist für die Umwandlung und Bewegung der Flüssigkeiten des Körpers zuständig. Es leitet das Reine nach oben und das Unreine nach unten. Wenn das Nieren-Yang geschwächt ist, ist die Transportfunktion behindert. Dies kann sich beispielsweise in Schwierigkeiten beim Wasserlassen manifestieren. Wenn das Nieren-Yang geschwächt ist, können zusätzlich Ödeme auftreten.

Analyse der einzelnen Kräuter

Eine Analyse der einzelnen TCM-Kräuter sowie die exakte Anleitung, wie die Kräuter zuzubereiten sind, damit sie ihre Wirkung entfalten können, finden Sie im unten angeführten Buch.

Entsprechende Rezeptur auswestlichen Kräutern


- Semen Anethi Dillsamen 5 g Kaiserkraut

- Fructus Foeniculi Fenchelsamen 3 g Ministerkraut

- Semen Foenugraeci Bockshornkleesamen 5 g Ministerkraut

- Fructus Juniperi Wacholderfrüchte 5 g Ministerkraut

- Ramulus Cinnamomi Zimtzweige 2 g Ministerkraut

- Herba Thymi Thymian 4 g Ministerkraut

- Herba Galeopsidis ockergelber Hohlzahn 5 g Ministerkraut

- Herba et Radix Taraxaci Löwenzahn 2 g Polizeikraut

Beschreibung der Rezepturaus westlichen Kräutern

Als Kaiserkraut dieser Rezeptur dienen Dillsamen (Semen Anethi). Diese sind scharf, thermisch warm und können eingesetzt werden, um das Nieren-Yang zu tonisieren. Unterstützt werden sie in ihrer Wirkung durch die Ministerkräuter Fenchelsamen (Fructus Feoniculi), Bockshornkleesamen (Semen Foenugraeci), Wacholderfrüchte (Fructus Juniperi) und Zimtzweige (Ramulus Cinnamomi). Zimtzweige (Ramulus Cinnamomi) sind scharf, süß und thermisch warm und können eingesetzt werden, um Wind, Kälte und Feuchtigkeit (also ein Bi-Syndrom) aus dem Bereich der Gelenke auszuleiten. Sie wärmen und erleichtern die Zirkulation des Qi im Körper. Thymian (Herba Thymi), ein weiteres Ministerkraut der Rezeptur, ist bitter, thermisch warm und kann ebenfalls eingesetzt werden, um das Nieren-Yang zu tonisieren. Ein Kraut mit bitterem Geschmack, das thermisch warm ist, ist relativ selten. Diese Kombination eignet sich hervorragend, um das Nieren-Yang zu tonisieren! Zusätzlich senkt Thymian (Herba Thymi) das Lungen- und Magen-Qi ab und kann eingesetzt werden, um Schleim-Kälte-Stagnationen im Bereich des Unteren Erwärmers entgegenzuwirken.

Das letzte Ministerkraut dieser Rezeptur ist der ockergelbe Hohlzahn (Herba Galeopsidis). Dieser tonisiert das Nieren-Yin. (Es ist notwendig, der Rezeptur Yin-tonisierende Kräuter hinzuzufügen, wenn das Yang tonisiert werden soll). Ockergelber Hohlzahn (Herba Galeopsidis) liefert die Substanz (das Yin), welche notwendig ist, um das Yang-Qi tonisieren zu können. Als Polizeikraut dieser Rezeptur dient Löwenzahn (Herba et Rdx. Taraxaci). Dieses Kraut ist bitter, thermisch kalt und kann eingesetzt werden, um Feuchte Hitze auszuleiten. In dieser Rezeptur bewahrt Löwenzahn (Herba et Rdx. Taraxaci) die scharfen, thermisch heißen Yang-tonisierenden Kräuter davor, das Yin zu verletzen.

Fazit für die Praxis

„Westliche Kräuter“ nach den Kriterien der TCM zu untersuchen, zu monographieren und im Rahmen einer präzisen, energetisch gestellten Diagnose um Wohle der Patienten einzusetzen, kann eine Bereicherung der ärztlichen Tätigkeit darstellen. Im Sinne des Leitsatzes: „Das Alte bewahren, das Neue begrüßen!“

Literaturempfehlung:
Ploberger, F. (2017) Westliche und traditionell chinesische Heilkräuter,Schiedlberg: Bacopa.

https://bacopa-verlag.at/

Weitere Informationen:

https://bacopa-verlag.at/

Metadaten
Titel
Rezepturen, die Yang tonisieren
Publikationsdatum
14.09.2023

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