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Ärzte Woche

12.06.2018 | Seltene Erkrankungen

„Bis zur Diagnose sind viele frustriert“

verfasst von: Iris Strillinger im Gespräch mit Philip Klepeisz

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Morbus Fabry ist schwer zu erkennen, wenn es in der Familiengeschichte noch nicht bekannt ist. Im Schnitt dauert es 16 Jahre, bis diese Krankheit bei Betroffenen festgestellt wird. Für Patienten gibt es seit zwei Jahren eine Selbsthilfegruppe. Wir haben mit der Obfrau, Iris Strillinger, gesprochen.

Wie war es bei Ihnen; wie merkten Sie, dass Sie Morbus Fabry haben?

Strillinger: Meine Symptome hatte ich ab 20 Jahren. Ich war oft sehr müde, selbst nach dem Ausschlafen. Es ist eine abrupte Müdigkeit, d. h. beispielsweise in der Arbeit war ich von einer Minute auf die nächste so erschöpft, dass ich sofort schlafen hätte können. Es war eine sehr unangenehme Situation, da ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, warum es so war.

Eine Vielzahl von Besuchen bei Ärzten und Spezialisten ergab leider auch keine Diagnose, nur kurzfristige Verbesserungen. Keiner der Ärzte war für diese seltene Erkrankung sensibilisiert. Einer riet mir, dass ich Sport machen und auf die Ernährung achten sollte. Das war sehr frustrierend, da ich ja sehr sportlich war und eine gute körperliche Fitness hatte.

Wann hat man bei Ihnen die Erkrankung festgestellt?

Strillinger: Diagnostiziert wurde ich erst mit 43, sprich 23 Jahre nach den ersten Symptomen. Im Durchschnitt dauert es 16 Jahre, bis bei einem Betroffenen Morbus Fabry festgestellt wird. Da es eine Erbkrankheit ist, geht es bei den Betroffenen mit einer bekannten Familien-Anamnese natürlich schneller.

Wodurch kann ein Hausarzt am ehesten Morbus Fabry bei einem seiner Patienten erkennen? Gibt es, abgesehen vom Leitsymptom des neuropathischen Schmerzes, noch andere Symptome?

Strillinger: Optisch entwickeln Betroffene häufig punktförmige Ausschläge etwa im Bereich des Bauchnabels und der Lippen. Ein Brennenessel-ähnlicher Schmerz in den Händen und Füßen und Schwindelanfälle können auch auftreten. Oft wird Morbus Fabry aufgrund von Problemen mit den Nieren oder eine durch Ablagerungen verdickte Herzwand festgestellt. Fieber- und Schlaganfälle sind bereits im jungen Alter ebenfalls möglich.

Bei männlichen Fabry-Patienten kann man es oftmals an der Struktur des Gesichts erkennen. Bei Buben fangen die Symptome mit Fieberschüben bereits im jungen Kindesalter an. Durch einen Bluttest kann es jedenfalls nachgewiesen werden, wobei die Sequenzierung etwa fünf Wochen dauert.

Gibt es noch andere Merkmale?

Strillinger: Morbus-Fabry-Betroffene vertragen außerdem die Hitze schlecht, da sie schwer bis gar nicht schwitzen. Es fühlt sich an, als ob man innerlich glüht. Da kann es dann schon vorkommen, dass man zusammenbricht.

Wie lebt man im Alltag mit dieser Erkrankung?

Strillinger: Man muss sich damit arrangieren. Nehmen wir zum Beispiel das Autofahren. Wenn ich eine Strecke von 200 Kilometern zurücklegen müsste, dann bräuchte ich zwischendurch einige Schlafpausen von je 15 bis 30 Minuten. Somit muss ich genügend Zeit dafür einplanen.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Strillinger: Derzeit gibt es in Österreich drei Behandlungsmöglichkeiten. Zwei davon sind Enzymersatztherapien, bei denen man alle 14 Tage eine Infusion bekommt. Bei ungefähr der Hälfte der Patienten ist eine Behandlung mit Tabletten möglich. Welche Therapieform zum Einsatz kommt und ab wann damit begonnen wird, entscheidet der Arzt individuell mit dem Patienten.

Es gibt hierzulande Morbus Fabry Zentren; nähere Informationen finden Sie auf unserer Selbsthilfegruppe-Homepage: https://morbus-fabry.eu

Es finden auch regelmäßig Patiententreffen zum Erfahrungsaustausch statt. Das nächste Treffen ist am 15. September in Wals bei Salzburg geplant. Dort werden zahlreiche Fachärzte, Experten und Patienten anzutreffen sein. Es werde unter anderem aktuelle Therapien, Studien und Neuigkeiten rund um Morbus Fabry vorgestellt. Betroffene und Interessierte sind eingeladen, an dieser Veranstaltung teilzunehmen.

Wie sieht es mit der heimischen Versorgung aus?

Strillinger: Das Problem ist die Dauer bis zur Diagnose. In der Zeit davor sind die Betroffenen oftmals frustriert, da sie oft nicht ernst genommen werden und ihre Symptome als Einbildung abgetan werden.

Auch bei einer Untersuchung beim Augenarzt könnte Morbus Fabry festgestellt werden. Sie können Ablagerungen in den Augen erkennen und dadurch auf Morbus Fabry schließen.

Wurde bereits die Diagnose gestellt, dann ist die Versorgung gut. Der Weg dahin ist das Problem. Wünschenswert wäre eine Sensibilisierung für diese Erkrankung.

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Metadaten
Titel
„Bis zur Diagnose sind viele frustriert“
Publikationsdatum
12.06.2018
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 24/2018

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