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Open Access 26.05.2023 | Onkologie

Nachsorge des Mammakarzinoms: wer, wann, wie?

verfasst von: Assoc. Prof. PD Dr. Daphne Gschwantler-Kaulich

Erschienen in: Journal für Gynäkologische Endokrinologie/Österreich

Hinweise
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Nachsorge – wer, wie, wozu?

Patientinnen nach einer Brustkrebserkrankung erhalten in Österreich ein spezielles Nachsorgeschema innerhalb der ersten fünf Jahre nach Erstdiagnose, welches sich auch in den aktuellen AGO-Leitlinien widerspiegelt (s. Abb. 1).
Zum einen geht es bei der Nachsorge darum, ein ipsilaterales Lokalrezidiv (7–20 %), eine kontralaterale Brustkrebserkrankung (RR 2,5–5; jährliche Inzidenz 0,5–1 %) oder aber auch ein therapieinduziertes Malignom (z. B. Angiosarkom, Corpuskarzinom, myeloische Leukämie) möglichst früh zu entdecken.
Zum anderen erfragen wir bei der Nachsorge die aktuelle Lebensqualität der Patientin, da Patientinnen häufig unter einer Spätmorbidität leiden. Bis zu 20 % geben ständige Probleme an und 11 % geben deswegen ihre Arbeit auf. Die Unterstützung und Anleitung der Patientin, ihren normalen Alltag wieder bewältigen zu können, ist daher auch ein wesentlicher Teil der Nachsorge.
Weiters ist der regelmäßige Kontakt auch entscheidend bzgl. der Compliance wie zum Beispiel bei einer langjährigen antihormonellen Therapie.

Nachsorge – wann, wie lange?

Die intensive Nachsorge umfasst fünf Jahre, ab dann sollte weiterhin eine jährliche Nachsorgekontrolle erfolgen. Der Fünf-Jahres-Zeitraum wurde festgelegt, da das Risiko für ein Lokalrezidiv wie auch für Metastasen in den ersten fünf Jahren am höchsten ist.
Das Rezidivrisiko und somit die Prognose lässt sich anhand von Tumorgröße, Lymphknotenstatus und histologischem Subtyp einschätzen.

Herausforderungen in der Nachsorge

Durch laufend neue Erkenntnisse kommt es auch in der Therapie des Mammakarzinoms (Mamma-Ca) zu Erweiterungen und Veränderungen der bis dato geltenden Standard-Therapieschemata. Dadurch ist man in der Nachsorge mit neuen Medikamenten und somit auch neuen Nebenwirkungen und einem entsprechenden Nebenwirkungsmanagement konfrontiert. Die adjuvanten Therapien werden je nach Ansprechen und Tumorsubtyp oft verlängert, was auch das Thema Spätmorbidität beeinflusst.

Nachsorge – minimal oder maximal?

Das derzeit geltende und empfohlene Nachsorgeschema entspricht einer Minimalnachsorge bestehend aus klinischen Kontrollen und einer einmal im Jahr stattfindenden radiologischen Kontrolle mittels Mammographie. Je nach Operationsart wird die Mammographie evtl. durch eine Magnetresonanz-Mammographie (MR-MG) ersetzt wie zum Beispiel nach Implantatrekonstruktion. Bei sehr dichtem Parenchym werden beide Methoden kombiniert oder abgewechselt – dies entspricht individuellen Anpassungen der Nachsorge.
Das Gegenteil zur Minimalnachsorge wäre eine Art der Maximalnachsorge, bei der der ganze Körper in regelmäßigen Abständen und mit entsprechenden radiologischen (Computertomographie [CT] Thorax/Abdomen, Positronenemmissionstomographie[PET]-CT, Knochenscan, C/P, Leberultraschall [Leber-US] etc.) oder Laborkontrollen (Tumormarker etc.) auf das Vorhandensein von Fernmetastasen untersucht wird.
Viele Patientinnen würden sich eine intensivere Nachsorge wünschen, aber ist das auch wirklich sinnvoll? Hierzu möchte ich Ihnen ein paar Studien vorstellen:
Bei der Rosselli-Studie [1] wurden 1243 Patientinnen randomisiert in einen konservativen Arm (k) und einen intensivierten Arm (i) mit zusätzlichem Lungenröntgen und Knochenscan. Im krankheitsfreien Überleben („disease-free survival“, DFS) und Gesamtüberleben („overall survival“, OS) gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied (DFS nach 5 Jahren: 64,8 % (i) vs. 72,0 % (k); OS nach 5 Jahren: 18,6 % (i) vs. 19,5 % (k)).
In der GIVIO-Studie wurden 1320 Patientinnen in Standardnachsorge oder intensivierte Nachsorge bestehend aus Labor (Gamma-GT, alkal. Phosphatase), C/P, Leber-US und Knochenscan randomisiert. Es wurden in der intensivierten Nachsorgegruppe mehr Metastasen ohne Symptome diagnostiziert (31 % vs. 21 %), allerdings ergab sich kein Unterschied im Gesamtüberleben.
Und auch in der dritten Studie, einer Metaanalyse aus vier Studien [2], bei der 3055 Patientinnen in konservative vs. intensivierte Nachsorge randomisiert wurden, gab es auch nach einem Follow-up von zehn Jahren keinen Unterschied in DFS, OS und Lebensqualität.

Neue Therapieoptionen – Anpassung der Nachsorge?

Durch eine Vielzahl an neuen Therapeutika im palliativen Setting, welche zu einem Benefit im OS bei gleichzeitig guter Lebensqualität führen, stellt sich die Frage, ob es nicht doch sinnvoll wäre, Metastasen möglichst früh zu entdecken.
Um dies zu beantworten, sind Studien bzgl. der Sinnhaftigkeit von intensivierter Nachsorge mit dem heutigen Spektrum an Therapiemöglichkeiten erforderlich.

Fazit für die Praxis

Die derzeit gültigen Nachsorgeempfehlungen nach einer Mamma-Ca-Erkrankung beinhalten in den ersten drei Jahren eine dreimonatliche, im 4.–5. Jahr eine sechsmonatliche klinische Untersuchung kombiniert mit einer Mammographiekontrolle einmal pro Jahr.
Ab dem fünften Jahr sollte die klinische und radiologische Kontrolle einmal pro Jahr stattfinden.
Bis dato haben die vorhandenen Studien keinen Benefit einer intensivierten Nachsorge gezeigt.
Ob es durch neue Therapieoptionen und dadurch verbessertes Gesamtüberleben („overall survival“, OS) im palliativen Setting zukünftig Sinn machen könnte, eine intensivierte Nachsorge zumindest in speziellen Subgruppen durchzuführen, bleibt zurzeit eine offene Frage.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

D. Gschwantler-Kaulich gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von der Autorin keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Metadaten
Titel
Nachsorge des Mammakarzinoms: wer, wann, wie?
verfasst von
Assoc. Prof. PD Dr. Daphne Gschwantler-Kaulich
Publikationsdatum
26.05.2023
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Journal für Gynäkologische Endokrinologie/Österreich
Print ISSN: 1997-6690
Elektronische ISSN: 1996-1553
DOI
https://doi.org/10.1007/s41974-023-00263-0