Fast jede(r) Fünfte mit metastasiertem Krebs stirbt aus anderer Ursache

Wie groß das Risiko ist, dass Menschen mit metastasiertem Krebs innerhalb der nächsten Jahre an den Folgen bzw. an einer anderen Erkrankung sterben, hat eine Studiengruppe aus den USA untersucht – und einen Online-Rechner entwickelt, mit dem sich die Mortalität individuell abschätzen lässt. Dr. Torsten Wittmann / Science Photo Library × Früher galt eine Krebserkrankung, die bereits Metastasen gebildet hatte, unausweichlich als tödlich. Heute sterben zwar immer noch die meisten Menschen an den Folgen des Krebses, doch bei einem nicht geringen Teil wird der Tod durch andere Erkrankungen verursacht. Weil das Wissen darum die Wahl therapeutischer und palliativer Maßnahmen beeinflussen könnte, haben Forschende aus den USA mit Hilfe der SEER(Surveillance, Epidemiology, and End Results)-Datenbank Überlebenszeit und Todesursachen von mehr als einer Million Menschen mit 13 verschiedenen Krebsarten im metastasierten Stadium untersucht.1 Median noch zehn Monate Lebenszeit Von den Menschen, die zwischen 1992 und 2019 die Diagnose eines metastasierten Malignoms erhalten hatten, waren 80,9% im untersuchten Zeitraum gestorben. Die Haupttodesursache bei 82,6% der Patienten und Patientinnen war die bekannte Krebserkrankung, 14,0% waren an einer Nichtkrebserkrankung und 3,4% an einem zweiten Malignom gestorben. Der hohe Anteil von Todesfällen durch den metastasierten Krebs blieb über die Jahre hinweg stabil. Das höchste Risiko, an der fortgeschrittenen Krebserkrankung zu sterben, bestand mit Karzinomen der Lunge, des Pankreas, des Ösophagus und des Magens. Am wenigsten wahrscheinlich war ein solcher Tod bei Prostata- oder Brustkrebs. Generell war bei unter 40-Jährigen die Mortalität niedrig, im Alter über 60 starben viele an dem bekannten Krebs, über 65 nahm die Mortalität durch Zweitmalignome und über 70 durch andere Ursachen deutlich zu. Die führenden nichtmalignen Todesursachen waren Herzerkrankungen (32,4%), COPD und Lungenleiden (7,9%), zerebrovaskuläre Erkrankungen (6,1%) und Infektionen (4,1%). Die mediane Überlebenszeit aller Menschen mit neu diagnostizierten Krebsmetastasen betrug zehn Monate. Online-Rechner zur Risikoabschätzung Auf Basis der SEER-Daten von 2010-2019 haben die Forscherinnen und Forscher Nomogramme abgeleitet und validiert, um die Wahrscheinlichkeiten für den Tod durch die fortgeschrittene Krebserkrankung oder andere Ursachen innerhalb von einem, drei und fünf Jahren vorherzusagen. Als Variablen wurden Altersgruppe, Geschlecht, Ethnie, Lokalisation des primären Krebses, das Vorliegen von Metastasen in Knochen, Gehirn, Leber oder Lunge sowie T- und N-Stadium berücksichtigt. Die AUROC-Werte (die Flächen unter den Receiver-Operating-Characteristic-Kurven) zur Vorhersage der Mortalität durch den bekannten Krebs erreichten Werte zwischen 0,75 und 0,73, für andere Todesursachen waren sie etwas schlechter (ca. 0,65). Ausgehend von diesem „Competing-Risk“-Modell hat die Arbeitsgruppe um Kyle Mani von der Albert Einstein School of Medicine in New York einen einfach zu nutzenden Online-Rechner entwickelt, mit dem die Wahrscheinlichkeit für den Tod durch Krebs bzw. durch andere Ursachen innerhalb eines Jahres abgeschätzt werden kann (http://tinyurl.com/met-mortality). Mani et al. weisen allerdings darauf hin, dass ein solches Risikovorhersagemodell, das mit einem AUROC-Wert von 0,75 auch nur eine moderate Testgüte besitzt, eher für Populationen geeignet ist. Der Online-Rechner würde den Behandelnden zwar eine grobe Abschätzung liefern, es müsse aber immer die Einzigartigkeit jedes Patienten und jeder Patientin berücksichtigt werden. Referenz: 1Mani K et al.: Causes of death among people living with metastatic cancer. Nat Commun 2024; 15: 1519; https://doi.org/10.1038/s41467-024-45307-x Quelle: springermedizin.de

Springer Medizin Österreich

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten