DFP: Asymptomatisches Vorhofflimmern

Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung, weltweit betrifft sie Millionen von Menschen. Die Prävalenz des VHF liegt beim Erwachsenen bei 2 bis 4 Prozent. Aufgrund der im Rahmen des demografischen Wandels erwartbaren Alterung der Gesellschaft und zunehmender Diagnostik des VHF ist ein 2,3-facher Anstieg der Prävalenz und eine zunehmende Belastung des Gesundheitssystems zu erwarten. Fragebogen: PDF Download Link zur Fortbildung auf meindfp.at Das Vorhandensein eines VHF ist bei Patienten mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität assoziiert. Bis zu 30 % der ischämischen Schlaganfälle und 10 % der initial kryptogenen Schlaganfälle sind auf VHF zurückzuführen. Insbesondere bei Patienten mit asymptomatischem VHF kann die Komplikation (z. B. der Schlaganfall) der Diagnose und möglichen präventiven Therapie vorausgehen. Durch die Etablierung einer leitliniengerechten oralen Antikoagulation (OAK) ist bei Patienten mit VHF eine absolute Risikoreduktion thromboembolischer Ereignisse um bis zu zwei Drittel nachgewiesen, ebenso eine Reduktion der Mortalität. Wünschenswert wäre, dass ein VHF-Screening der Bevölkerung bzw. einer Risikogruppe zu einer früheren Erkennung, Therapie und Vermeidung von Komplikationen wie Schlaganfall und Tod sowie zur Reduktion von Kosten führen kann. Insbesondere bei Patienten mit asymptomatischem VHF, das in der ärztlichen Praxis und klinischen Routine vielleicht nicht frühzeitig diagnostiziert wird. Zur individuellen Detektion des Herzrhythmus, Generierung großer Datenmengen und somit einfacher Durchführung eines Screenings scheinen die rasanten technologischen Entwicklungen der Eventrekorder, einfach zugänglicher Wearables und Smartwatches, innovative Lösungen zu liefern. Unterschiedliche Patientenkollektive und Devices/ Wearables wurden zur Analyse des klinischen Benefits sowie der Kosten-Nutzen-Abwägung im Rahmen klinischer Studien zum VHFScreening untersucht. Insbesondere uneinheitliche Begrifflichkeiten und Definitionen des asymptomatischen VHF erschweren die Übersichtlichkeit zu diesem Thema: So unterscheiden sich die Definitionen für „asymptomatisches VHF“, „subklinisches VHF“, „stilles VHF“ und „atriale Hochfrequenzepisoden“ (sog. AHRE) je nach Studie. Klar voneinander abzugrenzen ist hierbei das subklinische von einem letztlich klinisch diagnostizierten, im EKG bestätigten und therapeutischen Maßnahmen zugeführten VHF, unabhängig von der Symptomatik. Da sich die Datenlage bezüglich eines Screenings bisher nicht einheitlich zeigt, wird ein routinemäßiges VHF-Screening von den Fachgesellschaften aktuell nicht empfohlen. Dieser Artikel berichtet über den aktuellen Stand dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie die Lücken der Evidenz und diskutiert die Vorund Nachteile von Screening sowie mögliche Therapieoptionen des asymptomatischen VHF. Screening Die von Wilson und Jungner 1968 vorgestellte WHO-Definition und die Prinzipien eines Screenings wurden über die Jahre weiterentwickelt und modernisiert. Zu den wichtigsten Prinzipien gehören, dass die zu screenende Erkrankung eine hohe Inzidenz oder Prävalenz aufweisen sollte und zu einer substanziellen Morbidität und Mortalität führt. Neben einer detektierbaren präklinischen Phase sollte der natürliche Krankheitsverlauf der Erkrankung gut untersucht sein: Da VHF die häufigste anhaltende kardiale Arrhythmie ist und mit erhöhter Morbidität und Mortalität assoziiert ist, scheinen die Grundvoraussetzungen für eine zu screenende Erkrankung gegeben zu sein. VHF weist jedoch ein sehr heterogenes klinisches Bild auf. Dem natürlichen Verlauf der Erkrankung entsprechend, kann das VHF von einer präklinischen Phase in eine klinische übergehen und von einer paroxysmalen zu einer persistierenden Verlaufsform fortschreiten. Es wird davon ausgegangen, dass es zu einem strukturellen Remodelling des Vorhofs kommt. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, auch ein persistierendes VHF mit oder ohne fortgeschrittener atrialer Kardiomyopathie kann die Erstdiagnose eines VHF kennzeichnen. Zu den weiteren Prinzipien zählen, dass die zu untersuchende Screeningpopulation klar definiert werden sollte. Die Methodik des Screenings sollte akkurat, zuverlässig und reproduzierbar sein. Theoretisch stehen für das Screening von Vorhofflimmern die in Tab. 1 aufgeführten Screeningstrategien zur Verfügung (angepasst nach Mairesse et al). Des Weiteren sollten die Ergebnisse des Screenings klar zu interpretieren und bestimmbar sein, mit hohem positiv prädiktivem Wert. Im Fall eines positiven Screenings sollte eine klare Vorgehensweise an Diagnostik, Therapie, Intervention und Nachsorge bestehen, um den natürlichen Verlauf der Erkrankung zu modifizieren. Dieser Behandlungsalgorithmus sollte verfügbar, zugänglich und akzeptabel für das gescreente Individuum sein. Das positive Screeningergebnis sollte zu einer Verbesserung des Outcomes führen (z. B. Lebensqualität, reduzierte Mortalität). Die durch das Screening und die durchgeführten Tests entstandene Belastung der Teilnehmenden sollte bekannt und sicher sein. Die Vor- und Nachteile für die Screening-Teilnehmenden als auch für die Gesellschaft sollten klar definiert und durch wissenschaftliche Evidenz belegt sein. Ökonomische Aspekte der Kosten-Nutzen- Rechnung sollten im Rahmen des Screenings bekannt sein. Zusammenfassend sollte der gesamtheitliche Nutzen dem möglichen Risiko durch das Screening überlegen sein und klare Ziele des Screenings definiert werden. Im Folgenden werden diese Prinzipien anhand der aktuellen Datenlage und Erkenntnisse zum Screening von asymptomatischem VHF beleuchtet und diskutiert. Funktioniert das Vorhofflimmer-Screening? Häufig gelingt es nicht, sporadisch auftretendes (paroxysmales) VHF mittels konventioneller EKG-Diagnostik (12-Kanal-EKG, 24- bis 72-h- Langzeit-EKG) aufzuzeichnen. Fortlaufende technische Fortschritte und die Digitalisierung in der Medizin haben dazu geführt, dass aktuell diverse weitere Geräte zur Aufzeichnung des Herzrhythmus zur Verfügung stehen. In der klinischen Praxis ist v. a. zwischen implantierbaren Geräten und sog. Wearables zu unterscheiden (Abb. 1). Implantierbare Eventrekorder mit CE-Kennzeichnung sind als Medizinprodukte zugelassen und in der klinischen Routine etablierte diagnostische Mittel. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass sie bei Patienten mit entsprechendem Risikoprofil effektiv für das Screening auf Vorhofflimmern eingesetzt werden können. In der ASSERT-II-Studie wurden bei 256 Patienten (≥ 65 Jahre) mit entsprechendem Risikoprofil, die sich in einer kardiologischen oder neurologischen Ambulanz vorstellten, Eventrekorder implantiert. Ein VHF war zuvor nicht bekannt. Über einen Nachbeobachtungszeitraum von 16,3 ± 3,8 Monaten konnte eine jährliche Vorhofflimmerrate von 34,4 % (95 % Konfidenzintervall (KI) 27,7-42,3) im Studienkollektiv detektiert werden. Weitere Daten zur VHF-Inzidenz durch Screening mit implantierbaren Eventrekordern liefern die im Jahr 2021 publizierten randomisierten Daten der LOOPStudie. Hier wurde nach 1:3-Randomisierung (Eventrekorder vs. konventioneller Studienarm) bei 1.501 von 6.004 Studienteilnehmenden (25 %) ein Eventrekorder implantiert. Eingeschlossen wurden Patienten im Alter von 70-90 Jahren ohne bekanntes VHF und mit Vorhandensein mindestens eines Risikofaktors (Hypertonie, Z. n. Schlaganfall, Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz). Im Eventrekorder-Arm wurde häufiger VHF diagnostiziert als im konventionellen Studienarm (31,8 % vs. 12,2 % Vorhofflimmerrate; Hazard- Ratio [HR] 3,17; 95 % KI 2,81- 3,59; p < 0,0001). Auch auf der Suche nach der Ätiologie eines kryptogenen Schlaganfalls bei Patienten ohne bisher bekanntes VHF konnte ein prolongiertes Rhythmusmonitoring die Detektionsrate von VHF signifikant erhöhen. So konnte in der CRYSTAL-AF(Cryptogenic Stroke and Underlying Atrial Fibrillation)- Studie von 2014 bei eben diesem Patientenkollektiv im Mittel erst nach 35 Tagen VHF nachgewiesen werden, die VHF-Detektionsrate war signifikant besser in der Eventrekorder- Gruppe als in der Kontrollgruppe (12,4 % vs. 2 % nach 12 Monaten Beobachtungszeitraum; HR 7,3; 95 % KI 2,6-20,8; p < 0,001). Im Gegensatz zu den implantierbaren Eventrekordern werden unter Wearables elektronische Geräte zusammengefasst, welche direkt am Körper oder an der Kleidung getragen werden, um biophysikalische Daten zu erfassen. Es existieren mittlerweile mehr als 400 dieser Wearables, wobei Smartwatches, Armbänder und Brustgurte die am weitesten verbreiteten Geräte dieser heterogenen Gruppe darstellen. Die Erfassung des Herzrhythmus erfolgt über unterschiedliche Techniken, von fotoplethysmografischen Messungen über direkte Ableitung eines EKGs. Mittlerweile existieren diverse Studien mit Wearables. Als größte sind die Apple-Heart-Studie und die MAFA-II-Studie zu nennen, in denen mit Smartwatches (Apple Inc., Cupertino, CA, USA) mehrere 100.000 Menschen der Allgemeinbevölkerung auf VHF gescreent wurden. In der Apple-Heart-Studie wurden fast 420.000 Menschen im mittleren Alter von 41 ± 13 Jahren rekrutiert. Im Fall einer Warnmeldung über eine irreguläre Pulsmessung durch die Smartwatch erhielten die Teilnehmenden ein EKG-Patch, welches für 7 Tage getragen wurde. Insgesamt 0,52 % (n = 2.161) erhielten eine solche Warnmeldung, von denen 450 Teilnehmende auswertbare EKGs zurücksendeten. Die VHF-Detektionsrate lag bei diesen bei 34 % (97,5 % KI 29-39), der positiv prädiktive Wert bei 84 %. Die Rate an Warnmeldungen lag bei Menschen ≥ 65 Jahren sogar bei 3 % (vs. 0,5 % im relativ jungen Gesamtkollektiv). Auch die MAFA-II-Studie konnte zeigen, dass die VHF-Erkennung durch die Fotoplethysmografie-Funktion von Smartwatches, in diesem Fall die Huawei-Smartwach (Huawei, Shenzhen, China), gut funktioniert. Eingeschlossen wurden über 2,8 Millionen Teilnehmende. Innerhalb von 4 Jahren wurden 12.244 Meldungen generiert, es kam also bei rund 1 von 200 Wearable- Trägern zu einem Alarm. Von den 5.277 Teilnehmenden, die sich daraufhin einer kardiologischen Abklärung unterzogen, fand sich eine 93,8 %ige Rate an diagnostiziertem VHF. Zudem war die Rate von VHF höher bei Menschen mit durch Wearables detektierter Schlafapnoe (Abb. 2). Studien, die ein verbessertes Outcome durch das Screening von Patienten mit Wearables nachweisen konnten, existieren bis dato allerdings nicht. Gesundheitsökonomische Aspekte Die für das Gesundheitswesen durch nicht diagnostiziertes VHF verursachten Kosten in Milliardenhöhe rechtfertigen die Rationale zur Durchführung von Screeningmaßnahmen. Basierend auf den Daten der großen britischen SAFE-Studie bei 14.802 Menschen ≥ 65 Jahre in 50 Primärversorgungszentren, scheint das opportunistische Screening kosteneffizienter zu sein als ein systematisches Screening. Bislang konnte kein Vorteil für ein systematisches gegenüber einem opportunistischen Screening gezeigt werden. In dieser Hinsicht könnten die weitverbreiteten und kostengünstigen Wearables eine Möglichkeit für zukünftiges, systematisches Screening liefern. In Tab. 2 sind die Empfehlungen der aktuellen Leitlinien bezüglich VHF-Screening aufgeführt (aus Hindricks et al). Therapie Mögliche Therapieoptionen des asymptomatischen, womöglich subklinischen VHF sollten von den klaren Empfehlungen des klinisch diagnostizierten, symptomatischen VHF abgegrenzt werden. Teilweise finden sich hier zwar Überschneidungen der Therapieempfehlungen, v. a. bei klinisch diagnostiziertem, aber asymptomatischem VHF. Im Gegensatz hierzu zeigt sich die Datenlage auf dem Gebiet des subklinischen asymptomatischen VHF bezüglich möglicher Therapieempfehlungen jedoch dünn. Ein vorweg wichtig zu nennender Diskussionspunkt ist zudem, dass nicht alle Patienten mit bereits bekanntem VHF und erhöhtem Schlaganfallrisiko auch antikoaguliert sind, wobei sich über die Jahre eine Verbesserung der Antikoagulationsrate von 54,5 % auf 73,9 % fand. Diese Versorgungslücke besteht somit nicht nur bei subklinischem (und somit noch zu screenendem), sondern auch bei schon klinisch diagnostiziertem VHF. Orale Antikoagulation Ziel der OAK-Therapie ist eine Reduktion von Schlaganfällen und Mortalität. Diese Therapie ist bei klinisch diagnostiziertem VHF mit erhöhtem Schlaganfallrisiko, unabhängig von der Symptomatik, nicht aus den Leitlinien wegzudenken und wichtiger Bestandteil aktueller Therapieempfehlungen. Asymptomatisches sowie symptomatisches VHF gehen mit ähnlich hohen Mortalitäts- und Schlaganfallraten einher. Auch durch implantierte Devices detektiertes asymptomatisches, subklinisches VHF (entsprechend atrialer Hochfrequenzepisoden [AHRE]) ist mit einem 2,5-fach 2023 erhöhten Schlaganfallrisiko assoziiert. Dieses Schlaganfallrisiko scheint jedoch insbesondere bei kurzen Phasen von subklinischem VHF niedriger zu sein als bei klinischem VHF. So zeigte sich in der ASSERTStudie eine mit klinischem VHF vergleichbare Schlaganfallrate von 3,1 % pro Jahr erst ab AHRE (in der Studie als subklinisches VHF definiert) mit einer Dauer von mindestens 24 h (adjustiertes HR 5,37; 95 % KI 2,08-13,87), wohingegen AHRE zwischen 6 min und 24 h nicht mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko einhergingen. Perino et al. konnten in einer großen retrospektiven Studie zeigen, dass nach Adjustierung eine initiierte OAK bei Patienten mit implantierten Devices und AHRE > 24 h das Schlaganfallrisiko mit einem Hazard-Ratio von 0,28 (95 % KI 0,10-0,81; p = 0,02) signifikant senken konnte im Vergleich zu Patienten ohne OAK und AHRE > 24 h. Die Studie zeigte jedoch auch, dass lediglich 16 % der Patienten mit AHRE antikoaguliert wurden und somit deutlich unter den Therapieraten des klinisch diagnostizierten VHF liegen. Wie bereits erwähnt, konnte in der LOOP-Studie zwar eine erhöhte Detektionsrate von subklinischem VHF (ICM 31,8 % vs. Kontrollgruppe 12,2 %, HR 3,1; 95 % KI 2,8-3,6, p < 0,0001) durch den Eventrekorder gefunden werden. Allerdings konnte im Beobachtungszeitraum von im Mittel 64,5 Monaten durch die Initiierung einer OAK bei Nachweis von mindestens 6 min anhaltendem VHF keine signifikante Reduktion der Schlaganfallrate (ICM 4,5 % vs. Kontrollgruppe 5,6 %; HR 0,8; 95 % KI 0,6-1,1; p = 0,11) erzielt werden. Trotz hoher Rate an neu detektiertem VHF und Therapiekohärenz der OAK blieb das Ergebnis der LOOP-Studie negativ. Es wird diskutiert, ob die VHF-Episoden von nur 6 min zu kurz (im Vergleich hierzu zeigte die ASSERT-Studie, dass erst eine VHF-Dauer von > 24 h mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko einhergeht), die Schlaganfallrate insgesamt zu niedrig und die Studie somit unterpowert war. Ein prolongiertes Rhythmusmonitoring mittels Daumen-EKG bei 75- bis 76-Jährigen mit Initiierung einer OAK bei detektiertem 30-sekündigem VHF (oder 2 Episoden 10-29 s andauernd) in der STROKESTOPStudie konnte wiederum eine signifikante Reduktion des kombinierten Endpunkts aus ischämischen Schlaganfällen, systemischen Embolien, Todesfällen jeglicher Ursache, hämorrhagischen Schlaganfällen und Hospitalisierungen in einem Beobachtungszeitraum von knapp 7 Jahren zeigen (EKG-Screening 31,9 % vs. Kontrollgruppe 33 %; HR 0,96; 95 % KI 0,92-1,00; p = 0,045 <). Im Vergleich zur LOOP-Studie, wurden hier auch Teilnehmende eingeschlossen, die ein bekanntes, aber unbehandeltes VHF aufwiesen. Die OAK wurde bei 262 (3,7 %) der 7.165 Teilnehmenden neu etabliert. Es bleibt somit letztlich unklar, ab welcher Dauer ein subklinisches, asymptomatisches VHF bei Patienten mit implantierten Devices eine OAK begonnen werden sollte. Eine Hilfestellung liefert die Leitlinie, welche unter Einbeziehung der AHREDauer und Höhe des CHA2DS2- VASc-Scores eine OAK unter Einbeziehung von Nutzen und Risiko abwägen lässt. Zudem werden die Ergebnisse weiterer multizentrischer Studien erwartet, wobei die AFNETassoziierte NOAH-Studie, welche den Nutzen einer OAK bei Menschen mit AHRE untersucht, im letzten Jahr aufgrund einer fehlenden Wirksamkeit in Verbindung mit erwartbaren Sicherheitsbedenken frühzeitig beendet wurde. Hinzukommt, dass diese Erkenntnisse von Patienten mit implantierbaren Devices wie Herzschrittmachern und Defibrillatoren nicht auf die Normalbevölkerung übertragbar sind, da sich diese in ihrem Risikoprofil womöglich unterscheiden. Im Rahmen von opportunistischem Screening durch z. B. Wearables bleibt also noch unklar, ab welcher Dauer eines subklinischen VHF mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko zu rechnen ist und der Beginn einer OAK notwendig wird. Rhythmuskontrolle Die aktuelle Leitlinie empfiehlt eine rhythmuserhaltende Therapie des VHF bislang nur für symptomatische VHF-Patienten. Grund dafür ist, dass randomisierte Studien bislang nicht beweisen konnten, dass eine rhythmuserhaltende Therapie einen Mortalitätsbenefit für die generelle VHFPopulation zeigen konnte. Nachgewiesen ist, dass die Katheterablation der medikamentösen antiarrhythmischen Therapie zur Etablierung des Sinusrhythmus überlegen ist. Das Vorhandensein von Sinusrhythmus wiederum ist mit einem Überlebensvorteil assoziiert, welcher möglicherweise aufgrund des ungünstigen Nebenwirkungsprofils von Antiarrhythmika verschleiert wird. Nach klinischer Diagnosestellung eines asymptomatischen VHF sollte zunächst evaluiert werden, ob dieses tatsächlich asymptomatisch ist, da auch bei Ausbleiben von Palpitationen andere Symptome wie z B. eine eingeschränkte Belastbarkeit vorliegen können. Bei Unklarheit darüber, ob das VHF symptomatisch ist, kann bei persistierendem VHF eine elektrische Kardioversion durchgeführt und anschließend die Symptomatik im Sinusrhythmus evaluiert werden. Eine Kardioversion führte in einer kleinen Fallserie zu einer Besserung der Dyspnoe und Belastbarkeit bei bis zu 75 % der initial asymptomatischen Patienten. Ein Signal bezüglich des Einflusses auf klinische Endpunkte durch eine rhythmuskontrollierende Therapie lieferte die randomisierte EAST-AFNET-4-Studie. Hier führte eine frühe rhythmuskontrollierende Therapie (medikamentöse Therapie und Katheterablation) bei neu aufgetretenem VHF und Vorhandensein von kardiovaskulären Risikofaktoren zu einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse bei VHF-Patienten. Im Vergleich zum symptomatischen ist asymptomatisches VHF mit vergleichbaren, z. T. auch höheren Raten von Schlaganfällen, kardiovaskulären Ereignissen und Tod assoziiert. In einer Subanalyse der EASTAFNET- 4-Studie konnte gezeigt werden, dass auch asymptomatische VHF-Patienten von einer frühen Rhythmuskontrolle mit vergleichbarer Reduktion des kombinierten Endpunkts (kardiovaskulärer Tod, Schlaganfall, Hospitalisierung für Herzinsuffizienz und akutes Koronarsyndrom) mit einer Hazard-Ratio von 0,76 (95 % KI 0,57-1,03) profitierten. Die Antikoagulation und Behandlung von Komorbiditäten unterschieden sich bei Patienten mit und ohne Symptomatik in dieser Studie bei ähnlicher Verteilung des CHA2DS2-VASc-Scores nicht. Es fand sich jedoch eine höhere Rate von persistierendem VHF bei asymptomatischen Patienten. Diese Daten zeigen somit erstmals einen Vorteil der rhythmuserhaltenden Therapie bei neu aufgetretenem, asymptomatischem VHF und Patienten mit kardiovaskulärem Risikoprofil. Auch in einer weiteren Studie konnte in einer Post-hoc-Analyse gezeigt werden, dass asymptomatische VHF-Patienten mit bereits vorherigem Schlaganfall oder einer Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz von einer erstmaligen Katheterablation im Vergleich zu einem konservativen Therapiemanagement profitierten. Das Risiko für das Auftreten des kombinierten Endpunkts aus kardiovaskulärem Tod, Schlaganfall, schwerwiegender Blutung und Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz (HR 0,39; p = 0,03) konnte hier reduziert werden. Des Weiteren konnte in einem koreanischen Register gezeigt werden, dass eine rhythmuskontrollierende Therapie bei asymptomatischen VHF-Patienten zu einer Reduktion des kombinierten Endpunkts (Tod, Schlaganfall, Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz) führte. Insbesondere für Patienten mit paroxysmalem VHF, linksatrialem Diameter < 50 mm und höherem Schlaganfallrisiko (CHA2DS2- VASc-Score ≥ 3) ergab sich hier ein Nutzen. Diese Erkenntnisse unterstützen den Ansatz frühzeitig, insbesondere bei Hochrisiko-Patienten, nach asymptomatischem VHF zu screenen und dieses Kollektiv einer frühzeitigen Rhythmuskontrolle, z. B. durch eine Katheterablation, zuzuführen. Im Idealfall könnte durch eine frühe Katheterablation die Progression des VHF aufgehalten werden, der Sinusrhythmus langfristig etabliert und das Auftreten klinischer Endpunkte wie Tod oder Schlaganfall vermieden werden. Ob Patienten von einer Screeningmaßnahme und frühzeitiger Rhythmuskontrolle profitieren, bleibt jedoch abzuwarten. Insbesondere bei der Durchführung einer Katheterablation bei asymptomatischen Patienten kann es womöglich im Fall eines Arrhythmierezidivs, z. B. in Form von atrialen Tachykardien, bei initial asymptomatischen Patienten in 24-34 % zum Auftreten von Symptomen kommen. Daher sollte die Durchführung einer Rhythmuskontrolle bei asymptomatischen Patienten aktuell individuell entschieden werden, unter Abwägung des potenziellen Risikos (Nebenwirkungen von Antiarrhythmika, Komplikationen durch Katheterablation), des individuellen Patientenwunschs, des Risikoprofils mit Berücksichtigung der Begleiterkrankungen und möglicher Lifestylemodifikation, der tatsächlichen Evaluation der Symptomatik und den Erfolgsaussichten (ggf. höher bei paroxysmalem VHF, wenn das atriale Remodelling noch nicht fortgeschritten ist bzw. eine Regression erreicht werden kann). Fazit für die Praxis In puncto Screening von Vorhofflimmern (VHF) bleiben viele Fragen offen; derzeit wird ein opportunistisches Screening bevorzugt. Für eine einfache Durchführung eines Screenings scheinen die rasanten technologischen Entwicklungen der Eventrekorder, Wearables und Smartwatches, innovative Lösungen zu liefern. Erste Hinweise zeigen, dass es sich lohnen könnte, ein asymptomatisches VHF zu antikoagulieren und einer rhythmuskontrollierenden Therapie zuzuführen, um klinische Endpunkte zu vermeiden. Diese Erkenntnisse unterstützen den Ansatz, v. a. bei Hochrisiko- Patienten bald nach asymptomatischem VHF zu screenen und dieses Kollektiv einer frühzeitigen Rhythmuskontrolle, durch eine Katheterablation, zuzuführen. Korrespondenzadresse Dr. Melanie Gunawardene Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg melanie.gunawardene@gmail.com Lecture Board Oberarzt Mag. Dr. Lukas Fiedler Abteilung für Innere Medizin, Kardiologie und Nephrologie Landesklinikum Wiener Neustadt Prim. Priv.-Doz. Dr. Georg Delle Karth Abteilung für Kardiologie Klinik Floridsdorf, Wien Fortbildungsanbieter Niederösterreichische Ärztekammer Redaktionelle Bearbeitung Dr. Claudio Polzer

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