Outcome-Daten stärken das Vertrauen in die Lipidtherapie

Für den klinischen Einsatz eines lipidsenkenden Medikaments liefern positive Outcome-Studien wertvolle Daten, sagt Prof. Dr. Peter Fasching. Denn der Nachweis eines kardiovaskulären Benefits für die Patienten stärkt das Vertrauen für den behandelnden Arzt bzw. Ärztin. Solche Daten liegen nun auch für die Bempedoinsäure vor. Ärzte Woche: Wissenschaftliche Erkenntnisse haben in den aktuellen internationalen Leitlinien für Patienten mit hohem/sehr hohem kardiovaskulären Risiko zu neuen individuellen Zielwerten geführt. Wie schätzen Sie die Zielerreichung in Österreich ein? Peter Fasching: In den ESC/EASLeitlinienempfehlungen von 2019 wurden die Zielwerte hinsichtlich LDL-Cholesterin für Patienten mit hohem und sehr hohem kardiovaskulärem Risiko auf < 70 mg/dL bzw. < 55 mg/dL herabgesetzt, zudem ist ebenfalls eine Reduktion um mindestens 50 Prozent vom unbehandelten LDL-Ausgangswert anzustreben.1 Seither hat sich der Anteil jener Patienten, die diese Zielwerte erreichen, stark reduziert. Die DA VINCI-Studie2 hat gezeigt, dass in verschiedenen Ländern Europas nur 18 Prozent der Patienten mit einem sehr hohen kardiovaskulären Risiko den Zielwert < 55 mg/dL und 25 Prozent der Hochrisikopatienten < 70 mg/dL erreichen. Ein ähnliches Bild ergibt sich aus den Analysen der SANTORINI-Studie3. Von beiden Studien gibt es nationale österreichische Auswertungen, die im Wesentlichen dem europäischen Bild entsprechen. Das ist selbstverständlich nicht zufriedenstellend. Ärzte Woche: Welche Möglichkeiten können Kombinationstherapien bieten, um die individuellen LDL-C-Zielwerte zu erreichen? Peter Fasching: Aus der Subanalyse der DA VINCI-Studie kann man auch lesen, dass in Österreich selbst in der Sekundärprävention fast 80 Prozent der Patienten unter einer Monotherapie stehen, 45 Prozent mit hochpotenten und 34 Prozent mit nicht hochpotenten Statinen4. Mit einer Statin-Monotherapie erreicht man selbst bei höchst möglicher Dosierung den Zielwert < 55 mg/dl meistens nicht. Das heißt, dass im Hochrisikobereich eine Kombinationstherapie obligatorisch ist. Aber nicht einmal die gängigste Kombination, hochpotentes Statin plus Ezetimib, stellt im Hochrisikobereich den Standard dar. Hier ist ein Umdenken notwendig. Mit der Bempedoinsäure ist eine neue Substanz verfügbar, die noch einmal etwa 20 Prozent LDLC- Reduktion bewirkt, zusätzlich zu einer Statin-Monotherapie oder zur Kombination Statin plus Ezetimib. Und bei Statin-Intoleranz ist die Kombination Bempedoinsäure plus Ezetimib eine Option. Ärzte Woche: Welchen Mehrwert bringen kardiovaskuläre Outcome- Studien (CVOTs) im Vergleich zu Zulassungsstudien, in denen bereits LDL-C-Senkung und Sicherheit der jeweiligen Substanzen nachgewiesen wurden?5 Peter Fasching: Die Zulassungsstudien von Medikamenten beziehen sich in erster Linie auf die Wirksamkeit versus Placebo oder im Vergleich zu einer etablierten Standardtherapie unter Evaluierung von Sicherheits- und Verträglichkeitsparametern. Diese Studien umfassen relativ wenige Patienten im einstelligen Tausender-Bereich und haben üblicherweise eine Laufdauer von zwölf bis maximal 24 Monaten. Aus den Daten dieser Studien ist nicht darzustellen, ob sich in der klinischen Praxis tatsächlich ein Benefit für die Patienten im Sinne einer Reduktion kardiovaskulärer Komplikationen oder der Mortalität ergibt. Dazu braucht es randomisiert- kontrollierte Studien im Vergleich mit Placebo, mit Patientenzahlen von 10.000 bis 20.000 Patienten und einer Laufdauer von mehreren Jahren. Ärzte Woche: Kürzlich wurden am American College of Cardiology (ACC) in New Orleans CVOT-Daten der Bempedoinsäure veröffentlicht.6 Was waren für Sie die Besonderheiten dieser Studie, betreffend das eingeschlossene Patientenkollektiv? Peter Fasching: Die CLEAR Outcomes- Studie unterscheidet sich insofern, als man gezielt quasi Statinintolerante Patienten eingeschlossen hat, bei denen die LDL-C-Ausgangswerte höher lagen als bei vergleichbaren Outcome-Studien. In CLEAR Outcomes lag der Ausgangswert im Schnitt bei 139 mg/dl und das Background- Risiko ist höher anzusetzen. Das ist wahrscheinlich auch ein Mitgrund, warum ein deutlicher und klinisch relevanter Effekt auf die Endpunkte zu sehen war. Ärzte Woche: Der primäre Endpunkt der CLEAR Outcomes-Studie, eine Kombination aus kardiovaskulärem Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall oder koronarer Revaskularisierung, wurde erreicht.5 Was waren Ihre persönlichen Highlights der Resultate? Peter Fasching: Unter Bempedoinsäure kam es über eine Behandlungsdauer von im Durchschnitt etwa 3,4 Jahren zu einer relativen Senkung des 4-Punkt-MACE um 13 Prozent, absolut um 1,6 Prozent. Mich als Diabetologen interessiert der sekundäre Endpunkt aus Myokardinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulärem Tod noch mehr, weil wir bei diabetologischen kardiovaskulären Outcome-Studien damit arbeiten. Dieser 3-Punkt-MACE wurde relativ um 15 Prozent und absolut um 1,3 Prozent gesenkt. Ärzte Woche: Ein Großteil des Patientenkollektivs dieser CVOT bestand aus Statin-intoleranten Patientinnen und Patienten.5 Würden Sie ähnliche Ergebnisse auch bei Statin- toleranten Patienten erwarten? Peter Fasching: Ja. Denn Studien zu Ezetimib oder PCSK9-Inhibitoren haben gezeigt, dass auch eine Absenkung von niedrigeren Ausgangs- LDL-C-Werten eine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse bringt. Und ein Spezifikum der Bempedoinsäure ist, dass sie auch das hsCRP senkt, in der CLEAR Outcomes-Studie um etwa 20 Prozent. Es gibt eine ganz aktuelle Studie7 im Lancet, die zeigt, dass hsCRP ein stärkerer Prädiktor für kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten unter Statintherapie ist als LDL-C. Die signifikante hsCRP-Senkung additiv zur LDL-C-Senkung könnte einen zusätzlichen Nutzen für die kardiovaskuläre Protektion haben, das betrifft auch Statin-vorbehandelte Patienten. Ärzte Woche: Wie schätzen Sie die Ergebnisse dieser Studie im Vergleich zu den CVOTs anderer Lipid-senkender Therapien ein? Peter Fasching: Aus meiner Sicht ist es ganz wichtig und relevant, dass diese Ergebnisse für die Bempedoinsäure vorliegen. In der rezent veröffentlichten Studie konnte gezeigt werden, dass der primäre Endpunkt der kardiovaskulären Risikoreduktion signifikant erreicht wurde. Ärzte Woche: Zahlreiche kardiovaskuläre Outcome-Studien haben einen Zusammenhang zwischen der LDL-C-Senkung und der Verringerung des Risikos für Herz-Kreislauf- Erkrankungen belegt.5,8 Für wie wichtig halten Sie die CVOT-Daten und hat die Studie einen Einfluss auf die Therapie? Peter Fasching: Outcome-Daten stärken eindeutig das Vertrauen in die Lipidtherapie. Umso erfreulicher ist es, dass nun auch für die Bempedoinsäure der Beweis erbracht ist, dass eine LDL-C-Senkung mit einer Reduktion des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse einhergeht. Ärzte Woche: Werden die neuen Daten Ihrer Meinung nach Auswirkungen auf die Therapieempfehlungen im Lipidmanagement haben? Peter Fasching: Die Ergebnisse von Endpunktstudien fließen immer auch in die Leitlinien ein. Bempedoinsäure wird meines Erachtens aufgrund der neuen Daten Einzug in die Leitlinien finden, und zwar sowohl für Personen mit Statin-Intoleranz oder -Unverträglichkeit als auch als Add-on-Präparat zusammen mit Ezetimib zusätzlich zu maximal vertragenen Statinen, um die Zielwerte zu erreichen. Gemäß der SANTORINI-Simulations-Analyse würde man so die Zielwerterreichung fast verdreifachen und die Notwendigkeit von kostenintensiven PCSK9-Inhibitoren etwas reduzieren können.9 Ärzte Woche: Ihr Fazit zum österreichischen Lipidmanagement und bezogen auf die neuen Daten. Peter Fasching: Die Standardtherapie bleiben hochpotente Statine in maximal verträglicher Dosis, besser bereits in einer Kombination, vor allem mit Ezetimib. Wir haben mit der Bempedoinsäure ein Präparat, das zu jeder anderen lipidsenkenden Therapie hinzukombiniert werden kann und sicherlich in Zukunft beitragen wird, bei Patienten mit oder ohne Statin-Intoleranz die LDL-CZielwerte verlässlicher und häufiger zu erreichen. Nilemdo FKI Nustendi FKI Referenzen: 1. Mach F et al. 2019 ESC/EAS Guidlines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. Eur Heart J 2020;41(1):111-188 2. Ray KK et al. Eur Heart J 2020;41. ehaa946.3005 3. Ray KK et al. SANTORINI study. The Lancet Regional Health - Europe 2023;29:100624 4. Siostrzonek P et al. Lipid lowering therapy in primary and secondary prevention in Austria: are LDL-C goals achieved? Wien KlinWochenschr 2022;134:294-301 5. Baigent C et al. 2010. Cholesterol Treatment Trialists‘ (CTT) Collaboration. Lancet 2010;376:1670–1681 6. Nissen SE et al. Bempedoic Acid and Cardiovascular Outcomes in Statin-Intolerant Patients. N Engl J Med. 2023 Apr 13; 388(15):1353-1364. doi: 10.1056/NEJMoa2215024. Epub 2023 Mar 4 7. Ridker PM et al. Lancet 2023 Apr 15; 401(10384):1293-1301 8. Masana L et al. Lipid lowering combination therapy: From prevention to atherosclerosis plaque treatment. Pharmacol Res. 2023 Apr;190:106738. doi: 10.1016/j.phrs.2023.106738. Epub 2023 Mar 20 9. Ray KK. et al. Simulation of bempedoic acid in the lipid-lowering treatment pathway using the European contemporary SANTORINI cohort of high- and very high-risk patients. ePoster at European Society of Cardiology 2022 Abstract- 83386 10. Ray KK et al. EU-Wide Cross-Sectional Observational Study of Lipid-Modifying Therapy Use in Secondary and Primary Care: the Da Vinci study. Eur J Prev Cardiol 2020;28(11)

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