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Cardio News Austria

21.10.2019 | Kardiologie

Guidelines zu supraventrikulären Tachykardien

verfasst von: Andrea Podczeck-Schweighofer

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Nachdem die letzten publizierten Guidelines der ESC für Diagnostik und Therapie supraventrikulärer Tachykardien (SVT) bereits aus dem Jahr 2003 datieren, war zu erwarten, dass nach 16 Jahren neue Ergebnisse zur Veröffentlichung gebracht würden.

Die nun neuen, sehr umfassenden Empfehlungen und Leitlinien inkludieren natürlich die enormen Fortschritte, die einerseits durch Erkenntnisse in der Behandlung mit Antiarrhythmika und deren potentiell gefährlichen Nebenwirkungen, andererseits aber vor allem durch die gigantischen Wissens- und technischen Weiterentwicklungen auf dem Gebiet invasiver Elektrophysiologie und von Ablationserfahrungen erzielt wurden.

Ein 12-Ableitungs-EKG während Tachykardie sollte – wie immer schon angeraten - unbedingt angestrebt werden, da (in erfahrenen Händen) bereits aus dem Oberflächen-EKG eine sehr genaue Analyse von Mechanismus und Perpetuierung einer SVT erfolgen kann. Zur Akutintervention empfehlen sich zunächst vagale Manöver (mit erhobenen Beinen), bei Nicht-Terminierung ist im nächsten Schritt die Bolus-Applikation von Adenosin angezeigt. Die Applikation von Adenosin kann sehr gut zwischen den verschiedenen zugrundeliegenden Mechanismen der supraventrikulären Tachykardien differenzieren.

Die Therapieempfehlungen erscheinen relativ klar: Die Katheterablation wird angesichts der hohen Erfolgsraten dieser Prozeduren für viele Strukturen (fokale atriale Tachykardien, Vorhofflattern, AV-nodale Reentry-Tachykardien und Tachykardien bei manifestem oder verborgenen akzessorischen Leitungsbahnen) als Klasse I A oder -B Empfehlung formuliert. Eine Klasse-I-Empfehlung für orale Antikoagulation besteht bei Vorhofflattern übrigens nur in Zusammenhang mit (dokumentiertem) Vorhofflimmern.

Key messages

Neben dem Aufzählen epidemiologischer Daten, Klassifikationen und Definitionen ergeben sich aus zahllosen Analysen und Verarbeiten von Studien einige „Key messages“:

  • für die akute Diagnose von SVT werden in erster Linie vagale Manöver sowie Adenosin empfohlen;
  • bezüglich der Gabe antiarrhythmisch wirkender Substanzen: bei Tachykardien mit breitem QRS unklarer Ätiologie wird von der Gabe von Verapamil abgeraten; Adenosin sollte bei entsprechender Indikation zusammen mit einem Betablocker verabreicht werden; Sotalol wird nicht mehr empfohlen (Klasse III); auch von der Verabreichung von Flecainid oder Propafenon wird bei Tachykardien mit LSB sowie im Zusammenhang mit einer ischämischen oder strukturellen Herzerkrankung abgeraten; Amiodaron ist bei Vorhofflimmern im Rahmen eines Präexzitationssysndroms kontraindiziert (ebenfalls „Klasse III-Empfehlung“);
  • die Katheterablation wird für alle Tachykardien mit Reentry-Mechanismus und die meisten fokalen Arrhtyhmien als Therapieform der ersten Wahl empfohlen.

Besonders wird auf die Diagnose und Therapieoptionen bei Tachykardie-induzierter Cardiomyopathie (TCM) hingewiesen: Neben der Katheterablation einer SVT als zugrundeliegendem Mechanismus wird auch die Möglichkeit einer „ablate-and-pace“-Strategie betont, um durch Frequenznormalisierung die Erholung der eingeschränkten linksventrikulären Pumpfunktion zu begünstigen. Besonderes Augenmerk wird auch auf das Management von asymptomatischer Präexzitation gerichtet – nach wie vor gelten eine intermittierende Präexzitation oder das „Verschwinden“ der Delta-Welle bei Belastung wie in der Ergometrie als Merkmale einer wenig gefährlichen akzessorischen Leitungsbahn, während auf die Notwendigkeit einer invasiven elektrophysiologischen Abklärung und Definition von „high risk“-Charakteristika mit der Möglichkeit einer kurativen ablativen Therapie hingewiesen wird.

Ein paar Fakten

Vergleicht man also die alten 2003-Guidelines mit den aktuellen, dann springen ein paar Fakten ins Auge: Bei Patienten mit symptomatischer inappropriater Sinustachykardie wird Ivabradin wegen seines blutdruckneutralen Effekts als Klasse II-Empfehlung angeraten. Kein Antiarrhythmikum inklusive Digitalis wird für die chronische Therapie von Vorhofflattern empfohlen, als Klasse II-Empfehlung für die Akutbehandlung sind es Ibutilide, Verapamil oder Betablocker. Amiodaron erhält sowohl für das akute Management für Tachykardien mit breitem QRS als auch von fokalen atrialen Tachykardien eine Klasse IIb-Empfehlung, bei präexzitiertem Vorhofflimmern ist es kontraindiziert. Erneut der Hinweis auf die Möglichkeit, dass abladierbare SVTs verantwortlich sein können für Tachykardie-induzierte Cardiomyopathien (TCM): Diese sollten auch mittels Ablation behandelt werden.

Die aktuellen Guidelines finden Sie hier.

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Metadaten
Titel
Guidelines zu supraventrikulären Tachykardien
Schlagwort
Kardiologie
Publikationsdatum
21.10.2019
Zeitung
Cardio News Austria
Ausgabe 6-7/2019

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