Skip to main content

13.12.2021 | Innere Medizin | Studiennews | Online-Artikel

COVID-19 seltener Todesurteil bei Krebs

verfasst von: Thomas Müller

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Wie hat sich die Sterberate von Krebskranken mit registrierter SARS-CoV-2-Infektion innerhalb eines Jahres entwickelt? Verbessern neue COVID-19-Behandlungsoptionen das Überleben? Eine Auswertung des europäischen OnCovid-Registers liefert Antworten.

© Регина Иванова / stock.adobe.com

Die Behandlung von COVID-19-Patienten hat seit Beginn der Pandemie deutliche Fortschritte gemacht: Dexamethason, Immunmodulatoren wie Tocilizumab und neutralisierende Antikörper haben die Überlebenschancen bei einem schweren Verlauf klar verbessert. Eine Auswertung des europäischen OnCovid-Registers mit Angaben aus sechs Ländern spricht nun dafür, dass dies auch für COVID-Patienten mit einer Tumorerkrankung gelten könnte: Die Mortalität war zu Beginn des zweiten Pandemiejahrs nur noch halb so hoch wie zu Beginn des ersten, was zum Teil aber an einer Ausweitung der Tests in der Winterwelle liegt. Werden Alter und andere bekannte Faktoren berücksichtigt, ergibt sich für die ersten Pandemiemonate eine um 85% höhere Sterberate als in den folgenden COVID-19-Wellen.
Zu diesem Schluss kommen Onkologen um Dr. Alessio Cortellini vom Imperial College in London, nachdem sie Sterbedaten von knapp 2800 Krebspatienten des Registers analysiert haben. OnCovid erfasst erwachsene Krebspatienten mit PCR-bestätigter COVID-19-Infektion aus Großbritannien, Spanien, Italien, Deutschland, Frankreich und Belgien. Für rund 2400 Patienten liegen Angaben zu Begleitumständen, Therapie und Komplikationen sowie dem Verlauf vor. In der aktuellen Auswertung haben die Onkologen sämtliche Patienten mit einer Registeraufnahme bis Ende Februar dieses Jahres berücksichtigt – zu diesem Zeitpunkt waren die allerwenigsten Patienten geimpft.
In der ersten Welle (Februar bis Juni 2020) waren noch 60% der registrierten Patienten über 65 Jahre alt, anschließend nur noch 56%; zwei oder mehr Begleiterkrankungen hatten zu Beginn 49%, später waren es 42%. In der Phase ab Juli 2020 hatten die Patienten also weniger Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf. Zudem ging der Anteil der Patienten mit schweren Verläufen von 51% in den ersten beiden Pandemiemonaten auf 39% im Januar und Februar 2021 zurück – es wurden zunehmend auch weniger stark Erkrankte in das Register aufgenommen. So sank der Anteil aufgrund von COVID-19 hospitalisierter Patienten mit der Zeit von 65% auf 43%. Auf der anderen Seite nahm der Anteil der Patienten, die sich erst im Krankenhaus infiziert hatten, im Verlauf eines Jahres von 22% auf 33% zu. Relativ konstant über die Zeit blieb der Prozentsatz der intensivpflichtigen Patienten (etwa 16%).
Von den Krebspatienten aus den ersten beiden Pandemiemonaten starben in den zwei Wochen nach dem Virusnachweis knapp 30%, der Anteil sank kontinuierlich bis in den Herbst 2020 auf nur noch 12,5% um dann wieder etwas anzusteigen – möglicherweise aufgrund der zirkulierenden Delta-Variante. In den Monaten Januar und Februar 2021 verzeichneten die Onkologen noch eine Zweiwochensterberate von 14,5%.

Therapieeffekte nicht klar erkennbar

Verglichen sie mit einem gröberen Raster nur zwei Phasen (Februar bis Juni 20, Juli 20 bis Februar 21), dann war die Zweiwochensterberate nach Berücksichtigung von Alter, Tumorentität, Krebstherapie und anderen bekannten Begleitfaktoren in der Anfangsphase der Pandemie um 85% höher als in den folgenden Wellen, und die Dreimonatsmortalität lag zu Beginn um 28% höher.
Unterschiede gab es auch zwischen den einzelnen Ländern: In Deutschland, Spanien, Belgien und Frankreich war die Sterberate relativ betrachtet rund 40% geringer als in Großbritannien und Italien, ein fortgeschrittener Tumor und eine aktive Krebstherapie gingen mit einer um 20% bis 60% erhöhten Mortalität einher, und eine spezifische COVID-19-Therapie machte sich zumindest in diesem Datenset nicht vorteilhaft bemerkbar. Die Forscher um Cortellini vermuten, dass der Therapieeffekt durch viele unwirksame oder gar schädliche Medikamente wie Malariamittel zu Beginn der Pandemie verwässert wurde. Sie gehen aber davon aus, dass wirksamere Mittel wie Dexamethason und ein verbessertes Therapiemanagement in den Folgewellen zur Senkung der Sterberate beigetragen haben.
Allerdings dürfte auch die Ausweitung der COVID-Tests bedeutsam sein: Anfangs wurden praktisch nur hospitalisierte Patienten getestet, später gelangten zunehmend auch ambulant behandelte Patienten mit einer deutlich besseren Prognose in das Register – dies lässt sich trotz aller Adjustierungen möglicherweise nicht ganz herausrechnen.

Referenz:
OnCovid Study Group. Time-Dependent COVID-19 Mortality in Patients With Cancer: An Updated Analysis of the OnCovid Registry. JAMA Oncol 2021; https://doi.org/10.1001/jamaoncol.2021.6199

Quelle: www.springermedizin.de

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

www.gesundheitswirtschaft.at (Link öffnet in neuem Fenster)

Mit den beiden Medien ÖKZ und QUALITAS unterstützt Gesundheitswirtschaft.at das Gesundheitssystem durch kritische Analysen und Information, schafft Interesse für notwendige Veränderungen und fördert Initiative. Die ÖKZ ist seit 1960 das bekannteste Printmedium für Führungskräfte und Entscheidungsträger im österreichischen Gesundheitssystem. Die QUALITAS verbindet seit 2002 die deutschsprachigen Experten und Praktiker im Thema Qualität in Gesundheitseinrichtungen.

zur Seite

www.pains.at (Link öffnet in neuem Fenster)

P.A.I.N.S. bietet vielfältige und aktuelle Inhalte in den Bereichen Palliativmedizin, Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerzmedizin. Die Informationsplattform legt einen besonderen Schwerpunkt auf hochwertige Fortbildung und bietet Updates und ausgewählte Highlight-Beiträge aus Schmerznachrichten und Anästhesie Nachrichten.

zur Seite