Dr. Tekal
Privat
Jubiläen gehören gefeiert.
So ich mich nicht verzählt habe, halten Sie gerade die 500. Ausgabe der Nebenwirkungen in Händen. Damit darf ich mich eigentlich fast schon als Medizinalrats-Kolumnist bezeichnen. Dass ich seit rund zehn Jahre allwöchentlich als Sportreporter der Medizin meinen Senf zu den medizinischen Würstchen geben darf, ist zum einen der überaus netten Redaktion geschuldet, zum anderen den überaus emsig Stoff liefernden Menschen im Gesundheitssystem. Dafür 500 Mal Danke!
Tatsächlich gehört das Verfassen der Kolumne für mich genauso zum Wochenablauf wie das allwöchentliche Zähneputzen oder die daraus resultierende alljährliche Wurzelbehandlung. Ein lieb gewonnener Brauch. Denn wenn in Österreich etwas einmal stattgefunden hat, ist es bekanntlich ab dem zweiten Mal schon Tradition und wird ab dem dritten Mal in den Verfassungsrang erhoben. 500 Mal durfte ich die Medizin im satirischen Licht beleuchten. Man sollte also meinen, dass es kaum mehr Schattenseiten gibt. Allerdings erfindet sich die Medizin immer wieder neu, der State of the Art von gestern ist der Kunstfehler von heute, die Ernährung von gestern der aufgewärmte Mythos von heute und der Behandlungserfolg von gestern der Rückfall von morgen. So manche Therapie ist aber auch noch heute von gestern.
500 ist in Jahren ein halbes Jahrhundert, im Medizinerlatein ein D, es ist die durchschnittliche Zahl der Tabletten, die täglich von einem Patienten über 80 eingenommen werden müssen, die Zahl der von Ärzten nicht konsumierten Urlaubstage pro Jahr und die Zahl angeblicher Krankenkassen vor Beginn der Zusammenlegung auf eine gigantische Zentralkasse.
Wie auch immer, 500 ist ein Grund zum Feiern. Heute darf ich also die Sektkorken knallen lassen, dem Zeitgeist folgend schaumgebremst, da nicht nur der Genuss von Sekt die Leberzellen angreift, sondern das Öffnen der Flasche ein Knalltrauma zu Folge haben könnte, die Entkorkung nachweislich zu einem Feinstaubabrieb führt und das entweichende CO 2 beim Tierversuch am vom Winzer mitgeführten Kanarienvogel im Weinkeller bekanntermaßen tödlich enden kann.
Feiern wir also lieber still und lauwarm, auch wenn mittlerweile auch das extreme Lauwarm mittlerweile als Krankheitsbild (OrthoLauwarmie) in den Diagnosekatalog Einzug gehalten hat.
Die kürzlich an dieser Stelle so heftig betriebene Bewerbung der Kolumnensammlung in Buchform („Nebenwirkungen“) soll hier keinen Platz haben. Es geht nicht darum, Reklame für das überaus amüsante Werk zu machen, das viele Stunden Lesevergnügen liefert, sondern sich zum Jubiläum in Bescheidenheit und Demut zu üben (im gut sortierten Buchhandel erhältlich). In diesem Sinne: Hoch die Schnabeltassen, bis zu Rand mit nicht zu heißem Basentee gefüllt. Und dann ist auch wieder genug der Feierlichkeiten. Denn der Alltag schläft nicht – und liefert bereits in diesem Moment jede Menge Zündstoff für kommende Kolumnen. Viel Vergnügen!