Vorteile auch ohne DNA-Reparatur-Defekte PARP-Hemmer verbessert First-Line-Therapie bei mCRPC

Eine Zusatztherapie mit Talazoparib in der Erstlinie kann das progressionsfreie Überleben für Männer mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) deutlich verlängern – auch dann, wenn keine Defekte in der homologen DNA-Reparatur vorliegen. Dafür sprechen die Resultate einer Phase-3-Studie. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Hemmstoffe der Poly-ADP-Ribose-Polymerase (PARP) haben sich vor allem bei Krebskranken mit Mutationen in Genen für die homologe rekombinante DNA-Reparatur (HRR) bewährt, also etwa solchen mit BRCA1- oder BRCA2-Mutationen. Etwa ein Viertel der Männer mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) weist im Tumorgewebe HRR-Veränderungen auf und kommt daher prinzipiell für eine Behandlung mit PARP-Hemmern infrage. Mit Olaparib wird bereits ein PARP-Hemmer in diesem Setting in der aktuellen S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom empfohlen, allerdings erst in der Zweitlinie und bei Männern mit Nachweis einer BRCA-Mutation. Eine auf dem Kongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago und zeitgleich in der Zeitschrift „Lancet“ veröffentlichte Phase-3-Studie legt jedoch nahe, dass auch Männer ohne HRR-Mutationen von PARP-Hemmern profitieren, und zwar bereits in der Erstlinie in Kombination mit einem Standardtherapeutikum. Das Progressionsrisiko war bei solchen Männern um ein Drittel geringer als unter einer alleinigen Standardtherapie mit Enzalutamid. Kombination mit Enzalutamid Basis einer PARP-Hemmer-Therapie bei Männern ohne HRR-Mutationen ist die Beobachtung, wonach unter einer Androgen-Rezeptor-Blockade HRR-Gene herunterreguliert werden, was die Tumoren wiederum anfällig für eine Behandlung mit PARP-Hemmern machen sollte. Insofern scheint eine Kombitherapie mit modernen Hemmern des Androgen-Rezeptor-Signalwegs (ARPI) wie Abirateron, Enzalutamid oder Apalutamid vielversprechend. Studien mit unterschiedlichen PARP-Hemmern lieferten für Männer ohne HRR-Mutationen aber uneinheitliche Resultate. An der Phase-3-Studie TALAPRO-2 nahmen unter Leitung von Dr. Neeraj Agarwal vom Huntsman Cancer Institute in Salt Lake City insgesamt 805 Männer mit mCRPC unabhängig von ihrem HRR-Status teil. Sie wurden über weltweit 223 Kliniken für die Untersuchung gewonnen und erhielten aktuell eine Androgendeprivation, aber noch keine systemische Behandlung gegen das mCRPC. Etwa ein Fünftel hatte schon eine Taxan-basierte Therapie im hormonsensitiven Setting erhalten, nur wenige waren jedoch schon mit ARPI behandelt worden (6%). Im Schnitt waren die Männer 71 Jahre alt, neun von zehn hatten Knochenmetastasen, alle zeigten höchstens moderate Symptome, 21% wiesen HRR-Tumormutationen auf, 52% keine, beim Rest blieb der HRR-Status aufgrund von Fehlern bei der Analyse oder der Datenübermittlung unklar. Sämtliche Patienten bekamen nun eine Behandlung mit dem Standardtherapeutikum Enzalutamid (160 mg/d), rund die Hälfte zusätzlich den PARP-Hemmer Talazoparib (0,5 mg/d), die übrigen zusätzlich Placebo. In beiden Gruppen wurde auf einen ähnlichen Anteil von HRR-positiven und HRR-negativen Männern geachtet. Deutlich geringere Progressionsrate Primärer Endpunkt war das radiologisch erfasste progressionsfreie Überleben (rPFS). Der Median wurde nach 25 Monaten in der Gruppe mit Enzalutamid-Talazoparib noch nicht erreicht, unter Enzalutamid-Placebo waren es knapp 22 Monate. In der Gruppe mit Talazoparib war die Progressionsrate jedoch insgesamt um 37% geringer als unter der Placebo-ARPI-Kombination. Wurden nur Männer mit HRR-Mutation betrachtet, ergab sich eine um 54%, unter Männern mit nachgewiesener funktionsfähiger DNA-Reparatur eine um 34% geringere Progressionsrate. In beiden Settings war die Differenz zur Placebogruppe statistisch signifikant. Danach scheinen – zumindest mit Blick auf das PFS – auch Männer ohne HRR-Defizienz von der PARP-Hemmer-ARPI-Kombination in der Erstlinie zu profitieren, wenn auch nicht ganz so stark wie solche mit HRR-Mutationen. Besonders deutlich scheint die Kombitherapie Männern mit BRCA-Mutationen zu nutzen: Die Progressionsrate war hier um 77% reduziert, bei Männern mit anderen HRR-Defekten um 34% – Letztere scheinen also nicht stärker von dem PARP-Hemmer zu profitieren als Patienten ohne HRR-Defizite. Ob sich die Vorteile beim PFS auch in ein längeres Gesamtüberleben (OS) übersetzen, bleibt noch unklar – bislang ist ein Drittel der Männer gestorben. Einer ersten Analyse zufolge ist die Sterberate unter Talazoparib um 11% geringer, die Differenz gegenüber Placebo aber nicht signifikant – hier sind erst weitere Auswertungen abzuwarten. Mit dem PARP-Hemmer war zudem die Rate für eine objektive Response höher als unter Placebo (62% versus 44%), ebenso die Rate für eine Komplettresponse (38% versus 18%). Auch dauerte es mit dem Medikament deutlich länger bis zur PSA-Progression oder zum Beginn einer zytotoxischen Chemotherapie. Ein Nachteil der First-Line-Kombitherapie ist jedoch die schlechtere Verträglichkeit: Mit Talazoparib plus Enzalutamid registrierten die Onkologinnen und Onkologen um Agarwal bei 59% der Patienten therapiebezogene Nebenwirkungen von Grad 3 oder höher, unter alleiniger Enzalutamid-Behandlung nur bei 18%. Für Ärztinnen und Ärzte um Dr. Wassim Abida vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York ist es daher noch zu früh, einen neuen Therapiestandard für die First-Line-Therapie bei mCRPC auszurufen. Gerade mit Blick auf die häufigeren Nebenwirkungen unter Talazoparib müsse letztlich ein klarer Vorteil beim OS herausspringen, schreiben sie in einem Editorial zur Publikation. Talazoparib wird von Pfizer entwickelt und ist bereits bei HER2-negativem Brustkrebs und BRCA-Mutationen in der Keimbahn zugelassen, die EU-Zulassung zur First-Line-Kombitherapie bei mCRPC wurde im Mai dieses Jahres beantragt. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Vorteile bietet eine First-Line-Kombitherapie mit Talazoparib für Männer mit mCRPC? Antwort: Das PFS wird in Kombination mit Enzalutamid unabhängig vom HRR-Status signifikant verlängert – verglichen mit einer Enzalutamid-Monotherapie. Allerdings treten damit deutlich häufiger ernste Nebenwirkungen auf. Bedeutung: Talazoparib kann die First-Line-Therapie bei mCRPC verbessern. Einschränkung: Belastbare Angaben zum Gesamtüberleben fehlen noch.

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