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Ärzte Woche

06.03.2023 | Hypertonie

Blutdruckmessung: Mangelhaft

verfasst von: Elke Oberhofer

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Daten aus polnischen Ordinationen legen nahe, dass Fehler bei der Blutdruck-Selbstmessung häufig vorkommen. Bei einigen Patientengruppen waren die Defizite besonders groß.

In der Querschnittstudie mit 100 Teilnehmenden waren die Ergebnisse der unter Studienbedingungen durchgeführten Selbstmessung überraschenderweise deutlich höher als die vom Praxisteam ermittelten Werte. Diese betrugen für den systolischen Blutdruck median 140,8 mmHg, gegenüber 132,3 mmHg in der ärztlichen Messung, und für den diastolischen Druck median 80,9 mmHg versus 78,8 mmHg. Der Unterschied war in beiden Fällen signifikant.

Die Daten widersprechen auf den ersten Blick Erkenntnissen aus früheren Studien, in denen die Selbstmessung zu Hause (home blood pressure monitoring, HBPM) für gewöhnlich zu niedrigeren Blutdruckwerten führte als in der Praxis, wo das Phänomen der Weißkittelhypertonie eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. In der polnischen Studie allerdings hatte man Selbstmessung und ärztliche Messung unter gleichen Bedingungen stattfinden lassen. Das Forscherteam weist darauf hin, dass die Probanden in beiden Fällen vermutlich unter einem gewissen Stress gestanden hatten.

Oftmals Manschette falsch angelegt

Teilgenommen hatten Hypertoniepatientinnen und -patienten aus fünf primärärztlichen Praxen in Kraków. Für die Selbstmessung hatte man die Patienten mit dem von ihnen regelmäßig genutzten Sphygmomanometer in einen separaten Raum gebeten, wo sie nach fünfminütiger Ruhezeit wie gewohnt den Blutdruck messen sollten, und zwar zweimal im Abstand von ein bis zwei Minuten. Fünf Minuten nach der letzten Selbstmessung kam dann die ärztliche Messung mit dem Praxisgerät an die Reihe.

Der häufigste Fehler bei der Selbstmessung bestand laut Katarzyna Nessler vom Jagiellonian University Medical College und ihrem Team darin, dass die Oberarmmanschette nicht richtig angepasst wurde. Eine solche Nachlässigkeit war direkt mit Unterschieden vor allem im systolischen Blutdruck assoziiert.

Qualität abhängig vom Bildungsgrad

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler machten darüber hinaus folgende Beobachtungen:

- Ein höherer Schulabschluss war mit geringeren Unterschieden zwischen Selbst- und Arztmessung verbunden als ein niedrigerer Bildungsgrad; das galt für die systolischen wie für die diastolischen Blutdruckwerte.

- Patienten, die neben dem Hochdruck an weiteren Erkrankungen litten, zeigten signifikant weniger Abweichungen von der Messung der Profis.

- Dagegen war das Vorkommen von Bluthochdruck in der Familie und auch höheres Alter der Betroffenen selbst mit einer größeren Ungenauigkeit verbunden. Dies galt allerdings nur für den diastolischen Blutdruck.

Wer über einen geringen Bildungsgrad verfüge, setze sich vielleicht nicht so sehr mit dem eigenen Gesundheitsstatus auseinander und noch weniger mit Messungen, die diesen überwachen sollen, vermuten Nessler und Kollegen. Das Gleiche gelte wohl für Menschen, die keine chronischen Begleiterkrankungen aufwiesen. Bei den älteren Patienten und solchen mit positiver Familienanamnese spiele es möglicherweise eine Rolle, dass die Hochdruckdiagnose oft schon viele Jahre zurückliege.

Zeigen, wie man richtig misst

Dass sich die Fehlerrate verringern lässt, wenn man das Blutdruckmessen mit den Betroffenen trainiert, ist nach Nessler et al. durch Studien belegt. Solche Schulungen kämen jedoch im Praxisalltag oft zu kurz. Die Konsequenz liegt für das polnische Team auf der Hand: Um für eine gleichmäßig hohe Genauigkeit der Ergebnisse zu sorgen, müssten Hypertoniker in der korrekten Messtechnik mit dem eigenen Gerät geschult und die erworbenen Fertigkeiten regelmäßig überprüft werden. Im Prinzip gelte das für alle Patienten, wobei der Fokus auf die Gruppen gelegt werden sollte, die am ehesten zu Fehlern neigten: ältere Patienten und solche mit niedrigerem Bildungsgrad.

Leitlinie empfiehlt Selbstmessung

In der Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) wird empfohlen, die häusliche Selbstmessung an mindestens drei, besser an sechs bis sieben aufeinanderfolgenden Tagen jeweils morgens und abends durchzuführen, und zwar in einem ruhigen Raum im Sitzen (Rücken und Arm gestützt) nach fünfminütiger Ruhe. Jede Sitzung sollte zwei Messungen beinhalten, die in ein- bis zweiminütigem Abstand vorzunehmen sind.

Der ungekürzte Originalartikel „Messen Hypertoniker ihren Blutdruck häufig falsch?“ ist erschienen auf www.aerztezeitung.de

Metadaten
Titel
Blutdruckmessung: Mangelhaft
Publikationsdatum
06.03.2023
Zeitung
Ärzte Woche
Ausgabe 10/2023

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