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30.04.2018 | Tekal

Arbeitet nicht so hart!

verfasst von: Dr. Ronny Tekal, Medizinkabarettist , Dr. Ronny Tekal, Medizin-Kabarettist

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Wenn die Aufforderung zum Müßiggang als frevelhafte Anstiftung zu einer Straftat gesehen wird.

Ich werde immer wieder gefragt, wie man erfolgreich wird. Oder nein, das war umgekehrt: Ich selbst frage immer wieder nach, wie man das eigentlich anstellt. Habe ich in der Hektik vertauscht. Vor einigen Jahren noch sah man als Garant für den beruflichen Erfolg die Fokussierung auf ein Ziel, das Zurückgreifen auf ein Prozent Inspiration und das Erreichen dieses Ziels durch 120 Prozent Transpiration. Wer nicht ins Ziel kam, hatte eben zu wenig geschwitzt oder musste, ohne über das Feld „Los“ zu gehen, ins Gefängnis. Später kam die Ernüchterung, dass abgesehen von Fleiß und der bekannten Protektion auch noch Zufall, Glück oder kosmische Fügung wesentliche Rollen spielen. Oder die psychologische Komponente, dass man im Inneren letztendlich das Ziel gar nicht erreichen wollte.

Nun kann ein weiterer Satz hinzugefügt werden: „Arbeitet nicht zu hart“. Dieser Ratschlag kommt weder von knapp vor der Pensionierung stehenden Verwaltungsbeamten aus der goldenen Zeit, wo ein Kundenkontakt eine Zumutung darstellte, noch von Alt-68er-Aussteigern, die jährlich zur Olivenernte für 14 Monate im Jahr auf Mykonos weilen, um die Oliven vor Ort doch lieber von den einheimischen Bauern pflücken zu lassen. Unerwarteterweise stammt die Empfehlung von einem aktiven Wissenschaftler und Nobelpreisträger für Medizin. Der britische Forscher Paul Nurse rät den jüngeren Forscherkollegen, „ab und an auch mal mit dem Denken aufzuhören und etwas anderes zu machen“.

Auch wenn man als Schelm so manchem Forscher manchmal raten möchte, mit dem Denken erst einmal anzufangen, ist der durchschnittliche Wissenschaftler eine regelrechte Denkmaschine, die rund um die Uhr läuft. Sich zurückzulehnen, die Sache aus einer gewissen Distanz zu betrachten und die geistige Axt zu schärfen, kann Wunder bewirken. Ganz egal, ob die Problemstellung nun beruflicher oder auch privater Natur ist (wenngleich im Privatleben oft eher die echte Axt zur Lösung von Beziehungskonflikten geschärft wird).

Da vor allem im ärztlichen Alltag das Laufen im Hamsterrad als belastend beschrieben wird, sollten wir uns diese Empfehlung zu Herzen nehmen. Auch wenn das Sabbatical, also die befristete Auszeit vom Beruf, in Medizinerkreisen noch nicht so angekommen ist, käme so ein kleiner kontemplativer Perspektivenwechsel sicher auch den Patienten zugute. Die Kollegenschaft sieht das naturgemäß ein wenig anders: Wenn man schon eine Weltreise zur Selbstfindung macht, kann man ja doch den einen oder anderen internationalen Kongress besuchen, heikle wissenschaftliche Unterlagen persönlich in Massachusetts vorbeibringen und beim Verlassen der Klinik wenigstens noch den Müll runterbringen. Damit man ja nicht vergisst, wo man als Hamster eigentlich hingehört.

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Metadaten
Titel
Arbeitet nicht so hart!
Schlagwort
Tekal
Publikationsdatum
30.04.2018