Einleitung

Eine stationäre Palliative-Care-Versorgung durch Palliativmediziner erfolgt in Österreich derzeit an 31 Krankenanstalten auf Palliativstationen, an weiteren 38 Krankenanstalten existiert ein Palliativkonsiliardienst. Weltweit werden vorwiegend onkologische Patienten in ihrer terminalen Phase versorgt und in einem deutlich geringerem Ausmaß auch nichtonkologischen Patienten (Patienten mit terminaler Herzinsuffizienz, terminalen Lungenerkrankungen und Lebererkrankungen sowie mit unterschiedlichen neurologischen Erkrankungen, z. B. amyotrophe Lateralsklerose; [13]), wenngleich der Bedarf nichtonkologischer Patienten an Palliative Care deutlich höher liegt als der onkologischer Patienten [4]. In Einzelfällen werden auch Intensivpatienten zur weiteren Betreuung an eine Palliativstation von der Intensivstation übernommen. So wurden im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz im Jahr 2014 von insgesamt 245 auf der Palliativstation aufgenommenen Patienten bei 372 Aufenthalten 2 Patienten (0,8 %) von einer Intensivstation übernommen [5]. Am Konventhospital der Barmherzigen Brüder Linz besteht seit dem Jahr 2000 ein Palliativkonsiliarteam. Dieses wurde im Jahr 2006 in die Abteilung für Innere Medizin und Intensivmedizin integriert. Hauptschwerpunkt dieser Einheit ist die Betreuung von nichtonkologischen Patienten in der terminalen Phase. Dies ergab sich aus der Schwerpunktverteilung im Rahmen der im Jahr 2000 begonnenen Kooperation mit dem Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, wodurch onkologische Patienten vorwiegend nur mehr im Partnerkrankenhaus behandelt werden. Im Rahmen dieser Schwerpunktbetreuung nichtonkologischer Patienten wurde ein Konzept der palliativmedizinischen Betreuung von kritisch kranken Patienten auf der Intensivstation erarbeitet. Da aus personellen Ressourcengründen das integrative Palliative-Care-Modell nicht umsetzbar war und das klassische konsultative Modell als nicht optimal angesehen wurde, wurde ein Mischmodell eingeführt [6].

Bislang liegen betreffend einer palliativmedizinischen Betreuung von Intensivpatienten an österreichischen Intensivstationen keine Erfahrungen vor. In der Untersuchung werden die Erfahrungen einer palliativmedizinischen Betreuung unter Anwendung eines Mischmodells über einen Zeitraum von einem Jahr dargestellt.

Methodik

Studienort

Die Studie wurde an der internistischen Intensivstation des Konventhospitals der Barmherzigen Brüder in Linz durchgeführt. Das Konventhospital der Barmherzigen Brüder in Linz ist in Kooperation mit dem Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern ein Schwerpunktkrankenhaus. Die Schwerpunkte der internen Abteilung sind Gastroenterologie und Hepatologie, Diabetes, Endokrinologie und Stoffwechsel sowie Rheumatologie und Intensivmedizin. Es werden von dieser Abteilung pro Jahr etwa 4500 Patienten stationär betreut. Die intensivmedizinische Betreuung auf der internistischen Intensivstation erfolgt bei durchschnittlich 600–700 Patienten pro Jahr auf 8 Intensivbetten, die der Abteilung für Innere Medizin und Intensivmedizin zugeordnet und von Ärzten dieser Abteilung betreut werden. Die internistische Intensivstation und das Palliative Care Team (PCT) sind Teil der internen Abteilung. Das PCT besteht aus einer Ärztin, einer diplomierten Pflegeperson und einer klinischen Psychologin, die vollberuflich dem PCT zugeordnet sind. Zusätzlich kann eine klinische Psychologin, die fallbezogen im PCT mitarbeitet, deren Fachaufsicht jedoch nicht der internen Abteilung obliegt, angefordert werden.

Palliative Care Modell am Konventhospital der Barmherzigen Brüder Linz (Mischmodell)

Dieses besteht aus der Kombination einer fixen Zuordnung des Palliativteams für die definierte Zeit von 2‑mal wöchentlich, wobei hier die Visite als optimaler Zeitraum ausgewählt wurde, und dem konsultativen Modell mit der jederzeitigen Anforderung des PCT während dessen Dienstzeiten durch das Intensivteam.

Studiendesign

Retrospektive Datenerhebung aus den Krankenakten (beinhalten die Fieberkurven, die elektronisch erfassten Laborwerte, die elektronisch erfassten Schweregrade, elektronisch erfasste Krankenhausmortalität, elektronisch erfasste Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation und Gesamtaufenthalt im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz einschließlich der elektronisch erfassten Pflegedekurse, ärztliche Dekurse, PCT-Dekurse, hauseigene Dokumente betreffend Vorenthalt, Begrenzung oder Abbruch kurativer Therapien [7]). Der Erhebungszeitraum erstreckte sich vom 01.08.2013 bis zum 31.07.2014. Es wird seit dem Jahr 2007 routinemäßig bei allen auf der Intensivstation aufgenommenen Patienten nach einer Patientenverfügung bzw. nach einer Vorsorgevollmacht gefragt, diese wird elektronisch in den Krankenakten hinterlegt. Die Schweregrade Simplified Acute Physiology Score (SAPS) III, TISS28 und APACHE II werden im Rahmen des ASDI-Projekts routinemäßig seit über 20 Jahren erfasst. Es erfolgt hier jährlich eine externe Qualitätskontrolle der erhobenen Daten.

Studienparameter

Demographische Daten, Patientenverfügung, SAPS III, Mortalität, Aufenthaltsdauer, Therapiezieländerung, Verlegungsdestinationen, Gründe für eine nichtpalliativmedizinische Betreuung, spezifische Palliative-Care-Aktivitäten.

Statistik

Deskriptive Statistik. Die Angaben erfolgen als Mittelwert ± Standardabweichung (SD).

Ethikvotum

Die Studie wurde nach den Richtlinien der Deklaration von Helsinki [6] durchgeführt. Es liegt ein positives Votum durch die Ethikkommission des Konventhospitals der Barmherzigen Brüder Linz vor.

Ergebnisse

Im Zeitraum von 01.08.2013 bis 31.07.2014 wurden 4668 Patienten auf der gesamten internen Abteilung stationär betreut. Davon wurden 669 Patienten auf der Intensivstation der Abteilung betreut. Von den auf der internen Abteilung aufgenommenen Patienten verstarben in diesem Zeitraum 2,3 %, und von den auf der internistischen Intensivstationen aufgenommenen Patienten 11,7 % (Tab. 1). Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer aller Intensivpatienten auf der Intensivstation betrug 4,2 ± 2,1 Tage, die Aufenthaltsdauer der vom PCT betreuten Patienten 9,6 ± 3,6 Tage.

Tab. 1 Patientendaten: stationärer Aufenthalt 01.08.2013–31.07.2014

Palliativmedizinische Betreuung durch das Palliative Care Team

Tab. 2 Weiterer Verlauf der palliativmedizinisch betreuten 56 Patienten – Mortalität, Verlegung von der Intensivstation

Es wurden 56 der aufgenommenen Intensivpatienten vom PCT mitbetreut. Das Alter dieser Patienten betrug 67 ± 3 Jahre (47 männliche und 9 weibliche Patienten). Der Schweregrad dieser Intensivpatienten, gemessen am SAPS III betrug 63 ± 15 und war damit höher als der aller Intensivpatienten (50 ± 15). Von diesen 56 Patienten sind 27 Patienten auf der Intensivstation verstorben, entsprechend einer Mortalität von 48 % (Tab. 2). Auf die Normalpflegestation wurden 24 palliativmedizinisch betreute Patienten verlegt, 8 dieser Patienten sind in der Folge auf der Normalpflegestation verstorben (Krankenhausmortalität 62,5 %). Von den verbleibenden 16 Patienten, die nach dem Aufenthalt auf der Normalpflegestation nach Hause oder in eine Langzeitpflegeeinrichtung transferiert wurden, lebten 11 Patienten noch nach 3 Monaten. Das entspricht 19,6 % von den 56 palliativmedizinisch betreuten Intensivpatienten.

Es wurden 5 der 56 Patienten direkt von der Intensivstation aus dem Krankenhaus entlassen, davon einer nach Hause, 2 in eine Langzeitpflegeeinrichtung, ein Patient in ein anderes Krankenhaus und ein Patient auf eine Palliativstation.

Alle von der Intensivstation entweder nach Hause, in eine Langzeitpflegeinrichtung, in ein anderes Krankenhaus oder auf die Palliativstation entlassenen Patienten lebten länger als 3 Monate. Der nach Hause entlassene Patient hatte in der Folge noch mehrere Aufenthalte sowohl auf der Intensivstation als auch auf einer Normalstation und verstarb 7 Monate später. Von den 2 in eine Langzeitpflegeeinrichtung überstellten Patienten verstarb einer nach 5 Monaten, der 2. lebt mittlerweile über 12 Monate wieder zu Hause. Jener in ein anderes Krankenhaus transferierte Patient starb nach 17 Monaten, und der Patient, der auf eine Palliativstation verlegt wurde, wurde von dort nach Hause entlassen, wo er nach 4 Monaten verstarb.

Verstorbene Patienten, die nicht durch das Palliative Care Team betreut wurden

Tab. 3 Gründe für eine nicht durch das PCT Team durchgeführte palliativmedizinische Betreuung von verstorbenen Intensivpatienten

Von den 108 auf verschiedenen Abteilungen verstorbenen Intensivpatienten wurden 64 (59,2 %) vom PCT nicht betreut. Die Gründe für die Nichtbetreuung der 64 Patienten durch das PCT sind in der Tab. 3 aufgelistet. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer dieser Patienten auf der Intensivstation betrug 2 ± 3 Tage. Von diesen Patienten wurden 4 auf eine Normalstation verlegt, wo sie später verstarben.

Patientenverfügung – Entscheidungsfähigkeit

Im Studienzeitraum hatten von allen Aufnahmen im Krankenhaus 14 Patienten eine Patientenverfügung – entsprechend 0,06 % aller Patienten, davon 7 eine beachtliche und 7 eine verbindliche Patientenverfügung, 4 dieser Patienten gehörten der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas an. Weitere 2 Patienten hatten die gesetzliche Regelung der Vorsorgevollmacht getroffen. Auf der Intensivstation bestand nur bei einem Patienten (0,15 % aller Patienten) – ein Zeuge Jehovas – eine Patientenverfügung. Es waren10 der palliativmedizinisch betreuten Patienten entscheidungsfähig.

Vorenthalt, Begrenzung, Abbruch kurativer Therapiemaßnahmen bei vom PCT betreuten Patienten

Im Studienzeitraum wurde bei 49 Patienten der internistischen Intensivstation eine Änderung des kurativen Therapieziels (Mehrfachnennung möglich) durchgeführt – bei 47 ein Vorenthalt, bei 30 eine Begrenzung und bei 15 ein Abbruch kurativer Therapiemaßnahmen, mit terminaler Extubation bei 9 Patienten.

Schweregrad und Mortalität der Intensivpatienten

Der Schweregrad, der an der Intensivstation betreuten Patienten, gemessen am SAPS III betrug 50 ± 15 entsprechend einer prognostizierten Krankenhausmortalität von 33,8 %. Die Intensivmortalität betrug in diesem Zeitraum 11,7 %, die Krankenhausmortalität 16 %.

Der Schweregrad (SAPS III) der vom PCT betreuten Patienten, betrug 63 ± 15, 48 % dieser Patienten sind auf der Intensivstation verstorben, die Krankenhausmortalität betrug 62,5 %.

Spezifische Palliative-Care-Aktivitäten

Tab. 4 Spezifische Palliative-Care-Aktivitäten auf der Intensivstation (Mehrfachnennungen möglich)

Bei 47 Patienten wurde eine Angehörigenbegleitung durchgeführt, 2‑mal davon mit Eruierung des mutmaßlichen Patientenwillens (Tab. 4). Bei 22 Patienten wurde eine Sterbebegleitung durchgeführt; 8 dieser Patienten wurden auf die Normalstation verlegt. Bei 15 dieser Patienten erfolgte eine Beendigung kurativer Therapiemaßnahmen, bei 9 dieser Patienten ging dies mit einer terminalen Extubation auf der Intensivstation einher. Bei 25 Patienten wurde ein Vorenthalt und bei 30 Patienten eine Begrenzung kurativer Therapiemaßnahmen durchgeführt (Mehrfachnennungen möglich). Bei 13 Fällen bestanden Meinungsunterschiede zwischen dem Behandlungsteam und den Angehörigen, bei 10 Fällen fanden sich komplizierte Familienverhältnisse (minderjährige Kinder, sozialer Status [Arbeitslosigkeit, kein fixer Wohnsitz], kein Versicherungsschutz, Meinungsunterschiede innerhalb der Familie). Den Wunsch auf eine Intensivtherapie trotz infauster Prognose äußerten 2 Patienten, bei einem Patienten bestand ein Wunsch auf Sterben.

In 5 Fällen war ein gezielter Einsatz von einer Familienkonferenz notwendig, um eine von allen Seiten akzeptierte und verstandene Entscheidung zu erreichen. Beteiligt waren in allen Fällen der behandelnde Intensivmediziner, Mitarbeiter der Intensivpflege und des Palliativteams inklusive einer klinischen Psychologin sowie 4 bis maximal 10 Angehörige.

Änderungen der Aktivität von Palliative Care auf der Intensivstation nach Einführung des Mischmodells

Tab. 5 Jahresstatistik der vom Palliative Care Team betreuten Patienten auf der internen Abteilung und auf der Intensivstation

In den Jahren vor Einführung dieses Mischmodells wurden zwischen 14 und 16 Patienten auf der Intensivstation vom Palliativteam mitbetreut. Nach Einführen des Mischmodells stieg dieser Anteil um über das Doppelte an, bei weitgehend gleichbleibender Anzahl palliativmedizinisch betreuter Patienten auf der internen Abteilung (Tab. 5).

Diskussion

Die zunehmende Betreuung von multimorbiden und betagten Patienten auf der Intensivstation stellt eine große ethische Herausforderung an die moderne Intensivmedizin dar [8]. So waren beinahe 50 % der Menschen, die in den USA im Krankenhaus verstarben, in ihren letzten 3 Tagen auf einer Intensivstation [9]. Die zunehmenden intensivmedizinischen Möglichkeiten durch Einsatz neuer apparativer, interventioneller, chirurgischer und medikamentöser Maßnahmen haben einen großen Fortschritt gebracht, dessen Grenzen erkannt werden müssen. Im Konsensuspapier der intensivmedizinischen Gesellschaften Österreichs wird festgehalten: „Sobald einem lebensbedrohten Patienten intensivmedizinisch nicht mehr geholfen werden kann, hat die Sorge darum, dem Patienten ein Sterben in Würde zu ermöglichen, oberste Priorität.“ [10]. Ähnliches wird auch im Positionspapier der deutschen interdisziplinären Gesellschaft für Intensivmedizin (DIVI) angeführt [11]. Ein zusätzliches Problem in der Entscheidungsfindung besteht in dem Umstand, dass nur wenige Intensivpatienten ihren Willen äußern können bzw. bei fehlender Entscheidungsfähigkeit sehr häufig ein Patientenwille nicht oder nur unvollständig vorhanden oder bekannt ist. Sehr häufig fehlt eine Patientenverfügung oder eine Vorsorgevollmacht. So betrug in der durchgeführten Studie der Anteil aller im Krankenhaus aufgenommenen Patienten mit Patientenverfügungen oder Vorsorgevollmachten 0,06 % bzw. von denen auf der Intensivstation 0,15 %. Eine Verbesserung dieser Problematik kann nur durch eine frühzeitige Diskussion über End-of-life-Maßnahmen erzielt werden. Diese Diskussion wird von vielen chronisch kranken Patienten erwünscht, und es konnte gezeigt werden, dass diese Diskussion nicht mit einer erhöhten Belastung für diese Patienten einhergeht [12]. Zur Verbesserung dieser Problematik wurde in Österreich der Vorsorgedialog unter der Leitung von Hospiz Österreich mit dem Beirat Hospiz und Palliative Care (HPC) und zahlreichen Experten speziell für die Alten- und Pflegeheime Österreichs entwickelt. Der Vorsorgedialog liegt seit September 2016 in der Endfassung vor und soll im Rahmen eines Pilotprojekts in der Praxis erprobt werden. Es ist daran gedacht, dass der Vorsorgedialog künftig auch im Krankenhaus und in der häuslichen Betreuung verwendet werden kann. Dafür muss es jeweils eigene Fassungen des Vorsorgedialogs geben, die in Erarbeitung sind [13].

In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass eine hochqualitative Versorgung von Intensivpatienten und deren Angehörigen Palliative Care inkludieren sollte, und Palliative Care einen Schwerpunktbereich für die Verbesserung der Qualität auf der Intensivstation darstellt [14, 15]. Während in den USA Palliative Care integrativer Bestandteil vieler Intensivstationen darstellt, obliegt in den österreichischen Intensivstationen die palliativmedizinische Versorgung vorwiegend dem Intensivmediziner. Die Ursache dürfte vorwiegend in der nur kleinen Zahl von Palliativmedizinern sein, die sich fast ausschließlich um die Versorgung terminal kranker onkologischer Patienten kümmern. Andererseits konnte gezeigt werden, dass durch Einsatz von Palliativmedizinern der Bedarf an intensivmedizinischen Ressourcen u. U. sogar verringert werden kann [16], wodurch eine größere Zahl von Palliativmedizinern ressourcenneutral oder sogar vermindernd sein könnte. In einer weiteren Studie aus den USA konnte gezeigt werden, dass Palliative Care durch Verkürzung der Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation sogar zu einer Kosteneinsparung beitragen kann, ohne Einfluss auf die Mortalitätsrate [17]. Inwieweit dies auch bei Intensivpatienten in Österreich zutrifft, müsste in einer prospektiven Studie geklärt werden.

In der Praxis werden 3 Modelle der Palliative Care auf der Intensivstation eingesetzt, das integrative Modell, das konsultative Modell und ein Mischmodell (Tab. 6; [6]). Ist der Palliativmediziner „hauptberuflich“ in ein Intensivteam integriert, spricht man vom sog. integrativen Modell, dessen Einsatz hauptsächlich bei größeren Intensiveinheiten (mehr als 20 Betten) sinnvoll ist. Dadurch können frühzeitiger Gespräche über Therapiezieländerungen von kurativ auf palliativ durchgeführt und rascher palliative Therapiemaßnahmen eingeleitet werden. Aber auch die intensive Kommunikation, sei es mit dem Patienten selbst oder dessen Angehörigen, wird bei diesem Modell forciert. Im konsultativen Modell bietet ein Palliativteam Unterstützung und Hilfe in der palliativen Betreuung von Patienten an. Bei diesem Modell ist jedoch die Hürde einer Zuweisung an das PCT gegeben, diese erfolgt vorwiegend bei Patienten mit einem schlechten Outcome (Multimorbidität, fortgeschrittenes Tumorleiden, hohes Alter, Therapieversagen der kurativen Zielsetzung etc.; [18]). In der durchgeführten Studie wurden die ersten Erfahrungen der Implementation eines PCT auf einer Intensivstation vorgestellt. Aufgrund der Ressourcenknappheit war ein integratives Modell nicht einsetzbar, da das aus 3 Personen bestehende Palliativteam mit zusammen 72 Wochenstunden für die Versorgung des gesamten Hauses verantwortlich ist. Um eine engere Bindung an die Intensivmedizin zu erzielen, haben wir ein Mischmodell [19] eingeführt, indem wir fixe Zeiten 2‑mal in der Woche definiert haben, zu denen ein Mitglied des PCT auf der Intensivstation anwesend ist und die Problematik der Patienten mit dem Intensivteam diskutiert. Daneben existieren die Grundlagen des konsultativen Modells mit der Möglichkeit, das PCT anzufordern. Der Vorteil dieses Modells gegenüber dem klassischen konsultativen Modell ist die fixe Anwesenheit auf der Intensivstation zu bestimmten Zeiten unabhängig von einer allfälligen Anforderung. Dadurch kommt es zu einem besseren gegenseitigen Kennenlernen, einer engeren Vertrautheit und auch einem verbessertem Wissensaustausch zwischen den beiden Disziplinen.

Tab. 6 Modelle von Palliative Care auf Intensivstationen

Dies konnte auch in der durchgeführten Studie gezeigt werden. Unter Anwendung eines Mischmodells konnte eine Steigerung der palliativmedizinischen Aktivität auf der Intensivstation gefunden werden. Trotzdem wurden nur etwa 41 % der verstorbenen Intensivpatienten palliativmedizinisch mitbetreut. Dies könnte implizieren, dass der Bedarf an Palliativmedizin möglicherweise höher war. In einer rezenten Studie aus den USA fand sich allerdings mit 36 % ein noch geringerer Prozentsatz an verstorbenen Intensivpatienten, die palliativmedizinisch betreut wurden [8]. Der Grund für die Nichtbetreuung kann einerseits durch die Nicht-Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit von Palliativmedizinern liegen. So verstarb ein Großteil der nicht von Palliativmedizinern mitbetreuten Patienten entweder am Wochenende oder kurz nach der Einlieferung. Auch bei unseren Verstorbenen, die nicht durch das PCT betreut worden sind, war die Aufenthaltsdauer sehr kurz. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Patienten nicht palliativmedizinisch betreut wurden. Durch die zunehmende Aktivität von Palliative Care auf der Intensivstation und damit auch durch engere Zusammenarbeit mit dem Intensivteam kann eine zunehmende palliativmedizinische Kompetenz des Intensivteams angenommen werden, ohne dass allerdings diesbezüglich in unserer Studie Daten erhoben wurden. Bei eingeschränkten Ressourcen scheint dieses angewandte Mischmodell eine sinnvolle Kompromisslösung zu sein. Die Hauptaufgabe des PCT in der durchgeführten Studie war neben End-of-life-Entscheidungen die Angehörigenbetreuung mit 84 % die häufigste Aktivität. Im Vergleich dazu liegt der Schwerpunkt bei einer Betreuung auf der Normalstation eher in der Symptomkontrolle und im Entlassungsmanagement [20]. Die Symptomkontrolle des Intensivpatienten ist vorwiegend Aufgabe des Intensivteams, das einerseits in diesen Therapiemaßnahmen geschult ist, andererseits diese Therapien oft sehr komplex im Zusammenhang mit der Erkrankung und dem geplanten Vorenthalt, Abbruch oder Limitierung kurativer Therapien sind.

Die Einbindung von Palliative Care sollte frühzeitig erfolgen und nicht erst in der terminalen Phase. Dies gilt auch für den Intensivpatienten, wenngleich natürlich eine kritische intensivpflichtige Erkrankung auch sehr rasch ohne Vorzeichen auftreten und innerhalb weniger Stunden zum Tod führen kann. In der Studie verstarben 48 % der vom PCT betreuten Patienten auf der Intensivstation, weitere 8 Patienten auf der Normalstation, entsprechend einer Krankenhausmortalität von 62,5 %. Von 16 Patienten, die das Krankenhaus entweder nach Hause oder in eine Langzeitpflegeeinrichtung verlassen hatten, überlebten 11die folgenden 3 Monate. Das entspricht 19,6 % von den 56 palliativmedizinisch betreuten Intensivpatienten. Dies bedeutet, dass Palliative Care nicht erst in der terminalen Phase, sondern bereits in einer früheren Phase des Krankheitsverlaufs bei unseren Patienten eingesetzt worden ist. Diese frühzeitige Involvierung ist genauso wie bei nicht intensivmedizinischen schwerstkranken Patienten von großer Bedeutung [21].

Konklusion

In der vorliegenden Studie werden die Ergebnisse und Erfahrungen einer palliativmedizinischen Betreuung Schwerstkranker auf einer internistischen Intensivstation durch Palliativmediziner vorgestellt. Es wurde aus Ressourcengründen ein Mischmodell (beinhaltet sowohl Komponenten des integrativen als auch des konsultativen Modells) gewählt. Dadurch kann eine engere Einbindung von Palliative Care in die Intensivstation ermöglicht werden. Allerdings ist damit keine palliativmedizinische Rund-um-die-Uhr-Versorgung möglich. So verstarben mehr als die Hälfte der Patienten ohne palliativmedizinische Betreuung durch das PCT auf der Intensivstation. Die palliativmedizinische Betreuung wurde bei diesen Patienten durch das Intensivteam gewährleistet. Durch die enge Kooperation des PCT mit dem Intensivteam kann einerseits eine vermehrte Aufmerksamkeit in Bezug auf ethische Probleme erzielt, andererseits das Wissen um palliativmedizinische Maßnahmen der Mitglieder des Intensivteams verbessert werden. Die Aufgaben von Palliative Care von Intensivpatienten beinhalten, neben der Koordination, Durchführung und Mithilfe bei der klassischen palliativen Betreuung, in einem sehr großen Ausmaß auch die Anregung und Führung der ethischen Diskussion um Vorenthalt, Begrenzung und Abbruch kurativer Therapiemaßnahmen. Im Vergleich zu Palliative Care bei Nichtintensivpatienten stellt die Angehörigenbetreuung einen besonderen Schwerpunkt dar. Die Einbindung von Palliative Care erfolgte nur bei einem Teil der Intensivpatienten erst in der terminalen Phase. So wurden über 50 % der von PCT betreuten Patienten von der Intensivstation entlassen und auf der Normalstation bzw. in Langzeiteinrichtungen, auf einer Palliativstation oder zu Hause weiterbetreut. Nach 3 Monaten waren 19,6 % aller durch das PCT betreuten Patienten noch am Leben.