Psychiatr Prax 2008; 35(2): 103
DOI: 10.1055/s-2008-1064887
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wahn

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Publication Date:
17 March 2008 (online)

 

R. Tölle, emeritierter Ordinarius der Psychiatrie in Münster, Westfalen, entfaltet im "Ruhestand" eine fruchtbare Schriftstellerei; 2005 legte er mit dem Medizinhistoriker Schott eine Geschichte der Psychiatrie vor. Und nun erscheint wie ein Weihnachtsgeschenk (vordatiert auf 2008) sein neuestes Buch: Wahn. Diesem Thema ist Tölle schon seit seinen "Lehrlingsjahren" in Tübingen bei Walter Schulte verbunden. Treue hielt und hält ihn bei diesem unerschöpflichen Thema. Seine Wurzeln in Tübingen, wo Robert Gaupp (Hauptlehrer Wagner) und Ernst Kretschmer (Sensitiver Beziehungswahn) wirkten und Schulte sich für die Verarbeitungsweisen von Wahn interessierte, wirken weiter. Fleißig sammelte er Wahn - nicht nur von eigenen Psychiatriepatienten, sondern auch aus Berichten und aus nichtpsychiatrischer Literatur, aus der Sprachgeschichte, aus der Historik (Hexen-, Massenwahn). Aus den Grenzbereichen erwähnt er Traum, Tagtraum, Fantasie, Nebenrealität, emotional überwertete Vorstellungen, innere Stimmen, Psychoanalyse, Glaube und Wahn, anthropologische Deutungen des Wahns. Zu den Wahninhalten und -formen und ihrem Krankheitskontext bringt er Beispiele. All diese Fülle zu ordnen und auszubreiten, in leicht lesbarer schlichter Sprache mitzuteilen, ist dem fleißigen Sammler und Schreiber Tölle gelungen. So entstand ein Buch, das weit über die Psychiater hinaus interessierte Leser, auch Laien, finden kann. Es scheint mir gerade für Lernende nützlich (Pflegeschule, Juristen, Psychologiestudenten, Polizeischule, Journa„listen, Politiker). In der Einleitung schreibt Tölle: "Es gibt also auch persönliche Gründe dafür, sich mit dem Phänomen Wahn zu befassen." In Bezug auf den Autor wissen wir nur das "Dass", nicht das "Warum".

Christian Scharfetter, Zürich

Tölle R. Wahn. Krankheit, Geschichte, Literatur. Stuttgart: Schattauer, 2008. ISBN 978-3-7945-2389-4, € 29,95

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