Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68(1): 25-26
DOI: 10.1055/s-2007-989497
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Josef Zander und die „Geburtshilfe und Frauenheilkunde“

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Publication Date:
28 January 2008 (online)

Professor Dr. med. Dr. h. c. Josef Zander prägte über 30 Jahre lang die „Geburtshilfe und Frauenheilkunde“ mit. Sein Lehrer Professor Carl Kaufmann war einer der Herausgeber, die die Zeitschrift 1939 aus der Taufe hoben. Er berief Josef Zander 1965 in die Zeitschrift, wo er zunächst in der Schriftleitung „mitwirkte“. 1971 wurde Professor Zander einer der drei Herausgeber und übernahm die verantwortliche Schriftleitung nach dem Tod von Professor Kaufmann im Jahr 1980, die er weitere zwölf Jahre innehatte.

Von Anfang an war die „Geburtshilfe und Frauenheilkunde“ allen Gebieten der Gynäkologie verpflichtet - dazu gehörten „die mächtige Entwicklung, die die Lehre von den Hormonen, Vitaminen und Fermenten genommen hat, die höhere Bewertung diätetischer Maßnahmen, der Einfluss von Umwelt und Klima, die Berücksichtigung der sozialen Faktoren usw.“, wie die Herausgeber in der ersten Ausgabe 1939 anmerkten. Drei Jahrzehnte später verkörperte der verantwortliche Herausgeber der Zeitschrift, Professor Zander, genau diese Universalität der Gynäkologie als einer umfassenden wissenschaftlichen Disziplin. Die oben erwähnte „Lehre von den Hormonen“ hat er als Schüler von Professor Kaufmann in Marburg selbst betrieben; zu der biochemischen Grundlagenforschung kamen später wichtige Impulse in der Onkologie, besonders der Tumorchirurgie, wie auch in der Perinatologie.

Darüber hinaus - das belegt sein Schriftenverzeichnis auf beredte Weise - nahm Josef Zander die Verantwortung der Medizin gegenüber Patientinnen und Gesellschaft auf besondere Weise wahr. Das in Zeitungsredaktionen bekannte „Munzinger-Archiv“ vermerkt heute noch, dass er 1966 vom „Spiegel“ zur seinerzeit heftig geführten Debatte über die Östrogen-Behandlung von Frauen in den Wechseljahren Stellung nahm - er tat es mit Besonnenheit, indem er auf die hohe Wirksamkeit von Östrogenen verwies, vor ihrer breiten präventiven Anwendung jedoch warnte: Hier müssten erst breit angelegte Studien Aufschluss bringen.

Wer das Glück hatte, Professor Zander persönlich zu erleben, begegnete nicht nur dem Ordinarius, dessen wissenschaftliche Biografie einen außergewöhnlichen internationalen Verlauf genommen hatte und der von München aus die deutschsprachige Frauenheilkunde prägend mit gestaltete. Er traf außerdem auf einen kenntnisreichen Liebhaber der Literatur und der Kunst. Professor Zanders umfangreiche Kunstsammlung widmete sich der Avantgarde seiner Zeit. In zweien seiner Bücher [[1], [2]] lernt der Leser Arbeiten von Sigmar Polke, Carlo Alfano, Karel Appel, Lucio Fontana, Mimmo Paladino und Antoni Tàpies aus seiner Sammlung kennen - sie verraten eine Vorliebe Professor Zanders für figurative Sinnenfälligkeit und eine vielleicht mediterran zu nennende Expressivität.

In einer leider nur knappen „wissenschaftlichen Biografie“, die er 1998 unter dem Titel „Spuren“ veröffentlichte, kommentiert Professor Zander zwei Bilder des spanischen Malers Antoni Tàpies aus seinem Besitz: eine Zeichnung von 1966, die „Drei Fußabdrücke“ überschrieben ist, sowie eine Arbeit in Mischtechnik mit dem Titel „matter on a stretcher“ von 1973. Beide Arbeiten assoziieren Übergang und Vergänglichkeit, und in seinen Bemerkungen zu dem eher düsteren Memento mori der zweiten Arbeit schreibt Zander: „Der Mensch weiß, dass er sterben muss, aber er weiß nie, wann, wie und was danach kommt. Das erscheint so fundamental einfach. Aber es bedarf der ständigen Erinnerung, besonders wenn es, wie in diesem Beitrag, letztlich um Nachdenken über Spuren geht, die von unserem Wirken bleiben.“ [[2]]

Der 2001 verstorbene Dr. Günther Hauff, Verleger des Georg Thieme Verlags, würdigte im Jahr 1994 anlässlich des Ausscheidens von Professor Zander aus der Schriftleitung der GebFra nicht nur dessen enormen Arbeitseinsatz für die Zeitschrift, sondern insbesondere die editorische Sorgfalt Josef Zanders. Der „Herausgeber eines für sein Fachgebiet tonangebenden Publikationsorgans hat ein ungewöhnliches Maß an Verantwortung zu tragen“, so Hauff. Dieser Verantwortung sei Professor Zander dadurch gerecht geworden, dass er sich „die Entscheidungen nie leicht gemacht“ hat und zudem die Verantwortung mit Kollegen geteilt hat - besonders zu nennen ist hier Professor Kurt Holzmann.

Diese „Spuren“, die Josef Zander in seiner langjährigen Tätigkeit für die Zeitschrift gelegt hat, sind beileibe nicht verwischt. Wissenschaftliche Qualität und editorische Verbindlichkeit, ein umfassender wissenschaftlicher Ansatz und schließlich eine kooperative Herausgeberschaft kennzeichnen nach wie vor jede anspruchsvolle wissenschaftliche Fachzeitschrift und damit auch die GebFra. Dass sie sich zudem den Zielen der Förderung der Wissenschaft verpflichtet weiß, wie sie von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe formuliert werden, gehört zu ihren Grundsätzen, die bereits von Professor Zander angesprochen wurden und die heute durch die Organschaft der DGGG dokumentiert sind.

Der Verlag gedenkt Professor Zanders mit Dankbarkeit.

Der Verlag

Literatur

  • 1 Zander J, Holzmann K, Kuss E. Frauenheilkunde - Literatur - Wissenschaft. Versuch einer Standortbestimmung. Stuttgart, New York; Thieme 1994
  • 2 Zander J. Spuren. Eine wissenschaftliche Biografie. München, Wien, Baltimore; Urban & Schwarzenberg 1998: 139
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