Pneumologie 2008; 62: S1
DOI: 10.1055/s-2007-1016436
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Husten - Helfen - Beatmen: Mechanische Atem- und Hustenhilfen

Cough - Assistance - Ventilation: Respiratory Aids and Assisted Cough for Patients with Neuromuscular DiseaseJ.  Geiseler1 , M.  Winterholler2
  • 1Asklepios Fachkliniken München-Gauting
  • 2Neurologische Klinik, Krankenhaus Rummelsberg gGmbH, Schwarzenbruck
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Publication Date:
04 March 2008 (online)

Die nicht invasive Beatmung (NIV) ermöglicht heute vielen Patienten mit chronischen neuromuskulären Erkrankungen (cNMK) eine Verbesserung der Lebensqualität, insbesondere auch des Nachtschlafes. Viele Patienten profitieren von einer gewünschten Verlängerung des Überlebens. Wer hätte z. B. vor einigen Jahren erwartet, dass die Mehrzahl der an Muskeldystrophie Duchenne Erkrankten das 20. Lebensjahr erreicht?

In den vergangenen 15 Jahren entwickelte sich die Heimbeatmung von der therapeutischen Möglichkeit zu einem Standardverfahren in der Behandlung von neuromuskulären Erkrankungen mit respiratorischer Insuffizienz.

Wir haben die Grenzen der nicht invasiven Beatmung unter mancherlei Aspekt kennen gelernt, wobei auf das Symptom Atmung bezogen mangelnde Sekretclearance, der abgeschwächte Hustenstoß, sicherlich die gravierendste ist. Doch wurden in den letzten Jahren Methoden erarbeitet, die - konsequent angewandt - Abhilfe schaffen können:

Ein Beatmungsbeutel versehen mit Mundstück, Halten des Beatmungsvolumens bis zum nächsten Atemzug, ein Gerät, das den Hustenstoß - in Umkehrung realer Druckverhältnisse - artifiziell nachahmt.

Zu simpel um in der Praxis angewandt zu werden?

Die Erfahrung lehrt, dass einfache Maßnahmen, die Disziplin und einen gewissen (pflegerischen) Aufwand erfordern, oft zu Gunsten techniklastiger Prozeduren unterbleiben.

Tatsächlich ist auch die von der Industrie forcierte stete Weiterentwicklung der Beatmungsgeräte für die Alltagspraxis nicht immer nur sinnvoll: Air stacking, das heißt das Halten eines (volumengesteuerten) Beatmungszuges und die Addition von 1 - 2 weiteren Beatmungsvolumina, um schließlich ein hustenadäquates Luftvolumen in der Lunge zu erreichen, gelingt nach wie vor mit der ersten Beatmungsgerätegeneration am leichtesten und zuverlässigsten.

Auch wenn Heimbeatmungsgeräte jeder Couleur heute überall zur Verfügung stehen: Erfahrung im Umgang mit Patienten, die an Muskelerkrankungen leiden, ein geschultes Team, das den Umgang mit Geräten, aber insbesondere auch das Management des muskelkranken Patienten beherrscht, sind unabdingbare Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige und effektive Behandlung von Muskelkranken. Hier bietet sich gerade in Deutschland ein interdisziplinärer Austausch zwischen den überregionalen Muskelzentren und den Beatmungszentren an.

Interdisziplinärer Austausch - unter diesem Motto stand denn auch das erste deutschsprachige Symposium „Husten - Helfen - Beatmen”, das ausschließlich dem hustenschwachen neuromuskulär erkrankten Patienten gewidmet war. Das Symposion fand vom 17. - 18. November 2006 in Nürnberg und Rummelsberg statt, das Programm bildete das heutige Wissen um die Pathophysiologie und Therapie der Hustenstörung bei Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen ab.

In diesem Sonderheft finden Sie entsprechend eine umfangreiche interdisziplinäre Darstellung des Problems „Husten” von der (Patho-) Physiologie bis zur Aspirationsprophylaxe und von physikalisch-physiotherapeutischen Techniken bis zum Vorschlag eines umfassenden Behandlungskonzeptes für den hustenschwachen Patienten.

Wir selbst haben in jenen Novembertagen vor allem eines gelernt: nur ein erfahrenes, gut geschultes und motiviertes interdisziplinäres Team kann für den hustenschwachen Patienten das Erreichbare auch erreichen. Das Wissen um die Hustenschwäche und die therapeutischen Möglichkeiten mehr bekannt zu machen, ist die Hauptintention dieses Heftes.

PD Dr. med. Martin Winterholler

Krankenhaus Rummelsberg gGmbH

Rummelsberg 71

90592 Schwarzenbruck

Email: winterholler.martin@rummelsberger.net

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