Z Gastroenterol 2002; 40(S2): 71-72
DOI: 10.1055/s-2002-35910
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Medikamentöse Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen: Was ist neu?

E. F. Stange
  • 1Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart
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Publication Date:
04 December 2002 (online)

Colitis ulcerosa

Schwere bzw. fulminante distale und ausgedehnte Colitis ulcerosa

Die Standardtherapie bei schweren Verläufen beruht traditionell auf der Gabe von oral oder intravenös gegebenen Kortikosteroiden, z. B. 40-100 mg Prednisolonäquivalent. Bei der fulminanten Form mit Malaise, massiven blutigen Diarrhöen, Subileus/Ileus, febrilen Temperaturen und drohendem toxischen Megakolon wird zunächst mit einer Standardtherapie intravenöser Kortiko­steroide begonnen. Die gleichzeitige parenterale Ernährung ist zwar üblich, aber nicht in ihrer Wirksamkeit gesichert. Ebenso werden oft Antibiotika, insbesondere bei Fieber, gegeben, ohne dass ihre Wirksamkeit bei schwerer Kolitis ohne dokumentierte Infektion bisher belegt wäre [1].

Bei steroidrefraktärem Verlauf, beispielsweise nach 2 bis 7 Tagen, kann Cyclosporin (Sandimmun®) intravenös als Dauerinfu­sion (Dosis: 4 mg/kg Kg) zum Einsatz kommen. Nach weiteren 3-7 Tagen wird üblicherweise auf orales Cyclosporin (z. B. 5 mg/kg Kg) umgesetzt und zur Remissionserhaltung mit Azathioprin (2-2,5 mg/kg Kg) kombiniert. Über dieses Therapieprinzip gibt es zahlreiche unkontrollierte sowie eine kontrollierte Studie (Evidenzgrad Ib), die eindeutig die Wirksamkeit dieser Therapieform belegen. Kurzfristig profitieren etwa 60-80 % der Patienten, langfristig kann in mindestens 40 % eine Kolektomie vermieden werden. ­Potenzielle Nebenwirkungen wie Hypertonie, Niereninsuffizienz und Grand-mal-Anfälle müssen beachtet werden; sehr selten sind opportunistische Infektionen, z. B. mit Pneumocystis carinii. Eigene Erfahrungen mit Takrolimus (Prograf®), einer Nachfolgesubstanz des Cyclosporins, in einer unkontrollierten Studie (Evidenzgrad IIb) bei gleicher Indikation waren auch in der oralen Gabe ebenfalls positiv. Für die Wirksamkeit von Infliximab gibt es Hinweise, allerdings eine kontrollierte, bisher nicht publizierte und negative Studie. In jedem Einzelfall muss in enger Zusammenarbeit zwischen Internisten und Chirurgen interdisziplinär am Krankenbett entschieden werden, welche Therapie zum Einsatz kommen soll. Unter keinen Umständen darf der richtige Zeitpunkt zur Kolektomie versäumt werden.

Remissionserhaltung und chronisch aktiver Verlauf der Colitis ulcerosa

In drei kontrollierten Studien wurde gezeigt, dass E. coli Nissle (Mutaflor®) den 5-Aminosalzylaten in der Remissionserhaltung gleichwertig ist. Bei der steroidrefraktären Kolitis kann eine Immunsuppression mit Azathioprin (Imurek) zum Einsatz kommen, allerdings vergehen offenbar bis zum Beginn der Wirkung 2 bis 3 Monate (Evidenzgrad Ia). Rascher wirken offenbar Cyclosporin oder Tacrolimus, die auch beim fulminanten Verlauf zum Einsatz kommen. Als wirkungslos erwiesen hat sich niedrig dosiertes, orales Methotrexat (Evidenzgrad Ib).

Literatur

  • 1 Stange E F, Riemann J, von Herbay A. et al . Diagnose und Therapie der Colitis ulcerosa. Ergebnisse einer evidenzbasierten Konsensuskonferenz der „Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten”.  Z Gastroenterol. 2001;  1 19-72
  • 2 Schölmerich J, Stange E F. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen - Standards und Ausblicke in der medikamentösen Behandlung.  Der Internist. 2001;  42 533-543
  • 3 Metzler J, Stange E F. Biologische Therapieformen zur Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen - eine aktuelle Standortbestimmung.  Med Klinik. 2002;  97 (5) 290-297

Prof. Dr. Eduard F. Stange

Robert-Bosch-Krankenhaus

Auerbachstraße 110

70376 Stuttgart

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