Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(02): 50
DOI: 10.1055/s-0042-104712
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Neonatologie
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Schwangerschaft und Krebs – Trotz Therapie: Frühe Kindesentwicklung meist normal

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Publication Date:
25 April 2016 (online)

Hintergrund: Frauen, die während der Schwangerschaft Krebs bekommen, befinden sich in einer sehr schwierigen Situation. Auf die Frage, ab wann mit der Krebsbehandlung zu beginnen ist und ob der Fetus durch Chemotherapie oder Bestrahlung zu Schaden kommen kann, gibt es unterschiedliche Meinungen. Wissenschaftler einer belgischen Arbeitsgruppe untersuchten in ihrer Studie die frühe Entwicklung von Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft an Krebs erkrankten.

Methoden: Die Autoren nahmen in die Studie 129 Kinder aus Belgien, den Niederlanden, Italien und Tschechien im Alter von 12–42 Monaten auf, deren Mütter an Krebs erkrankt waren. Meist waren es Mammakarzinome oder hämatologische Erkrankungen. Die Kinder aus der Krebsgruppe wurden mit ebenso vielen Kindern von Müttern ohne Krebs verglichen. In der Untersuchungsgruppe waren 96 Kinder einer Chemotherapie (allein oder in Kombination) ausgesetzt, 11 einer Strahlentherapie (allein oder in Kombination), 13 einer Operation und 2 anderen Therapien. Bei 14 Kindern hatten die Mütter auf eine Krebstherapie während der Schwangerschaft verzichtet.

Ergebnisse: Bei 22 % der Kinder aus dem Untersuchungsarm lag das Geburtsgewicht unter der 10. Perzentile. In den beiden Gruppen konnte in den ersten 3 Lebensjahren jedoch kein Unterschied bei der kognitiven Entwicklung (basierend auf den Bayley-Score) festgestellt werden (p = 0,08). Dies galt auch für die Häufigkeit oder Schwere von Herzerkrankungen und der allgemeinen Entwicklung. In der Gruppe mit mütterlicher Krebserkrankung lag der Anteil der Frühgeburten deutlich höher als bei Müttern ohne Krebs. Damit stieg auch das Risiko für entsprechende Komplikationen. Jedoch war die Entwicklung dieser Frühgeborenen vergleichbar mit jener der Frühgeborenen von Müttern ohne Krebs.

Fazit

Laut Meinung der Autoren muss eine Krebsdiagnose während der Schwangerschaft nicht automatisch zu einer Abtreibung führen, um die Behandlung der Erkrankung zu ermöglichen. Eine Krebstherapie scheint nicht grundsätzlich für das ungeborene Kind schädlich zu sein. Dabei ist der Zeitpunkt der Behandlung entscheidend. Durch die Krebstherapie besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten und den damit verbundenen Komplikationen.

Dr. Marion Rukavina, Berlin