Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(07): 528-529
DOI: 10.1055/s-0041-101238
Fachwissen
Erwiderung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tabakentwöhnung – was gibt es Neues?

Smoking cessation – what‘s new?
Christian Reinhardt
1   Lungenfachklinik Immenhausen, pneumologische Lehrklinik Universitätsmedizin Göttingen
,
Stefan Andreas
1   Lungenfachklinik Immenhausen, pneumologische Lehrklinik Universitätsmedizin Göttingen
2   Bereich Pneumologie, Universitätsmedizin Göttingen
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Publication Date:
31 March 2015 (online)

Wir danken Herrn Dr. Pommer für das Interesse an unserem Artikel. Herr Dr. Pommer weist dankenswerterweise auf einen Cochrane Review hin, der im Dezember 2014 vorab veröffentlicht wurde und daher von uns noch nicht genutzt werden konnte. Der Review kommt zu dem Schluss, dass E-Zigaretten mit Nikotin bessere Langzeitabstinenzraten aufweisen als E-Zigaretten ohne Nikotin, und dass eine Überlegenheit zu Nikotin-Pflastern nicht gezeigt werden konnte („We could not determine if EC was better than a nicotine patch in helping people stop smoking because the number of participants in the study was low“) [1]. Die Autoren weisen darauf hin, dass die Evidenzlage insgesamt schlecht bis sehr schlecht ist, da bisher nur 2 randomisiert kontrollierte Studien (eine übrigens von den Mitautoren des Cochrane Reviews) zum Thema vorliegen. Auf beide Studien sind wir in unserem Überblick eingegangen.

Die erste Arbeit von Caponnetto et al. aus dem Jahre 2013 vergleicht 3 unterschiedliche Liquids von E-Zigaretten (2 × mit Nikotin in je unterschiedlicher Dosis, 1 × ohne Nikotin) bei insgesamt 300 nicht aufhörwilligen Rauchern [2]. Die Menge der gerauchten Zigaretten nahm in allen Gruppen signifikant ab. Ein Unterschied zwischen den Gruppen bestand jedoch nicht. Bei 8,7 % der Teilnehmer wurde eine komplette Abstinenz nach 52 Wochen festgestellt. Auch hier fand sich kein Unterschied zwischen den Gruppen. Die Autoren schließen, dass E-Zigaretten zur Reduktion der Zigarettenmenge eingesetzt werden können, betonen jedoch, dass eine Kontrollgruppe fehlt. Außerdem zeigt die Grafik in der Originalarbeit einen kontinuierlichen Anstieg der gerauchten Zigaretten nach dem initialen Effekt der E-Zigarette. Eine Reduktion der Zigarettenmenge stellt außerdem keine wirkliche Alternative zum Rauchstopp dar [3].

In der zweiten Arbeit von Bullen et al. aus dem Jahr 2013 wurde bei 657 entwöhnungswilligen Rauchern die Abstinenzrate nach 6 Monaten untersucht. Die Raucher wurden 3 Gruppen zugeordnet [4]. Eine Gruppe erhielt eine Nikotin-E-Zigarette, eine Gruppe eine E-Zigarette ohne Nikotin und eine weitere Gruppe Nikotinpflaster. Zusätzliche verhaltenstherapeutische Maßnahmen fanden, von einer freiwilligen Telefonberatung abgesehen, nicht statt. Nach 6 Monaten ließ sich kein signifikanter Unterschied in der Abstinenzrate nachweisen. In der Nikotin-E-Zigarettengruppe waren 7,3 % der Raucher abstinent, in der Gruppe mit Nikotinpflaster waren 5,8 % der Raucher abstinent. Warum sollte man die E-Zigarette dann bei entwöhnungswilligen Rauchern einsetzten und nicht das gleich effektive und sehr gut untersuchte Nikotinpflaster oder die noch wirksamere Kombination von Nikotinersatzpräparaten?

Wenn die E-Zigarette überhaupt einen Platz bei der Tabakentwöhnung haben könnte, dann bei stark abhängigen Rauchern, die nach mehreren Tabakentwöhnungsmaßnahmen (verhaltenstherapeutische Maßnahmen und medikamentöse Unterstützung) immer noch rauchen. Hier könnte die E-Zigarette die Tabakzigarette ersetzen. Ein solches Vorgehen ist nach Meinung von Fachgesellschaften wie der American Heart Association nach Aufklärung der Patienten möglich [5], und die DGP hat sich in ihrem gerade erschienen Positionspapier dieser Meinung angeschlossen. Allerdings liegen hierfür leider (noch) keine Daten vor. Für alle anderen Raucher gibt es gut untersuchte und effektive Alternativen mit dem Ziel des vollständigen Rauchstopps.

Wie die Cochrane Autoren betonen ist die Evidenz insgesamt als schlecht anzusehen. Es gibt z. B. keine aussagefähigen Kontrollgruppen, keine biologische Objektivierung der Reduktion des Tabakkonsums und nur geringe Fallzahlen. Die wichtigen internationalen Fachgesellschaften (Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ, Forum internationaler pneumologischer Fachgesellschaften (FIRS), American Heart Association) und die DGP geben daher augenblicklich keine allgemeine Empfehlung für den Einsatz der E-Zigarette bei der Tabakentwöhnung. Laufende Studien werden in den nächsten Jahren besser belastbare Daten liefern.

 
  • Literatur

  • 1 McRobbie H, Bullen C, Hartmann-Boyce J et al. Electronic cigarettes for smoking cessation and reduction. Cochrane Database Syst Rev 2014; 12 CD010216
  • 2 Caponnetto P, Campagna D, Cibella F et al. EffiCiency and Safety of an eLectronic cigAreTte (ECLAT) as tobacco cigarettes substitute: a prospective 12-month randomized control design study. PloS one 2013; 8: e66317
  • 3 Simmons MS, Connett JE, Nides MA et al. Smoking reduction and the rate of decline in FEV(1): results from the Lung Health Study. Eur Resp J 2005; 25: 1011-1017
  • 4 Bullen C, Howe C, Laugesen M et al. Electronic cigarettes for smoking cessation: a randomised controlled trial. Lancet 2013; 382: 1629-1637
  • 5 Bhatnagar A, Whitsel LP, Ribisl KM et al. Electronic cigarettes: a policy statement from the American Heart Association. Circulation 2014; 130:  1418-1436