Rehabilitation (Stuttg) 2012; 51(06): 414
DOI: 10.1055/s-0032-1329978
Buchbesprechung
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Antje Geier
1   Bad Bocklet
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Publication Date:
12 December 2012 (online)

[1] Die Anforderungen an die medizinische Rehabilitation in Bezug auf Therapiedichte und Dokumentationsleistung sind bei zunehmendem wirtschaftlichem Druck in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen. In jüngerer Zeit wird nun die Forderung nach engerer Verknüpfung von medizinischer und beruflicher Rehabilitation vermehrt an medizinische Rehabilitationseinrichtungen von Seiten der Kostenträger herangetragen. Die Verantwortlichen in Rehabilitationskliniken sehen sich mit der Aufgabe konfrontiert, die medizinische Rehabilitation um arbeits- und berufsbezogene Elemente zu erweitern. Keine einfache Aufgabe, denn die Angehörigen von Heilberufen sind in erster Linie dazu ausgebildet, die körperliche und psychische Funktionsfähigkeit der Rehabilitanden wieder herzustellen, und sind zunächst wenig mit ergonomischen, bio-mechanischen und sensomotorischen Ansprüchen der Arbeitswelt vertraut. Diejenigen, die beauftragt sind, medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitationsmaßnahmen in den Abläufen der Rehabilitationseinrichtung zu etablieren, sehen sich in einem Spannungsfeld aus dem Forderungskatalog der Rehabilitationsträger, ökonomischen Randbedingungen und einem Wissensdefizit bezüglich berufsbezogener Rehabilitation.

Auf der Suche nach hilfreicher Unterstützung findet sich in der Literatur zum Thema medizinisch-berufliche Orientierung in der Rehabilitation allerlei Wissenschaftliches, Interessantes und/oder Lesenswertes, aber nur wenig Handhabbares zur praktischen Umsetzung. Umso größer ist die Erleichterung, wenn man schließlich das „Praxishandbuch: Arbeits- und berufsbezogene Orientierung in der medizinischen Rehabilitation“ in den Händen hält.

Dabei stellt das Praxishandbuch zunächst in wohltuender Kürze in 5 Kapiteln die erforderlichen theoretischen Grundlagen dar. Die beiden ersten Kapitel beschreiben Hintergrund und Behandlungsprozess medizinisch-beruflich orientierter Rehabilitation. Kapitel 3 widmet sich prägnant diagnostischen Methoden rund um das Thema, und im vierten Kapitel wird die Frage der Motivationsförderung erörtert. Das fünfte Kapitel ist eine Übersicht aller arbeits- und berufsbezogenen Interventionen mit Zielen und Inhalten sowie Angaben zur Durchführung und zu Ressourcen. Kapitel 6, welches drei Viertel des Buches umfasst, wird schließlich mit über 50 Praxisbeispielen aus unterschiedlichen Rehabilitationskliniken dem Titel des Buches in vollem Umfange gerecht. Das Kapitel ist dabei nochmals, entsprechend den im vorigen Kapitel dargestellten Interventionen, in 6 Abschnitte zu Belastungserprobung, Arbeitstherapie/Arbeitsplatztraining, arbeits- und berufsbezogener Einzelberatung, Gruppen mit arbeits- und berufsbezogenen Themen und Zusammenarbeit mit externen Institutionen untergliedert. Jedes Praxisbeispiel ist übersichtlich nach Zielen, Inhalten und Ablauf mit Flussdiagramm und Zielgruppe dargestellt. Am Ende jedes Beispiels finden sich die Kontaktdaten des Ansprechpartners in der jeweiligen Rehabilitationseinrichtung. Kapitel 7 lässt schließlich 2 Verantwortliche aus einer psychosomatischen und einer somatischen Rehabilitationsklinik zu ihren Erfahrungen bei der Umsetzung im Klinikalltag zu Wort kommen und gibt die Reaktionen einiger Rehabilitanden auf arbeits- und berufsbezogene Maßnahmen wieder.

Als Umsetzungsbeauftragte zur Durchführung der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation in einer Rehabilitationseinrichtung war mir zwar das Anforderungsprofil zur Durchführung der Medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation der Deutschen Rentenversicherung bekannt. Das Anforderungsprofil gibt vor, welche Maßnahmen aus dem Katalog der therapeutischen Leistungen der Rentenversicherung in welchem Umfang bei einem bestimmten Anteil der Rehabilitanden durchgeführt werden sollen. Es gab aber zur konkreten Umsetzung im Rehabilitationsalltag bei vorgegebener durchschnittlicher Rehabilita­tionsdauer und unverändertem Rehabilitationsbudget keine Hilfen. Die notwendige Hilfestellung bietet das nun vorliegende Praxishandbuch: Das Spektrum der praktischen Ansätze, die verschiedenen Möglichkeiten der Zuweisung von Patienten zu den einzelnen Maßnahmen und die konkreten Beschreibungen der Maßnahmen ermöglichen es den Verantwortlichen, die für ihre Rehabilitationseinrichtung geeigneten Schritte zur Umsetzung medizinisch-beruflich orientierter Rehabilitation in die Wege zu leiten. Nicht zuletzt sind dabei auch die beiden Erfahrungsberichte am Ende des Praxishandbuchs hilfreich, die deutlich machen, dass zunächst eine Sensibilisierung zum Thema medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation aller am Rehabilitationsprozess Beteiligten erforderlich ist. Als besonders nützlich erweisen sich auch die Kontaktdaten von Ansprechpartnern in vergleichbaren Kliniken.

Das Praxishandbuch kann über die Homepage der DRV Bund kostenfrei bestellt oder heruntergeladen werden (www.­deutsche-rentenversicherung.de -> Fachbereiche -> Sozialmedizin & Forschung -> Reha-Wissenschaften -> Reha-Konzepte -> Konzepte -> Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR) -> Praxishandbuch: Arbeits- und berufsbezogene ­Orientierung in der medizinischen Rehabilitation), die Texte stehen auch über die Homepage www.medizinisch-berufliche-­orientierung.de zum Download bereit.·